ZAP-2020-01
Fach 7, Seite 562 Rechtsmittelbeschwer Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht 12. (Ideelles) Interesse an ordnungsmäßiger Verwaltung Für das Rechtsschutzbedürfnis der Anfechtungsklage genügt zwar grds. das Interesse eines Wohnungseigentümers, eine ordnungsmäßige Verwaltung zu erreichen (BGH, Beschl. v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, juris Rn 11 = BGHZ 156, 19, 22), für die Beschwer (hier: bezüglich der Anfechtung einer Jahresabrechnung) ist jedoch ein solches ideelles Interesse nicht hinzuzurechnen (BGH, Beschl. v. 15.5.2012 – V ZB 282/11, juris Rn 7). Beispielsweise ist bei der Bemessung der Beschwer die von dem Kläger im Zuge der Durchführung von Trittschallmessungen befürchtete Beeinträchtigung seines Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Art. 13 Abs. 1 GG und seines Sondereigentums durch Bauteilöffnungen jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Kläger nicht darlegt, wie seine Beeinträchtigung zu bemessen ist oder aufgrund welcher tatsächlichen Anknüpfungspunkte sie geschätzt werden könnte (BGH, Beschl. v. 11.6.2015 – V ZB 78/14, juris Rn 9). Nur wenn es, wie bei der Verwalter- oder Beiratsentlastung oder optischen Beeinträchtigungen (dazu jeweils oben), völlig an einem wirtschaftlichen Interesse fehlt, ist das ideelle Interesse zu schätzen. V. Fazit Praxistipp: • Hat die Klage in einer Wohnungseigentumssache keinen bezifferten Klagantrag, so ist seitens des Klägers genau zu prüfen und darzulegen, welches Interesse er verfolgt. • Dieses ist allein schon im Hinblick auf § 49a GKG anzugeben. Im Hinblick auf diese Vorschrift muss sich der Kläger überdies auch zum Interesse des Beklagten äußern, sonst kann der Streitwert nicht festgesetzt werden. • Bei Beschlussanfechtungen hat dies alles im Hinblick auf § 46 Abs. 1 S. 2 WEG spätestens in der Klagebegründung zu erfolgen. • Fehlen solche Angaben und muss das Gericht diese erst durch eine Rückfrage beim Kläger ermitteln, riskiert der Kläger, dass seine Klage – ihm zurechenbar – nicht „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO zugestellt wird. Stellt sich der Beschluss im Laufe des Verfahrens als nur anfechtbar heraus, war die Mühe umsonst, denn der nicht rechtzeitig angefochtene und nicht nichtige Beschluss bleibt gültig (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG) und die Beschlussanfechtungsklage ist abzuweisen. • Der Beklagte sollte im Hinblick auf sein mögliches Unterliegen ebenfalls sein Interesse darlegen und ggf. den entsprechenden Angaben des Klägers entgegentreten. Der Beklagte, der in erster Instanz unterliegt, hat hierzu eine letzte Möglichkeit in der Berufungsinstanz. Die Darlegung seines Interesses muss schon in der Berufungsbegründung erfolgen, um nicht zu riskieren, mit entsprechendem Vortrag präkludiert zu sein. Im Übrigen ist die Beschwer für die Berufung schon im Hinblick auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO darzulegen und nach § 511 Abs. 3 ZPO glaubhaft zu machen, es sei denn, das Amtsgericht hat die Berufung zugelassen. Die Instanzgerichte sind gehalten, die Parteien ggf. aufzufordern, entsprechenden Vortrag zu halten. Geschieht dies nicht, ist dies zwar verfahrensfehlerhaft, reicht allerdings wohl trotzdem nicht aus, der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Erfolg zu verhelfen. Praxistipp: Bei der Beschwer eines einzelnen (oder mehrerer) Eigentümers ist stets zu beachten, dass es für ihn (bzw. sie) bei der Belastung mit Kosten in aller Regel um den/die von