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ZAP-2020-02

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Fach 20, Seite 668<br />

Grundlagen der Besteuerung der Personengesellschaft<br />

Steuerrecht<br />

II. Mitunternehmerschaft und Transparenzprinzip<br />

Aus dem Umstand, dass zivilrechtlich die Personenhandelsgesellschaft Trägerin des gesamthänderischen<br />

Vermögens ist, müsste in der Konsequenz ertragsteuerrechtlich folgen, dass die Gesellschaft<br />

selbst den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht und den Gesellschaftern über die dann als<br />

Zurechnungsnorm zu qualifizierende Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG die Gewinneinkünfte<br />

anteilig zugerechnet werden (überzeugend HÜTTEMANN, DStJG Bd. 34, S. 291, 294 ff., m.w.N.). Der BFH<br />

(v. 3.7.1995 – GrS 1/93, BStBl II 1995, S. 617; zustimmend z.B. PINKERNELL, Einkünfteerzielung bei PersGes.,<br />

2001, passim; REIß in Kirchhof, EStG, 18. Aufl. 2019, § 15 Rn 162 ff.) beharrt selbst nach Aufgabe der sog.<br />

Bilanzbündeltheorie (seit dem BFH-Beschl. v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl II 1984, S. 751, wird die<br />

Personenhandelsgesellschaft in Übereinstimmung mit dem Handelsrecht als Subjekt der Gewinnerzielung,<br />

Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation anerkannt) demgegenüber auf dem Standpunkt,<br />

dass die Träger des Gewerbebetriebs die Gesellschafter selbst seien und der Steuerbilanzgewinn<br />

bzw. -verlust den Gesellschaftern unmittelbar als originäre eigene Einkünfte zugerechnet<br />

werde.<br />

Das Steuerrecht löst sich vom Zivilrecht dabei in mehrfacher Hinsicht. Im Ausgangspunkt ist es bereits<br />

unerheblich, ob handelsbilanzrechtlich überhaupt ein Gewinn entsteht. Denn das Einkommensteuerrecht<br />

knüpft an den steuerlichen Gewinn an, der zwar bei Personenhandelsgesellschaften<br />

entsprechend dem Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG aus dem Handelsbilanzergebnis<br />

entwickelt wird, aber wegen der Vielzahl abweichender steuerrechtlicher Ansatz-, Bewertungs- und<br />

Folgebewertungsvorschriften sowie nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben nicht mit dem steuerbilanziellen<br />

Ergebnis übereinstimmt (Überblick zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit bei SCHEFFLER,<br />

Der Konzern 2016, S. 482). Deshalb ist es auch möglich, dass einkommensteuerrechtlich den Gesellschaftern<br />

ein Gewinn zugerechnet wird, obwohl handelsrechtlich für das Wirtschaftsjahr kein Gewinn<br />

entstanden ist. Hier zeigen sich die gesellschaftsrechtlichen Brüche, die durch die Loslösung<br />

der steuerlichen Gewinnermittlung von der Handelsbilanz verursacht werden. Wenn es für den Besteuerungszweck<br />

schon unerheblich ist, ob Gewinnansprüche handelsrechtlich entstanden sind,<br />

dann spielt es erst recht keine Rolle, zu welchem Zeitpunkt der handelsrechtliche Entnahmeanspruch<br />

gesellschaftsrechtlich entsteht oder dem einzelnen Gesellschafter der handelsrechtliche Gewinnanteil<br />

i.S.d. § 11 EStG zufließt.<br />

Im Ergebnis ging es aus Sicht des Ertragsteuerrechts schon immer darum sicherzustellen, dass nicht ein<br />

Teil des Gesellschaftseinkommens mangels Steuersubjektivität der Gesellschaft (zumindest vorläufig)<br />

unversteuert bleibt (RFH v. 25.4.1933, RStBl. 1933, S. 955; dazu BECKER, StuW 1933, Sp. 1138 ff., 1158 ff.).<br />

Dogmatisch hat man sich deshalb nicht an der aktuellen „Ist“-Leistungsfähigkeit des Gesellschafters als<br />

Steuerschuldner orientiert, sondern früher nach dem Grundgedanken der sog. Bilanzbündeltheorie die<br />

zivilrechtliche Existenz der Personengesellschaft vollends negiert. Auch wenn die Bilanzbündeltheorie<br />

inzwischen überholt ist, hat sich an dem fiskalischen Ziel, die sofortige und vollständige Besteuerung des<br />

Gesellschaftseinkommens bei den Gesellschaftern sicherzustellen, nichts geändert. Zur Begründung<br />

verweist man einerseits auf die sog. Gleichstellungsthese (BFH, Urt. v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BStBl II<br />

2005, S. 173 = DB 2000 S. 2147; Schmidt/WACKER, EStG, 38. Aufl. 2019, § 15 Rn 161, m.w.N.), wonach das<br />

Gesetz die Gleichstellung des Mitunternehmers mit dem Einzelunternehmer verlange, andererseits<br />

darauf, dass die Gesellschafter selbst den Einkünftetatbestand i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG verwirklichen.<br />

III. Mitunternehmerschaft<br />

Bisher wurden die Begriffe Personengesellschaft und Mitunternehmerschaft synonym verwendet. Eine<br />

Mitunternehmerschaft setzt aber unternehmerische Einkünfte nach den §§ 13, 15, 18 EStG voraus. Es gibt<br />

aber auch Personengesellschaften, die ausschließlich Tätigkeiten ausüben, die nach den §§ 20, 21, 22<br />

EStG als vermögensverwaltend zu qualifizieren sind.<br />

1. Abgrenzung zur vermögensverwaltenden Personengesellschaft<br />

Als Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG wird eine Personengesellschaft nur dann<br />

angesehen, wenn sie zumindest teilweise originär gewerblich tätig ist (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG,<br />

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