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ZAP-2020-01

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<strong>ZAP</strong><br />

Anwaltsmagazin<br />

Noch kurz zuvor hatten sich Vertreter der Wirtschaft<br />

und der beratenden Berufe massiv gegen<br />

das Vorhaben ausgesprochen. Die Meldepflicht<br />

führe nur zu zusätzlichem administrativen Aufwand<br />

und einer steigenden Anzahl von Meldungen,<br />

„und sie wahrt die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht<br />

von Berufsgeheimnisträger allenfalls<br />

formal, aber nicht materiell“, so Bundessteuerberaterkammer,<br />

Wirtschaftsprüferkammer und Bundesrechtsanwaltskammer<br />

gemeinsam in einer<br />

öffentlichen Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses<br />

Anfang November. Es werde eine<br />

regelrechte „Meldeflut“ erwartet, meinte etwa die<br />

Bundessteuerberaterkammer. Und der Deutsche<br />

Steuerberaterverband befürchtet, dass Steuerpflichtigen<br />

und ihren Beratern durch die Ausgestaltung<br />

der EU-Richtlinie ein massiver zusätzlicher<br />

Bürokratieaufwand entstehen wird.<br />

Die genannten Berufsverbände gehen davon aus,<br />

dass nicht nur aggressive Steuergestaltungen,<br />

sondern in erster Linie alltägliche Vorgänge<br />

gemeldet werden müssen, unabhängig davon,<br />

dass sie der Finanzverwaltung ohnehin bereits<br />

bekannt seien. Um einen Aufbau von unnötigen<br />

„Datenfriedhöfen“ vorzubeugen, empfahlen sie<br />

eine Rückführung der Meldepflicht auf tatsächlich<br />

aggressive Gestaltungen.<br />

Genauso skeptisch äußerten sich acht Spitzenverbände<br />

der deutschen Wirtschaft in einer<br />

gemeinsamen Stellungnahme. Sie wiesen darauf<br />

hin, dass eine Nichtmeldung als Ordnungswidrigkeit<br />

geahndet werden solle. Daher sei anzunehmen,<br />

dass Intermediäre, Nutzer von Steuergestaltungen<br />

und vor allem auch Unternehmen<br />

ohne jede steuerliche Gestaltungsabsicht im<br />

Zweifel vielfach auch alltägliche steuerliche Sachverhalte<br />

melden würden, um einer Geldbuße von<br />

vornherein aus dem Weg zu gehen. „Eine überbordende<br />

Meldeflut von steuerlichen Sachverhalten<br />

kann weder im Interesse der meldepflichtigen Unternehmen<br />

noch im Interesse der Finanzverwaltung sein“,<br />

argumentierten die Wirtschaftsverbände.<br />

[Quelle: Bundestag]<br />

Restschuldbefreiung künftig nach<br />

drei Jahren<br />

Zum Thema Überschuldung hat sich Anfang November<br />

auch die Bundesregierung zu Wort gemeldet.<br />

Bundesjustizministerin CHRISTINE LAMBRECHT verkündete<br />

am 7. November auf dem diesjährigen<br />

Deutschen Insolvenzverwalterkongress, dass die<br />

Bundesregierung die Verkürzung des regulären<br />

Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs<br />

auf drei Jahre plant und damit eine zügige Umsetzung<br />

europäischer Vorgaben vornehmen will.<br />

Diese finden sich in der Richtlinie (EU) 2<strong>01</strong>9/1023<br />

v. 20.6.2<strong>01</strong>9 über Restrukturierung und Insolvenz,<br />

die vorschreibt, dass unternehmerisch tätige<br />

Personen Zugang zu einem Verfahren haben<br />

müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb<br />

von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist<br />

von den Mitgliedstaaten bis zum 17.7.2021 umzusetzen;<br />

die Umsetzungsfrist kann aber einmalig<br />

um ein Jahr verlängert werden.<br />

Den Anforderungen der Richtlinie genügt das<br />

geltende deutsche Recht nicht, obwohl hierzulande<br />

Schuldner auch bereits jetzt eine Restschuldbefreiung<br />

nach drei Jahren erlangen können.<br />

Allerdings setzt dies voraus, dass bis zum<br />

Ende des Verfahrens nicht nur die Verfahrenskosten,<br />

sondern auch 35 % der Insolvenzforderungen<br />

gedeckt werden. Eine vom Bundesministerium<br />

der Justiz und für Verbraucherschutz<br />

(BMJV) durchgeführte Evaluation dieser Regelung<br />

im Jahr 2<strong>01</strong>8 hatte gezeigt, dass dieses<br />

Mindestbefriedigungserfordernis von nicht einmal<br />

2 % der Schuldner erfüllt werden kann. Künftig<br />

soll daher eine Restschuldbefreiung nach drei<br />

Jahren auch dann möglich sein, wenn es nicht<br />

gelingt, die bisherige Mindestbefriedigungsquote<br />

zu erzielen. Ebenso wenig soll es erforderlich sein,<br />

dass die Verfahrenskosten gedeckt sind. In den<br />

Fällen der Verfahrenskostenstundung soll der<br />

Schuldner oder die Schuldnerin aber weiterhin<br />

einer vierjährigen Nachhaftung unterliegen.<br />

Um einen geordneten Übergang vom geltenden<br />

Recht zum künftigen Recht sicherzustellen, insb.<br />

um zu verhindern, dass Schuldnerinnen und<br />

Schuldner bis zum Inkrafttreten des neuen<br />

Rechts systematisch dazu übergehen, die Einleitung<br />

des Verfahrens zu verzögern, um sich in<br />

den Genuss einer substanziell kürzeren Frist zu<br />

bringen, soll die dreijährige Frist allmählich und<br />

kontinuierlich eingeführt werden.<br />

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat die Ankündigung<br />

bereits begrüßt. Die Bundesregierung<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong> 3

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