ihm (bzw. ihnen) zu tragenden Anteil(e) geht, was nicht mit dem insgesamt entstandenen Betrag der Kosten einer Maßnahme oder eines Schadens gleichgesetzt werden darf. Sollte das Interesse der das Rechtsmittel beabsichtigenden Partei nicht auf mehr als 20.000 € zu bemessen sein, ist die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH nicht statthaft und es hat auch wenig Sinn, zu versuchen, einen dort in der Instanz nicht gehaltenen Vortrag erstmals anzubringen (s. hierzu ausführlich den BRÄNDLE, ZAP 2019, 753 = F. 13, S. 2247, unter III.1.). 42 ZAP Nr. 1 6.1.2020
Familienrecht Fach 11, Seite 1549 Basiswissen Unterhaltsrecht Familienrecht Unterhaltsrecht Basiswissen 1: Was der anwaltliche Berufsanfänger vom Unterhaltsrecht wissen muss – materielles Recht Von Dr. WOLFRAM VIEFHUES, Weitere Aufsicht führender RiAG a.D., Gelsenkirchen Inhalt I. Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs II. Die gesetzlichen Unterhaltsansprüche 1. Unterhalt des minderjährigen Kindes 2. Unterhalt des volljährigen Kindes 3. Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) 4. Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) 5. Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) 6. Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB) 7. Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1 BGB) 8. Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) 9. Anspruch bei Wegfall einer Erwerbstätigkeit (§ 1573 Abs. 4 BGB) 10. Unterhalt wegen Ausbildung (§ 1575 BGB) 11. Billigkeitsunterhalt (§ 1576 BGB) 12. Vorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 2 und 3 BGB) III. Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens 1. Anzurechnendes tatsächliches Einkommen 2. Erzielbares (hypothetisches/fiktives) Einkommen 3. Abzugspositionen bei der Einkommensberechnung 4. Besonderheit: Schuldenbelastungen IV. Einschränkung des Ehegattenunterhalts nach § 1579 BGB V. Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts (§ 1578b BGB) 1. Ehebedingter Nachteil 2. Nacheheliche Solidarität 3. Rechtsfolgen 4. Verfahrensfragen I. Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs sind auf Seiten des Unterhaltsberechtigten: • ein Unterhaltsanspruch, • der fällig ist, • der nicht verwirkt ist und dem keine Ausübungshindernisse entgegenstehen; • ein unterhaltsrechtlich anerkannter Bedarf (vereinfachend: was dem Berechtigten unterhaltsrechtlich zusteht), • der nicht selbst durch eigene finanzielle Mittel gedeckt werden kann (sog. Bedürftigkeit) (vereinfachend: was der Berechtigte – noch – braucht). ZAP Nr. 1 6.1.2020 43
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Fach 7, Seite 562<br />
Rechtsmittelbeschwer<br />
Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />
12. (Ideelles) Interesse an ordnungsmäßiger Verwaltung<br />
Für das Rechtsschutzbedürfnis der Anfechtungsklage genügt zwar grds. das Interesse eines Wohnungseigentümers,<br />
eine ordnungsmäßige Verwaltung zu erreichen (BGH, Beschl. v. 17.7.2003 – V ZB 11/03,<br />
juris Rn 11 = BGHZ 156, 19, 22), für die Beschwer (hier: bezüglich der Anfechtung einer Jahresabrechnung)<br />
ist jedoch ein solches ideelles Interesse nicht hinzuzurechnen (BGH, Beschl. v. 15.5.2<strong>01</strong>2 – V ZB 282/11,<br />
juris Rn 7). Beispielsweise ist bei der Bemessung der Beschwer die von dem Kläger im Zuge der Durchführung<br />
von Trittschallmessungen befürchtete Beeinträchtigung seines Rechts auf Unverletzlichkeit der<br />
Wohnung gem. Art. 13 Abs. 1 GG und seines Sondereigentums durch Bauteilöffnungen jedenfalls dann<br />
