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Frischzelle_26: André Wischnewski

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FRISCHZELLE_26: ANDRÉ WISCHNEWSKI

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So könnte ein möglicher Titel zu André Wischnewskis Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart

lauten. Für die Frischzelle_26 entwickelt der Künstler eine filigrane plastische Raumzeichnung, in

der sich die Konturen comictypischer Elemente wie Sprech-, Denk- und Geräuschblasen sowie

Panels (Rahmungen von Bildsequenzen) über die zentrale Wand erstrecken. Die aus Schwarzstahl

gefertigten Elemente scheinen einem endlos erweiterbar modularen Comic-Gerüst­ Repertoire

zu entspringen, worauf der Werktitel 126315 mm with open end (Abb. S. 14/15) anspielt. Die Zahlenangabe

verweist auf die Länge der in dieser Installation verwendeten Schwarzstahlstäbe.

Im Gegensatz zu ihrem Referenzmedium, dem auf eine bestimmte Seitengröße festgelegten Comicheft,

ignoriert diese Raumzeichnung die Grenzen der Wand und dehnt sich bruchstückhaft auf

dem Boden aus, windet sich um Kanten, reckt sich in die Höhe, imitiert die nüchterne Struktur der

für einen White Cube typischen Lichtdecke, um deren klare Linien dabei umso plastischer erscheinen

zu lassen. Ein Eselsohr, jenes durch einen simplen Knick bewirkte Lesezeichen einer Buchseite,

findet sich als Fragment der Raumzeichnung in einer gegenüberliegenden Ecke des Raums wieder.

Die Raumzeichnung entfaltet sich großflächig und weitläufig zu einer Geschichte – Besucher_innen

sind in ihr Protagonist_innen und Zuschauer_innen zugleich. Dabei wartet diese Raumzeichnung

nicht mit der aus Comics bekannten Fülle an expressiven Bildern auf, sondern vergrößert das

architektonische und narrative Gerüst des Comics, überführt es ins Medium der Plastik, von der

Fläche in den Raum.

Des Geistes Auge fängt erst dann an, scharf zu sehen, wenn das des Leibes seine Schärfe zu

verlieren beginnt. (Platon)

Auf das leibliche Auge wirken die bloß schematischen Gerüstelemente einer Bildergeschichte eher

zurückhaltend. Umso stärker reizen sie das innere Auge der Betrachter_innen und regen dazu an,

die Leerstellen und -räume mit eigenen Geschichten aufzufüllen.

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