HEIMATLIEBE-BIGGESEE Augabe 9 Winter 2019/20
Die Ausgabe für die Region Biggesee - Heimatliebe – Dein Magazin, Deine Region, Deine Geschichten.
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Im späteren 19. Jahrhundert entwickelte<br />
sich in Lauscha eine florierende Christbaumschmuckindustrie<br />
in Heimarbeit.<br />
Etwa um 1880 entdeckte Frank Winfield<br />
Woolworth – er reiste persönlich nach<br />
Thüringen – die Lauschaer Erzeugnisse<br />
und organisierte den Export nach<br />
Amerika. Damit begann der Siegeszug<br />
des gläsernen Baumschmuckes.<br />
Die Geschichte<br />
der Christbaumkugel<br />
Diese Geschichte ist zwar am Weihnachtsbaum aufgehängt, nichtsdestotrotz aber keine Weihnachtsgeschichte.<br />
Vielmehr geht es um die manuelle Glaskunst in Deutschland, die seit einigen<br />
Jahren zum immateriellen Kulturerbe gehört. Dabei richten wir unseren Blick nach Lauscha.<br />
Dort im Thüringer Wald bläst man nicht nur seit dem Mittelalter Glas, in der kleinen Stadt Lauscha<br />
im Südosten der Region steht die Wiege der Christbaumkugel. Und da das Sauerland in<br />
Sachen Weihnachtsbäume Weltmarktführer ist, sind das zwei Dinge, die unbedingt zusammengehören.<br />
Eine ganz runde Geschichte also.<br />
Dass 1982 auf dem<br />
Petersplatz in Rom zum<br />
ersten Mal ein Weihnachtsbaum<br />
stand, überrascht. Denn<br />
– so will es unser Gefühl – es muss<br />
an der Memorialkirche einen solchen<br />
doch schon immer gegeben haben.<br />
Also, seit deren Bau, mit dem man vor<br />
rund 500 Jahren begann. Tatsächlich<br />
ist die erste schriftliche Erwähnung<br />
eines dekorierten Weihnachtsbaums<br />
auch genauso alt. Sie stammt indes aus<br />
den Zünften des städtischen Handwerks.<br />
Vor etwa 400 Jahren schmückte<br />
einen solchen dann erstmals eine<br />
Kerze. Wer die Idee dazu hatte, ist<br />
umstritten – vielleicht die Herzogin<br />
Dorothea Sibylle von Schlesien. Oder<br />
war es doch Luther? Ansonsten<br />
behängte man ihn mit Äpfeln, Nüssen<br />
und Zuckerwerk, bis schließlich 1847<br />
in Lauscha die gläserne Christbaumkugel<br />
erfunden wurde. Den Erzählungen<br />
nach war es ein armer Glasbläser,<br />
der sich Lebensmittel am Baum<br />
schlichtweg nicht leisten konnte.<br />
Sesshafte Glasmacher gab es in<br />
Deutschland seit dem späten Mittalter.<br />
In den Mittelgebirgen fanden sie das,<br />
was sie an Rohstoffen brauchten.<br />
Nämlich Holz zur Gewinnung von<br />
Pottasche sowie Sand und damit<br />
Quarz. So auch im Thüringer Wald,<br />
wo sich Lauscha – die erste Glashütte<br />
begann hier<br />
1597 mit ihrer Produktion – zu einem<br />
weltweit bekannten Zentrum der<br />
Glas- und Christbaumschmuckindustrie<br />
entwickelte. Voraussetzung<br />
dazu waren allerdings einige technische<br />
Entwicklungen.<br />
Zunächst einmal wurde Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts die Glasröhren- und<br />
Lampentechnik bekannt. Damit konnten<br />
neben der traditionellen Herstellung<br />
von Hohlglas nun weitere Fabrikate<br />
produziert werden: beispielsweise<br />
wissenschaftliche Geräte, figürliches<br />
Glas, Tier- und Puppenaugen und<br />
Augenprothesen für Menschen sowie<br />
zuallererst und vor allem für Perlen.<br />
Aus Letzteren, mit denen zunächst<br />
die Modeschmuckindustrie bedient<br />
wurde, entwickelte sich die gläserne<br />
Christbaumkugel.<br />
Damit diese ab Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
als Massenartikel ihren Siegeszug<br />
von ihrer Geburtsstätte im<br />
Thüringer Wald durch Europa und<br />
schließlich rund um den Globus antreten<br />
konnte, waren zwei weitere<br />
Innovationen Voraussetzung: die Einführung<br />
des Gasgebläses, das den<br />
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