HEIMATLIEBE-BIGGESEE Augabe 9 Winter 2019/20
Die Ausgabe für die Region Biggesee - Heimatliebe – Dein Magazin, Deine Region, Deine Geschichten.
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Attendorn . Olpe . Drolshagen . Wenden<br />
Schau mal, wo die Elfen wohnen<br />
Eine Geschichte nicht nur für Kinder<br />
Marita, Grata<br />
und der Ackersegen<br />
Lecker, lecker ... Kartoffeln<br />
Abenteuer Eisklettern<br />
Herausforderung im Pitztal<br />
Schutzgebühr 3,80 E
Ausgabe 9 – <strong>Winter</strong> <strong><strong>20</strong>19</strong><br />
5 Editorial<br />
6 Schau mal, wo die Elfen wohnen<br />
Eine Geschichte nicht nur für Kinder<br />
12 Die Geschichte<br />
der Christbaumkugel<br />
6<br />
18 Marita, Grata und der Ackersegen<br />
Lecker, lecker ... Kartoffeln<br />
24 Potthucke<br />
30 Energie für´s Gefieder im Garten<br />
Wie wichtig richtiges Vogelfüttern ist<br />
34 Ein Mann für zwei Schwingen<br />
Alexander Fischer kümmert sich<br />
um verletzte Greifvögel<br />
40 Aussichts-Reich<br />
42 Die Traubeneiche in Iseringhausen<br />
Die Reise im Kreis Olpe geht weiter<br />
12<br />
46 Abenteuer Eisklettern<br />
Herausforderung im Pitztal<br />
56 Weltläden – Mehr als ein Laden<br />
Fairer Handel: Eine Bewegung wird 50!<br />
62 Mitten im Leben<br />
Warum Gutes tun gut tut<br />
66 Traumjob Landarzt?<br />
Mediziner für die Region gesucht<br />
18<br />
34<br />
72 Wie war´s, Kai Thomalla?<br />
UNSERE MARKEN<br />
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EBEL ~ FOPE ~ GARMIN ~ GERSTNER ~ GLASHÜTTE ORIGINAL ~ IWC ~ JUNGHANS ~ LONGINES ~ MAURICE LACROIX<br />
MIDO ~ MÜHLE GLASHÜTTE ~ NIESSING ~ NOMOS GLASHÜTTE ~ OMEGA ~ ORIS ~ PESAVENTO ~ PORSCHE DESIGN<br />
QUINN ~ RADO ~ SPARKLING EYES ~ TAG HEUER ~ TISSOT ~ TUDOR ~ UNION GLASHÜTTE ~ WELLENDORFF ~ ZENITH<br />
74 So weit die Füße tragen<br />
Schreibershofer Rom-Wanderer<br />
halten Rückschau auf ihre Jubiläumsaktion<br />
DORTMUND | DÜSSELDORF | ESSEN | FRANKFURT | KARLSRUHE | MANNHEIM | MÜLHEIM | SULZBACH/TAUNUS<br />
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46
Editorial<br />
Hier ist<br />
zuhause.<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
… hier könnte jetzt geschrieben stehen, wie begeistert wir von unserer Region, den hier lebenden<br />
Menschen und ihrem Engagement sind (ganz nebenbei, es ist tatsächlich so). Und ich könnte Ihnen auch<br />
erzählen, mit wie viel Leidenschaft wir für das, was wir tun, unterwegs sind (auch das stimmt). Ich könnte<br />
Ihnen weiter gestehen, wie sehr wir uns über die große positive Resonanz freuen, um Ihnen dann zu<br />
versprechen, dass wir auch dieses Mal wieder sehr kreativ waren und viele schöne<br />
Geschichten für Sie haben.<br />
Aber wir Sauerländer eignen uns nur schlecht für Plattitüden. Deswegen: Überzeugen Sie<br />
sich doch einfach selbst davon, wie sehr wir es lieben, die ganze Vielfalt unserer Heimat<br />
in einem Heft zu vereinen.<br />
Gehen Sie mit uns in den Wald, um zu schauen, wie die Elfen leben. Lesen Sie, warum<br />
die Kartoffel bei uns ganz einfach auf den Tisch gehört. Klettern Sie mit uns an gefrorenen<br />
Wasserfällen. Erleben Sie hautnah, was ein Greifvogelbeauftragter macht und reisen<br />
Sie mit uns nach Lauscha … also, blättern Sie los! Dann erfahren Sie auch, was der<br />
Thüringer Wald mit unserem Ländchen zu tun hat …<br />
Es grüßt Sie herzlichst<br />
Ihr Markus Frey<br />
Heimat ist dort, wo man<br />
gut beraten ist.<br />
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direkt nach Hause geliefert. Ein unterhaltsames Geschenk für liebe Freunde oder sich selbst!<br />
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5
Schau mal, wo die<br />
Elfen wohnen!<br />
Eine Geschichte nicht nur für Kinder<br />
Vielleicht ist heute der perfekte Tag, um glücklich zu sein.<br />
Und vielleicht auch jeder der darauffolgenden Tage! Es war<br />
dieser Spruch, den eines Morgens eine Freundin in ihren Status<br />
stellte – ein Beispiel dafür, wie die digitale Welt die analoge<br />
gesund bereichern kann – und der an jene wunderschönen<br />
Stunden im Wald denken ließ. Voller Fantasie, aufregender<br />
Abenteuer und erstaunlicher Entdeckungen. Und genau davon<br />
handelt diese Geschichte.<br />
Marlena und Anton aus Olpe bauen Häuser für Elfen. Ob es die wirklich gibt? „Na klar“, sind sich die Zwillinge ganz<br />
sicher. Wer glaubt, dass die Naturwesen eine Kinderfantasie sind, der sollte mal nach Island reisen. Dort spielen<br />
Elfen im Alltag eine große Rolle. Die Mehrheit der Bevölkerung glaubt an sie. Warum nicht … Wer einen guten<br />
Grund weiß, sollte sich schnellstens melden.<br />
In unseren geheimnisvollen weiten<br />
Wäldern leben Elfen, da sind sich<br />
Marlena und Anton sicher. Ganz<br />
sicher! Elfen, das sind wunderschöne,<br />
winzig kleine, zarte Wesen; wenn man<br />
ganz still ist, kann man sie spüren.<br />
Nachts, wenn alles schläft, besuchen<br />
sie einen auch zu Hause. Elfen leben<br />
nie allein, sie haben viele Freunde und<br />
tanzen, lachen und spielen. Elfen lieben<br />
die Kunst, die Poesie und die<br />
Wissenschaft. Und ganz besonders lieben<br />
sie die Natur, die Pflanzen und die<br />
Tiere, die sie schützen. Denn das ist<br />
ihre Aufgabe.<br />
„Es gibt blaue, grüne und bunte Elfen.<br />
Für das Wasser, die Bäume und die<br />
Blumen. Und dann gibt es noch viele<br />
andere“, sagt Anton. Gesehen hat er sie<br />
noch nie. Im Gegensatz zu seiner<br />
Schwester Marlena. „Jeder kann Elfen<br />
sehen, man muss nur ganz aufmerksam<br />
sein“, flüstert sie und weiß noch<br />
mehr zu erzählen. Zum Beispiel, dass<br />
Elfen den Menschen wohlgesonnen<br />
sind, zumindest den guten, und wenn<br />
man Sorgen hat oder in Not ist, dann<br />
sind sie da und helfen. Manchmal aber<br />
brauchen sie selbst Hilfe. Zum Beispiel,<br />
um Häuser zu bauen, in die sie einziehen<br />
können. Damit sie ein Dach<br />
über dem Kopf haben, ein gemütliches<br />
Bett zum Schlafen und einen Tisch<br />
zum Essen.<br />
Johannes Berghof ist der Papa von<br />
Marlena und Anton. Und er ist<br />
Arbeitserzieher, Gesicht der Wullacker<br />
und waldpädagogisch unterwegs. Als<br />
solcher arbeitet er in einem Feld, das<br />
zunehmend in das öffentliche Interesse<br />
rückt und aus der Bildungslandschaft<br />
kaum mehr wegzudenken ist. Er<br />
verbringt seine Zeit – was in<br />
der Natur der Sache<br />
liegt – am liebsten<br />
draußen im Freien.<br />
Das finden<br />
seine Zwillingskinder<br />
natürlich<br />
toll.<br />
Mit Papa in den Wald, das ist<br />
das Entdecken einer ganzen<br />
Welt von großen<br />
Zusammenhängen und<br />
kleinen Kostbarkeiten; das<br />
ist für sie kein Sonderprogramm,<br />
das ist eine<br />
6 7
Selbstverständlichkeit. „Die Natur ist der schönste Spielplatz<br />
und der beste Erfahrungsraum“, sagt Johannes. Er gehört zu<br />
jenen Menschen, die nicht nur wissen, was der Mensch mit<br />
der Natur macht – nicht immer viel Gutes –, sondern auch,<br />
was die Natur mit dem Menschen macht. „Sie inspiriert,<br />
regt Fantasie und Kreativität an, stärkt praktische und kognitive<br />
Fähigkeiten, fördert Vertrauen und Sozialkompetenz.“<br />
Genau da aber gibt es ein Problem: Für viele Stadt- und<br />
auch Landkinder gehören Wald, Wiesen und Bäche heute<br />
längst nicht mehr zum Alltag, sondern sind – wenn überhaupt<br />
– geplantes Ausflugsziel. Voraussetzung: Die Sonne<br />
scheint. Zwar hat die Mehrheit ein hinreichendes Bild von<br />
Wald, wie der Jugendreport Natur. Das Wissen um denselben<br />
allerdings ist in einem fast schon desaströsen Zustand.<br />
Viele glauben, die typischen Supermarktfrüchte im heimischen<br />
Wald zu finden. Selbst die Banane.<br />
underbare <strong>Winter</strong>mode<br />
von YAYA,<br />
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Bypias und mehr ...<br />
1)<br />
2)<br />
1) Der Tisch für die Elfen ist gedeckt. Die Hüte der Eicheln<br />
dienen als Teller und Schüsseln. Gefüllt sind sie mit Blättern,<br />
Nadeln und allem, was man auf dem Waldboden<br />
findet. Schade, dass die Pflanzen in diesem Jahr wenig<br />
Früchte tragen. Es ist ganz einfach zu trocken.<br />
2) Eine alte Baumwurzel, bizarr und geheimnisvoll, bildet<br />
den Eingang zum Elfenhaus. Die Zapfen weisen den<br />
Weg. In der Nachbarschaft steht ein Fliegenpilz. Er gilt als<br />
Glückssymbol. Und ist gar nicht so giftig, wie alle erzählen.<br />
Trotzdem: Hände weg!<br />
3) An der winzigen Leiter klettern die zarten Elfen hoch<br />
hinauf in den Stamm. Birkenzweige eigenen sich ganz<br />
besonders gut. Sie sind fein und biegsam.<br />
3)<br />
Elfenhäuser kann man überall bauen. Im Wald und auch im<br />
eigenen Garten. Anton – ein Profi in Sachen Elfenarchitektur –<br />
hat viel gesammelt und weiß, wie das mit Rinde, Moos,<br />
Stöcken, Zweigen, Nadeln, Blättern, Früchten und Zapfen geht.<br />
Formen, Farben, Gerüche, Geräusche – der Wald ist voll<br />
davon. Es gibt so viel zu entdecken, zu suchen und zu finden.<br />
Unaufgeregt, ausgelassen und dabei richtig spannend.<br />
Irgendwo klopft ein Specht! Unter den Blättern raschelt<br />
es – vielleicht ein Mäuschen? Stumm und still steht ein<br />
Fliegenpilz in der Nähe der Wurzel einer mächtigen Fichte,<br />
die Marlena und Anton ausgesucht haben. Genau hier ist<br />
der richtige Platz, um das Haus für die kleinen Elfen zu<br />
bauen. Die Rinde, die Anton findet, hat ehemals eine Birke<br />
vor Insekten und Pilzen bewahrt. Nun wird sie mit ihrer<br />
groben, längsgefurchten Schuppenborke zum schützenden<br />
Dach. Wunderbar weich und erdig duftend ist das Moos,<br />
das Marlena sammelt, um daraus die Schlafstätte für die<br />
kleinen Elfen zu bauen. Und die Kissen für die Esszimmerbänke.<br />
Die hat Anton mit einem Messer geschnitzt.<br />
Papa Johannes hat ihm gezeigt, worauf man dabei aufpassen<br />
soll. Kleine Hilfen sind natürlich erlaubt. „Elfen mögen es<br />
schön, gemütlich und heimelig“, wissen die beiden.<br />
Die Zeit im Wald vergeht wie im Flug. Die Sonne steht<br />
schon tief über den Bäumen. Erinnerungen an früher werden<br />
wach. An Zeiten, in denen man mittags aus dem Haus<br />
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Johannes Berghof mit Marlena und Anton. Als Papa und als Pfadfinder, als Wullacker und Arbeitserzieher weiß er, wie<br />
wichtig das Beziehungsgeflecht zwischen Natur und Mensch ist. Belohnt wird er mit den strahlenden Augen seiner Zwillinge.<br />
Was aber sind überhaupt Wullacker? Sie wühlen und ackern im Wald und sind das LEADER-geförderte Waldprojekt<br />
des Jugend- und Familiendienstes Kompass.<br />
geschickt wurde und erst abends wieder zurückkam. An<br />
Tage, in denen man das Butterbrot mit dreckigen Fingern<br />
aß. An Himbeeren oder Pilze sammeln mit Oma. Und das<br />
tut gut. Das ist wohl auch unter Waldbaden zu verstehen,<br />
das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Die Japaner<br />
nennen es „Shinkrin Yoku“ und meinen damit das „Eintauchen<br />
in die Waldatmosphäre“. Erwachsene machen es<br />
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eröffnet. Mit ihrer Selbstständigkeit<br />
erfüllt sich die Einzelhandelskauffrau<br />
einen Traum – und modebewussten<br />
Frauen auch. Das Ladenlokal hat<br />
die neue Inhaberin einmal auf links gedreht<br />
und ihm einen neuen, frischen<br />
Stil verpasst.<br />
„Der Standort ist ideal, hier ist richtig<br />
Leben und die Kunden sind alle so<br />
nett“, sagt Elke Siepe, die in der Hansestadt<br />
gut bekannt ist. Schließlich<br />
gehörte sie lange Zeit zum Schuhhaus<br />
Hoberg, bevor sie vor ein paar Jahren<br />
zur Chicceria wechselte.<br />
Zum Team gehören weiter Anja Berghaus<br />
und Ute Springob, ebenfalls ge-<br />
schätzte Gesichter aus der Modewelt.<br />
Italienische Mode für jedes Alter –<br />
Damenoberbekleidung, Schmuck und<br />
Uhren sowie Accessoires wie Mützen,<br />
Schals und Taschen – bestimmen das<br />
Portfolio, dass sich mit Marken, die in<br />
Attendorn sonst nirgends zu finden<br />
sind, stets an aktuellsten Trends orientiert.<br />
Dazu gibt es eine persönliche und<br />
vor allem ehrliche Beratung. „Seit der<br />
Eröffnung freue ich mich über viele<br />
positive Rückmeldungen. Von langen<br />
treuen Kundinnen und auch von vielen<br />
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10 11
Im späteren 19. Jahrhundert entwickelte<br />
sich in Lauscha eine florierende Christbaumschmuckindustrie<br />
in Heimarbeit.<br />
Etwa um 1880 entdeckte Frank Winfield<br />
Woolworth – er reiste persönlich nach<br />
Thüringen – die Lauschaer Erzeugnisse<br />
und organisierte den Export nach<br />
Amerika. Damit begann der Siegeszug<br />
des gläsernen Baumschmuckes.<br />
Die Geschichte<br />
der Christbaumkugel<br />
Diese Geschichte ist zwar am Weihnachtsbaum aufgehängt, nichtsdestotrotz aber keine Weihnachtsgeschichte.<br />
Vielmehr geht es um die manuelle Glaskunst in Deutschland, die seit einigen<br />
Jahren zum immateriellen Kulturerbe gehört. Dabei richten wir unseren Blick nach Lauscha.<br />
Dort im Thüringer Wald bläst man nicht nur seit dem Mittelalter Glas, in der kleinen Stadt Lauscha<br />
im Südosten der Region steht die Wiege der Christbaumkugel. Und da das Sauerland in<br />
Sachen Weihnachtsbäume Weltmarktführer ist, sind das zwei Dinge, die unbedingt zusammengehören.<br />
Eine ganz runde Geschichte also.<br />
Dass 1982 auf dem<br />
Petersplatz in Rom zum<br />
ersten Mal ein Weihnachtsbaum<br />
stand, überrascht. Denn<br />
– so will es unser Gefühl – es muss<br />
an der Memorialkirche einen solchen<br />
doch schon immer gegeben haben.<br />
Also, seit deren Bau, mit dem man vor<br />
rund 500 Jahren begann. Tatsächlich<br />
ist die erste schriftliche Erwähnung<br />
eines dekorierten Weihnachtsbaums<br />
auch genauso alt. Sie stammt indes aus<br />
den Zünften des städtischen Handwerks.<br />
Vor etwa 400 Jahren schmückte<br />
einen solchen dann erstmals eine<br />
Kerze. Wer die Idee dazu hatte, ist<br />
umstritten – vielleicht die Herzogin<br />
