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KURT Jan./Feb. 2020

KURT - Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe Januar/Februar 2020

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Ausgabe Januar/Februar 2020

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Kopfüber<br />

Kabarett & Comedy<br />

Geldbeschaffungsmaschine diese Selbstdarstellung in die<br />

Säulen kultureller Schaffenskraft einmeißelt.<br />

Ordentlich angeschleudert vom Grauburgunder werden<br />

die Besucher nun in die Plätze eingewiesen, und so<br />

sitzt man nach der zweiten Runde Gongschläge im Sessel,<br />

die Füße in den Anzugschuhen tun schon weh, man spürt,<br />

wie sich Schweißflecken unter dem Boss-Hemd bilden,<br />

dabei hat das Stück noch nicht mal begonnen. In dem<br />

Moment, wo sich der Vorhang dann beidseitig aufzieht<br />

und der erste starke Monolog losbricht wie eine Flutwelle,<br />

stellt sich der Mann ab und gönnt sich eine Auszeit von<br />

sich selbst. Mit großer vorgetäuschter Aufmerksamkeit<br />

wandert der Blick von Darsteller zu Darsteller, doch<br />

der Mann ertappt sich dabei, wie sich ihm zwischendurch<br />

Fragen aufdrängen, die er nicht<br />

zu beantworten weiß, verpasst deswegen<br />

einen schnell eingeschobenen Dialog, und<br />

die Drehbuchlücke drückt als Informationsrückstand<br />

aufs Gemüt. Es fällt ihm<br />

immer schwerer, dem Gebotenen zu folgen,<br />

und er zählt die Akte, schaut auf die Uhr,<br />

in der Pause hält er ein kurzes Nickerchen,<br />

ein Sabberfaden tropft auf den Anzugkragen,<br />

was gibt er nur wieder für ein Bild ab, seine Frau muss<br />

ihn vorsichtig in die Seite stoßen, sie schämt sich ein wenig<br />

für sein Verhalten und ist auch noch sauer, weil er ihr<br />

vorhin ins Wort gefallen ist, dann wird das Licht wieder<br />

gedimmt und während das Schauspiel auf der Bühne<br />

nun an Fahrt aufnimmt, bricht das Schauspiel in den<br />

Zuschauerreihen in sich zusammen. Der Mann und die<br />

Frau – zurückgeworfen auf die eigene Ereignislosigkeit.<br />

Nach dem Stück applaudiert sie auffällig lange, so<br />

als könne man sich den guten Ruf erklatschen, er hat es<br />

dagegen längst aufgegeben und sich auch, er wünscht<br />

sich in seinen Daimler und nach Hause. In der Warteschlange<br />

vor der Garderobe fragt sie ihn – nicht ohne<br />

Absicht auch etwas lauter –, ob sie fahren solle, doch da<br />

winkt er nur zickig ab, als würde er sich jetzt auch noch<br />

das Autofahren wegnehmen lassen.<br />

Die Schauspieler auf der Bühne bekommen von all<br />

dem nichts mit. Sie beglückwünschen sich zu ihrem Auftritt,<br />

schminken sich ab und schmunzeln über den einen<br />

Textstolpler kurz nach der Pause, ohne zu wissen, dass<br />

sie im Kleinen unsere Gesellschaft gerettet haben.<br />

Ohnehin ist das Patriarchat<br />

weisungsgebend,<br />

und die Aula umgibt die<br />

Theatralik des Mannes,<br />

der in seiner Funktion<br />

als Schlips gewordene<br />

Zerbrecht Ihr Euch auch manchmal<br />

den Kopf überirgendetwas?<br />

Oder möchtet Ihr Malte gerne<br />

widersprechen? Dann mailt an<br />

redaktion@kurt-gifhorn.de.<br />

Ich bin am 20. März eingeladen, in die Gifhorner<br />

Stadthalle zu kommen. Dort wird das Stück „Pension<br />

Schöller“ aufgeführt, meine Schwester spielt darin mit<br />

und hat mir zu Weihnachten zwei Karten geschenkt. Ich<br />

finde das ganz berauschend, sie auf der Bühne stehen zu<br />

sehen, schon für zwei oder drei Stücke hatte ich die Gelegenheit<br />

dazu. Ich bin stolz darauf, dass sie das macht.<br />

Es gehört ein großes Maß an Mut dazu, vor Hunderten<br />

