Sport + Mobilität mit Rollstuhl 10/2019
Informationsschrift des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes e. V.
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KURZ + BÜNDIG<br />
MENSCHENI<br />
»WIR SIND DIE REGISSEURE<br />
UNSERES EIGENEN LEBENS!«<br />
Klaus D. Herzog über Raúl Krauthausen, einen Aktivisten<br />
für Inklusion und Barrierefreiheit<br />
Der Artikel »Wir sind die Regisseure<br />
unseres eigenen Lebens!«<br />
von Raúl hat mich bewogen, an<br />
dieser Stelle auf seinen Newsletter hinzuweisen,<br />
denn der ist es echt wert, angesehen<br />
zu werden. Auch wenn Raúl jeden<br />
Dienstag wirklich viele Infos zum Thema<br />
›Geschichten von Menschen – <strong>mit</strong> Behinderung‹<br />
bringt, so sind sie übersichtlich<br />
sortiert und jede*r kann sich sein Thema<br />
rauspicken.<br />
Hier ein Auszug aus dem Artikel:<br />
EIN SCHWANK AUS<br />
MEINER JUGEND<br />
Ich war ein ziemlich durchschnittlicher<br />
Schüler auf einer Inklusionsschule, die nicht<br />
wusste, dass sie Inklusion macht. Man<br />
nannte es damals noch Integration. Es war<br />
eher ein Zufall, dass die Schule solch ein<br />
Konzept hatte. Ich hatte eine großartige<br />
Schulzeit. Ich bin in die Schule gegangen,<br />
um meine Freunde zu treffen und nicht um<br />
zu lernen. Wenn ich lernte, schrieb ich genauso<br />
gute oder schlechte Noten, wie wenn<br />
ich nicht lernte. Die logische Konsequenz<br />
war dann nicht zu lernen. Das heißt, ich<br />
hatte immer Dreien in der Schule. Das ist eine<br />
blöde Note, sie ist nicht gut und nicht<br />
schlecht und ich bin immer irgendwie unter<br />
dem Radar geflogen.<br />
In der 9. Klasse habe ich dann zu meiner<br />
Mutter gesagt: »Ich habe keine Lust, das<br />
Abitur zu machen. Es hat sich nicht gelohnt<br />
zu lernen und weitere vier Jahre in die<br />
Schule zu gehen, finde ich blöd«. Meine Mutter<br />
sagte: »Du musst kein Abitur machen«,<br />
was so viel hieß wie: jeder von uns hat Abitur<br />
gemacht, also streng dich gefälligst an!<br />
»Dachdecker kannst du aber auch nicht<br />
werden!« Ich dachte nach: Dachdecker!? Ich<br />
mag diese pragmatische Art meiner Mutter.<br />
Ihre Worte haben drei Tage in mir gearbeitet.<br />
Dann dachte ich, Dachdecker wollte ich<br />
eh nicht werden. Also versuchte ich es <strong>mit</strong><br />
dem Abitur.<br />
Ich wollte früher immer Pilot von 747 Flugzeugen<br />
werden und meine Mutter fragte<br />
mich irgendwann: »Wie stellst Du dir das<br />
vor?« Und ich sagte: »Wie immer: wenn ich<br />
lande, holst Du mich ab!« Ein paar Tage<br />
später hat sie mir dann ein sehr dickes Buch<br />
geschenkt, wie man Pilot wird und da stand<br />
drin, dass man unglaublich viel lernen<br />
muss. Also habe ich den Entschluss gefasst,<br />
dass ich doch etwas anderes werden würde.<br />
Ich wuchs in einem Umfeld auf, in dem<br />
ich nicht übertrieben beschützt wurde, aber<br />
mir wurde klar gemacht, was realistisch ist<br />
und was nicht. Es ist total wichtig, dass WIR<br />
selber diese Erfahrung machen, ohne dass<br />
uns im Vorfeld jemand versucht, davon abzuhalten.<br />
Meine Mutter hat immer gesagt: »Mit 18<br />
Jahren ziehst du aus«. Im Nachhinein war<br />
klar, was sie meinte. Nämlich, dass auch sie<br />
älter wird und dann nicht mehr für mich<br />
sorgen kann und möchte. Am Ende war es<br />