Dorothea Sibylle von Schlesien. Oder<br />
war es doch Luther? Ansonsten<br />
behängte man ihn mit Äpfeln, Nüssen<br />
und Zuckerwerk, bis schließlich 1847<br />
in Lauscha die gläserne Christbaumkugel<br />
erfunden wurde. Den Erzählungen<br />
nach war es ein armer Glasbläser,<br />
der sich Lebensmittel am Baum<br />
schlichtweg nicht leisten konnte.<br />
Sesshafte Glasmacher gab es in<br />
Deutschland seit dem späten Mittalter.<br />
In den Mittelgebirgen fanden sie das,<br />
was sie an Rohstoffen brauchten.<br />
Nämlich Holz zur Gewinnung von<br />
Pottasche sowie Sand und damit<br />
Quarz. So auch im Thüringer Wald,<br />
wo sich Lauscha – die erste Glashütte<br />
begann hier<br />
1597 mit ihrer Produktion – zu einem<br />
weltweit bekannten Zentrum der<br />
Glas- und Christbaumschmuckindustrie<br />
entwickelte. Voraussetzung<br />
dazu waren allerdings einige technische<br />
Entwicklungen.<br />
Zunächst einmal wurde Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts die Glasröhren- und<br />
Lampentechnik bekannt. Damit konnten<br />
neben der traditionellen Herstellung<br />
von Hohlglas nun weitere Fabrikate<br />
produziert werden: beispielsweise<br />
wissenschaftliche Geräte, figürliches<br />
Glas, Tier- und Puppenaugen und<br />
Augenprothesen für Menschen sowie<br />
zuallererst und vor allem für Perlen.<br />
Aus Letzteren, mit denen zunächst<br />
die Modeschmuckindustrie bedient<br />
wurde, entwickelte sich die gläserne<br />
Christbaumkugel.<br />
Damit diese ab Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
als Massenartikel ihren Siegeszug<br />
von ihrer Geburtsstätte im<br />
Thüringer Wald durch Europa und<br />
schließlich rund um den Globus antreten<br />
konnte, waren zwei weitere<br />
Innovationen Voraussetzung: die Einführung<br />
des Gasgebläses, das den<br />
12 13
Das Foto entstand um 1930: Der Transport des Christbaumschmucks<br />
war Frauensache.<br />
Bunsenbrenner ablöste und mit seiner gleichförmigen und<br />
regulierbaren Flamme erlaubte, dünnwandige und größere<br />
Erzeugnisse zu blasen – 1867 kam eine Gasanstalt nach<br />
Lauscha –, sowie das sogenannte „Nassversilberungsverfahren“,<br />
das die giftige Bleiverspiegelung und die ebenso<br />
teure wie komplizierte sogenannte Fischperlen-Verspiegelung<br />
ablöste. Der Engländer Michael Drayton und der<br />
deutsche Chemiker Justus von Liebig haben sich damit<br />
einen Namen gemacht. Dabei hatten sie keineswegs die<br />
Veredelung von Christbaumkugeln im Sinn. Ihnen ging es<br />
vielmehr darum, die bei der Spiegelproduktion bis dahin<br />
übliche Verwendung von tödlichem Quecksilber<br />
zu vermeiden.<br />
Zurück zum dekorierten Weihnachtsbaum: Bis sich der<br />
Brauch verbreitet hatte, dauerte es einige Jahrhunderte.<br />
Wohlhabende Bürgerfamilien übernahmen ihn von den<br />
Zünften, dann fand der Adel daran Gefallen und von da<br />
aus ganz Europa und schließlich mit den ersten Auswanderern<br />
die ganze Welt. Was schimmernd und glitzernd in<br />
warmen Stuben, Salons und Palästen in festliche Stimmung<br />
versetzte, war indes mit ärmlichsten Lebensverhältnissen<br />
und allerschlechtesten Arbeitsbedingungen bei den Glasbläsern<br />
verbunden. Das Weiterverarbeiten der Glasröhren<br />
zu Christbaumschmuck erfolgte in selbstständiger Heimarbeit,<br />
den sogenannten Hausindustrien, wobei die ganze<br />
Familie mithelfen musste. Vom frühen Morgen bis spät in<br />
die Nacht. Das Aufblasen der Kugeln und das Variieren der<br />
Formen war Männersache. Frauen und Kinder übernahmen<br />
das Verzieren bis zum Aufstecken der Metallkappen mit<br />
Ösen, das anschließende Verpacken und Tragen zu den sogenannten<br />
Verlegern, also den Händlern und Großkaufleuten,<br />
die den Vertrieb und Export organisierten, Preis und<br />
Absatz kontrollierten und so über die Produktion und damit<br />
die Glasbläser nach Gutdünken verfügen konnten. Je<br />
günstiger in der Herstellung und je fantasievoller die<br />
Erzeugnisse, desto größer die Chance der Familien, deren<br />
einzige Grundlage ansonsten die Landwirtschaft war, ihre<br />
Existenz zu sichern.<br />
Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb die kleine Stadt bedeutendes<br />
Zentrum der Christbaumkugelindustrie. Dabei<br />
war der Schmuck keineswegs nur rund. Mit verschiedenen<br />
Techniken formte man die Halbfabrikate durch Drehen,<br />
Arbeitsstube um 1930: Der Schmuck wurde in kleinen Werkstätten im Wohnhaus der Glasbläser hergestellt.<br />
Die ganze Familie war daran beteiligt.<br />
Drücken oder – neben den frei geblasenen<br />
Produkten – durch das Blasen<br />
in Negativformen zu allen möglichen<br />
Gebilden wie Zapfen, Vögeln, Trompeten.<br />
Auch technische Errungenschaften<br />
wie der Zeppelin standen<br />
Modell, ebenso wie der jeweilige Zeitgeist:<br />
So stellte man U-Boote oder<br />
Nordmänner,<br />
Blaufichten, Fichten<br />
gar Geschütze wie die „Dicke Bertha“<br />
her. 1939 kam die Produktion zum<br />
Erliegen; ab 1945 wurde sie wieder<br />
aufgebaut, wobei man sich insbesondere<br />
nach dem Mauerfall wieder der<br />
traditionellen Handarbeit zuwandte.<br />
In Lauscha steht übrigens das älteste<br />
deutsche Spezialmuseum für Glaskunst.<br />
<strong>20</strong>14 wurde es neu eröffnet<br />
und zeigt unter anderem den für<br />
Lauscha typischen Zusammenhang<br />
von Perlenproduktion und Christbaumschmuckherstellung.<br />
Birgit Engel [Text]<br />
Museum für Glaskunst Lauscha [Fotos]<br />
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Sommers wie winters briet unser Opa seinen Enkeln Kartoffeln. In seiner Gartenhütte,<br />
in einer riesigen gusseisernen Pfanne. Keine Bratkartoffeln schmeckten<br />
so gut wie seine. Stellt man unserem Opa Reis oder Nudeln auf den Tisch,<br />
kann er wenig damit anfangen. „Keine Erpel?“, fragt er dann im Wendsche Platt.<br />
Hinter diesen beiden Wörtern steckt nicht nur der persönliche Geschmack eines<br />
fast 90-jährigen Mannes. Dahinter verbirgt sich vielmehr auch die Geschichte<br />
einer Pflanze, die, ausgehend von ihrer südamerikanischen Heimat, einst einen<br />
unvergleichbaren Siegeszug um die Welt antrat; die Segen ist und auch manchmal<br />
Fluch war, die als verlässliches und prädestiniertes Nahrungsmittel unsere<br />
Kultur nachhaltig prägte und im Sauerland ganz einfach auf den Tisch gehört.<br />
Zwar spielt sie nicht mehr die Rolle wie einst. Nichtsdestotrotz liegt sie mit dem<br />
Thema Regionalität wieder voll im Trend.<br />
it der Kartoffel kann man nicht<br />
nur den Gaumen erfreuen und<br />
gesund den Magen füllen, sondern<br />
auch ganze Bücher. Schließlich<br />
beginnt ihre Geschichte im Hochland<br />
der Anden irgendwann vor unserer<br />
Zeitrechnung – manche Autoren<br />
glauben, um 8000 v. Chr., erste<br />
Nachweise gibt es 750 v. Chr. – und ist<br />
heute noch lange nicht zu Ende<br />
geschrieben. Es gibt eine ganze Menge<br />
an Publikationen, die über die Entwicklung<br />
der Kartoffel in Europa und<br />
Deutschland erzählen: Wie sie im 16.<br />
Jahrhundert mit den Entdeckungsreisenden<br />
über den Atlantik zunächst<br />
nach Spanien und in die Niederlande,<br />
damit auch bis an die Grenze<br />
Westfalens, und dann nach Großbritannien<br />
kam, wo sie besonders schnell<br />
in Irland zur Lebensgrundlage wurde,<br />
um später mit der Kartoffelfäule Not<br />
und Elend nicht nur über die grüne<br />
Insel zu bringen, sondern auch auf das<br />
Festland. Bekannt sind die Bemühungen<br />
von Preußens „Altem Fritz“,<br />
die nahrhafte Knolle in seinen Provinzen<br />
einzuführen und der als<br />
„Kartoffelkönig“ in die Geschichtsbücher<br />
einging.<br />
Ein zusammenfassendes Werk über die Geschichte der<br />
Kartoffel im Kreis Olpe gibt es nicht. Leider, es wäre<br />
bestimmt spannend zu lesen. Antonius Klein veröffentlichte<br />
<strong>20</strong>18 in den „Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe“ einen<br />
historischen Abriss, beginnend mit der ersten Erwähnung<br />
der Kartoffel im Kreis Olpe im Jahr 1605. In dieser Zeit und<br />
selbst noch 100 Jahre später war die Kartoffel weithin noch<br />
Luxusgut der adeligen Kreise – neben Lachs, Muscheln und<br />
Zitrusfrüchten.<br />
18 19
Die Kartoffel<br />
und ihre Namen<br />
Die Inkas nannten die Kartoffel „papas“, bei den Spaniern<br />
wurde daraus die „patata“. Der Botaniker Charles<br />
d‘ Eclue, der sich als einer der ersten Wissenschaftler<br />
überhaupt mit der Pflanze beschäftigte, nannte sie<br />
„taratouphili“, was kleiner Trüffel bedeutet. Daraus entwickelte<br />
sich im Deutschen „Kartoffel“. In unserer Region<br />
heißt sie „Erpel“, wie unser Opa sagt, oder „Tuffel“,<br />
„Tufele“, „Tiufel“, „Töifel“, „Täufel“, „Tüfel“ oder „Töüfeln“.<br />
Buchtipp<br />
Von der bäuerlichen Lebensart<br />
und wie früher Kartoffeln gesetzt<br />
und gelesen wurden, erzählen<br />
aus ihren ganz persönlichen<br />
Erinnerungen Albert Stahl aus<br />
Halbhusten in „Dorfleben“ (<strong>20</strong>09),<br />
herausgegeben vom Heimatverein<br />
für das Drolshagener Land,<br />
sowie Karl-Heinz Kaufmann aus<br />
Hillmicke in „Wenden, wo die<br />
Wendschen wohnen“ (<strong>20</strong>02).<br />
Übrigens: die Süßkartoffel hat botanisch nichts mit<br />
der Kartoffel zu tun. Die normale Kartoffel gehört<br />
den Nachtschattengewächsen an, während die Süßkartoffel<br />
ein Windengewächs ist. Die beiden<br />
sind also nur entfernte Verwandte.<br />
Auf 1605 jedenfalls datiert sich eine auf der Burg<br />
Schnellenberg – laut anderer Stelle war es die Burg Bilstein<br />
– verfasste Niederschrift des Kaspar von Fürstenberg, die<br />
notiert, dass sein Sohn den Grafen zu Rietberg mit „tartoffli“<br />
verehre. Es sollten indes noch eineinhalb Jahrhunderte<br />
vergehen, bis die Kartoffel – mit ihren schönen Blüten lange<br />
Zeit lediglich als exotische Garten- und Zier- sowie als<br />
Heilpflanze bekannt – Karriere machte und, wetterunempfindlich<br />
wie sie ist, dem von Getreide geprägten Ackerbau<br />
Abwechslung und dem Speisezettel des kleinen Mannes<br />
mehr Spielraum brachte.<br />
Um 1750 wurde die Kartoffel im Sauerland – das in dieser<br />
Hinsicht in Westfalen eine Vorreiterrolle einnahm – feldmäßig<br />
und im größeren Stil angebaut und war dann zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts eine der Hauptfeldfrüchte. 1832 wurden<br />
im Kreis Olpe rund 15 Prozent der gesamten Ackerfläche<br />
mit Kartoffeln bepflanzt. Das waren von insgesamt 7.400<br />
Hektar Nutzanbaufläche 986 Hektar, mit Schwerpunkt in<br />
den heutigen Kommunen Drolshagen, Wenden und Olpe.<br />
Mitte der 1930er-Jahre erlebte der Kartoffelanbau im hiesigen<br />
Raum mit mehr als einem Fünftel der Ackerfläche, das<br />
waren 2.800 Hektar, seinen Höhepunkt.<br />
Rolf Gerlach aus Olpe, heute 75 Jahre alt, hat die Zeiten, in<br />
denen im Kreis Olpe große Kartoffelfelder ein ganz gewöhnlicher<br />
Anblick waren, noch im Gedächtnis. Auf seinem Hof,<br />
der seit 1844 in Familienbesitz ist, war der Anbau der gesunden<br />
Knolle neben dem Brotgetreide Roggen Haupterlös.<br />
Die Erträge waren also nicht nur für den eigenen Tisch,<br />
sondern für die Schweinemast und den Verkauf, entweder<br />
an die sogenannte Bäuerliche oder an Privatkunden. Er erinnert<br />
sich noch gut an das Pflügen und Eggen mit Zugtieren<br />
und an die harte Arbeit vom Setzen bis zum Lesen und<br />
Sortieren, wobei die ganze Familie eingespannt war.<br />
Kartoffelferien waren damals keine freien Tage, sondern<br />
arbeitsreich vom frühen Morgen bis zum späten Abend.<br />
Und nach der Hauptlese folgte die Nachlese der Kartoffeln,<br />
die übersehen worden waren oder mit Klumpen von Dreck<br />
verborgen schließlich vom Regen freigespült wurden.<br />
„Sobald die Schule zu Ende war, ging es dann aufs Feld. Das<br />
Wetter war oft schon recht winterlich. Nässe und Kälte<br />
zogen bis in die Fingerspitzen. Auch die Feuer, mit denen<br />
man die Sträucher abbrannte, waren in Wirklichkeit alles<br />
andere als romantisch. Das einzige Spannende an der sogenannten<br />
Kartoffelromantik war, wenn man ein oder zwei<br />
Kartoffeln in die Glut bekam.“<br />
Ackersegen und Grata waren die Sorten, die angebaut wurden.<br />
Und Marita. Das war eine ganz besonders dicke Knolle<br />
für die Schweine. „Die Schweine bekamen aber auch die<br />
ganz kleinen Knollen vom Feld. Die wurden dann in<br />
Viehpötten mit Wasserdampf gekocht. Im Gegensatz zu<br />
heute wollte die früher niemand haben – und Futtermittel<br />
Kartoffelsetzen, um 1955<br />
waren teuer“, sagt Rolf Gerlach und erzählt, wie man für die<br />
Auslieferung an die Kunden mit dem Pferdewagen nach<br />
Olpe gefahren ist und Säcke voll Kartoffeln auf dem Buckel<br />
in die kühlen Keller geschleppt hat. Zwischen vier bis 15<br />
Zentner pro Haushalt. „Wenn dann kleine Kartoffeln dabei<br />
waren, haben die Leute gestöhnt.“ Für das Kochen der<br />
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<strong>20</strong> 21
Der Sparschäler<br />
kommt von hier<br />
Albert Deimel, geboren am 21. März 1902 in<br />
Schönholthausen, war ein reger und kreativer<br />
Kopf. So einige Erfindungen für die Land- und<br />
Forstwirtschaft sowie für die Küche kommen aus<br />
seiner Denkwerkstatt. Er erfand das Schälwunder,<br />
das, mit Handkurbel betrieben, Kartoffeln, Äpfel<br />
und andere Früchte schält, und er erfand den<br />
Sparschäler, seine wohl bekannteste Idee und<br />
aus keinem Haushalt mehr wegzudenken.<br />
Deimels Sparschäler, patentiert 1936, hat bewegliche,<br />
längs verlaufende Klingen sowie eine kurze<br />
herausstehende Zusatzklinge, um Kartoffelaugen<br />
o. Ä. zu entfernen. Der Sparschäler mit quer verlaufenden<br />
Klingen wurde 1947 von dem Schweizer<br />
Alfred Neweczerzal erfunden.<br />
Albert Deimel<br />
© Heimatverein Schönholthausen e. V.<br />
Das erste<br />
Bratkartoffelrezept<br />
Wie bei unserem Opa heute noch war die Kartoffel früher<br />
die dominierende Speise auf dem Tisch. Man schälte,<br />
