ZAP-2020-02
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Steuerrecht Fach 20, Seite 669<br />
Grundlagen der Besteuerung der Personengesellschaft<br />
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Var. 1 EStG) oder gewerbliche Einkünfte bezieht (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Var. 2 EStG), Einkünfte<br />
aus Gewerbebetrieb fingiert werden (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) oder das Mitunternehmerschaftkonzept<br />
kraft Verweisung (§ 18 Abs. 4 S. 2 EStG, § 13 Abs. 7 EStG) bei land- und forstwirtschaftlichen bzw.<br />
freiberuflichen Personengesellschaften anzuwenden ist.<br />
Zur Besteuerung der Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wird auf die<br />
Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zurückgegriffen. Das Gesamthandvermögen der<br />
Gesellschaft wird den Gesellschaftern anteilig zugerechnet wird (ausführlich ENGEL, Vermögensverwaltende<br />
Personengesellschaften im Ertragssteuerrecht, 2. Aufl. 2015). Für die Einkünftezurechnung<br />
wendet der BFH die Vorschrift analog an (BFH, Urt. v. 13.7.1999 – VIII R 72/98, DStR 1999, 1808).<br />
Unabhängig davon, ob die Gesellschaft handelsrechtlich bilanzierungspflichtig ist – § 105 Abs. 2 HGB<br />
eröffnet Gesellschaften mit einem vermögensverwaltenden Zweck die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaften,<br />
wenn sie in das Handelsregister eingetragen sind –, erfolgt die Überschussermittlung<br />
nach den §§ 8, 9, 11 EStG.<br />
2. Begriff des Mitunternehmers<br />
Nach dem Verständnis des BFH ist nicht jeder Gesellschafter einer Personengesellschaft automatisch<br />
Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG (st. Rspr., vgl. BFH, Beschl. v. 25.6.1984 – GrS 4/82,<br />
BStBl II, S. 1984, 751). Mitunternehmer seien nämlich nur solche Gesellschafter, die Mitunternehmerrisiko<br />
tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten. Beide Voraussetzungen müssen dabei<br />
kumulativ vorliegen, können sich aber gegenseitig kompensierend ergänzen. Eine nur sehr schwach<br />
ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kann durch ein stärker ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko<br />
ausgeglichen werden.<br />
Mitunternehmerrisiko trägt, wer an Erfolg und Misserfolg sowie den stillen Reserven der Gesellschaft<br />
beteiligt ist (BFH, Urt. v. 28.10.1999 – VIII R 66-70/97, BStBl II 2000, S. 183 m.w.N.). Letzteres äußert sich<br />
meist dahingehend, dass dem Gesellschafter ein Abfindungs- oder Auseinandersetzungsanspruch für<br />
den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft zusteht. Mitunternehmerinitiative entfaltet, wer zur<br />
Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen berechtigt ist, also wem Geschäftsführungs- und<br />
Vertretungsbefugnisse sowie Stimmrechte eingeräumt sind.<br />
Am plastischsten werden die Voraussetzungen, wenn man die typische Stille Beteiligung (§§ 230 ff.<br />
HGB) betrachtet. Diese vermittelt im Auseinandersetzungsfall nur einen Anspruch auf Rückgewähr<br />
der Einlage (§ 235 Abs. 1 HGB), weshalb keine mitunternehmerischen Einkünfte, sondern Einkünfte<br />
aus Kapitalvermögen erzielt werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Ist der stille Gesellschafter neben einer<br />
Gewinnbeteiligung und einer auf seine Einlage beschränkten Verlustbeteiligung im Falle des Ausscheidens<br />
und der Liquidation an den stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des<br />
Zuwachses an dem Firmenwert beteiligt, steht seiner Mitunternehmerstellung nicht entgegen, dass<br />
seine Initiativrechte auf die des § 233 HGB beschränkt sind (BFH, Urt. v. 19.7.2018 – IV R 10/17, DStR<br />
2018, 2372).<br />
Ein Kommanditist ist grds. an den stillen Reserven beteiligt (vgl. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1<br />
S. 2 BGB), besitzt also Mitunternehmerrisiko. Da § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG die KG als Mitunternehmerschaft<br />
ansieht, reichen die nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 164 ff. HGB einem<br />
Kommanditisten zustehenden Stimm- und Kontrollrechte aus, um eine hinreichende Mitunternehmerinitiative<br />
zu bejahen (BFH, Urt. v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl II 2016, S. 517). Inwieweit<br />
Abweichungen vom Regelstatut zur Ablehnung der Mitunternehmerstellung führen, ist eine Frage des<br />
Einzelfalls. Reichen die Möglichkeiten eines Gesellschafters nicht aus, um Mitunternehmerinitiative zu<br />
entfalten und können diese Defizite auch nicht durch ein ungleich größeres Mitunternehmerrisiko<br />
ausgeglichen werden, so erzielt der Gesellschafter regelmäßig Einkünfte aus der entsprechenden<br />
Überschusseinkunftsart.<br />
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