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Borgfelder Rundblick 01/2020

Regionalmagazin für Bremen-Borgfeld und Umgebung

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Nekrolog auf ein Jahr

Nun starb das Jahr. Auch dieses ging daneben.

Längst trat es seinen Lebensabend an.

Es lohnt sich kaum, der Trauer hinzugeben,

weil man sich ja ein neues leisten kann.

Man sah so manches Jahr vorüberfliegen,

und der Kalander wurde langsam alt.

Das Glück gleicht eleganten Luxuszügen

und wir der der Kleinbahn ohne Aufenthalt…

Im Wintersportgebiet hat´s Schnee gegeben.

Wer Hunger hat, schwärmt selten für Natur.

Sylvester kam. Und manches Innenleben

bedarf jetzt fristgemäß der Inventur.

Wir gossen Blei und trieben Neujahrspossen.

(Minister formen meist den Vogel Strauß…)

Was wir im letzten Jahr in Blei gegossen,

das sah verdammt nach Pleite-Geier aus.

Das Geld regiert. Wer hat es nicht erfahren,

dass Menschenliebe wenig Zinsen trägt.

Ein braver Mann kann höchstens Worte sparen,

…wenn er die Silben hübsch beiseitelegt.

Die Freundschaft welkt im Rechnen mit Prozenten.

Bald siehst du ein, dass keiner helfen kann.

Du stehst allein. Und die dir helfen könnten,

die sagen höchstens: „… rufen sie mal an!“

Nun starb das Jahr. – Man lästere nicht am Grabe!

Doch: Wenn das Leben einer Schule gleicht,

dann war dies Jahr ein schwachbegabter Knabe

und hat das Ziel der Klasse nicht erreicht.

von: Mascha Kaléko / in: Das lyrische Stenogrammheft

Erstausgabe: Berlin 1933 / hier: rororo-Ausgabe von 1956

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