großen Marita – wie gesagt, sie war explizit für die Schweine<br />
– kamen in der Haupterntezeit Dämpfkolonnen auf den<br />
Hof. „Mit Riesengeschützen, sechs Kessel hintereinander<br />
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abwechslungsreiche Arbeit<br />
regelmäßige Fortbildungen<br />
und mit Schläuchen verbunden. Die zu grobem Püree<br />
gequetschten Kartoffeln wurden einsiliert und reichten bis<br />
zur nächsten Ernte.“<br />
Mit der Wohlstandsgesellschaft, der zunehmenden Mechanisierung<br />
und dem ländlichen Strukturwandel hörte der<br />
Kartoffelanbau im großen Stil im Kreis Olpe auf. Die hier<br />
vorherrschenden steinreichen und nicht siebbaren Böden<br />
waren schlechte Voraussetzungen für die Maschinen und<br />
Vollernter. Nicht nur Zugtiere wie Pferde verschwanden von<br />
den Höfen, sondern auch die Schweine. Immer mehr<br />
Menschen suchten sich Arbeit in der Industrie und den<br />
Fabriken, wo man mehr verdiente, und überhaupt wandelte<br />
sich mehr und mehr der Lebensstil der Bevölkerung. Die<br />
Kartoffelferien passten nicht mehr zur Erntezeit und wurden<br />
zu echten Ferien. Die Keller der neuen Häuser waren zu<br />
warm zum Lagern und die Ernährungsgewohnheiten änderten<br />
sich.<br />
Convenience-Produkte wurden beliebt, inzwischen verfügte<br />
fast jeder Haushalt über einen Kühlschrank, und mit dem<br />
Auto und der daraus resultierenden ersten großen Reisewelle<br />
Richtung Süden lernten die Deutschen nicht nur, Lambrusco<br />
zu trinken, sondern auch Pizza und Pasta kennen. Und die<br />
Kartoffel, die kaufte man nun beim Händler oder im Laden.<br />
quetschte, rieb, hackte und zerstückelte sie. Man aß sie<br />
als Brat-, Salz, Dämpf-, Pell- oder als Scheibenkartoffeln,<br />
heißt: aus rohen Kartoffeln zubereitet, als Püree, Pfannkuchen,<br />
Reibeplätzchen oder auch als Puffer, ein Brotbelag<br />
aus Reibekuchenteig, der mit Mehl gemischt in<br />
einer Kastenform gebacken, dann in Scheiben geschnitten<br />
und in der Pfanne gebraten wurde. Kartoffeln aß man<br />
dereinst mittags und abends und auch morgens. Zwar<br />
hatte bis zu den 1930er-Jahren die Gewohnheit des städtisch-bürgerlichen<br />
„Morgenkaffees“ das Kartoffelfrühstück<br />
weitgehend verdrängt, in einigen Gegenden hielt<br />
es sich dennoch. Belege findet man beispielsweise<br />
für Hülschotten, wo es als kräftige Mahlzeit für die<br />
Fabrikarbeiter, die lange Fußwege nach Finnentrop oder<br />
Plettenberg zu gehen hatten, unentbehrlich war.<br />
Das erste Rezept für Bratkartoffeln in deutscher Sprache<br />
stammt übrigens aus adeligem Hause, und zwar von dem<br />
Kasseler Landgraf Wilhelm IV., der 1591 an den Kurfürsten<br />
Christian I. von Sachsen ein Paket mit „Taratouphli“<br />
schickte, die man im Wasser aufsieden lassen solle, bis<br />
dass sich die Schale löst, um sie dann nach dem Abgießen<br />
in Butter vollends zu garen.<br />
Bremger Weg 10 · 57439 Attendorn · Tel.: 0 27 22 / 5 24 36<br />
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Birgit Engel [Text]<br />
historische Fotos [Stadtarchiv Olpe]<br />
andere Fotos [Nachweis am Bild]<br />
© timolina_stock.adobe.com<br />
Birgit Engel [Text]<br />
22 23
Sauerländer Potthucke<br />
mit karamellisierten Früchten,<br />
Mettwürstchen und Räucherlachs<br />
Zutaten<br />
· 1 kg Kartoffeln · 250 g gekochte Kartoffeln · 2 Zwiebeln<br />
· 250 ml Sahne · 150 ml saure Sahne<br />
· 4 Eier · Salz, Pfeffer, Muskatnuss<br />
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26. März / 8., 29. April / 30. Juli<br />
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<strong>20</strong>. Mai / 2., 9. Oktober<br />
Zubereitung<br />
<strong>Winter</strong>grillen 85,– €<br />
31. Januar / 1. Februar<br />
Björn Bernhardt [Fotos]<br />
Potthucke,<br />
auch Puffert genannt, ist ein Klassiker der westfälischen und sauerländischen<br />
Küche. Der Name bedeutet so viel wie „das, was im Topf<br />
hockt“, da sich dieses Gericht leicht am Boden festbackt.<br />
Gerade im Herbst oder <strong>Winter</strong> kann die Potthucke perfekt über das<br />
triste Wetter hinweg helfen. Ursprünglich waren die Zutaten so gewählt,<br />
weil sie jeder im Haus hatte. Kartoffeln von der letzten Ernte,<br />
Zwiebeln aus dem Keller, saure Sahne und Eier. In früheren Zeiten<br />
brachten die Frauen ihren Männern die „Hucke“ mit aufs Feld.<br />
Das, was übrig blieb, wurde am Tag danach in Scheiben geschnitten<br />
und gebraten. Im Sauerland wird die Potthucke traditionell mit einer<br />
Scheibe Schwarzbrot, Rübenkraut und einem säuerlich angemachten<br />
Salat serviert.<br />
Für die Potthucke 250 g mehlig kochende Kartoffeln schälen und in<br />
einem Topf mit Salzwasser kochen. In der Zwischenzeit die übrigen<br />
Kartoffeln schälen und mit einer Reibe in feine Streifen reiben. Die<br />
gekochten Kartoffeln fein stampfen oder durch eine Kartoffelpresse<br />
drücken und anschließend mit den rohen Kartoffeln vermengen.<br />
Die Zwiebel reiben und mit den übrigen Zutaten zu den Kartoffeln<br />
geben. Anschließend alles vermengen und in eine gut gefettete Form<br />
geben. Die Potthucke bei 160 °C für 45 Minuten backen. Anschließend<br />
direkt warm aus der Form stürzen oder über Nacht erkalten lassen<br />
und am nächsten Tag in Scheiben schneiden.<br />
Diese Scheiben in einer Pfanne mit reichlich Öl ausbraten.<br />
Die Potthucke kann dann mit gebratenen Mettwürstchen,<br />
Räucherlachs oder karamellisierten Beeren serviert werden.<br />
Für die Beeren etwas Zucker in einer Pfanne karamellisieren und die<br />
geschnittenen Äpfel dazugeben. Alles durchschwenken und die<br />
Beeren dazugeben. Nun das Obst mit Wein ablöschen und alles<br />
einmal aufkochen.<br />
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Die Nachfolge ist gesichert<br />
„Von 0 auf 15.000“ –<br />
Frische direkt vom Hof<br />
Familie Klaas erfüllt sich mit dem eigenen Hof einen lang gehegten Traum<br />
Frische direkt vom Hof – das ist der Leitspruch von Familie Klaas, die sich in Mittelhagen<br />
mit ihrem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb einen lang gehegten Traum erfüllt hat.<br />
Gerade einmal 14 Jahre ist es her, dass in dem kleinen Örtchen bei Valbert der erste<br />
Spatenstich fiel. Heute legen dort rund 15.000 Legehennen bis zu 10.000 Eier täglich<br />
und liefern damit die Basis für eine ganze Menge an Spezialitäten, die die Familie seit<br />
April <strong><strong>20</strong>19</strong> auch im eigenen Hofladen anbietet.<br />
„Von 0 auf 15.000 Hennen – so beschreibt mein Vater gern<br />
den Werdegang unseres Betriebs“, sagt Johanna Klaas.<br />
Gemeinsam mit ihrem Bruder Bastian ist die 25-Jährige ins<br />
familieneigene Unternehmen eingestiegen – die Nachfolge ist<br />
somit gesichert. „Für mich war von Anfang an klar, dass ich in<br />
den Familienbetrieb mit einsteige. Einen schöneren Beruf<br />
kann ich mir nicht vorstellen“, erklärt Johanna, die im Sommer<br />
ihren Abschluss als Tierwirtschaftsmeisterin Fachrichtung<br />
Geflügel an der Landwirtschaftsschule in Kitzingen<br />
absolviert hat. Heute ist sie die Ansprechpartnerin Nummer<br />
eins in allen Belangen rund ums Huhn. „Wenn ich die Tür<br />
zum Hühnerstall öffne und das Gackern der Tiere höre, weiß<br />
ich genau, wie es ihnen geht. Die Qualität unserer Eier steht<br />
an erster Stelle. Und dazu trägt natürlich auch das<br />
Wohlergehen unserer Hennen bei“, betont<br />
Johanna Klaas.<br />
Hühnerfutter<br />
vom eigenen Feld<br />
Der Großteil der Hühner lebt in<br />
Freilandhaltung, ein kleiner Teil<br />
in Bodenhaltung. Die Tiere<br />
haben nicht nur Auslauf an der<br />
frischen Luft, sondern auch einen<br />
<strong>Winter</strong>garten, in dem sie im Stroh<br />
scharren können. Dafür, dass die<br />
Qualität der Eier den hohen Ansprüchen<br />
genügt, sorgt Familie Klaas, indem sie<br />
das Futter zu großen Teilen selbst anbaut. Auf dem<br />
Speiseplan der Hühner stehen Weizen, Mais und Gerste –<br />
gemahlen und gemischt mit einem speziellen Ergänzungsfutter.<br />
Für den landwirtschaftlichen Betrieb des Familienunternehmens<br />
ist Johannas Bruder Bastian verantwortlich.<br />
Während er sich um den Ackerbau, die Außenwirtschaft und<br />
gemeinsam mit seiner Schwester um die Legehennen kümmert,<br />
verantwortet Johanna die Vermarktung der hofeigenen<br />
Produkte im Lebensmitteleinzelhandel und im Hofladen.<br />
Delikatessen aus dem eigenen Hofladen<br />
Ob Eierlikör, Hühnerfrikassee, Bolognesesauce oder selbstgemachte<br />
Eiernudeln: Die Produkte, die Familie Klaas<br />
im ihrem Hofladen anbietet, bilden die gesamte<br />
Vielfalt dessen ab, was mit frischen<br />
Eiern hergestellt werden kann. Seine<br />
Eier bietet Hof Klaas seit dem<br />
Jahr <strong>20</strong>16 gemeinsam mit seinem<br />
Partnerbetrieb Hof Alpermühle<br />
unter der gemeinsame Marke<br />
„Dein Land-Ei“ unter anderem<br />
im Lebensmitteleinzelhandel an.<br />
Zudem ist Familie Klaas auf dem<br />
Wochenmarkt in Castop-Rauxel<br />
vertreten und fährt ihre Eier in<br />
einem „Tante-Emma-Mobil“ von<br />
Haustür zu Haustür.<br />
Ergänzt wird das Sortiment, das zu großen<br />
Teilen in der eigenen Hofküche entsteht, durch<br />
eigene und regionale Köstlichkeiten wie Marmeladen, Honig,<br />
Gewürze, eingelegtes Gemüse oder Apfelkompott. Fair gehandelter<br />
Kaffee steht ebenso in den Regalen wie ausgewählte<br />
Weine, Liköre und Öle. An der Fleisch- und Frischetheke<br />
liegen Fleisch und Käse aus der Region und artgerechter<br />
Haltung in den Auslagen. Die Fleischprodukte stammen von<br />
der Metzgerei Kirchhoff sowie von hofeigenen Rindern und<br />
Schweinen, die Familie Klaas in den Sommermonaten hält.<br />
Abgerundet wird das vielfältige Angebot durch Deko- und<br />
Kosmetikartikel sowie Präsentkörbe, die sich besonderer<br />
Beliebtheit erfreuen. „So wird das Eierholen gleich zum<br />
Erlebnis“, sagt Carola Klaas, die den Betrieb gemeinsam mit<br />
ihrem Mann Uwe leitet.<br />
www.hof-klaas.de<br />
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einen Grund für das Verschwinden unserer gefiederten Freunde. Laut BUND hat die<br />
Zahl der<br />
Vögel in Europa in den letzten 40 Jahren um 56 Prozent abgenommen. So hat sich<br />
der klei- ne freche Spatz in seinem Vorkommen fast halbiert. Die gute Nachricht: Man kann<br />
unkompliziert helfen. Mit vogelfreundlichen Gärten, also mit geeigneten Bäumen, Sträuchern,<br />
Hecken. Und mit zusätzlichen Futterstellen. Weil das so ist, haben wir unsere Biologin Sandra Schulte<br />
im schönen Repetal besucht und sie gefragt, wie man denn überhaupt richtig füttert.<br />
In Sandras Garten zwitschert es gehörig. Irgendwo trillert ein<br />
Zaunkönig. Der winzige braune Vogel mit der kräftigen<br />
Stimme, die bis zu 500 Meter weit reicht, ist im dichten<br />
Gestrüpp kaum auszumachen. Die Meisen haben da schon<br />
weniger Berührungsängste. Sie tun sie sich an den leckeren<br />
Erdnüssen im Futterspender gütlich. Kaum zu glauben, dass<br />
diese liebenswerten Tiere in Zukunft vielleicht nicht mehr da<br />
sind. Allein durch seinen Namen fasziniert doch schon der<br />
Zaunkönig. Er soll ihn von dem Fabeldichter Äsop haben.<br />
Und überhaupt kennen wir ihn ja als Protagonist einiger<br />
unserer Sagen und Märchen. Ihm haftet wahrlich etwas<br />
Mystisches an. Ganz anders die Meise. Bunt und gesellig wie<br />
sie ist, sieht man sie oft am Futterhäuschen.<br />
„Mit Füttern sichern wir das Überleben der Vögel. Schließlich<br />
sind wir Menschen ja auch dafür verantwortlich, dass es<br />
immer weniger natürliche Lebensräume gibt“, sagt Sandra.<br />
Was aber muss man beim Füttern beachten? Was ist überhaupt<br />
artgerechtes Futter? Und wann füttert man?<br />
Zu jeder Jahreszeit<br />
„Ich füttere das ganze Jahr durch“, sagt Sandra und geht<br />
damit konform mit Deutschlands bekanntestem Vogelforscher<br />
Peter Berthold. Weil es eben längst nicht mehr so viele<br />
Samen, Kräuter und Insekten gibt wie früher. Und das bedeutet,<br />
dass Vögel immer mehr Zeit damit verbringen müssen,<br />
Futter zu finden. Dazu werden ihre Jungen<br />
hauptsächlich von Insekten ernährt. Denn wie<br />
beim Menschen auch sind die Proteine für ihr<br />
Wachstum unentbehrlich. „Wenn der alte<br />
Vogel die Insekten, die er noch<br />
findet, an seine Jungen<br />
gibt, weil er sich selbst<br />
von unserem Futter<br />
ernähren kann, helfen<br />
wir ein großes Stück<br />
weiter“, erklärt Sandra.<br />
Futterstellen sind zu allen<br />
Jahreszeiten wahre und<br />
lebensrettende Energietankstellen.<br />
Dabei gibt es je nach Witterung und<br />
Vogelart unterschiedliche Bedürfnisse. Körnerfresser wie<br />
Fink und Sperling haben andere Fähigkeiten – mit ihren<br />
kräftigen und kurzen Schnäbeln knacken sie Schalen – als<br />
Weichfutterfresser mit ihren spitzen und zierlichen Schnäbeln.<br />
Die mögen Obst und gemahlene Nüsse. So wie das<br />
Rotkehlchen oder die Amsel, wobei der dunkle Vogel mit<br />
dem gelben Schnabel kaum in einem Futterhaus zu sehen ist.<br />
Er kann mit seinem schweren Körper nicht die nötige<br />
Balance halten und wartet als Bodenläufer auf das, was her-<br />
Pfaffenhütchen<br />
Die Meisen tun sich an den fett- und vitaminreichen Erdnüssen gütlich. Peter Berthold, ehemaliger Direktor<br />
des Max-Planck-Instituts für Ornithologie an der Vogelwarte in Radolfzell und bekanntester Vogelforscher<br />
des Landes, spricht gar von „einer moralischen Pflicht, Vögel zu füttern“. Übrigens: Deutschland gilt<br />
als Erfinder des Vogelfütterns. Schon im späten 19. Jahrhundert erschienen Bücher darüber. Vogelschützer-Nation<br />
Nummer eins ist heute England.<br />
30 31
1<br />
1) Essensreste und Brot sind ein absolutes No-Go!<br />
Haferflocken und Öl oder Pflanzenfett sind dagegen<br />
nicht nur beliebt, sondern auch energiereiches Futter<br />
für Weich- und Körnerfressern. Damit sich das Fett mit<br />
den Flocken besser verbindet, sind beide beim Mischen<br />
zu erwärmen. Ebenso eignen sich beispielsweise Sonnenblumenkerne,<br />
Mohn oder Kleie.<br />
