ZAP-2020-01
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Fach 19, Seite 958<br />
Verfassungsrecht/Verwaltungsrecht<br />
Rechtsschutz im Kommunalabgabenrecht<br />
Misserfolg in der Hauptsache muss für eine Vollziehungsaussetzung ausreichen. Andernfalls wäre die<br />
Behörde gegenüber dem Bürger automatisch immer ein bisschen mehr im Recht. Gerade die 50 zu<br />
50-Fälle erweisen sich bei näherer Prüfung in der Hauptsache oft als für den Bürger erfolgreich.<br />
b) Unbillige Härte für den Betroffenen<br />
Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen Nachteile entstehen, die über die eigentliche<br />
Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden können (h.M., vgl.<br />
KELLER in MEYER-LADEWIG/KELLER/LEITHERER, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2<strong>01</strong>7, § 86a Rn 27b). Noch<br />
keine unbillige Härte liegt bei ernsthaften Liquiditätsproblemen vor, da die Beitragslast jeden<br />
Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Einkommens- und Vermögenslage trifft. Ob allein eine<br />
drohende Insolvenz ohne Weiteres zur Annahme einer unbilligen Härte führt, wird in der Rechtsprechung<br />
unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung kommt schwierigen Vermögensverhältnissen<br />
des Beitragspflichtigen eine ausschlaggebende Relevanz im Eilverfahren regelmäßig nur dann zu,<br />
wenn dieser substantiiert darlegt und glaubhaft macht, dass es sich um einen nur vorübergehenden<br />
finanziellen Engpass bei grds. ausreichender Ertragssituation handelt, der bereits mit Zahlungserleichterungen<br />
– etwa in Form von Ratenzahlungen – erfolgreich und nachhaltig behoben werden<br />
kann (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 20.12.2<strong>01</strong>8 – L 12 BA 23/18 B ER, Rn 40, juris). Eine<br />
unbillige Härte wird weiter angenommen, wenn das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/<br />
oder die Zerschlagung eines Geschäftsbetriebs zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei<br />
einem Abwarten der Hauptsache aber nicht weiter gefährdet wäre (vgl. LSG Sachsen, Beschl. v. 12.2.2<strong>01</strong>8<br />
– L 9 KR 496/17 B ER, Rn 149, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.9.2<strong>01</strong>6 – L 8 R 221/14 B ER,<br />
Rn 13, juris). Das LSG Bayern hat bereits entschieden, dass von einer unbilligen Härte regelmäßig<br />
auszugehen ist, wenn schlüssig belegt ist, dass dem Betroffenen durch die sofortige Zahlung der<br />
Beitragsnachforderung Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz droht oder seine Existenz gefährdet wird<br />
(vgl. Bayerisches LSG, Beschl. v. 29.7.2<strong>01</strong>4 – L 16 R 198/14 B ER; LSG Bayern, Beschl. v. 11.3.2<strong>01</strong>9 –L 16BA<br />
174/18 B ER).<br />
Beispiel:<br />
Allein der Hinweis auf ein negatives Betriebsergebnis besagt nicht, dass von der Vollziehung einer Abgabe<br />
wegen einer unbilligen Härte abzusehen ist.<br />
§ 80 Abs. 4 S. 3 VwGO ist eine Sollvorschrift und gewährt der Verwaltung nur ein gebundenes<br />
Ermessen. Das Ermessen ist dahingehend reduziert, dass die Aussetzung bei Vorliegen der Voraussetzungen<br />
im Regelfall erfolgen muss und nur in besonders gelagerten Fällen versagt werden darf. Die<br />
Regelung ist auf andere Fälle weder direkt noch analog anwendbar.<br />
Ordnet die Behörde bei einer Anforderung von öffentlichen Abgaben oder Kosten die Aussetzung an,<br />
kann sie dies von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Die Sicherheitsleistung kann durch<br />
Bankbürgschaft erfolgen. Die Höhe der Sicherheitsleistung wird durch die Forderungshöhe bestimmt<br />
(vgl. REDEKER/VON OERTZEN, a.a.O., § 80 Rn 37a).<br />
Praxishinweis:<br />
Ein eigener Rechtsbehelf gegen die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist nicht gegeben. Dem Betroffenen<br />
steht lediglich das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zur Verfügung.<br />
3. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO<br />
Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und<br />
Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag<br />
ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der<br />
Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die<br />
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von<br />
anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden, § 80 Abs. 5 VwGO.<br />
60 <strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong>