HEIMATLIEBE-BIGGESEE Augabe 9 Winter 2019/20
Die Ausgabe für die Region Biggesee - Heimatliebe – Dein Magazin, Deine Region, Deine Geschichten. Die Ausgabe für die Region Biggesee - Heimatliebe – Dein Magazin, Deine Region, Deine Geschichten.
Das Foto entstand um 1930: Der Transport des Christbaumschmucks war Frauensache. Bunsenbrenner ablöste und mit seiner gleichförmigen und regulierbaren Flamme erlaubte, dünnwandige und größere Erzeugnisse zu blasen – 1867 kam eine Gasanstalt nach Lauscha –, sowie das sogenannte „Nassversilberungsverfahren“, das die giftige Bleiverspiegelung und die ebenso teure wie komplizierte sogenannte Fischperlen-Verspiegelung ablöste. Der Engländer Michael Drayton und der deutsche Chemiker Justus von Liebig haben sich damit einen Namen gemacht. Dabei hatten sie keineswegs die Veredelung von Christbaumkugeln im Sinn. Ihnen ging es vielmehr darum, die bei der Spiegelproduktion bis dahin übliche Verwendung von tödlichem Quecksilber zu vermeiden. Zurück zum dekorierten Weihnachtsbaum: Bis sich der Brauch verbreitet hatte, dauerte es einige Jahrhunderte. Wohlhabende Bürgerfamilien übernahmen ihn von den Zünften, dann fand der Adel daran Gefallen und von da aus ganz Europa und schließlich mit den ersten Auswanderern die ganze Welt. Was schimmernd und glitzernd in warmen Stuben, Salons und Palästen in festliche Stimmung versetzte, war indes mit ärmlichsten Lebensverhältnissen und allerschlechtesten Arbeitsbedingungen bei den Glasbläsern verbunden. Das Weiterverarbeiten der Glasröhren zu Christbaumschmuck erfolgte in selbstständiger Heimarbeit, den sogenannten Hausindustrien, wobei die ganze Familie mithelfen musste. Vom frühen Morgen bis spät in die Nacht. Das Aufblasen der Kugeln und das Variieren der Formen war Männersache. Frauen und Kinder übernahmen das Verzieren bis zum Aufstecken der Metallkappen mit Ösen, das anschließende Verpacken und Tragen zu den sogenannten Verlegern, also den Händlern und Großkaufleuten, die den Vertrieb und Export organisierten, Preis und Absatz kontrollierten und so über die Produktion und damit die Glasbläser nach Gutdünken verfügen konnten. Je günstiger in der Herstellung und je fantasievoller die Erzeugnisse, desto größer die Chance der Familien, deren einzige Grundlage ansonsten die Landwirtschaft war, ihre Existenz zu sichern. Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb die kleine Stadt bedeutendes Zentrum der Christbaumkugelindustrie. Dabei war der Schmuck keineswegs nur rund. Mit verschiedenen Techniken formte man die Halbfabrikate durch Drehen, Arbeitsstube um 1930: Der Schmuck wurde in kleinen Werkstätten im Wohnhaus der Glasbläser hergestellt. Die ganze Familie war daran beteiligt. Drücken oder – neben den frei geblasenen Produkten – durch das Blasen in Negativformen zu allen möglichen Gebilden wie Zapfen, Vögeln, Trompeten. Auch technische Errungenschaften wie der Zeppelin standen Modell, ebenso wie der jeweilige Zeitgeist: So stellte man U-Boote oder Nordmänner, Blaufichten, Fichten gar Geschütze wie die „Dicke Bertha“ her. 1939 kam die Produktion zum Erliegen; ab 1945 wurde sie wieder aufgebaut, wobei man sich insbesondere nach dem Mauerfall wieder der traditionellen Handarbeit zuwandte. In Lauscha steht übrigens das älteste deutsche Spezialmuseum für Glaskunst. 2014 wurde es neu eröffnet und zeigt unter anderem den für Lauscha typischen Zusammenhang von Perlenproduktion und Christbaumschmuckherstellung. Birgit Engel [Text] Museum für Glaskunst Lauscha [Fotos] Weihnachtsbaumverkauf vom 1. Advent täglich von 10.00 - 17.00 Uhr, bis 23.12. um 17.00 Uhr, mit Lagerfeuer, Glühwein und Plätzchen Täglich frische Weihnachtsbäume – auch zum selberschlagen! Für unsere kleinen Besucher: Hofbesichtigung und kostenlose „Kinder-Weihnachtsbäume“! Bernd Kaiser Landwirtschaft · Zu den Höfen 11 · 57439 Attendorn · 02722/50173 · 02722/635340 · kaiser-keseberg@t-online.de 14 15
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Das Foto entstand um 1930: Der Transport des Christbaumschmucks<br />
war Frauensache.<br />