2) Die Wassertränke ist nicht nur im Sommer wichtig.<br />
Die Vögel brauchen sie zum Trinken und zum Baden.<br />
Dazu eignen sich alle möglichen Gefäße. Auch alte<br />
Bratpfannen. Legen Sie einen Stein hinein, damit<br />
kleinere Vögel nicht ertrinken.<br />
3) Im <strong>Winter</strong> gibt es wenig Insekten. Die Vögel steigen<br />
auf vegetarische Ernährung um. Ein Stück Apfel, getrocknete<br />
Beeren und Obst mögen sie ganz besonders<br />
gerne. Auch mit einem gefriergetrockneten Mehlwurm<br />
kann man ihnen eine große Freude machen.<br />
unterfällt. Dafür ist er morgens oft der Erste an der Wasserstelle,<br />
um zu baden. „Das Artenspektrum wächst und ändert<br />
sich, je nachdem, was man anbietet. Dazu gehört Wasser,<br />
auch im <strong>Winter</strong>“, sagt Sandra.<br />
Fetter <strong>Winter</strong><br />
Sumpfmeise<br />
Welcher wird<br />
deiner?<br />
Menschen, Säugetiere und Vögel sind endotherme Wesen.<br />
Heißt, sie versorgen sich mit ihrer eigenen Körperwärme. Wir<br />
Menschen sind da fein raus, haben wir dazu doch allen möglichen<br />
Komfort. Anders der Vogel. Er brauchte wie eh und je<br />
jede Menge Energie, um seine Körpertemperatur aufrecht zu<br />
halten. „Im <strong>Winter</strong> braucht er viel fettreiches Futter. Nur bei<br />
Frost zu füttern, hat allerdings keinen Sinn“, sagt Sandra.<br />
Weil es gut ist, wenn sich Vögel an kalten Tagen daran erinnern,<br />
wo der Tisch gedeckt ist. Denn wenn der Alltag zu<br />
mühsam wird, dann streicht eben auch der härteste Vogel<br />
die Federn.<br />
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Toffee-Stückchen und gerösteten<br />
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2<br />
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3<br />
Gerne auch Hausmannskost<br />
Zum Futter aus dem Handel – immer ohne Ambrosia, eine<br />
pollenreiche Pflanze, die Mensch und Tier das Leben schwer<br />
macht – gibt es schöne Alternativen aus der eigenen Küche:<br />
Haferflocken mit Pflanzenöl zum Beispiel. Oder einen selbstgemachten<br />
Knödel. Mit Rindertalg, Schweinefett oder – wer<br />
es vegan mag – Kokosöl, mit Beeren, Nüssen, Kernen und<br />
Samen – alles ungewürzt und ungesalzen. Ein altes Kartoffelnetz<br />
oder eine ausgediente Kaffeetasse, eine Schnur und einen<br />
Zweig zum Festhalten für die Vögel – fertig ist das Futter!<br />
„Ich sammele zum Beispiel Hagebutten, Vogelbeeren, Weißdorn<br />
oder die Früchte des Pfaffenhütchens und lasse sie<br />
trocknen. Auch ein Stück Apfel lieben viele Vögel“, sagt<br />
Sandra. Na dann, das sollte doch zu machen sein!<br />
An den Adventssamstagen<br />
durchgehend<br />
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32 33
Ungewöhnliche Einsätze gehören<br />
bei Alexander Fischer zur Regel:<br />
Dieser Fischadler etwa hatte sich<br />
in einer Forellenteichüberspannung<br />
verheddert.<br />
In zwei großen, hellen Volieren<br />
peppelt der Greifvogelbeauftragte<br />
verletzte Tiere wieder auf –<br />
so wie diesen Turmfalken.<br />
Mit 935.000 Hektar besteht nahezu<br />
ein Drittel der Fläche Nordrhein-<br />
Westfalens aus Wald – im Sauerland ist es<br />
sogar mehr als die Hälfte. Dafür, dass Flora und<br />
Fauna im Gleichgewicht sind, sorgen nicht nur Förster, Jäger<br />
und Co: Als Greifvogelbeauftragter leistet auch Alexander<br />
Fischer einen wichtigen Beitrag zum Schutz und Erhalt der<br />
Artenvielfalt. „Wichtig ist mir einfach, Tieren zu helfen, die<br />
durch von Menschen gemachte Umstände in Not geraten<br />
sind. Mir ist klar, dass man damit keine Population retten<br />
kann – aber vielleicht eine Stütze geben bei besonders<br />
gefährdeten Arten wie Baumfalke, Sperlingskauz oder<br />
Fischadler. Greifvögel sind ein wichtiger Bestandteil des<br />
ökologischen Gleichgewichts“, betont der Fachmann. Europaweit<br />
stehen fast alle Greifvogelarten unter besonderem<br />
oder strengem Schutz. „Das heißt, dass man Vögel, die man<br />
in freier Wildbahn findet, grundsätzlich nicht mit nach<br />
Hause nehmen darf.“ Dies ist nur in Ausnahmefällen und<br />
unter Mitwirkung der Naturschutzbehörde erlaubt – etwa<br />
dann, wenn ein Vogel ganz offensichtlich in Not geraten ist.<br />
In eben diesen Fällen wird Alexander Fischer gerufen.<br />
„Oftmals werden Jungtiere vermeintlich ohne Mutter gefunden,<br />
was nicht immer eine Notlage bedeuten muss. Bei<br />
jungen Eulenästlingen, die früh selbstständig sind, ist das<br />
durchaus der Normalfall. Die Eulenjungen werden dann<br />
von ihren Eltern am Boden gefüttert. Kürzlich ist beispielsweise<br />
ein mit Waldohreulen besetzter Bussardhorst verse-<br />
Ein Mann für zwei Schwingen<br />
Alexander Fischer kümmert sich um verletzte Greifvögel<br />
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Wenn bei Alexander Fischer das Telefon klingelt, ist der Hünsborner auf alles gefasst. Als Greifvogelbeauftragter<br />
der Hegeringe Wenden, Drolshagen und Olpe und in enger Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde<br />
hat der 50-Jährige ein ungewöhnliches Ehrenamt: Er wird immer dann gerufen, wenn im<br />
heimischen Forst ein verletzter Vogel gefunden wird. „Meist melden sich Spaziergänger, die ein abgestürztes<br />
Vogelnest mit Jungtieren entdeckt haben. Oder es gab einen Verkehrsunfall, bei dem ein Greifvogel verletzt<br />
wurde“, berichtet Fischer, der die Tiere aus ihrer misslichen Lage befreit – und zwar unabhängig davon,<br />
ob es sich um einen kleinen Waldkauz oder einen riesigen Rotmilan handelt. Der eigentliche Einsatz beginnt<br />
allerdings erst danach, denn nicht selten dauert es Wochen, bis ein verletztes Tier wieder in die Freiheit<br />
entlassen werden kann.<br />
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34 35
hentlich mit einer von Käfern befallenen Fichte gefällt<br />
worden. Von den fünf Jungeulen konnten drei gerettet werden.<br />
Es kommt aber auch vor, dass sich ein Vogel etwa im<br />
Stacheldraht verheddert. Wer einen solchen Vogel findet,<br />
darf ihn nicht einfach aus dem Draht befreien – der Vogel<br />
könnte sich in Panik noch mehr verletzen“, betont Fischer.<br />
In diesen Fällen deckt der Fachmann den Vogel zunächst<br />
mit einer Decke oder Jacke ab. „Die Dunkelheit wirkt direkt<br />
beruhigend auf die Tiere“, weiß er. Anschließend wird das<br />
Tier mit dem es umgebenden Stacheldraht aus dem Zaun<br />
geschnitten. Der Stacheldraht wird später in Ruhe und mit<br />
viel Sorgfalt aus dem Gefieder gelöst. Ist ein Tier verletzt,<br />
entscheidet der Greifvogelbeauftragte direkt vor Ort, ob er<br />
es mit zu sich nach Hause nimmt oder erst zum Tierarzt<br />
bringt. „Wenn etwa ein Flügel gebrochen ist, geht es natürlich<br />
erst einmal zum Veterinär. Manchmal ist ein Vogel aber<br />
auch nur benommen – beispielsweise, wenn er mit einem<br />
Auto kollidiert ist. In dem Fall nehme ich den Vogel mit zu<br />
mir nach Hünsborn.“ Dort hat Fischer unmittelbar am<br />
Haus zwei große Volieren, in denen er verletzte und<br />
geschwächte Vögel mit viel Sachverstand und Geduld wieder<br />
aufpäppelt. Bei extrem geschwächten Vögeln kann es<br />
Auch diese beiden kleinen Turmfalken<br />
wurden in Hünsborn großgezogen.<br />
Dieser Rotmilan steht kurz vor seiner<br />
Auswilderung in Hillmicke. Dabei<br />
zeigt er das typische Akineseverhalten:<br />
Eine Schreckstarre völliger Bewegungsunfähigkeit,<br />
die eintritt, wenn<br />
sich das Tier von einem Beutegreifer<br />
bedroht fühlt oder aus anderen<br />
Gründen in eine plötzlich auftretende<br />
Stresssituation geraten ist.<br />
Bei einem Sturm ist diese kleine Waldohreule mitsamt des Horstes vom Baum gefallen. Alexander Fischer hat sich<br />
rund 70 Tage lang um den Vogel gekümmert, bis er wieder ausgewildert werden konnte.<br />
sein, dass sie keine feste Nahrung<br />
verstoffwechseln können; hier muss<br />
zunächst mit flüssigen Ergänzungsmitteln<br />
gefüttert werden.<br />
Fischer, der den Posten als Greifvogelbeauftragter<br />
seit <strong>20</strong>10 bekleidet, hat<br />
seitdem rund 160 Vögel betreut und<br />
viele gesund freilassen können. „Rotmilane,<br />
Waldkäuze, Uhus, Bussarde,<br />
Eulen, Fischadler, Habichte und Falken<br />
– in der Palette der bei uns vorkommenden<br />
Greifvögel und Eulen<br />
habe ich das Glück gehabt, schon fast<br />
alle zu erleben.“ In der Rückschau sind<br />
ihm vor allem die ungewöhnlichen<br />
Einsätze in Erinnerung geblieben, die<br />
es immer wieder gab und gibt. „Kürzlich<br />
etwa hat sich ein Mäusebussard in<br />
einer großen Kläranlage verfangen. Er<br />
war unter die Abdeckung geraten und<br />
schwamm mit ausgestreckten Flügeln<br />
im Wiederaufbereitungsbecken“, erinnert<br />
sich Fischer. Nachdem das Wasser<br />
zum Teil abgelassen war, konnte er<br />
mit einer wasserdichten Gummihose<br />
bekleidet in das sonst bis zu sechs<br />
Meter tiefe Becken steigen, um den<br />
völlig geschwächten Greifvogel aus<br />
der gefährlichen Lage zu befreien. In<br />
Hünsborn hat er das Tier solange versorgt<br />
und betreut, bis es wieder bei<br />
Kräften war. „Anschließend werden<br />
die Vögel an der gleichen Stelle wieder<br />
ausgesetzt, an der sie gefunden wurden“,<br />
betont der Fachmann. Das sei<br />
wichtig, denn sie hätten – wie jedes<br />
andere Wildtier auch – ein festes<br />
Revier, in dem sie ihre Nahrungsquellen<br />
kennen. Allein in diesem Jahr<br />
wurde Alexander Fischer schon zu<br />
mehr als 40 Einsätzen gerufen.<br />
„Nächstes Jahr werde ich eine weitere<br />
Voliere bauen. Der Bedarf ist<br />
auf jeden Fall da“, sagt der gelernte<br />
Schreiner. Wer einen Greifvogel in Not<br />
entdeckt, erreicht Alexander Fischer<br />
unter 0176/21701390.<br />
Silke Clemens [Text]<br />
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Ein wunderschöner Sonnenaufgang über dem Repetal. In der<br />
Nacht hat sich Raureif gebildet. Noch schläft die Natur einen<br />
tiefen Schlaf, doch bald wird sie unter den wärmenden Strahlen<br />
der Sonne erwachen! Sandra Pulte aus Helden war schon früh<br />
auf den Beinen und hat noch vor der ersten Tasse Kaffee dieses<br />
fantastische Bild festgehalten. Der Blick geht direkt von ihrem<br />
Hof Richtung Osten. Helden, seit 1969 der Stadt Attendorn zugehörig,<br />
wurde erstmals im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt.<br />
Berühmt ist das Dorf für seine romanische Kirche, den Repetaler<br />
Marmor und seine schöne familiäre Atmosphäre.<br />
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40 41
Die Traubeneiche<br />
in Iseringhausen<br />
Die Reise im Kreis Olpe geht weiter<br />
Von wissenschaftlicher, naturgeschichtlicher oder landeskundlicher Bedeutung oder besonders schön, alt oder<br />
selten müssen sie sein – dann können Bäume oder Baumgruppen zu Naturdenkmälern erklärt werden. Ganze<br />
75 davon gibt es im Kreis Olpe – neben sieben Stein- und Felsformationen. Die Ältesten stehen in Schönau-<br />
Altenwenden. Es handelt sich um eine Gruppe Buchen. Über sie haben wir in unserer Sommerausgabe berichtet.<br />
Unser Weg führt uns nun weiter in den Westen unseres Kreises nach Iseringhausen. Hier, im Garten der Familie<br />
Reuber, steht eine wunderbare Traubeneiche. Mit mehr als 250 Jahren ist sie der älteste geschützte Baum auf<br />
dem gesamten Gebiet der Stadt Drolshagen. Was sie wohl alles erzählen könnte?<br />
Manfred Reuber mit seinem Vater Peter und Pferdedame Flora,<br />
auch ein heißgeliebtes Mitglied der Familie.<br />
Manchmal liegt das außergewöhnliche Foto sehr nahe. Man muss nur darauf kommen:<br />
Vor ein paar Jahren riss ein kalter Blitz in wenigen Tausendstelsekunden und bei Temperaturen<br />
von mehreren Tausend Grad eine Wunde in den Stamm. Heute ist sie längst wieder verheilt.<br />
Eine frische Brise weht an diesem Oktobertag über das<br />
Land. Dicke weiße Wolken ziehen am blauen Himmel.<br />
Die mächtigen Äste werfen Schatten und das wilde Rauschen<br />
der Blätter spielt der Natur schönste Melodie. Die<br />
ältesten Nachweise über die Familie von Manfred Reuber<br />
datieren sich auf 1793, das Geburtsjahr eines gewissen<br />
Landwirtes Johann Anton Reuber. „Da<br />
muss es die Eiche schon einige<br />
Jahrzehnte gegeben haben. Sie<br />
war immer etwas ganz<br />
Besonderes für unsere<br />
Familie und ist<br />
es bis heute“, sagt<br />
Manfred Reuber<br />
und erzählt die<br />
Geschichte seines<br />
Vaters, der<br />
von Beginn an<br />
im Zweiten<br />
Weltkrieg war,<br />
den Kessel von<br />
Stalingrad, die<br />
Hölle des Gemetzels,<br />
des Hungers<br />
und der Kälte im<br />
strengen russischen<br />
<strong>Winter</strong> im Gegensatz zu<br />
700.000 anderen Soldaten<br />
überlebte und nach vier Jahren<br />
Gefangenschaft 1949 als einer der wenigen<br />
und letzten im gesamten Amt Drolshagen endlich wieder<br />
nach Hause kam. „Er sagte, er habe in seinen Gedanken<br />
zwei Bezugspunkte gehabt, die ihm halfen, diese schwere<br />
Zeit zu überstehen: zum einen die Kirche, zum anderen<br />
unsere Eiche.“<br />
Auf Eichen wachsen die<br />
besten Schinken<br />
So wertvoll diese eine Traubeneiche für die Familie Reuber<br />
ist, so wertvoll ist ihre Art für Ökologie und Ökonomie. Weit<br />
über 1.000 Jahre alt kann die Traubeneiche ebenso wie ihre<br />
Schwester, die Stileiche, werden, Lebensraum für über 500<br />
Lebewesen sein und damit sicherer Anker für die biologi-<br />
sche Vielfalt. Ihr hartes, festes Holz wurde seit jeher für<br />
Handels- und Entdeckerschiffe und für Bauwerke genutzt.<br />
Die Speicherstadt in Hamburg steht beispielsweise auf Pfählen<br />
aus Eiche. Und wer einen guten Rotwein schätzt, der<br />
weiß, dass im Grunde neben der amerikanischen Weißeiche<br />
nur die europäische Traubeneiche zur Herstellung von Weinfässern<br />
eingesetzt wird. Ihre Rinde, Blätter und Früchte<br />
können medizinisch so einiges leisten und besonders die<br />
Älteren erinnern sich an das Mästen der Schweine im<br />
Eichenwald – daher der Spruch „Auf Eichen wachsen die<br />
besten Schinken“ – oder an Kaffee- und Mehlersatz<br />
