ZAP-2020-02
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Fach 1, Seite 10 Rechtsprechung <strong>2<strong>02</strong>0</strong><br />
Lebensversicherungsvertrag: Verwirkung eines Widerspruchs bei unwirksamer Belehrung<br />
(OLG Dresden, Beschl. v. 6.8.2019 – 4 U 1084/19) • Die Verwirkung eines Lebensversicherungsvertrags<br />
kann auch bei unwirksamer Belehrung dann anzunehmen sein, wenn der Vertrag über 23 Jahre Bestand<br />
hatte, mehrfach der Ablaufzeitraum vom Versicherungsnehmer vorverlegt und anlässlich einer dem<br />
Widerspruch vorausgegangenen Kündigung einer Zusatzversicherung ausdrücklich der Vertrag im Übrigen<br />
bestätigt wurde. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 30/<strong>2<strong>02</strong>0</strong><br />
Familienrecht<br />
Entlassung als Vormund: Schwerwiegende Gefährdung des Mündels<br />
(OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.10.2019 – 2 UF 117/19) • Ein Verfahren nach § 1886 BGB kann nicht<br />
allein aufgrund eines Antrags auf Wechsel der Vormundschaft des Jugendamts ohne Anhörung der<br />
weiteren Beteiligten mit einem Beschluss beendet werden, der weder ein Rubrum noch eine Begründung<br />
aufweist. Die Entscheidung über die Entlassung des Vormunds trifft nach § 3 Nr. 2a RPflG<br />
i.V.m. § 151 Ziff. 4 FamFG der funktionell zuständige Rechtspfleger des Familiengerichts, nachdem<br />
zuvor gem. §§ 159 ff. FamFG das Mündel, die Eltern, der Vormund und das Jugendamt angehört<br />
worden sind. § 1847 BGB sieht vor, dass ggf. auch weitere Verwandte und Verschwägerte anzuhören<br />
sind. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn der Rechtspfleger von einer Eilbedürftigkeit ausgeht.<br />
Liegt eine schwerwiegende Gefährdung des Mündels vor, die ein sofortiges Handeln erfordert, muss<br />
der Rechtspfleger das Verfahren dem insoweit funktionell gem. § 14 Nr. 2 RPflG zuständigen<br />
Familienrichter mit der Anregung zur Einleitung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens gem.<br />
§§ 1837 Abs. 4, 1666 BGB, §§ 49 ff. FamFG vorlegen. Hinweis: Einen Entlassungsgrund i.S.d. § 1886 BGB<br />
hat das OLG darin gesehen, dass der Einzelvormund (hier: die Halbschwester eines iranischen<br />
Flüchtlings) trotz zunehmender massiver Verhaltensauffälligkeiten des Mündels bei eigener Untätigkeit<br />
die ihr wiederholt angebotenen öffentlichen Hilfen nicht annimmt. Statthaftes Rechtsmittel des<br />
(Einzel-)Vormunds gegen die Entscheidung, ihn zu entlassen, ist die Beschwerde gem. § 11 Abs. 1<br />
RPflG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 31/<strong>2<strong>02</strong>0</strong><br />
Ehegattenunterhalt: Eheangemessener Selbstbehalt<br />
(BGH, Beschl. v. 16.10.2019 – XII ZB 341/17) • Die Bemessung des eheangemessenen Selbstbehalts ist<br />
Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es diesem nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen,<br />
sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten. Die Erfahrungsund<br />
Richtwerte können dabei auch eine Differenzierung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen<br />
Unterhaltspflichtigen vorsehen (Fortführung von Senatsurteil v. 17.3.2010 – XII ZR 204/08,<br />
<strong>ZAP</strong> EN-Nr. 350/2010 = FamRZ 2010, 8<strong>02</strong>). <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 32/<strong>2<strong>02</strong>0</strong><br />
Nachlass/Erbrecht<br />
Schenkungsversprechen eines Betreuers: Schenkungsverbot<br />
(BGH, Beschl. v. 2.10.2019 – XII ZB 164/19) • Ein von einem Betreuer abgegebenes Schenkungsversprechen,<br />
durch das eine unter Betreuung stehende Person ihren gesamten zum Todestag bestehenden<br />
Nachlass einer Stiftung verspricht, unterliegt dem Schenkungsverbot der §§ 1908i Abs. 2 S. 1, 1804 BGB<br />
(im Anschluss an Senatsbeschluss v. 25.1.2012 – XII ZB 479/11, FamRZ 2012, 967). Hinweis: Der BGH<br />
befasst sich mit der Abgrenzung der Schenkung unter Lebenden (deren Erfüllung bis zum Tode des<br />
Schenkers aufgeschoben ist) von der Schenkung von Todes wegen. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 33/<strong>2<strong>02</strong>0</strong><br />
Zivilprozessrecht<br />
Antrag auf Erweiterung eines Musterverfahrens: Unanfechtbare Entscheidung<br />
(BGH, Beschl. v. 1.10.2019 – II ZB 23/18) • Die einen Antrag auf Erweiterung des Musterverfahrens<br />
zurückweisende Entscheidung des OLG ist unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Überprüfung<br />
76 <strong>ZAP</strong> Nr. 2 22.1.<strong>2<strong>02</strong>0</strong>