von Zuschauern in das Scheinwerferlicht zu treten und<br />

eine Rolle zu spielen, wo man doch sonst immer darum<br />

bemüht ist, genau das nicht zu tun: eine fremde<br />

Person zu sein, sich selber fremd noch viel<br />

schlimmer als den anderen gegenüber.<br />

Und das ist auch das ganz Tolle an so<br />

einem Theaterbesuch. Zu Beginn sind<br />

die Gäste noch um eine Einhaltung ihrer<br />

selbst gewählten oder von einem Milieu<br />

erwarteten Persona bemüht. Für Viele ist<br />

es nicht der erste Besuch in einem Theater,<br />

das heißt, dass Umgangsformen und Sozialverträglichkeiten<br />

übernommen wurden. Das<br />

fängt schon beim Auftreten an: Der Dress ist vornehm,<br />

deckende Farben, unauffällige Schnitte, transparente<br />

Feinstrumpfhosen und Burberry-Schals auf der einen<br />

Seite, lange Wollmäntel und Anzugschuhe auf der anderen,<br />

und man vermutet die Rückkehr des Adels, so als<br />

wäre das Theater ein Ort der Noblesse für die Noblesse,<br />

dabei ist es das ja gerade nicht, sondern das genaue<br />

Gegenteil, nämlich die Erweiterung der Gesellschaft<br />

und ihrer Zusammensetzung.<br />

Man bestellt einen Rotwein oder Weißwein, scheinbar<br />

schickt sich das, und Zweit-Ehefrauen stehen ihre<br />

Hochsteckfrisuren in den Raum, hören artig zu, und<br />

wenn sie dann doch mal was sagen, entweder zu leise und<br />

sie werden völlig übergangen oder zu laut und sie werden<br />

durch sich verengende Augenpaare zurechtgewiesen.<br />

Von Malte Schönfeld<br />

Kopfüber<br />

Über den Theaterbesuch<br />

Nessi Tausendschön bewacht die Paradiespforte<br />

Wer will hören von Schein und<br />

Sein, Himmel und Hölle? Wer<br />

hat noch Hoffnung, in diesem<br />

Leben ein Stück vom Himmel<br />

zu sehen, die andere Hälfte<br />

gar? Der kommt an Nessi<br />

Tausendschön und ihrem Programm<br />

„Knietief im Paradies“<br />

nicht vorbei. Die Diseuse und<br />

Kabarettistin ist Torwächterin<br />

des Paradieses und Göttin<br />

des gerechten Zorns, Trägerin<br />

des Deutschen Kabarettpreises<br />

und des Salzburger Stiers.<br />

Mit einem Übermaß an Jubel,<br />

Zorn, Energie und Spielfreude<br />

widmet sie sich den kleinen<br />

Wahrheiten des Lebens.<br />

Der Gifhorner Kulturverein<br />

lädt Nessi und ihre Welt aus<br />

Kabarett und Musik, Politik<br />

und Zeitgeist, Tanz und Theater<br />

nun in unser Städtchen ein.<br />

Tickets gibt‘s beim Kulturverein<br />

(Tel. 05371-813924),<br />

Steinweg 3, in Gifhorn.<br />

Samstag, 15. <strong>Feb</strong>ruar<br />

20 Uhr, Rittersaal im Schloss<br />

Schlossplatz 1, Gifhorn<br />

Vorverkauf: ab 13 Euro<br />

Abendkasse: ab 17,10 Euro<br />

Frage nicht, was Glenn Langhorst<br />

für Dich tun kann...<br />

Foto: Sascha Moll<br />

William Mackenzie an der Gitarre und Nessi Tausendschön am Mikrofon<br />

versprechen ein energiegeladenes Kabarettprogramm.<br />

Foto: Uwe Würzburger<br />

Frau zum Mitreißen gesucht!<br />

Zwischen Stand-up-Comedy,<br />

Alltagskabarett und einem<br />

Schuss Literatur findet sich<br />

Glenn Langhorsts Programm<br />

„Frau zum Mitreißen gesucht“<br />

wieder. Er offeriert eine Parodie<br />

auf die verzwickten<br />

zwischenmenschlichen Beziehungen<br />

unserer Zeit – die<br />

Kulturschmiede Sassenburg<br />

lädt dazu ein. Tickets gibt‘s<br />

im Rathaus in Westerbeck und<br />

in den Big-Durst-Filialen in<br />

Grußendorf und Triangel.<br />

Freitag, 31. <strong>Jan</strong>uar<br />

19 Uhr, Bürgerbegegnungsstätte<br />

Hauptstraße 54, Westerbeck<br />

Vorverkauf: 10 Euro<br />

Abendkasse: 12 Euro<br />

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