aus Eicheln in mageren Zeiten.<br />
Und bedenkt man dazu, dass kaum<br />
ein Baum so stark mit Legenden<br />
und Mythen verbunden ist –<br />
sie gilt als Königin der<br />
Wälder, symbolisiert Weisheit<br />
und Wahrheit, steht<br />
für Leben, Stärke und<br />
Loyalität, ist Orakel,<br />
Glücksbringer und<br />
voller Magie –, ergibt<br />
sich ein wirklich imposantes<br />
Bild. Eines,<br />
das auch in der Zukunft<br />
Bestand haben<br />
wird. Mit Trockenheitstoleranz,<br />
Wärmeliebe und<br />
dem starken Wurzelwerk<br />
verfügt sie auch im anstehenden<br />
Klimawandel über ein solides<br />
Standvermögen.<br />
Teil der Familiengeschichte<br />
Mehr als 30 Meter hoch ist die Traubeneiche im Garten der<br />
Familie Reuber. Die lockere Baumkrone ist auf dem geraden<br />
Stamm mit der dicken, tief längsrissigen und graubraunen<br />
Rinde und den strahlenförmig abgehenden Ästen hochgewölbt.<br />
In ihrem Schatten ist der Lieblingsplatz der Familie.<br />
„Hier ist es abends wärmer als sonst irgendwo im Garten.<br />
(Bild Mitte) Neben dem Stamm liegt ein sogenannter<br />
Sensendengelstein. Beim Dengeln oder auch Haren wird<br />
die Sense durch Schläge mit dem Hammer entlang der<br />
Schneidkante ausgezogen, verdünnt und damit geschärft.<br />
Wie alt dieser Stein ist, kann Manfred Reuber nicht sagen.<br />
„Sicher schon sehr alt. Es hat ihn wohl immer hier auf dem<br />
Hof gegeben. Nur an einem anderen Platz.“<br />
42 43
Die Traubeneiche der Familie Reuber ist der älteste denkmalgeschützte<br />
Baum auf dem Gebiet der Stadt Drolshagen und<br />
mehr als 250 Jahre alt. Der Stammbaum von Manfred Reuber<br />
lässt sich bis Ende des 18. Jahrhunderts nachweisen, inklusive<br />
der Eiche auf dem landwirtschaftlichen Hof. Sie steht unweit<br />
des Wohnhauses der Familie, dass in den 1980er-Jahren an<br />
gleicher Stelle das alte Bauernhaus ersetzte.<br />
GARCIA<br />
SECRET<br />
Vor allem aber strahlt sie Ruhe und Gemütlichkeit aus. Sie ist<br />
eben kein normaler Baum, sondern Teil unserer Familiengeschichte,<br />
Freundin, Vertraute“, sagt Manfred Reuber.<br />
Niemand aus seiner Familie würde ihr je etwas tun, nicht<br />
einmal daran herumschnitzen. Und der einzige überhaupt<br />
infrage kommende Platz für die Schaukel seines Enkels<br />
sei selbstverständlich auch unter der Eiche. Einmal nur habe<br />
er wirklich Angst um sie gehabt. „Es muss vor drei Jahren<br />
gewesen sein. Da gab es einen Blitz, dass es nur so schepperte.<br />
Die Rindenfetzen sind bis zum Nachbarn geflogen“,<br />
schildert Manfred Reuber. Etwa 15 Meter lang war der Riss,<br />
den in jener Nacht die Natur mit einer gewaltigen Funkenentladung<br />
in den Stamm schlug. Aber er ist längst gut verheilt.<br />
„Als ich klein war, habe ich meinen Vater gefragt,<br />
warum unser Haus ohne Blitzableiter ist“, erinnert sich<br />
Manfred Reuber noch. „Er hat geantwortet: So etwas brauchen<br />
wir nicht. Wir haben doch die Eiche.“<br />
Birgit Engel [Text und Fotos]<br />
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Manchmal möchte man auch nicht, dass die<br />
Nachbarn, Familie oder Freunde mitbekommen,<br />
dass hier gerade ein Verkauf stattfindet.<br />
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44 45
Es ist ein spektakuläres Bild, wenn die Eiskletterer<br />
auf den vordersten Zacken ihrer Steigeisen in der<br />
senkrechten Wand stehen und sich mit den<br />
Eispickeln nach oben ziehen.<br />
Frank Burghaus ist ein erfahrener<br />
Bergsteiger. Der 41-Jährige hat<br />
schon viele schwierige Touren<br />
gemeistert und dabei die eine<br />
oder andere kritische Situation<br />
erlebt. Aber das Eisklettern nötigt<br />
dem Attendorner ganz besonderen<br />
Respekt ab. „Das ist von allen<br />
Kletterarten die anstrengendste.“<br />
Mit vier Kameraden war Burghaus<br />
Anfang des Jahres für fünf Tage<br />
zum Eisklettern im oberen Pitztal<br />
in Österreich.<br />
abenteuer<br />
eisklettern<br />
Herausforderung im Pitztal<br />
Das enge Tal liegt<br />
in den Ötztaler<br />
Alpen und ist ein<br />
Eldorado für Eiskletterer.<br />
„Hier gibt es bis bis zu<br />
600 Meter hohe gefrorene Wasserfälle.<br />
Das ist einfach grandios“, schwärmt<br />
Frank Burghaus von der letzten Tour.<br />
Das Pitztal ist ein enges Seitental.<br />
Hier kommt wenig Sonne rein. Ideal<br />
für Eiskletterer, weniger schön für<br />
Skisportler.<br />
Beim Besuch des <strong>HEIMATLIEBE</strong>-<br />
Magazins sitzen Burghaus und seine<br />
Freunde Jan Vieten und Sascha Asbach<br />
zusammen, um die nächste Klettertour<br />
zu planen. Der genaue Termin muss<br />
noch festgelegt werden. Gegen das<br />
Karnevals-Wochenende <strong>20</strong><strong>20</strong> hat Frank<br />
Burghaus, der als Hobbys den 1. FC<br />
Köln und die Prinzengarde Neu-Listernohl<br />
angibt, schon sein Veto eingelegt.<br />
„Das geht gar nicht“, schüttelt er energisch<br />
den Kopf.<br />
Es fehlen an diesem Abend in der Runde<br />
noch Jan-Christoph Tump und<br />
Fabian Hütte, die schon <strong><strong>20</strong>19</strong> dabei<br />
waren. Alle fünf wollen im Januar oder<br />
Nur noch wenige Meter, dann ist der Aufstieg durch die Wand aus Eis und<br />
Schnee geschafft.<br />
Februar wieder ins Pitztal fahren. Zu<br />
entdecken gibt es hier noch genug, die<br />
Liste der Herausforderungen ist lang.<br />
„Wir haben ganz tolle Wasserfälle gesehen,<br />
die wir unbedingt klettern wollen“,<br />
sind sich die Bergsteiger aus der<br />
Hansestadt einig.<br />
Jan Vieten ist leidenschaftlicher Hobbyfotograf.<br />
Von ihm stammen auch die<br />
Bilder für diese Reportage. Zu seiner<br />
Ausrüstung, die er beim Eisklettern<br />
mitschleppt, gehören verschiedene<br />
Kameraobjektive, Stative und Selbstauslöser.<br />
„Mich hat es gepackt“, sagt er:<br />
Aus dem ehemaligen Schwimmer und<br />
aktivem DLRG-Mitglied ist ein begeisterter<br />
Bergsteiger geworden. Frank<br />
Burghaus und das Bergsteigen hat er<br />
über die Kinder kennengelernt. Nach<br />
den ersten Versuchen in Kletter- und<br />
Boulderhallen hat Vieten „Blut geleckt“.<br />
Das gilt erst recht für das Klettern im<br />
Eis. Wie die anderen ist er Mitglied im<br />
Deutschen Alpenverein (DAV) und oft<br />
im Klettergebiet Unterer Elberskamp<br />
bei Heggen unterwegs.<br />
Auch Sascha Asbach hat mit dem Hallenklettern<br />
angefangen. Inzwischen verbringt<br />
der leidenschaftliche Radsportler<br />
seinen Urlaub meistens in den<br />
Alpen. „Hier gibt es noch so viel zu<br />
entdecken.“ Das Eisklettern ist für ihn<br />
„eine mentale Herausforderung“. „Das<br />
kostet Überwindung“, pflichtet ihm<br />
Jan Vieten bei. „Die größte Schwierigkeit<br />
ist die Einschätzung der Eisqualität.<br />
Hat das Eis eine tiefblaue Farbe,<br />
sieht es ganz gut aus. Aber irgendwann<br />
fängt es an zu schmelzen“, berichtet<br />
Frank Burghaus. Deshalb steht die<br />
46 47
Die fünf Bergsteiger aus Attendorn<br />
suchen beim Eisklettern im Pitztal<br />
das Abenteuer und die sportliche<br />
Herausforderung.<br />
Es sieht schon spektakulär aus, wenn<br />
die fünf heimischen Eiskletterer auf den<br />
vordersten Zacken ihrer Steigeisen in<br />
der senkrechten Eiswand stehen und<br />
sich mit den Eispickeln nach oben ziehen.<br />
Die Schrauben für das Sicherungsseil<br />
werden per Muskelkraft mit einem<br />
Eisbohrer in den weißen Untergrund<br />
gedreht. „Das ist stabiler als ein Haken<br />
im Felsen“, erzählt Frank Burghaus.<br />
Allerdings muss der Kletterer immer<br />
wieder abschätzen, wie stabil oder brüchig<br />
das Eis unter ihm ist.<br />
Anfang <strong>20</strong><strong>20</strong> wollen die fünf Bergsteiger<br />
aus Attendorn wieder ins Pitztal<br />
fahren, um neue Herausforderungen in<br />
Eis und Schnee zu bewältigen. Morgens<br />
werden sie aber erst einmal abwarten,<br />
bis die Skisportler unterwegs sind:<br />
„Danach bekommen wir nichts mehr<br />
vom Skitourismus mit.“ Frank Burghaus<br />
und seine Freunde freuen sich<br />
auf die Einsamkeit in den abgelegenen<br />
Klettergebieten. Dann sind sie den ganzen<br />
Tag im Schnee und nicht so ewigen<br />
Eis. Der Gaskocher und die Metten-<br />
Knacker zur Verpflegung sind immer<br />
dabei. Zur schweren Ausrüstung gehören<br />
unter anderem Eisschrauben,<br />
Steiggeräte, verschiedene Seile, schwere<br />
Schuhe und spezielle Bekleidung.<br />
Bis zur nächsten Tour wird auch Frank<br />
Burghaus noch viel trainieren. Dazu<br />
gehören die Übungen an der<br />
Klimmstange zu Hause in der Tür.<br />
Immer, wenn der 41-Jährige in der<br />
Nähe ist, macht er zwischendurch ein<br />
paar Klimmzüge.<br />
Martin Droste [Text]<br />
Jan Vieten [Fotos]<br />
Sicherheit an oberster Stelle. „Jeder Fehler im Berg wird<br />
bestraft“, weiß Burghaus aus eigener Erfahrung. Das gilt erst<br />
recht beim Eisklettern.<br />
„Sobald sich einer von uns nicht wohl fühlt, wird abgebrochen.<br />
In einer Seilschaft muss man ehrlich sein.“ Darin sind<br />
sich mit Sascha Asbach alle einig. Geklettert wird immer zu<br />
zweit: Einer sichert, der andere steigt hoch. Jan Vieten: „Man<br />
muss demjenigen, der sichert, vertrauen.“ Bislang hat er<br />
damit gute Erfahrungen gemacht. Außer ein paar blaue<br />
Flecken ist ihm nichts passiert.<br />
Das Klettern am Berg, auf einem Gletscher oder an einem<br />
zugefrorenen Wasserfall ist etwas ganz anderes als in einer<br />
Halle, wo alle Kletterpunkte festgeschraubt sind. „Das sind<br />
zwei unterschiedliche Dinge“, betont Frank Burghaus.<br />
Trotzdem bereitet sich Sascha Asbach auch in der Finnentroper<br />
Boulderhalle auf seine Touren draußen vor. Dafür<br />
bringt er spezielle Holzgriffe mit und schraubt sie mit<br />
Genehmigung des Hallenbetreibers an die Wand. Dann kann<br />
die Trockenübung mit den nach unten gebogenen Eispickeln<br />
beginnen. Die speziellen Steigeisen bleiben aber zu Hause.<br />
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54 55
Weltläden – mehr als ein Laden<br />
Fairer Handel: Eine Bewegung wird 50!<br />
Adelheid Lütteke vom Weltladen in Attendorn erinnert sich noch gut an den Nicaragua-Kaffee, den sie<br />
in den 1980er-Jahren in ihrer Tasse hatte. Viel zu scharf gebrannt, nicht gut für den Magen und schlecht<br />
im Geschmack. „Man trank ihn aus Solidarität.“ Und damit sind wir mitten im Thema: Weltläden und die<br />
Idee des fairen Handels, heute aktueller denn je, weil globaler als je zuvor. Und der Kaffee, wie ehedem,<br />
nicht nur das umsatzstärkste Produkt, sondern auch Pionier und Symbol. Weltweit wichtigstes Agrarprodukt<br />
und nach Öl wichtigstes Handelsprodukt zeigen sich an ihm die unfairen Beziehungen besonders<br />
deutlich. Auf der Seite des globalen Südens geschundene Kleinbauern, auf der anderen Seite eine<br />
Latte Macchiato schlürfende Wohlstandsgesellschaft und viel Geld, das damit verdient wird.<br />
In Deutschland gibt es etwa 800 Weltläden und daneben<br />
noch einige Tausend Aktionsgruppen. Das allein ist schon<br />
eine Besonderheit: Weltläden waren und sind noch heute<br />
ausgeprägt basisorientiert. In Attendorn engagieren sich dafür<br />
etwa 50 Bürger ehrenamtlich. Hier, in der Hansestadt, gibt es<br />
den heute einzigen Weltladen mit eigenem Ladenlokal rund<br />
um den Biggesee. Aber wie hat eigentlich alles angefangen?<br />
Was war Motivator und wie sieht es heute aus, in Zeiten, in<br />
denen aus der einst sozialen Bewegung eine eigene Handelsbranche<br />
geworden ist?<br />
Die Dritte Welt und<br />
Franziskanerpater Alfred Schnüttgen<br />
Erinnern Sie sich noch an die 1980er-Jahre? Junge Frauen<br />
trugen lila Latzhosen, Töchter färbten Opas Hemden ein und<br />
die Aussteuerbettwäsche gleich dazu und an Parkas und<br />
Taschen sah man Peace-Zeichen, Regenbogen und Anti-<br />
Atomkraft-Sonne. Es war die Hochzeit der neuen sozialen<br />
Bewegung, mit der sich Öko-, Friedens- und Anti-Atomkraft-<br />
Bewegung sowie weitere verschiedene Teilbewegungen wie<br />
beispielsweise die Frauenbewegung und auch Bürgerinitiativen<br />
rasant entwickelten. Saurer Regen, Waldsterben und Ozonloch,<br />
Wettrüsten und Nato-Doppelbeschluss sowie Ungerechtigkeit<br />
im Welthandel: es gab viele Gründe. In diesem<br />
Klima spürten auch die damals noch sogenannten Dritte-<br />
Welt-Läden Rückenwind. Aus der Dritten Welt – ein Begriff<br />
aus den Zeiten des Kalten Krieges – ist heute längst die<br />
eine Welt geworden. Und aus dem Dritte-Welt-Laden<br />
der Weltladen.<br />
Wenn es um die Geschichte der Weltläden in Deutschland<br />
geht, muss man mit 1970 beginnen. In diesem Jahr initiierten<br />
die evangelischen und katholischen Jugendverbände aus<br />
Kritik an der Entwicklungspolitik die sogenannten Hungermärsche,<br />
mit einer riesigen Resonanz: 30.000 Menschen in<br />
70 Städten nahmen teil. Daraus entstand die „Aktion Dritte<br />
Welt Handel“ mit dem Verkauf fair gehandelter Produkte<br />
auf Märkten oder nach den Gottesdiensten, verbunden mit<br />
Kampagnenarbeit und Bewusstseinsbildung. 1973 eröffnete<br />
der deutschlandweit erste Dritte-Welt-Laden in Stuttgart.<br />
1975 gründete sich dann der Weltladen-Dachverband als<br />
Interessenvertretung sowie die heute europaweit größte<br />
Organisation für fairen Handel, GEPA, mit Misereor, Brot<br />
für die Welt, den kirchlichen Jugendverbänden und den<br />
Sternsingern im Hintergrund.<br />
In diese Zeit sind auch die Attendorner Anfänge zu verorten.<br />
In Neu-Listernohl nämlich hatte sich eine Gruppe um den in<br />
Attendorn geborenen Franziskanerpater Alfred Schnüttgen<br />
gebildet, der sich in Brasilien für die politischen und sozialen<br />
Rechte der Fischer einsetzte. Aus dieser Keimzelle und im<br />
Zusammenschluss mit weiteren engagierten Menschen entwickelte<br />
sich der Weltladen, der am 29. Oktober 1985 am<br />
Kirchplatz erstmals seine Türen öffnete. Ähnliche Entwicklungen<br />
gab es in Olpe. Dort hatte der Weltladen lange ein<br />
eigenes Domizil im Engelsturm. Heute ist er im Kirchenladen<br />
untergebracht. In Wenden gibt es Weltladen-Produkte<br />
im Pastoralverbundbüro.<br />
