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KURT Jan./Feb. 2020

KURT - Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe Januar/Februar 2020

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Letzte Ruhe<br />

Letzte Ruhe<br />

Beisetzungen ohne Trauergemeinde<br />

sind in Gifhorn jetzt Vergangenheit<br />

Ehrenamtliche des Hospizvereins begleiten Unbedachte auf ihrem letzten Weg<br />

Die Bestattungskultur in Deutschland hat sich stark verändert: Lag<br />

der Anteil der Einäscherungen im Jahr 2010 noch bei gut der Hälfte<br />

aller Beisetzungen, machen die Feuerbestattung und anschließende<br />

Urnenbeisetzung laut dem Bundesverband Deutscher Bestatter<br />

heute bereits 67 Prozent aller Beerdigungen aus – Tendenz weiter<br />

steigend. Diese Form der Bestattung erfahren auch sogenannte<br />

Unbedachte: Verstorbene, die einsam waren und zum Teil auch anonym<br />

sind. In Gifhorn gab‘s im Schnitt acht bis zehn Beisetzungen pro<br />

Jahr, zu denen niemand kam, um Abschied zu nehmen. Doch das ist<br />

nun anders – dank der Engagierten vom Gifhorner Hospizverein.<br />

Von Christoph Peter Ehrlich<br />

Dass es überhaupt Beerdigungen<br />

sogenannter Unbedachter<br />

gibt, erfuhren die Mitglieder<br />

des Hospizvereins während<br />

eines Ehrenamtsabends im<br />

Frühjahr 2019. Johann Harms,<br />

Mitglied der Verwaltung des<br />

Zuhören,<br />

verstehen und<br />

angemessen reagieren<br />

St. Nicolai-Friedhofes in<br />

Gifhorn, berichtete, wie einsam<br />

eine solche Trauerfeier<br />

abläuft – kann denn schließlich<br />

auch von keiner Feier gesprochen<br />

werden, ohne Anteilnahme<br />

einer Gesellschaft.<br />

Den inzwischen 54 Ehrenamtlichen<br />

des Hospizvereins<br />

Gifhorn<br />

Calberlaher Damm 24<br />

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www.günter-bestattungen.de / Tag & Nacht: 05371 - 93 71 50<br />

ist das Thema Tod nicht neu.<br />

Und schließlich hoffen wohl<br />

wir alle darauf, dass wir auf<br />

unserem letzten Weg Menschen<br />

um uns herum versammeln<br />

dürfen, denen wir etwas<br />

bedeuten. Doch nicht immer<br />

begleitet eine Trauergemeinde<br />

den letzten Erdenakt: In<br />

Gifhorn werden im Schnitt<br />

jedes Jahr acht bis zehn Menschen<br />

in Einsamkeit beerdigt.<br />

Die Ehrenamtlichen des<br />

Gifhorner Hospizvereins begleiten<br />

Sterbende und deren<br />

Angehörige, bieten Beratungen<br />

an und zeigen Möglichkeiten<br />

zur Trauerbewältigung<br />

auf. Doch die Begleitung von<br />

Verstorbenen war neu. „Wir<br />

begleiten bis zum Tod. Und<br />

da müssen wir weitergehen“,<br />

fasst Hospizarbeit-Koordina-<br />

Keiner soll allein beerdigt werden: Ehrenamtliche des Gifhorner Hospizvereins begleiten sogenannte Unbedachte<br />

zum Grab und rufen jeden auf, mitzumachen und ein wenig Gemeinschaft zu schenken.<br />

Fotos: Çağla Canıdar<br />

torin Jeannette Ehlers den sofortigen<br />

Beschluss der Ehrenamtlichen<br />

zusammen. Denn:<br />

„Keiner soll allein beerdigt<br />

werden“, pflichtet ihr Pastor<br />

Georg Julius bei.<br />

Wie dringlich der Entschluss<br />

der Ehrenamtlichen<br />

war, zeigte sich schon nach<br />

nicht mal vier Wochen: Noch<br />

im April fand die erste Beerdigung<br />

eines Unbedachten<br />

statt, der dann nicht mehr unbedacht<br />

war, sondern von fünf<br />

Personen auf seinem letzten<br />

Weg begleitet wurde. Blumen<br />

und Urnengestecke wurden<br />

aus Spenden des Hospizvereins<br />

gestiftet. Bis Ende 2019<br />

begleiteten insgesamt 14 Menschen<br />

vier Unbedachte auf ihrem<br />

Weg zur letzten Ruhe.<br />

Das Projekt „Begleitung<br />

Unbedachter“ lädt jeden dazu<br />

ein, sich daran zu beteiligen.<br />

Der Hauptsinn liegt darin,<br />

eine letzte Gemeinschaft um<br />

den unbekannten Verstorbenen<br />

zu bilden und ihn in Würde<br />

zu verabschieden.<br />

Der Ablauf der Trauerfeier<br />

gleicht dem auch sonst üblichen:<br />

Die Gemeinschaft versammelt<br />

sich vor der Kapelle,<br />

wartet auf den Urnenträger<br />

und legt im Kreis aufgestellt<br />

einen Urnenkranz nieder. Der<br />

Pastor hält eine Ansprache.<br />

Schwierig hierbei ist, dass<br />

vom Verstorbenen häufig nur<br />

der Name sowie Geburts- und<br />

Sterbedatum bekannt sind. So<br />

aber erinnert dieser als Toter<br />

daran, dass nicht das, was wir<br />

im Leben getan haben, im Vordergrund<br />

steht, sondern das,<br />

was wir sind: Menschen.<br />

Nach der Ansprache trägt<br />

ein Friedhofsverwalter die<br />

Urne in Begleitung ertönender<br />

Glocken zur Grabstätte. Auch<br />

wenn die begleitete Person unbekannt<br />

ist, so fällt auch dieser<br />

Weg den Begleitern nicht<br />

leicht: Es ist ein Abschied für<br />

immer, ein erinnernder Weg an<br />

die eigene Endlichkeit, und vor<br />

allem ist dieser Weg selbstlos.<br />

Der Weg zum Grab steht symbolisch<br />

für den Weg, den wir<br />

mit dem Verstorbenen im Leben<br />

gegangen sind. Es können<br />

Tage sein, aber auch mehrere<br />

Jahrzehnte. In allen liegen Erinnerungen,<br />

die unweigerlich<br />

in uns aufkommen und uns auf<br />

dem Weg zum Grab begleiten.<br />

So ist es nicht selten, dass am<br />

Grab noch einmal letzte Worte<br />

gefunden werden, um den<br />

Verstorbenen mit Blumen,<br />

Kränzen oder ein wenig Erde »<br />

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