nicht zu berücksichtigen, wenn der Kläger nicht darlegt, wie seine Beeinträchtigung zu bemessen ist<br />
oder aufgrund welcher tatsächlichen Anknüpfungspunkte sie geschätzt werden könnte (BGH, Beschl.<br />
v. 11.6.2<strong>01</strong>5 – V ZB 78/14, juris Rn 9). Nur wenn es, wie bei der Verwalter- oder Beiratsentlastung oder<br />
optischen Beeinträchtigungen (dazu jeweils oben), völlig an einem wirtschaftlichen Interesse fehlt, ist das<br />
ideelle Interesse zu schätzen.<br />
V. Fazit<br />
Praxistipp:<br />
• Hat die Klage in einer Wohnungseigentumssache keinen bezifferten Klagantrag, so ist seitens des<br />
Klägers genau zu prüfen und darzulegen, welches Interesse er verfolgt.<br />
• Dieses ist allein schon im Hinblick auf § 49a GKG anzugeben. Im Hinblick auf diese Vorschrift muss sich der<br />
Kläger überdies auch zum Interesse des Beklagten äußern, sonst kann der Streitwert nicht festgesetzt<br />
werden.<br />
• Bei Beschlussanfechtungen hat dies alles im Hinblick auf § 46 Abs. 1 S. 2 WEG spätestens in der<br />
Klagebegründung zu erfolgen.<br />
• Fehlen solche Angaben und muss das Gericht diese erst durch eine Rückfrage beim Kläger ermitteln,<br />
riskiert der Kläger, dass seine Klage – ihm zurechenbar – nicht „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO zugestellt<br />
wird. Stellt sich der Beschluss im Laufe des Verfahrens als nur anfechtbar heraus, war die Mühe umsonst,<br />
denn der nicht rechtzeitig angefochtene und nicht nichtige Beschluss bleibt gültig (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG)<br />
und die Beschlussanfechtungsklage ist abzuweisen.<br />
• Der Beklagte sollte im Hinblick auf sein mögliches Unterliegen ebenfalls sein Interesse darlegen und<br />
ggf. den entsprechenden Angaben des Klägers entgegentreten.<br />
Der Beklagte, der in erster Instanz unterliegt, hat hierzu eine letzte Möglichkeit in der Berufungsinstanz.<br />
Die Darlegung seines Interesses muss schon in der Berufungsbegründung erfolgen, um nicht zu<br />
riskieren, mit entsprechendem Vortrag präkludiert zu sein.<br />
Im Übrigen ist die Beschwer für die Berufung schon im Hinblick auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO darzulegen und<br />
nach § 511 Abs. 3 ZPO glaubhaft zu machen, es sei denn, das Amtsgericht hat die Berufung zugelassen.<br />
Die Instanzgerichte sind gehalten, die Parteien ggf. aufzufordern, entsprechenden Vortrag zu halten.<br />
Geschieht dies nicht, ist dies zwar verfahrensfehlerhaft, reicht allerdings wohl trotzdem nicht aus, der<br />
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Erfolg zu verhelfen.<br />
Praxistipp:<br />
Bei der Beschwer eines einzelnen (oder mehrerer) Eigentümers ist stets zu beachten, dass es für ihn<br />
(bzw. sie) bei der Belastung mit Kosten in aller Regel um den/die von ihm (bzw. ihnen) zu tragenden<br />
Anteil(e) geht, was nicht mit dem insgesamt entstandenen Betrag der Kosten einer Maßnahme oder eines<br />
Schadens gleichgesetzt werden darf.<br />
Sollte das Interesse der das Rechtsmittel beabsichtigenden Partei nicht auf mehr als 20.000 € zu<br />
bemessen sein, ist die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH nicht statthaft und es hat auch wenig Sinn,<br />
zu versuchen, einen dort in der Instanz nicht gehaltenen Vortrag erstmals anzubringen (s. hierzu<br />
ausführlich den BRÄNDLE, <strong>ZAP</strong> 2<strong>01</strong>9, 753 = F. 13, S. 2247, unter III.1.).<br />
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