Bellebaum und Muggel<br />
Jute<br />
statt<br />
Plastik<br />
Kürzlich bezog der Attendorner Weltladen sein neues Domizil<br />
an der Ennester Straße. „Auch ein Weltladen muss heute<br />
modern sein. Vom Lokal bis zum Internet“, sagt Adelheid<br />
Lütteke. Und um dahingehend professioneller zu sein, habe<br />
© Atstock Productions_shutterstock<br />
56 57
Traum“, benannt nach dem Leinenweber Ferdinand Bellebaum,<br />
der von 1846 bis 1917 am Pulverturm in Attendorn<br />
lebte und dort in schlechten Zeiten Muckefuck trank. Was<br />
den Hansestädtern ihr Traum, ist den Olpern ihr Muggelkaffee,<br />
benannt nach der beliebten Kinderkirmes, die seit 45<br />
Jahren kirchliche Projekte unterstützt.<br />
© Stadtarchiv Attendorn<br />
Der Leinenweber Ferdinand Bellebaum ist Namensgeber für den Attendorner Fairtrade-Kaffee.<br />
man sich nun auch dem Weltladen-Dachverband angeschlossen.<br />
„Das ist einfach sinnvoll.“ Wer den Laden besucht,<br />
unternimmt indes keine Reise zurück in die 1980er-<br />
Jahre. Ungewöhnlich ist das Sortiment aber dennoch. Ziemlich<br />
ausgefallen und originell: Kunsthandwerk, Kinderbekleidung<br />
Schmuck, Spielzeug, Lebensmittel und – das sei hier<br />
betont – Körbe. Und zwar aus Seegras und als Nachfolge der<br />
1978 von der GEPA auf den Markt gebrachten guten alten<br />
Jutetasche aus Bangladesch. „Jute statt Plastik“ wurde damals<br />
zum Slogan einer ganzen Generation und Inbegriff eines<br />
alternativen Lebensstils. Die Waren des Attendorner Weltladens<br />
kommen indes nicht nur aus Afrika, Asien und Südamerika,<br />
sondern auch aus dem Sauerland. Zum Beispiel die<br />
Nudeln, produziert von einem regionalen Hersteller, der<br />
wiederum Eier von einem hier ansässigen Biolandwirt bezieht.<br />
„Es geht ja auch um Nachhaltigkeit. Und fairer Handel<br />
beginnt nun einmal vor der Haustür“, sagt Adelheid Lütteke.<br />
Apropos Kaffee: Die Zeiten der bitteren Brühe sind natürlich<br />
längst vorbei. Und Kaffee mit regionalem Bezug ist besonders<br />
beliebt. In Attendorn trinkt man seit <strong>20</strong>12 „Bellebaums<br />
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Erste Fairtrade-Region in Südwestfalen<br />
Bereits <strong>20</strong>11 wurde Attendorn als Fairtrade-Town ausgezeichnet<br />
und damit als Stadt, die fairen Handel auf Basis der<br />
Vernetzung von Akteuren aus Zivilgesellschaft, Politik und<br />
Wirtschaft fördert. Olpe wurde in diesem Jahr zertifiziert.<br />
Das Ziel ist dabei ein noch Höheres: Die LEADER-Region<br />
BiggeLand – dazu gehören noch die Kommunen Wenden<br />
und Drolshagen – möchte zur ersten Fairtrade-Region in<br />
Südwestfalen und der sechsten in Deutschland werden. „Wir<br />
erhoffen dadurch, verstärkt Aufmerksamkeit auf das Thema<br />
Fairtrade und Regionalität zu lenken und wollen Anlass<br />
und Möglichkeiten bieten, weitere Projekte und Kampagnen<br />
anzustoßen“, erklärt Regionalmanagerin Anne-Kathrin Hoß.<br />
Bananen, Schokolade, Rosen, Tee, Kakao, Kaffee oder Kleidung<br />
– der faire Handel ist in der Gesellschaft angekommen.<br />
Aus der Nische raus zum Trend. Entsprechende Produkte<br />
findet man fast in jedem Supermarkt. Und der Umsatz<br />
wächst. Menschenrechte, Klimawandel, Nachhaltigkeit sind<br />
wieder die Themen, die – wie einst – die Menschen bewegen.<br />
Faire Produkte von Fake-Ware und reinen Marketingkampagnen<br />
zu unterscheiden, ist dabei nicht ganz einfach. Nicht<br />
nur der Markt für fair gehandelte Produkte ist gewachsen,<br />
auch die Zahl der Anbieter mit Fairtrade-Siegel.<br />
„Es hat lange gedauert, doch nun scheint es einen neuen<br />
Aufbruch zu geben“, sagt Wendelin Heinemann, Mann der<br />
ersten Stunde des Attendorner Weltladens, und spricht von<br />
einer Erfolgsgeschichte der Weltläden als kreativen und wichtigen<br />
Stellungnahmen vor Ort und kritische Auseinandersetzung<br />
mit der Art und Weise, wie man lebe. „So weiter<br />
machen kann unsere Konsumgesellschaft nicht. Das Hilfswerk<br />
Misereor formulierte bereits vor rund 30 Jahren: Gut<br />
leben, ohne immer mehr zu haben. Insoweit sind die Weltläden<br />
mehr als ein Laden.“<br />
Birgit Engel [Text und großes Foto]<br />
sonstige Nachweise am Bild<br />
Niederste Str. 9 · 57439 Attendorn<br />
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einem schönen Sitzbereich – alles bei modernster<br />
Ausleuchtung und diskreter Atmosphäre – ist man nicht<br />
nur innenarchitektonisch auf dem neuesten Stand, sondern<br />
auch inhaltlich bestens für die Zukunft aufgestellt. Der für<br />
den Kunden allererste Anlaufpunkt ist der stets besetzte<br />
Empfang sowie ein Kundenberater mit Präsenzzeit. Damit<br />
hat die Empfangskultur für sogenannte „Erste Hilfe“ einen<br />
hohen Stellenwert.<br />
Seit mehr als 50 Jahren ist die Geschäftsstelle nun schon in<br />
Attendorn ansässig. Insgesamt elf Spezialisten – auch in<br />
Sachen Personal hat man aufgestockt – kümmern sich hier<br />
um den großen, treuen und stetig wachsenden Kundenstamm.<br />
„Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“,<br />
freut sich Florian Siepe. „Die Kunden wollen einen direkten<br />
Ansprechpartner und wünschen sich persönlichen Kontakt.“<br />
Neuer Standort,<br />
neues Konzept<br />
Björn Bernhardt [Fotos]<br />
Vertrauen, Transparenz, fachliche Kompetenz, eine gute<br />
Absicherung in allen Lebenslagen ohne Angst vor dem<br />
Kleingedruckten und Zeit für alle Fragen: „Mit der neuen<br />
Geschäftsstelle erfüllen wir zu 100 Prozent unseren Anspruch<br />
an Qualität“, sagt Regina Hoberg.<br />
Privatpersonen, Industrie und Gewerbe, unterschiedlichste<br />
Institutionen, Einrichtungen und Organisationen sowie<br />
Landwirte finden bei Hoberg & Siepe optimale Lösungen<br />
für ihre verschiedensten Fragen und vielfältigen Wünsche.<br />
„Es ist unser Anliegen, mit moralilscher Verpflichtung zu<br />
beraten“, sagt Alexander Siepe. „Nicht alles ist für jeden gut.<br />
Die individuellen Bedürfnisse, verbunden mit der jeweiligen<br />
monetären Situation, brauchen maßgeschneiderte Produkte.“<br />
Regional, familiär, professionell und leistungsstark<br />
Die Provinzial Versicherung Hoberg & Siepe OHG ist umgezogen: von der Niedersten Straße in<br />
die Breite Techt und damit auf geschichtsträchtigen Boden in die mittelalterliche Kernstadt.<br />
„Bei unserem kleinen Attendorn hört sich das vielleicht komisch an. Aber das Flair der Umgebung<br />
ist hier wunderschön“, sagt Regina Hoberg, die mit ihren Söhnen Alexander und Florian<br />
Siepe die Geschäftsstelle der Provinzial leitet. Nicht nur die Umgebung, auch die Räumlichkeiten,<br />
in die Hoberg & Siepe kräftig investiert hat, sind, um im Bild zu bleiben, sehr schön<br />
und auf insgesamt 330 barrierefreien Quadratmetern auch sehr viel größer.<br />
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Telefon: 02722/808880<br />
E-Mail: hoberg-siepe@provinzial.de<br />
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Mo - Do: 08.30 - 17.00 Uhr<br />
Fr: 08.30 - 13.30 Uhr<br />
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Auf der Suche nach einem neuen Wort<br />
Warum Gutes tun gut tut<br />
„Zeit ist ein Luxusartikel.<br />
Die zu schenken, ist einfach toll.“<br />
Andrea Hoffmann<br />
50 Jahre, Olpe<br />
Hansdampf in allen Gassen<br />
„Ehrenamt geht nur,<br />
wenn die Familie dahintersteht.“<br />
Dietmar Häner<br />
57 Jahre, Wenden<br />
Versicherungsfachmann<br />
Ein bisschen merkwürdig ist es schon: das Wort „Ehrenamt“. Es klingt<br />
antiquiert und so richtig nach Old School, riecht irgendwie nach Spießigkeit,<br />
Bohnerwachs und Behördentum. Und ist viel zu wenig fluffig<br />
für etwas, das so bunt, so vielfältig und so großartig ist. In der Tat: Ein<br />
frischerer Begriff täte dem freiwilligen Engagement gut! Einer, der anspricht,<br />
einer, der motiviert, der Interesse weckt und ahnen lässt, was<br />
wirklich dahintersteckt. Weil Menschen jeden Alters überall und auch<br />
in unserer Region unkompliziert Hilfe geben, zwischenmenschliche<br />
Wärme schaffen und für unzählige Freizeitangebote sorgen. Weil sie Sport<br />
und Kultur bereichern, in Schulen, Kitas und Seniorenheime gehen, Tiere,<br />
Natur und Umwelt schützen und Leben retten. Weil freiwilliges Engagement<br />
für unsere Gesellschaft unverzichtbar ist, Gemeinschaft, Miteinander<br />
und politische Teilhabe fördert und nicht zuletzt glücklich macht.<br />
Die Heimatliebe hat Menschen rund um den Biggesee gefragt, wo, wie<br />
und warum sie ihre Zeit, ihre Kraft, ihr Können und ihre Zuneigung<br />
schenken. Was dabei auffällt: Es gibt nicht nur viele verschiedene Gründe,<br />
Aspekte, Möglichkeiten, Arten und Orte. Engagement ist immer<br />
ein Gewinn – für beide Seiten.<br />
Seit <strong>20</strong> Jahren engagiere ich mich ehrenamtlich in der Kirche.<br />
Angefangen habe ich mit Kleinkindergottesdiensten, seit zwei<br />
Jahren bin ich Vorsitzende des Gesamtpfarrgemeinderates im<br />
Pastoralverbund Olpe. Wir als Ehrenamtliche sind Bindeglied<br />
zwischen der Kirchengemeinde und deren Einrichtungen, den<br />
Hauptamtlichen und Gemeindemitgliedern. Es geht auch<br />
darum, das Gemeindeleben individuell zu gestalten. So besteht<br />
die Arbeit aus Vermitteln, Organisieren und Helfen, überall<br />
dort wo man gebraucht wird. Ich denke, dass Glaube immer<br />
noch aktuell ist, er wird nur anders gelebt. Neue Formen zu<br />
finden und zu leben, ist eine wichtige Aufgabe, Pflicht und<br />
auch Chance. Darüber hinaus engagiere ich mich in der<br />
Behindertenhilfe. Unter anderem in der „AG Schalke“. Es geht<br />
darum, Behinderten den Zugang zum Stadion zu erleichtern.<br />
Zeit ist heute ein Luxusartikel. Die zu schenken, empfinde ich<br />
als sehr befriedigend. Die vielen Freundschaften, die dadurch<br />
entstehen, sind eine tolle Begleiterscheinung.<br />
Ehrenamt ist für mich etwas ganz Besonderes neben meinem<br />
alltäglichen Leben. Ich begegne vielen Menschen, die mein<br />
Leben bereichern. Früher habe ich mich in der Sportgemeinschaft<br />
Wenden engagiert, war dort 15 Jahre Vorsitzender. Seit<br />
1980 gehöre ich der St. Severinus Schützenbruderschaft an,<br />
bin Offizier und pflege die St. Antonius Kapelle. Noch länger,<br />
seit 1974, bin ich bei der Freiwilligen Feuerwehr. Seit 15<br />
Jahren bin ich auch Platzsprecher des VSV – Vereinigte Sportvereine<br />
– Wenden. Am Herzen liegt mir aber auch die Entwicklung<br />
unseres Ortes. Die Bürger sollen sich wohlfühlen<br />
und wissen, dass immer ein offenes Ohr für sie da ist. Ich<br />
gehöre zum Gemeinderat und bin Ortsvorsteher, als solcher<br />
also Ansprechpartner für alle Einwohner, ihre Wünsche und<br />
Vorstellungen und Bindeglied zu Verwaltung und Politik. All<br />
diese Aktivitäten sind für mich sehr erfüllend, gehen aber<br />
nur – und das möchte ich ganz besonders betonen –, wenn<br />
die Familie, an erster Stelle die Ehefrau und die Kinder, dafür<br />
Verständnis haben.<br />
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Dieses Angebot ist gültig bis 30. März <strong>20</strong><strong>20</strong>. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Nur ein Gutschein pro Auftrag einlösbar.<br />
„An andere zu denken heißt,<br />
sich selbst zu beschenken.“<br />
„Bei der Tafel kann ich Menschen eine wertvolle<br />
Unterstützung in ihrem Alltag geben.“<br />
Gaby Clemens<br />
65 Jahre, Schlade<br />
Pensionierte Kaufmännische Angestellte<br />
Sylvelin Karsunky<br />
76 Jahre, Attendorn<br />
Seit <strong>20</strong> Jahren in der Attendorner Tafel aktiv<br />
Mir und meiner Familie geht es gut. Ich bin in ein sicheres<br />
Land hineingeboren worden und führe ein zufriedenes Leben.<br />
Mir mangelt es an nichts. Dafür bin ich dankbar. Das sollte<br />
man aber nie als Selbstverständlichkeit hinnehmen, denn so<br />
geht es leider nicht allen Menschen. Ich möchte aus Dankbarkeit<br />
etwas zurückgeben und engagiere mich deshalb seit<br />
fast 50 Jahren im Deutschen Roten Kreuz und seit 30 Jahren<br />
in der Caritas. Zudem bin ich in der Flüchtlingshilfe aktiv<br />
und übernehme Besuchsdienste und Behördengänge für ältere<br />
und hilfsbedürftige Menschen. Das Zauberwort lautet Zeit:<br />
Zeit zum Zuhören, Zeit zum Helfen, Zeit für ein paar Ehrenämter.<br />
Manchmal ist ehrenamtliche Hilfe nur ein Tropfen auf<br />
den heißen Stein. Aber wie heißt es so schön: „Steter Tropfen<br />
höhlt den Stein!“<br />
Ich hatte schon lange vor, mich ehrenamtlich zu engagieren<br />
und eine sinnvolle Aufgabe zu übernehmen. Bei der ersten<br />
Lebensmittelausgabe der Attendorner Tafel vor <strong>20</strong> Jahren im<br />
evangelischen Gemeindehaus habe ich sofort festgestellt: Das<br />
ist genau das Richtige für mich. Hier kann ich mich einbringen.<br />
Bei der Tafel kann ich Lebensmittel verteilen, durch die<br />
Menschen eine wertvolle Unterstützung in ihrem Alltag<br />
erhalten. Gleichzeitig freut es mich, dass so viele Lebensmittel<br />
noch eine sinnvolle Verwendung finden. Bei der Verteilung<br />
komme ich mit vielen Menschen in Kontakt, erfahre ihre<br />
Probleme und versuche zu helfen. Die Gespräche und Begegnungen,<br />
die sich dabei ergeben, empfinde ich als sehr bereichernd.<br />
Auch die Arbeit mit dem Tafel-Team bereitet mir viel<br />
Freude. In den <strong>20</strong> Jahren bei der Attendorner Tafel sind daraus<br />
auch Freundschaften entstanden. Am Anfang hatten wir<br />
bei unseren Ausgabeterminen rund 50 Kunden, jetzt sind es<br />
weit über 100. Die Organisation ist immer größer geworden.<br />
Unser Team könnte noch Unterstützung gebrauchen.<br />
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Traumjob Landarzt?<br />
Mediziner für die Region gesucht<br />
Eine gute medizinische Versorgung hat für den ländlichen Raum eine Schlüsselfunktion.<br />
Längst arbeitet man an einer Vielzahl von Lösungen. Dabei geht nichts<br />
über den Mediziner vor Ort, einen analogen Menschen, dem man sich Auge in<br />
Auge anvertrauen kann. Ärzte für das Landleben zu begeistern, ist aber nicht so<br />
