ZAP-2020-01
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>ZAP</strong><br />
Anwaltsmagazin<br />
Noch kurz zuvor hatten sich Vertreter der Wirtschaft<br />
und der beratenden Berufe massiv gegen<br />
das Vorhaben ausgesprochen. Die Meldepflicht<br />
führe nur zu zusätzlichem administrativen Aufwand<br />
und einer steigenden Anzahl von Meldungen,<br />
„und sie wahrt die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht<br />
von Berufsgeheimnisträger allenfalls<br />
formal, aber nicht materiell“, so Bundessteuerberaterkammer,<br />
Wirtschaftsprüferkammer und Bundesrechtsanwaltskammer<br />
gemeinsam in einer<br />
öffentlichen Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses<br />
Anfang November. Es werde eine<br />
regelrechte „Meldeflut“ erwartet, meinte etwa die<br />
Bundessteuerberaterkammer. Und der Deutsche<br />
Steuerberaterverband befürchtet, dass Steuerpflichtigen<br />
und ihren Beratern durch die Ausgestaltung<br />
der EU-Richtlinie ein massiver zusätzlicher<br />
Bürokratieaufwand entstehen wird.<br />
Die genannten Berufsverbände gehen davon aus,<br />
dass nicht nur aggressive Steuergestaltungen,<br />
sondern in erster Linie alltägliche Vorgänge<br />
gemeldet werden müssen, unabhängig davon,<br />
dass sie der Finanzverwaltung ohnehin bereits<br />
bekannt seien. Um einen Aufbau von unnötigen<br />
„Datenfriedhöfen“ vorzubeugen, empfahlen sie<br />
eine Rückführung der Meldepflicht auf tatsächlich<br />
aggressive Gestaltungen.<br />
Genauso skeptisch äußerten sich acht Spitzenverbände<br />
der deutschen Wirtschaft in einer<br />
gemeinsamen Stellungnahme. Sie wiesen darauf<br />
hin, dass eine Nichtmeldung als Ordnungswidrigkeit<br />
geahndet werden solle. Daher sei anzunehmen,<br />
dass Intermediäre, Nutzer von Steuergestaltungen<br />
und vor allem auch Unternehmen<br />
ohne jede steuerliche Gestaltungsabsicht im<br />
Zweifel vielfach auch alltägliche steuerliche Sachverhalte<br />
melden würden, um einer Geldbuße von<br />
vornherein aus dem Weg zu gehen. „Eine überbordende<br />
Meldeflut von steuerlichen Sachverhalten<br />
kann weder im Interesse der meldepflichtigen Unternehmen<br />
noch im Interesse der Finanzverwaltung sein“,<br />
argumentierten die Wirtschaftsverbände.<br />
[Quelle: Bundestag]<br />
Restschuldbefreiung künftig nach<br />
drei Jahren<br />
Zum Thema Überschuldung hat sich Anfang November<br />
auch die Bundesregierung zu Wort gemeldet.<br />
Bundesjustizministerin CHRISTINE LAMBRECHT verkündete<br />
am 7. November auf dem diesjährigen<br />
Deutschen Insolvenzverwalterkongress, dass die<br />
Bundesregierung die Verkürzung des regulären<br />
Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs<br />
auf drei Jahre plant und damit eine zügige Umsetzung<br />
europäischer Vorgaben vornehmen will.<br />
Diese finden sich in der Richtlinie (EU) 2<strong>01</strong>9/1023<br />
v. 20.6.2<strong>01</strong>9 über Restrukturierung und Insolvenz,<br />
die vorschreibt, dass unternehmerisch tätige<br />
Personen Zugang zu einem Verfahren haben<br />
müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb<br />
von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist<br />
von den Mitgliedstaaten bis zum 17.7.2021 umzusetzen;<br />
die Umsetzungsfrist kann aber einmalig<br />
um ein Jahr verlängert werden.<br />
Den Anforderungen der Richtlinie genügt das<br />
geltende deutsche Recht nicht, obwohl hierzulande<br />
Schuldner auch bereits jetzt eine Restschuldbefreiung<br />
nach drei Jahren erlangen können.<br />
Allerdings setzt dies voraus, dass bis zum<br />
Ende des Verfahrens nicht nur die Verfahrenskosten,<br />
sondern auch 35 % der Insolvenzforderungen<br />
gedeckt werden. Eine vom Bundesministerium<br />
der Justiz und für Verbraucherschutz<br />
(BMJV) durchgeführte Evaluation dieser Regelung<br />
im Jahr 2<strong>01</strong>8 hatte gezeigt, dass dieses<br />
Mindestbefriedigungserfordernis von nicht einmal<br />
2 % der Schuldner erfüllt werden kann. Künftig<br />
soll daher eine Restschuldbefreiung nach drei<br />
Jahren auch dann möglich sein, wenn es nicht<br />
gelingt, die bisherige Mindestbefriedigungsquote<br />
zu erzielen. Ebenso wenig soll es erforderlich sein,<br />
dass die Verfahrenskosten gedeckt sind. In den<br />
Fällen der Verfahrenskostenstundung soll der<br />
Schuldner oder die Schuldnerin aber weiterhin<br />
einer vierjährigen Nachhaftung unterliegen.<br />
Um einen geordneten Übergang vom geltenden<br />
Recht zum künftigen Recht sicherzustellen, insb.<br />
um zu verhindern, dass Schuldnerinnen und<br />
Schuldner bis zum Inkrafttreten des neuen<br />
Rechts systematisch dazu übergehen, die Einleitung<br />
des Verfahrens zu verzögern, um sich in<br />
den Genuss einer substanziell kürzeren Frist zu<br />
bringen, soll die dreijährige Frist allmählich und<br />
kontinuierlich eingeführt werden.<br />
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat die Ankündigung<br />
bereits begrüßt. Die Bundesregierung<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong> 3