Bunsenbrenner ablöste und mit seiner gleichförmigen und<br />
regulierbaren Flamme erlaubte, dünnwandige und größere<br />
Erzeugnisse zu blasen – 1867 kam eine Gasanstalt nach<br />
Lauscha –, sowie das sogenannte „Nassversilberungsverfahren“,<br />
das die giftige Bleiverspiegelung und die ebenso<br />
teure wie komplizierte sogenannte Fischperlen-Verspiegelung<br />
ablöste. Der Engländer Michael Drayton und der<br />
deutsche Chemiker Justus von Liebig haben sich damit<br />
einen Namen gemacht. Dabei hatten sie keineswegs die<br />
Veredelung von Christbaumkugeln im Sinn. Ihnen ging es<br />
vielmehr darum, die bei der Spiegelproduktion bis dahin<br />
übliche Verwendung von tödlichem Quecksilber<br />
zu vermeiden.<br />
Zurück zum dekorierten Weihnachtsbaum: Bis sich der<br />
Brauch verbreitet hatte, dauerte es einige Jahrhunderte.<br />
Wohlhabende Bürgerfamilien übernahmen ihn von den<br />
Zünften, dann fand der Adel daran Gefallen und von da<br />
aus ganz Europa und schließlich mit den ersten Auswanderern<br />
die ganze Welt. Was schimmernd und glitzernd in<br />
warmen Stuben, Salons und Palästen in festliche Stimmung<br />
versetzte, war indes mit ärmlichsten Lebensverhältnissen<br />
und allerschlechtesten Arbeitsbedingungen bei den Glasbläsern<br />
verbunden. Das Weiterverarbeiten der Glasröhren<br />
zu Christbaumschmuck erfolgte in selbstständiger Heimarbeit,<br />
den sogenannten Hausindustrien, wobei die ganze<br />
Familie mithelfen musste. Vom frühen Morgen bis spät in<br />
die Nacht. Das Aufblasen der Kugeln und das Variieren der<br />
Formen war Männersache. Frauen und Kinder übernahmen<br />
das Verzieren bis zum Aufstecken der Metallkappen mit<br />
Ösen, das anschließende Verpacken und Tragen zu den sogenannten<br />
Verlegern, also den Händlern und Großkaufleuten,<br />
die den Vertrieb und Export organisierten, Preis und<br />
Absatz kontrollierten und so über die Produktion und damit<br />
die Glasbläser nach Gutdünken verfügen konnten. Je<br />
günstiger in der Herstellung und je fantasievoller die<br />
Erzeugnisse, desto größer die Chance der Familien, deren<br />
einzige Grundlage ansonsten die Landwirtschaft war, ihre<br />
Existenz zu sichern.<br />
Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb die kleine Stadt bedeutendes<br />
Zentrum der Christbaumkugelindustrie. Dabei<br />
war der Schmuck keineswegs nur rund. Mit verschiedenen<br />
Techniken formte man die Halbfabrikate durch Drehen,<br />
Arbeitsstube um 1930: Der Schmuck wurde in kleinen Werkstätten im Wohnhaus der Glasbläser hergestellt.<br />
Die ganze Familie war daran beteiligt.<br />
Drücken oder – neben den frei geblasenen<br />
Produkten – durch das Blasen<br />
in Negativformen zu allen möglichen<br />
Gebilden wie Zapfen, Vögeln, Trompeten.<br />
Auch technische Errungenschaften<br />
wie der Zeppelin standen<br />
Modell, ebenso wie der jeweilige Zeitgeist:<br />
So stellte man U-Boote oder<br />
Nordmänner,<br />
Blaufichten, Fichten<br />
gar Geschütze wie die „Dicke Bertha“<br />
her. 1939 kam die Produktion zum<br />
Erliegen; ab 1945 wurde sie wieder<br />
aufgebaut, wobei man sich insbesondere<br />
nach dem Mauerfall wieder der<br />
traditionellen Handarbeit zuwandte.<br />
In Lauscha steht übrigens das älteste<br />
deutsche Spezialmuseum für Glaskunst.<br />
<strong>20</strong>14 wurde es neu eröffnet<br />
und zeigt unter anderem den für<br />
Lauscha typischen Zusammenhang<br />
von Perlenproduktion und Christbaumschmuckherstellung.<br />
Birgit Engel [Text]<br />
Museum für Glaskunst Lauscha [Fotos]<br />
Weihnachtsbaumverkauf vom 1. Advent täglich<br />
von 10.00 - 17.00 Uhr, bis 23.12. um 17.00 Uhr,<br />
mit Lagerfeuer, Glühwein und Plätzchen<br />
Täglich frische Weihnachtsbäume –<br />
auch zum selberschlagen!<br />
Für unsere kleinen Besucher:<br />
Hofbesichtigung und kostenlose<br />
„Kinder-Weihnachtsbäume“!<br />
Bernd Kaiser Landwirtschaft · Zu den Höfen 11 · 57439 Attendorn · 02722/50173 · 02722/635340 · kaiser-keseberg@t-online.de<br />
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