einfach. Doch es gibt Ausnahmen.<br />
Neue Ärzte<br />
braucht das<br />
Land<br />
...<br />
Stefanie Junker ist Ärztin mit Leib und<br />
Seele. „Ich kann mir keinen anderen<br />
Beruf vorstellen. Das ist mein Traumjob“,<br />
sagt die junge Allgemeinmedizinerin.<br />
Die 37-Jährige aus Olpe hat<br />
sich nach ihrem Studium bewusst für<br />
ihre Heimatstadt entschieden. „Mich<br />
hat es nicht weggezogen. Hier haben<br />
wir alles, was wir brauchen. Dazu<br />
gehören eine tolle Lebensqualität und<br />
eine verhältnismäßig gute Betreuungsmöglichkeit<br />
für die Kinder.“<br />
Mit ihren 37 Jahren ist Stefanie Junker,<br />
die ihr Abitur am Franziskusgymnasium<br />
gemacht hat, eine Ausnahme im<br />
Kreis Olpe. Die meisten Kollegen im<br />
weißen Kittel sind Männer, wesentlich<br />
älter und gehen in ein paar Jahren in<br />
den Ruhestand. Stefanie Junker ist<br />
Mutter von zwei kleinen Kindern. Ihr<br />
Mann arbeitet ebenfalls als Mediziner<br />
und unterstützt sie, wo er nur kann.<br />
„Wenn man das passende soziale Netz<br />
hat und der Partner flexibel ist, lassen<br />
sich Familie und Beruf vereinbaren.<br />
Aber wenn wir unsere Kinderfrau nicht<br />
hätten, würde es nicht gehen“, sagt die<br />
junge Frau.<br />
Anders als viele Studienkollegen, die es<br />
meist in größere Städte oder an Kliniken<br />
gezogen hat, wusste Stefanie Junker<br />
nach ihrer Ausbildung, dass sie „in<br />
Olpe bleiben will“. Seit <strong>20</strong>14 arbeitet<br />
sie in der Martinstraße in einer<br />
Gemeinschaftspraxis mit ihrem Vater<br />
Dr. Martin Junker. „Natürlich hat<br />
mich mein Vater bei der Berufswahl<br />
ein bisschen beeinflusst. Aber er hätte<br />
mich auch fast alles andere studieren<br />
lassen“, lacht Stefanie Junker.<br />
Der Beruf als Medizinerin ist der zweifachen<br />
Mutter zwar in die Wiege gelegt<br />
worden, aber bis zur Fachärztin<br />
war es ein langer und holpriger Weg.<br />
Weil in der Abiturnote keine „Eins“<br />
vor dem Komma stand, musste sie<br />
lange auf einen Studienplatz warten.<br />
Die Wartezeit nutzte Stefanie Junker<br />
für ein Findungssemester in Münster,<br />
die Ausbildung zur Arzthelferin in der<br />
Praxis ihres Vaters und zur Rettungssanitäterin<br />
bei den Maltesern mit<br />
Praktika im Krankenhaus und in der<br />
Rettungswache. Alles Dinge, die ihr<br />
später als Allgemeinmedizinerin nutzen<br />
sollten.<br />
Im Oktober <strong>20</strong>05 flatterte überraschend<br />
der Brief mit einem Studienplatzangebot<br />
in Marburg ins Haus.<br />
Fünf Semester hatte Stefanie Junker<br />
auf die erlösende Nachricht gewartet,<br />
sich immer aufs Neue bei der damaligen<br />
ZVS beworben. Der Studienplatz<br />
in Marburg war aber nur auf vier<br />
Semester begrenzt. Danach musste die<br />
junge Frau aus Olpe wieder zittern:<br />
„Ich habe 35 Bewerbungen an Unis<br />
geschrieben.“ Dann kam die Zusage<br />
aus dem fernen Rostock, für die angehende<br />
Medizinerin ein Glücksfall.<br />
66 67
Stefanie Junker aus Olpe ist mit<br />
Leib und Seele Ärztin.<br />
„Das war eine tolle Zeit. Ich habe mich<br />
in Rostock pudelwohl gefühlt“, sagt<br />
die 37-Jährige und denkt gerne an die<br />
Hansestadt an der Ostsee zurück.<br />
Was folgte, waren im Praktischen Jahr<br />
Stationen in der Schweiz und wieder<br />
in Marburg. Danach arbeitete Stefanie<br />
Junker im Kreisklinikum Siegen und<br />
in einer Praxis für Kinder- und Jugendmedizin<br />
in Plettenberg. <strong>20</strong>14 kehrte<br />
sie in ihre Heimatstadt Olpe und in die<br />
Praxis von Dr. Martin Junker zurück,<br />
erst als Assistenzärztin und seit Februar<br />
<strong>20</strong>17 als Fachärztin für Allgemeinmedizin.<br />
Stefanie Junker versteht sich als „Familienmedizinerin“:<br />
„Wir betreuen die<br />
ganze Familie“, betont die 37-Jährige.<br />
Ganz besonders liegen ihr die kleinen<br />
Patienten am Herzen, Stichwort Kinderheilkunde.<br />
„Das macht mir Spaß,<br />
für mich ist das die fröhliche Medizin.“<br />
Stolz ist sie darauf, die Ärztetradition<br />
der Familie Junker in der<br />
LÖWEN APOTHEKE seit 1792<br />
dritten Generation weiterzuführen.<br />
„Ältere Patienten erzählen schon mal,<br />
wie der Opa in Iseringhausen die<br />
Kinder auf die Welt gebracht hat“,<br />
schmunzelt die junge Frau.<br />
Natürlich kennt Stefanie Junker auch<br />
die andere Seite des Ärzteberufes: den<br />
zunehmenden Zeitdruck, den Schreibkram<br />
und die Beschäftigung mit<br />
Buchhaltung, Versicherungen, Steuererklärungen<br />
usw. „Vor der Bürokratie<br />
graut mir“, gibt die 37-Jährige zu und<br />
verweist auf ein großes Manko der<br />
Mediziner-Ausbildung: „Betriebswirtschaftslehre<br />
kommt im Studium viel<br />
zu kurz.“ Deshalb ist sie froh, dass sich<br />
ihre Mutter – eine gelernte Arzthelferin<br />
– nach wie vor um die Buchhaltung<br />
der Gemeinschaftspraxis kümmert.<br />
Irgendwann wird der Vater (72) aufhören.<br />
Dann will Stefanie Junker die<br />
Gemeinschaftspraxis weiterführen,<br />
vielleicht mit einem neuen Kollegen<br />
oder einer Kollegin sowie mit Hilfestellung<br />
beim leidigen Thema<br />
Bürokratie. Die Entscheidung, sich als<br />
Fachärztin in ihrer Heimatstadt Olpe<br />
niederzulassen, hat die junge Medizinerin<br />
nie bereut. Ihren „Traumjob“<br />
als Allgemeinmedizinerin hat Stefanie<br />
Junker jedenfalls gefunden.<br />
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Wir sagen Danke für Ihr Vertrauen und<br />
wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest.<br />
Ihr Team der Löwen Apotheke<br />
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Ronja Wockel kümmert sich im<br />
Attendorner Rathaus auch um<br />
Gesundheitsthemen.<br />
Eine junge Ärztin wie Stefanie Junker wäre auch in Attendorn<br />
sehr willkommen. Zwar gibt es in der Hansestadt<br />
noch zahlreiche Arztpraxen; laut Statistik ist die Stadt mit<br />
Allgemeinmedizinern zu 100 Prozent versorgt. Aber<br />
die sogenannten „Landärzte“ sind fast alle über 50 Jahre<br />
alt und werden in absehbarer Zeit aufhören.<br />
In Attendorn hat man das Problem erkannt und versucht<br />
mit einem Bündel an Maßnahmen, den drohenden Ärztemangel<br />
zu verhindern. So hat der Rat der Stadt einen<br />
Zuschuss von 5.000 Euro für Ärzte beschlossen, die sich in<br />
der Hansestadt niederlassen: das heißt eine Praxis gründen<br />
oder übernehmen. Wird ein Arzt in einer bestehenden Praxis<br />
angestellt, erhält er einen städtischen Zuschuss von 3.500<br />
Euro. Für den Praxisinhaber gibt es noch 1.500 Euro.<br />
„Uns ist bewusst, dass 5.000 Euro nicht ausreichen, damit<br />
sich ein Arzt in Attendorn niederlässt.“ Ronja Wockel, die<br />
sich im Rathaus mit dem Thema Gesundheit beschäftigt,<br />
macht sich da nichts vor. Der Zuschuss ist gedacht als<br />
„Wertschätzung für diejenigen, die sich hier engagieren“<br />
und soll die Aufmerksamkeit möglicher Interessenten auf<br />
die Stadt im Kreis Olpe mit ihrer starken Industrie lenken.<br />
„Der Einzelkämpfer ist nicht mehr das Modell der Zukunft“,<br />
weiß Ronja Wockel. Die Medizin wird immer weiblicher,<br />
immer mehr junge Frauen drängen in den Beruf.<br />
Und deshalb spielen weiche Faktoren bei der Gewinnung<br />
von Fachkräften auch im Gesundheitswesen eine große<br />
Rolle. Stichwörter sind hier Kindergarten, Schule, Arbeitsplatzangebote<br />
für den Partner oder die Partnerin. Da<br />
will die Stadt als Ansprechpartner und mit einem Lotsendienst<br />
helfen.<br />
In Attendorn gibt es seit <strong>20</strong>15 das „Zukunftsforum Gesundheit“.<br />
Zu diesem Netzwerk gehören Ärzte, Apotheker und<br />
die Helios-Klinik. Mit den Schulen ist die Stadtverwaltung<br />
in Kontakt, eine Imagekampagne der Stadt zur<br />
Nachwuchsgewinnung im Gesundheitswesen ist angelaufen.<br />
Die 1. Sport- und Gesundheitsmesse war ein großer<br />
Erfolg.<br />
„Es gibt Anfragen“, sagt Ronja Wockel nach dem Ratsbeschluss,<br />
Ärzte mit einem städtischen Zuschuss nach<br />
Attendorn zu locken. Das sind alles kleine Puzzlestücke.<br />
Noch gibt es zahlreiche Allgemeinmediziner, Fachärzte,<br />
Zahnärzte und Apotheken in der Hansestadt. Laut Kassenärztlicher<br />
Vereinigung Westfalen-Lippe ist Attendorn bei<br />
Hausärzten zu 100 Prozent versorgt. Eine Zahl, auf der man<br />
sich aber nicht ausruhen will. Ganz im Gegenteil.<br />
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Schnuppern an<br />
der Technikwelt<br />
Seit <strong>20</strong>17 ist bei der LEWA Attendorn die Schulferienzeit (Ostern<br />
/ Sommer / Herbst) die Zeit der TechnikCamp-Ferienkurse.<br />
In den ersten beiden Ferienwochen finden diese für Schüler der<br />
sechsten bis neunten Klasse statt: das TechnikCamp 1 (6. / 7. Klasse)<br />
als 4-Tageskurs und das TechnikCamp 2 (8. / 9. Klasse) als 3-Tageskurs.<br />
Das TechnikCamp 3 steht Ostern <strong>20</strong><strong>20</strong> in den Startlöchern.<br />
TechnikCamp 1<br />
Eintauchen<br />
in die Welt der<br />
Technik<br />
TechnikCamp 3<br />
Durchstarten<br />
in die Robotik<br />
Wenn in der Schulferienzeit eine des TechnikCamp 1 ist beispielsweise<br />
Traube fidel-quirliger Kinder und Jugendliche<br />
in der Lage, dem Strahl einer Ta-<br />
die Kantine der LEWA Attendorn<br />
schenlampe zu folgen oder selbst-<br />
erobert, reibt sich so mancher ständig seinen Weg auf einer hellen<br />
Beschäftigte verwundert die Augen. Fahrbahn zu finden. Das Technik-<br />
Er oder sie hätte jedoch wissen können,<br />
Camp 2 beschäftigt sich mit dem Bau<br />
was es damit auf sich hat, denn des „B-Robot EVO 2“, einem zwei-<br />
große Monitore in den modernen rädrigen, selbstbalancierenden, Segway-ähnlichen<br />
Räumlichkeiten weisen es aus: es ist<br />
Gefährt, das sich mit<br />
wieder die Zeit der TechnikCamps. einer Smartphone-App steuern lässt.<br />
Statt zu Ferienbeginn den größtmöglichen<br />
Die Karosserieteile hierfür werden<br />
Abstand zu allem einzuneh-<br />
mit dem 3D-Drucker im Ausbil-<br />
men, was im Entferntesten mit Schule,<br />
dungszentrum selbst gedruckt. Im<br />
Lernen oder Ähnlichem zu tun geplanten TechnikCamp 3 wird dann<br />
Erik Simon (Azubi Elektroniker für<br />
Betriebstechnik, 2. Lehrjahr) und hat, scheint es für immer mehr Kinder<br />
innerhalb der Robotik neben dem<br />
und Jugendliche aus der Regi-<br />
„Fahren“ das Thema „Greifen“ eine<br />
on irgendwie interessant zu sein, sich Rolle spielen.<br />
3. Lehrjahr) stehen stellvertretend gleich für ein paar Tage in das große Ausgewählte Azubis betreuen die jungen<br />
für das engagierte Azubi-Team, Ausbildungszentrum der LEWA Attendorn<br />
„Techniker“ bei ihrem Tun und<br />
das während der TechnikCamps<br />
zu begeben, um dort etwas stehen mit Rat und Tat zur Seite.<br />
die Betreuung der Teilnehmerinnen<br />
mitzubekommen, was man vielleicht Auch für diese ist es eine inspirierende<br />
Erfahrung.<br />
und Teilnehmer übernimmt.<br />
etwas zu blumig mit „Technikwelt“<br />
beschreiben könnte.<br />
Wer nach den drei oder vier Tagen<br />
Andreas Sommerhoff, der Leiter des einen kleinen Roboter selbst fertiggestellt<br />
hat, wird dann über die aus-<br />
Aus- und Weiterbildungszentrums,<br />
TechnikCamp 2<br />
interpretiert dieses Interesse mit einer<br />
gewachsenen Kaliber in den Ferti-<br />
Abheben<br />
Zustimmung zum spielerisch-<br />
gungsanlagen im Produktionsbetrieb<br />
zu neuen<br />
Kontakt:<br />
technikcamp@lewa-attendorn.com praktischen Konzept der Ferienkurse. der LEWA Attendorn staunen können.<br />
Auch dazu ist während einer<br />
Horizonten<br />
Tel. 0170. 11 90 523 Nicht Wissensvermittlung stehe im<br />
Vordergrund, sondern das angeleitete<br />
Führung beim TechnikCamp Geleten<br />
Ausprobieren der eigenen Fähigkeigenheit.<br />
und die Faszination beim Zusammenbau<br />
Zum Schluss darf jeder „sein“ Fahr-<br />
kleiner Fahrzeuge, die schon zeug mit stolz geschwellter Brust nach<br />
70 so manches können: der „Spürhund“ Hause nehmen.<br />
71<br />
Nicolas Phillip Schrader (Azubi Industrie-<br />
mechaniker: Maschinen- und Anlagenbau,
Wie war´s,<br />
Kai Thomalla?<br />
Begeisterung von allen Seiten für eine prächtig besetzte Sauerland Klassik. Mit diesem knallroten DDR-Barkas<br />
B1000-1 von 1991 ging es für unseren Gewinner Kai Thomalla aus Olpe durch unsere wunderschöne Region.<br />
DER MIT NEUE UNS CORSA ZUVERLÄSSIG<br />
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IN EIN DIE STATEMENT ZUKUNFT<br />
Kraftstoffverbrauch in l/100km: innerorts: 4,9-4,8, außerorts: 3,8 - 3,6; kombiniert: 4,2 - 4,1;<br />
CO2-Emission, kombiniert: 95 – 93 g/km; Effiziensklasse B<br />
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In unserer letzten Ausgabe der<br />
<strong>HEIMATLIEBE</strong> hatten wir ein tolles<br />
Preisausschreiben. Den Gewinner<br />
erwartete eine Mitfahrt bei der renommierten<br />
Oldtimer-Rallye „Sauerland<br />
Klassik“ mit einem formidablen Rundum-sorglos-Paket,<br />
Sterne-Küche und<br />
Shuttle-Service inklusive. Zuschriften<br />
aus der ganzen Region erreichten<br />
uns – auch als Zeichen dafür, wie<br />
sehr unsere Leser die <strong>HEIMATLIEBE</strong><br />
schätzen. Das Losglück fiel auf Kai<br />
Thomalla aus Olpe. Und es traf ihn<br />
mitten ins Herz. Warum, das hat er<br />
uns nach der Rallye erzählt.<br />
„Ich hatte die absolute Luxus-Ausführung“,<br />
strahlt Kai, als wir ihn zu einer<br />
gemütlichen Kaffeestunde treffen. Sein<br />
überhaupt allererstes Auto sei ein<br />
VW-Bulli gewesen, erzählt er. Und er<br />
sei bis heute an diesem Typ hängen<br />
geblieben. Da ist es natürlich kein<br />
Wunder, dass er das Losglück herausforderte,<br />
schließlich war die Mitfahrt<br />
in einem „Bulli" aus der DDR, einem<br />
Barkas B1000-1, versprochen. „Als<br />
ich das las, war für mich klar,<br />
mitzumachen. Aber dass ich gewinne,<br />
habe ich mir nicht träumen lassen.“<br />
Der mit einem VW-Bus vergleichbare<br />
Wartburg Kleintransporter, dessen<br />
Produktion mit der Wende eingestellt<br />
wurde, kam 1961 auf den Markt und<br />