so, dass sie auszog. Weil die Wohnung barrierefrei<br />
war und mehr für mich geeignet<br />
war als für sie – ihr kennt das! In der Wohnung<br />
habe ich dann eine WG gegründet.<br />
Abschließend möchte ich noch einige<br />
Worte an alle Jugendliche und Kinder <strong>mit</strong><br />
Behinderung richten: »… es ist oft mehr<br />
möglich, als eure Eltern glauben und auch<br />
als ihr glaubt. Es geht nicht darum, dass ihr<br />
besonders risikoreich leben sollt. Aber lernt<br />
neue Leute kennen, probiert Neues aus, erforscht<br />
eure Grenzen und vielleicht verschieben<br />
sich diese Grenzen ja!«<br />
Quelle: raul.de<br />
Die Erfahrungen von Raúl kann ich nur<br />
bestätigen – also schaut mal auf Raúls<br />
Website (raul.de), da gibt es mehr zu ihm<br />
und seinen Projekten wie wheelmap, Sozialhelden,<br />
Leidmedien, Rampen aus Lego<br />
und vieles andere mehr – und natürlich alles<br />
über seine Newsletter (Abo, Archiv<br />
etc.).<br />
Klaus D. Herzog<br />
PFEFFERSPORT E. V.<br />
RUNDES<br />
JUBILÄUM<br />
Wheel-Soccer-Cup in Berlin<br />
feiert <strong>10</strong>-jähriges Jubiläum<br />
n Die Max Schmeling Halle in Berlin<br />
stand für ein Wochenende ganz im Zeichen<br />
des <strong>Rollstuhl</strong>sports. Bereits zum<br />
<strong>10</strong>. Mal war Berlin der Austragungsort<br />
des Wheel‐Soccer‐Cups.<br />
Nach einem gemeinsamen ›warmup‹<br />
und Training am Samstagmorgen,<br />
starteten am Samstag<strong>mit</strong>tag die Turnierspiele.<br />
Rund 150 Teilnehmer*innen,<br />
verteilt auf insgesamt 17 Mannschaften<br />
(neun Teams bei den Rollikids<br />
und acht bei den Rollicracks),<br />
kämpften zwei Tage lang um den Teufelspokal<br />
des <strong>Sport</strong>vereins Pfeffersport<br />
e. V. Berlin. Während sich bei den<br />
Rollikids wie im Vergangenen Jahr das<br />
Team des ›HSV Wheelsoccer‹ aus<br />
Hamburg erneut durchsetzen konnte,<br />
entschieden die Dolphins aus Trier das<br />
Turnier bei den Rollicracks für sich (s.<br />
auch Seite 32). Da der Fairplay‐Gedanke<br />
beim Wheel‐Soccer‐Cup im Vordergrund<br />
steht, wurde zusätzlich zum Siegerpokal<br />
wie in den Vorjahren auch<br />
wieder ein Fairplaypokal an das fairste<br />
Team vergeben. Bei den Rollikids ging<br />
dieser Pokal in diesem Jahr an das<br />
Heimteam des <strong>Sport</strong>vereins Pfeffersport<br />
e.V. Bei den Erwachsenen wurde<br />
das Mix‐Team aus Dresden und dem<br />
Berliner Umland (Power Lions Dresden)<br />
für seine besondere Fairness ausgezeichnet.<br />
Das Turnier endete am Samstag<strong>mit</strong>tag<br />
nach der Siegerehrung <strong>mit</strong> dem<br />
Maskottchen des <strong>Sport</strong>vereins Pfeffersport<br />
<strong>mit</strong> einem gemeinsamen Mittagessen.<br />
Die Organisatoren bedanken sich<br />
bei allen Teilnehmer*innen, Helfer*innen<br />
und Sponsoren und freuen sich<br />
auf den nächsten Wheel‐Soccer‐Cup<br />
im Jahr 2020. Er findet statt am 22.<br />
und 23. August.<br />
Patrick Moser<br />
In der Rollikids.de-Ausgabe (Sept. <strong>2019</strong>)<br />
konnten wir diese beiden Beiträge nicht<br />
mehr unterbringen und reichen sie euch<br />
hier<strong>mit</strong> nach.<br />
<strong>Sport</strong> + <strong>Mobilität</strong> <strong>mit</strong> <strong>Rollstuhl</strong> <strong>10</strong>/<strong>2019</strong> 7