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HEIMATLIEBE-BIGGESEE Augabe 9 Winter 2019/20

Die Ausgabe für die Region Biggesee - Heimatliebe – Dein Magazin, Deine Region, Deine Geschichten.

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Die Traubeneiche<br />

in Iseringhausen<br />

Die Reise im Kreis Olpe geht weiter<br />

Von wissenschaftlicher, naturgeschichtlicher oder landeskundlicher Bedeutung oder besonders schön, alt oder<br />

selten müssen sie sein – dann können Bäume oder Baumgruppen zu Naturdenkmälern erklärt werden. Ganze<br />

75 davon gibt es im Kreis Olpe – neben sieben Stein- und Felsformationen. Die Ältesten stehen in Schönau-<br />

Altenwenden. Es handelt sich um eine Gruppe Buchen. Über sie haben wir in unserer Sommerausgabe berichtet.<br />

Unser Weg führt uns nun weiter in den Westen unseres Kreises nach Iseringhausen. Hier, im Garten der Familie<br />

Reuber, steht eine wunderbare Traubeneiche. Mit mehr als 250 Jahren ist sie der älteste geschützte Baum auf<br />

dem gesamten Gebiet der Stadt Drolshagen. Was sie wohl alles erzählen könnte?<br />

Manfred Reuber mit seinem Vater Peter und Pferdedame Flora,<br />

auch ein heißgeliebtes Mitglied der Familie.<br />

Manchmal liegt das außergewöhnliche Foto sehr nahe. Man muss nur darauf kommen:<br />

Vor ein paar Jahren riss ein kalter Blitz in wenigen Tausendstelsekunden und bei Temperaturen<br />

von mehreren Tausend Grad eine Wunde in den Stamm. Heute ist sie längst wieder verheilt.<br />

Eine frische Brise weht an diesem Oktobertag über das<br />

Land. Dicke weiße Wolken ziehen am blauen Himmel.<br />

Die mächtigen Äste werfen Schatten und das wilde Rauschen<br />

der Blätter spielt der Natur schönste Melodie. Die<br />

ältesten Nachweise über die Familie von Manfred Reuber<br />

datieren sich auf 1793, das Geburtsjahr eines gewissen<br />

Landwirtes Johann Anton Reuber. „Da<br />

muss es die Eiche schon einige<br />

Jahrzehnte gegeben haben. Sie<br />

war immer etwas ganz<br />

Besonderes für unsere<br />

Familie und ist<br />

es bis heute“, sagt<br />

Manfred Reuber<br />

und erzählt die<br />

Geschichte seines<br />

Vaters, der<br />

von Beginn an<br />

im Zweiten<br />

Weltkrieg war,<br />

den Kessel von<br />

Stalingrad, die<br />

Hölle des Gemetzels,<br />

des Hungers<br />

und der Kälte im<br />

strengen russischen<br />

<strong>Winter</strong> im Gegensatz zu<br />

700.000 anderen Soldaten<br />

überlebte und nach vier Jahren<br />

Gefangenschaft 1949 als einer der wenigen<br />

und letzten im gesamten Amt Drolshagen endlich wieder<br />

nach Hause kam. „Er sagte, er habe in seinen Gedanken<br />

zwei Bezugspunkte gehabt, die ihm halfen, diese schwere<br />

Zeit zu überstehen: zum einen die Kirche, zum anderen<br />

unsere Eiche.“<br />

Auf Eichen wachsen die<br />

besten Schinken<br />

So wertvoll diese eine Traubeneiche für die Familie Reuber<br />

ist, so wertvoll ist ihre Art für Ökologie und Ökonomie. Weit<br />

über 1.000 Jahre alt kann die Traubeneiche ebenso wie ihre<br />

Schwester, die Stileiche, werden, Lebensraum für über 500<br />

Lebewesen sein und damit sicherer Anker für die biologi-<br />

sche Vielfalt. Ihr hartes, festes Holz wurde seit jeher für<br />

Handels- und Entdeckerschiffe und für Bauwerke genutzt.<br />

Die Speicherstadt in Hamburg steht beispielsweise auf Pfählen<br />

aus Eiche. Und wer einen guten Rotwein schätzt, der<br />

weiß, dass im Grunde neben der amerikanischen Weißeiche<br />

nur die europäische Traubeneiche zur Herstellung von Weinfässern<br />

eingesetzt wird. Ihre Rinde, Blätter und Früchte<br />

können medizinisch so einiges leisten und besonders die<br />

Älteren erinnern sich an das Mästen der Schweine im<br />

Eichenwald – daher der Spruch „Auf Eichen wachsen die<br />

besten Schinken“ – oder an Kaffee- und Mehlersatz<br />

aus Eicheln in mageren Zeiten.<br />

Und bedenkt man dazu, dass kaum<br />

ein Baum so stark mit Legenden<br />

und Mythen verbunden ist –<br />

sie gilt als Königin der<br />

Wälder, symbolisiert Weisheit<br />

und Wahrheit, steht<br />

für Leben, Stärke und<br />

Loyalität, ist Orakel,<br />

Glücksbringer und<br />

voller Magie –, ergibt<br />

sich ein wirklich imposantes<br />

Bild. Eines,<br />

das auch in der Zukunft<br />

Bestand haben<br />

wird. Mit Trockenheitstoleranz,<br />

Wärmeliebe und<br />

dem starken Wurzelwerk<br />

verfügt sie auch im anstehenden<br />

Klimawandel über ein solides<br />

Standvermögen.<br />

Teil der Familiengeschichte<br />

Mehr als 30 Meter hoch ist die Traubeneiche im Garten der<br />

Familie Reuber. Die lockere Baumkrone ist auf dem geraden<br />

Stamm mit der dicken, tief längsrissigen und graubraunen<br />

Rinde und den strahlenförmig abgehenden Ästen hochgewölbt.<br />

In ihrem Schatten ist der Lieblingsplatz der Familie.<br />

„Hier ist es abends wärmer als sonst irgendwo im Garten.<br />

(Bild Mitte) Neben dem Stamm liegt ein sogenannter<br />

Sensendengelstein. Beim Dengeln oder auch Haren wird<br />

die Sense durch Schläge mit dem Hammer entlang der<br />

Schneidkante ausgezogen, verdünnt und damit geschärft.<br />

Wie alt dieser Stein ist, kann Manfred Reuber nicht sagen.<br />

„Sicher schon sehr alt. Es hat ihn wohl immer hier auf dem<br />

Hof gegeben. Nur an einem anderen Platz.“<br />

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