spielte, robust und geräumig wie er<br />
war, eine wichtige Rolle auch als<br />
Krankentransporter, Polizeifahrzeug<br />
und eben Feuerwehrwagen. Für Kai<br />
passte nicht nur der Barkas, sondern,<br />
wie sich herausstellte, auch das Team:<br />
Volkmer und Rita Kruspig aus der<br />
Nähe von München sind weithin<br />
bekannte Sammler von Oldtimern mit<br />
Ost-Bezug, wie eben Wartburg oder<br />
auch Trabant, Melkus und BMW-Modelle,<br />
die in Eisenach gebaut wurden.<br />
Insgesamt 133 Teams mit Teilnehmern<br />
aus Deutschland, aus Europa und<br />
sogar Kanada nahmen an der Rallye<br />
teil und bewegten Fahrzeugschätze aus<br />
unterschiedlichen Epochen an drei<br />
Tagen und in fünf Etappen minutiös<br />
geplant über 670 Kilometer durch das<br />
Sauer- und Siegerland. Alles zu verdanken<br />
Cheforganisator Peter Göbel, der<br />
von einer „in der Tat tollen und sehr<br />
erfolgreichen Rallye“ spricht und einer<br />
„nach 25 Jahren ersten Veranstaltung,<br />
bei der es von keiner Seite Kritik gab.“<br />
Selbst der strömende Regen an dem<br />
Freitag, also dem Kai-Tag, störte niemanden<br />
wirklich. Weil es ganz einfach<br />
Wetter ist. Und weil das, was nass<br />
wird, auch wieder trocknet. Und so<br />
waren alle rundum glücklich, Teilnehmer,<br />
Service- und Orga-Mannschaften.<br />
„Es war ein herrlicher entspannter Tag<br />
mit netten Leuten, allerbester Atmosphäre<br />
und guten Gesprächen. Ein<br />
100-prozentiger Volltreffer“, schwärmt<br />
Kai. Dass das Barkas-Team an dem Tag<br />
auch noch den ersten Platz in seiner<br />
Klasse machte, kann als zusätzliches<br />
Bonbon gewertet werden. „Es ist die<br />
Technik und das ursprüngliche Fahren,<br />
gemischt mit einem guten Schuss<br />
Nostalgie, was begeistert“, sagt Kai, der<br />
sich – von Beruf Stadtplaner – seit<br />
jeher für Mobilität interessiert. Da sind<br />
wir von der <strong>HEIMATLIEBE</strong> sehr<br />
froh, sein Herz erobert zu haben.<br />
Birgit Engel [Interview + Foto Kai Thomalla]<br />
Agentur plusrallye [Foto Oldtimer]<br />
72 73
So weit die Füße tragen<br />
Schreibershofer Rom-Wanderer halten Rückschau auf ihre Jubiläumsaktion<br />
84 Tage, 240 Füße, 1.750 Kilometer: Das Projekt „Glaube, Sitte, Blasenpflaster“ der Schreibershofer<br />
St. Laurentius-Schützen war im Sommer in aller Munde. Das gesamte Sauerland verfolgte die große<br />
Aktion, bei der sich die Dorfbewohner zu Fuß aufmachten, um ihre Schützenfahne nach Rom zu<br />
tragen. Zum Jubiläum des 1<strong>20</strong>-jährigen Vereinsbestehens wurde die Standarte im Vatikan schließlich von<br />
Papst Franziskus höchstpersönlich gesegnet. „Das Ganze war ein voller Erfolg. Im Hintergrund war allerdings<br />
an manchen Stellen großes Improvisationstalent gefragt“, verrät Fabian Heuel in der Rückschau.<br />
ROM <strong><strong>20</strong>19</strong><br />
GLAUBE-SITTE-<br />
BLASENPFLASTER<br />
Schützenverein Schreibershof<br />
„So etwas hat es in unserem Dorf noch nicht gegeben“, sagt<br />
Fabian, der gemeinsam mit seinem Bruder Sebastian zu den<br />
Organisatoren zählte. Allein die Vorbereitungen für die Romwanderung<br />
hätten mehr als zwei Jahre gedauert. In Kleingruppen,<br />
aber auch in großer Runde habe man Karten<br />
gewälzt, Routen festgelegt, Herbergen gebucht und Wanderschuhe<br />
eingelaufen. Vor allem Letzteres sollte man natürlich<br />
nicht vernachlässigen, wissen erfahrene Wanderer. Die<br />
Schreibershofer haben sich deshalb immer wieder getroffen,<br />
um bei ausgedehnten Tagestouren Schuhwerk und körperliche<br />
Fitness auf die Probe zu stellen. „Wir wollten nichts dem<br />
Zufall überlassen. Deshalb sind wir schon vorab nach Rom<br />
gewandert. Das liegt nämlich nur 22 Kilometer von Drolshagen<br />
entfernt – zumindest, wenn man das kleine Örtchen bei<br />
Morsbach ansteuert“, sagt der 25-Jährige schmunzelnd. Schon<br />
auf dieser Rom-Wanderung habe der eine oder andere<br />
gemerkt, dass er gut daran täte, noch ein wenig zu trainieren:<br />
„Auf der Wanderung nach Italien standen schließlich 15 bis<br />
30 Kilometer täglich auf dem Plan – und zwar drei Tage lang<br />
in Folge!“. Insgesamt waren 28 Gruppen in einer Stärke von<br />
drei bis zwölf Personen unterwegs; die Altersspanne reichte<br />
1) Die Fahne auf dem Weg zur Zugspitze:<br />
Auch schwierige Strecken scheuten<br />
die Schreibershofer nicht.<br />
2) Die Reise führte die Wanderer vom Team<br />
„Die wilden Böcke“ durch das Ammertal.<br />
3) Spektakuläre Aussichten boten sich den<br />
Sauerländern unter anderem in der italienischen<br />
Region Emilia-Romagna.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
74 75
Der Spaß kam bei der Wanderung nie zu kurz: Viele lustige Bilder und Anekdoten<br />
fanden den Weg in die Sauerländer Heimat.<br />
Das Team der „Lottostrolche“ erreichte den höchsten<br />
Punkt der Wanderung. Der Abstecher auf die Zugspitze<br />
war ursprünglich gar nicht geplant.<br />
von 16 bis 68 Jahren. Manche der Gruppen legten ganze<br />
1.<strong>20</strong>0 Höhenmeter pro Tag zurück – und zwar mitunter komplett<br />
bergab. „Das geht natürlich in die Beine“, betont der<br />
technische Vertriebler.<br />
Rückblickend kann man keinem der Wanderer vorwerfen, er<br />
habe nicht ausreichend trainiert. So entschloss sich etwa eine<br />
der Gruppen spontan dazu, auf ihrer Etappe durch Garmisch<br />
zusätzlich noch einen Abstecher zur Zugspitze zu machen –<br />
natürlich mit der Fahne im Gepäck. Die war während der<br />
gesamten Rom-Wanderung in einem maßgeschneiderten<br />
Rucksack verstaut, der inklusive Fahne ganze zwei Meter<br />
maß und stolze 13 Kilogramm auf die Waage brachte. Die<br />
Wanderer brauchten also nicht nur Ausdauer, sondern auch<br />
Kraft – und nicht zuletzt eine gehörige Portion Fingerspitzengefühl,<br />
denn die Nähte des doppelwandigen, wasserfesten<br />
Rucksacks mussten unterwegs mehrfach nachgenäht werden.<br />
„Auf dem Weg zum Vatikan gab es zwar viele Blasen und<br />
wunde Füße, aber es musste keiner der Wanderer mit einem<br />
,Totalschaden‘ aufgeben“, sagt Sebastian Heuel mit einem<br />
Augenzwinkern. Anders sah es dagegen bei dem nagelneuen<br />
T6-Bus aus, den die Schreibershofer von einem Sponsor erhalten<br />
hatten, um ihre An- und Abreise zu den jeweiligen<br />
Etappenpunkten zu realisieren.<br />
„Mitten in Mailand hatte eine der Wandergruppen auf dem<br />
Weg zu ihrem Etappenziel einen Verkehrsunfall“, erzählt der<br />
28-Jährige. Zum Glück sei niemandem etwas passiert, aber<br />
das Auto sei komplett hinüber gewesen. „Der Unfall ist ausgerechnet<br />
am Tag des Bundesschützenfestes passiert. Fabian und<br />
ich sind deshalb nicht zusammen mit den Schützen im Bus<br />
nach Medebach gefahren, sondern im Privatauto. Wir haben<br />
die ganze Zeit über telefoniert, um den Unfall abzuwickeln.“<br />
Glücklicherweise habe sich der Sponsor direkt bereit erklärt,<br />
ein neues Fahrzeug bereitzustellen. „Bei der Aktion hatten wir<br />
schon ein bisschen Bluthochdruck“, erinnert sich der Maschinenbauingenieur.<br />
Die fünf in Mailand „gestrandeten“ Wanderer<br />
seien schließlich mit einem Leihwagen an ihren Zielort<br />
Bologna gelangt. Das Problem sei damit allerdings erst zur<br />
Hälfte gelöst gewesen: „Das kaputte Auto musste ja auch wieder<br />
zurück in die Heimat!“. Hier sei nicht lang gefackelt worden,<br />
erinnert sich Sebastians Bruder Fabian: Kurzerhand hätten<br />
sich zwei Schreibershofer bereit erklärt, den Bus nach<br />
Hause zu holen. „Die beiden haben sich abends um 19 Uhr<br />
ins Auto gesetzt und waren 28 Stunden später wieder da – mit<br />
dem Bus auf einem Hänger.“ Dieser Einsatz sei exemplarisch<br />
für den großen Zusammenhalt, den die Dorfbewohner bei der<br />
gesamten Wanderung an den Tag gelegt hätten, betont Fabian.<br />
„Insgesamt hat diese Aktion alle Vereine und Dorfbewohner<br />
noch enger zusammengeschweißt!“<br />
Zum Ende der großen Wanderung Mitte September waren<br />
schließlich rund <strong>20</strong>0 Schreibershofer und Einwohner der<br />
umliegenden Nachbarorte in Rom. Sie alle waren per Auto,<br />
Bus oder Flugzeug angereist, um bei der Segnung der Schützenfahne<br />
dabei zu sein. „Damit war mehr als jeder dritte Dorfbewohner<br />
im Vatikan. In Schreibershof waren ganze Straßen<br />
menschenleer“, erinnert sich Fabian. „Wir haben deshalb die<br />
Olper Polizei gebeten, hin und wieder im Dorf nach dem<br />
Rechten zu sehen.“ Ob es am päpstlichen Segen lag oder<br />
nicht: „Auffälliges hat die Polizei auf ihrer Streife jedenfalls<br />
nicht bemerkt“, sagt Fabian schmunzelnd.<br />
Silke Clemens [Text]<br />
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„Heul doch!“<br />
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„God save the Queen“<br />
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Der Vogelschuss<br />
Schwank in drei Akten von Ingrid Flöth<br />
Apotheker Bachmann brüstet sich angetrunken im Schützenverein,<br />
den Vogel zu schießen und somit nächster Schützenkönig zu werden.<br />
Am nächsten Tag tut ihm seine Angeberei leid und er überlegt verzweifelt,<br />
wie er aus der Sache wieder rauskommt. Jäger Blattschuss,<br />
seit vielen Jahren mit dem Apotheker verfeindet, bekommt Wind<br />
von der Sache. Frau Bachmann hat auch so ihre kleinen Geheimnisse.<br />
In regelmäßigen Abständen verschwindet sie für ein paar Tage,<br />
angeblich, um ihre kranke Mutter in Stuttgart zu besuchen. Diese<br />
steht jedoch auf einmal putzmunter in der Apothekerwohnung auf<br />
der Matte. Zu allem befragt Haushälterin Herta ihre Karten und<br />
versucht, ihre Prognosen an den Mann zu bringen. Bevor es zu einer<br />
erträglichen Lösung für alle kommt, geht es ganz schön drunter und<br />
drüber in der Apothekerwohnung.<br />
Außer Rand<br />
und Band<br />
Herbert Knebels Affentheater präsentiert mit „Außer Rand und<br />
Band“ das 100. Bühnenprogramm! Kein Grund zum Feiern. Denn<br />
strenggenommen ist es erst das 15. Alle anderen – in Zahlen: 85 –<br />
sind der kritischen Selbstzensur zum Opfer gefallen. Immer wieder<br />
hieß es kurz vor der Premiere: „Och nee, dat könn wir nich bringen!“<br />
Zu lang, zu laut, zu krass, zu rund, zu lustig, zu gefährlich! Um nur<br />
einige Kritikpunkte zu nennen.<br />
Aber mit „Außer Rand und Band“ hat es endlich mal wieder ein Programm<br />
auf die Bühne geschafft! Ein Affentheater-Programm, das es<br />
in sich hat. Wieder mal setzen wir auf die altbewährte Mischung aus<br />
Musik, egal ob von Bee Gees, Pink Floyd, The Clash, The Who,<br />
Creedence Clearwater Revival, Roy Orbinson, David Bowie und<br />
hasse nich gehört, herrlich blöde Ensemble-Nummern und natürlich,<br />
nicht zuletzt, die schönen Knebel-Geschichten. Viele werden vielleicht<br />
sagen: Och dat is ja so wie immer. Können wir nur sagen:<br />
stimmt! Weil: Tanztheater und Performance können wir nicht,<br />
obwohl, … kommt doch einfach gucken.<br />
Eines lässt sich dazu jetzt schon sagen: Es ist auf jeden Fall nicht zu<br />
lang! Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten, und 100 Programme<br />
haben ihre Spuren hinterlassen. Aber das hält uns nicht davon ab, auf<br />
© Theatergruppe Helden<br />
der Bühne außer Rand und Band zu sein, wenn auch nur für einen<br />
kurzen Moment.<br />
Wir sehen uns!<br />
80 81
Aus Liebe<br />
zur Heimat<br />
geben wir<br />
alles!<br />
Impressum<br />
Redaktionsanschrift: „Heimatliebe“-Magazin<br />
Frey Print + Media GmbH & Co. KG<br />
Bieketurmstr. 2, 57439 Attendorn<br />
Telefon: 02722/9265-0<br />
heimatliebe@freymedia.de<br />
Herausgeber:<br />
Frey Print + Media GmbH & Co. KG<br />
Bieketurmstr. 2, Attendorn<br />
Layout:<br />
Michaela Kozik<br />
Markus Frey<br />
Attendorn . Olpe . Drolshagen . Wenden<br />
Korrektorat:<br />
Dr. Bernd Knappmann<br />
Gisbert Scheffer<br />
Arnsberg . Sundern<br />
Olaf Fritsche<br />
Willingen . Korbach . Frankenberg .<br />
Bad Arolsen / Wuppertal<br />
Druck:<br />
Titelfoto:<br />
Frey Print + Media GmbH & Co. KG<br />
Birgit Engel<br />
Bildoptimierung:<br />
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Carlo Breidenbach<br />
Kirchhundem . Lennestadt . Finnentrop<br />
Lennert Krüger<br />
<strong>Winter</strong>berg . Hallenberg . Medebach<br />
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<strong>Winter</strong>berg . Hallenberg . Medebach<br />
Redaktion/Fotografie:<br />
Björn Bernhardt, Silke Clemens, Martin Droste, Birgit Engel, fotolia,<br />
freepik, shutterstock, Adobe Stock sowie Fotonachweise am Bild<br />
Auflage: 7.500<br />
Die nächste Ausgabe erscheint im April <strong>20</strong><strong>20</strong>.<br />
Magazine erscheinen<br />
in diesen Regionen<br />
Arnsberg . Sundern<br />
Attendorn . Olpe . Drolshagen . Wenden<br />
Kirchhundem . Lennestadt . Finnentrop<br />
<strong>Winter</strong>berg . Hallenberg . Medebach<br />
Waldeck . Frankenberg<br />
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Menden<br />
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Eslohe<br />
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Lüdenscheid Plettenberg<br />
Finnentrop<br />
Herscheid<br />
Schmallenberg<br />
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Olpe<br />
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Medebach<br />
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<strong>Winter</strong>berg<br />
Frankenberg<br />
Hallenberg<br />
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Drolshagen<br />
Wenden<br />
Heimatliebe beschreibt das Lebensgefühl<br />
einer ganzen Region. Es vereint<br />
das Dorf, die Stadt, zeigt Menschen,<br />
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* Im Rahmen eines Benutzertests des TÜV Rheinland wurde das<br />
Gleitsichtglas Impression ® Road 2 auf die Aspekte Eingewöhnungszeit, Sehbereich,<br />
Blendungen, Kontraste, Farbwiedergabe und Reinigung getestet.<br />
Attendorn | Kölner Straße 19<br />
Telefon: 02722 4342<br />
Montag bis Freitag 9.00 -13.00 Uhr<br />
und 14.00-18.00 Uhr | Samstag 9.00-13.00 Uhr<br />
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