ZAP-2020-01
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Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht Fach 7, Seite 559<br />
Rechtsmittelbeschwer<br />
c) Entlastung des Verwalters und des Beirats<br />
Bei der Bemessung des Interesses des Klägers an der Aufhebung der Entlastung des Verwalters ist der<br />
Wert von Forderungen gegen den Verwalter zu berücksichtigen, wenn die Entlastung wegen solcher<br />
Forderungen verweigert wird oder verweigert werden soll. Denn in der Entlastung liegt dann ein<br />
negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 Abs. 2 BGB (BGH, Beschl. v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, juris Rn 18 =<br />
BGHZ 156, 20, 25). Maßgeblich für etwaige Ersatzansprüche gegen den Verwalter, auf die die<br />
Anfechtungsklage gestützt wird, ist der klägerische Anteil an dem Nennbetrag dieser Ansprüche (vgl.<br />
BGH, Beschl. v. 9.2.2<strong>01</strong>7 – V ZR 88/16, juris LS u. Rn 5 für Schadenersatzansprüche gegen den Verwalter<br />
und BGH, Beschl. v. 9.2.2<strong>01</strong>7 – V ZB 113/16, juris Rn 12 für die Entlastung des Beirats).<br />
Zu berücksichtigen ist bei der Bemessung des Interesses aber auch der Zweck, den die Entlastung des<br />
Verwalters neben der Verzichtswirkung hat. Sie dient nämlich dazu, die Grundlage für die weitere<br />
vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zukunft zu legen (BGH, Beschl. v. 31.3.2<strong>01</strong>1 – V ZB 236/10, juris<br />
Rn 10). Das Interesse der Wohnungseigentümer an der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der<br />
Verwaltung der Gemeinschaft ist nicht teilbar und bei allen Wohnungseigentümern dasselbe. Es ist mit<br />
1.000 € zu bewerten (BGH, Beschl. v. 31.3.2<strong>01</strong>1 – V ZB 236/10, juris Rn 12). Anders kann es ausnahmsweise<br />
liegen, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer eine weitere gute Zusammenarbeit mit dem<br />
Verwalter ausdrücklich nicht in Zweifel zieht, die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses also allein<br />
wegen bestimmter Forderungen gegen den Verwalter verweigert wissen will (BGH, Beschl. v. 17.3.2<strong>01</strong>6 –<br />
V ZB 166/13, juris Rn 12).<br />
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers,<br />
der erfolglos einen Beschluss über die Entlastung des Verwaltungsbeirats angefochten<br />
hat, bemisst sich nach dem regelmäßig mit 500 € anzusetzenden Wert, den die künftige vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat hat, zuzüglich des klägerischen Anteils an etwaigen<br />
Ersatzansprüchen gegen den Verwaltungsbeirat, auf die die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses<br />
gestützt wird (BGH, Beschl. v. 9.2.2<strong>01</strong>7 – V ZB 113/16, juris LS). Angesichts der unterstützenden Funktion<br />
des Beirats (vgl. § 29 Abs. 2 WEG) und des im Vergleich mit der Tätigkeit des Verwalters geringeren<br />
Umfangs seiner Tätigkeit erscheint die überwiegende gerichtliche Praxis angemessen, wonach insoweit<br />
die Hälfte des bei dem Verwalter anzusetzenden Werts von 1.000 € zugrunde zu legen ist (BGH, Beschl.<br />
v. 9.2.2<strong>01</strong>7 – V ZB 113/16, juris Rn 11). Maßgeblich für etwaige Ersatzansprüche gegen den Verwaltungsbeirat,<br />
auf die die Anfechtungsklage gestützt wird, ist der klägerische Anteil an dem Nennbetrag dieser<br />
Ansprüche (BGH, Beschl. v. 9.2.2<strong>01</strong>7 – V ZB 113/16, juris Rn 12).<br />
In den Entlastungsfällen kommt somit ausnahmsweise ein ideelles Interesse (dazu nochmals unten IV.12)<br />
in Betracht.<br />
4. Protokollberichtigung<br />
Für eine bloße Protokollberichtigung ist allenfalls ein geschätzter Wert von 1.000 € anzusetzen. Auf den<br />
Wert des sachlichen Inhalts der Beschlussanträge kommt es nicht an (OLG Frankfurt a.M., Beschl.<br />
v. 13.3.2<strong>01</strong>8 – 2 W 44/17, juris Rn 10-11).<br />
5. Beseitigung einer baulichen Veränderung<br />
Wird der Beklagte zur Beseitigung einer baulichen Veränderung verurteilt, bemisst sich seine Beschwer<br />
grds. nach den Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses, die ihm im Falle des Unterliegens drohen (BGH,<br />
Beschl. v. 17.11.2<strong>01</strong>6 – V ZR 86/16, juris Rn 3). Übersteigt das Interesse am Erhalt des Bauwerks die grds.<br />
maßgeblichen Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses, so ist die Beschwer nach dem höheren Interesse<br />
an dem Erhalt des Bauwerks zu bemessen. Dieses bestimmt sich grds. nach den für den Bau aufgewendeten<br />
Kosten. Nicht zu berücksichtigen sind dagegen mittelbare wirtschaftliche Folgen des Urteils, zu denen die<br />
Wertminderung der Wohnung sowie die Kosten für ersatzweise zu errichtende Anlage zählen (BGH, Beschl.<br />
v. 26.9.2<strong>01</strong>9 – V ZR 224/18, juris Rn 3). Der zuletzt genannte Fall ist allerdings von der Besonderheit geprägt,<br />
dass zwar nur ein Kaminrohr rückzubauen war, die ganze Heizung dadurch aber sinnlos wurde. Es lag also<br />
eine einheitliche Anlage vor, die nur mit dem (zu beseitigenden) Kaminrohr betrieben werden konnte.<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong> 39