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ZAP-2020-01

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Verfassungsrecht/Verwaltungsrecht Fach 19, Seite 959<br />

Rechtsschutz im Kommunalabgabenrecht<br />

Praxishinweis:<br />

Einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO ist aufgrund des prozessualen Vorrangs der §§ 80 und<br />

80a VwGO in den von diesen Vorschriften erfassten Fällen, in denen in der Hauptsache um Rechtsschutz<br />

gegen einen belastenden Verwaltungsakt in Form der Anfechtungsklage ersucht wird (beispielsweise<br />

gegen einen Haftungsbescheid), ausgeschlossen (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 28.12.2<strong>01</strong>2 – 5 L 1444/12).<br />

Gericht der Hauptsache ist das Gericht, bei dem die Anfechtungsklage anhängig ist bzw. zu erheben<br />

wäre. Eine Aussetzung bei einer Verpflichtungsklage bzw. einem Verpflichtungswiderspruch kommt<br />

nicht in Betracht.<br />

a) Antrag<br />

Die Antragstellung ist in den meisten Fällen unproblematisch und sollte in Anlehnung an den<br />

Gesetzeswortlaut erfolgen. Zudem ist das Gericht an die Fassung eines Antrags nicht gebunden und<br />

kann diesen umdeuten, weil es zu einer umfassenden Prüfung des Rechtsschutzgesuches unter allen<br />

denkbaren Kriterien verpflichtet ist (vgl. MANN/WAHRENDORF, Verwaltungsprozessrecht, 4. Aufl. 2<strong>01</strong>5,<br />

Rn 407 m.w.N.). Antragsbefugt ist derjenige, bei dem die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte<br />

nicht auszuschließen ist. Die Antragsfrist endet bei Unanfechtbarkeit des Ausgangsverwaltungsakts;<br />

dann und bei einer Erledigung fällt das Rechtsschutzinteresse weg.<br />

Sofern eine Behörde irrtümlich davon ausgeht, dass einem Rechtsmittel gegen einen vor ihr erlassenen<br />

belastenden Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung zukommt, kann wirksamer vorläufiger<br />

Rechtsschutz nur in der Weise gewährleistet werden, dass der auf Wiederherstellung bzw. Anordnung<br />

der aufschiebenden Wirkung gestellte Antrag analog § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO in einen Antrag auf<br />

Feststellung der aufschiebenden Wirkung umgedeutet wird. Für einen solchen Antrag besteht auch ein<br />

rechtlich schützenswertes Interesse, weil ohne die begehrte Feststellung ein rechtswidriger faktischer<br />

Vollzug droht (VG Arnsberg, Beschl. v. 17.7.2<strong>01</strong>2 – 11 L 431/12).<br />

Praxishinweis:<br />

Der Vollzug oder die freiwillige Erfüllung der sich aus einem Bescheid ergebenden Forderung stellt keine<br />

Erledigung dar, vgl. auch § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO.<br />

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Antrag bereits vor Klageerhebung zulässig ist; teilweise<br />

umstritten ist, ob dies auch für eine Widerspruchseinlegung gilt. Solange die Widerspruchsfrist noch<br />

nicht abgelaufen ist, wäre es aber reine Förmelei, auf der Einlegung als Zulässigkeitsvoraussetzung zu<br />

bestehen. Eine unterschiedliche Behandlung von Anfechtungsklage und Anfechtungswiderspruch lässt<br />

sich nur schwer begründen.<br />

b) Prüfungsumfang<br />

Der Prüfungsmaßstab für eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist gesetzlich nicht geregelt. Die<br />

Gerichte haben damit einen großen Entscheidungsspielraum und gehen nach dem sog. modellakzessorischen/interessenbewertenden<br />

Maßstab vor (QUAAS, a.a.O., Rn 252 m.w.N.).<br />

Analog zu der behördlichen Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO (s.o. IV.2) sind<br />

zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Bei ernstlichen<br />

Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes überwiegt i.d.R. das Aussetzungsinteresse das<br />

Vollzugsinteresse.<br />

Bei offenen Erfolgsaussichten wird eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorgenommen. Die<br />

Gerichte haben insoweit ein weites Ermessen. Bei der Interessenabwägung ist der grundsätzliche<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong> 61

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