ZAP-2020-01
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Fach 7, Seite 556<br />
Rechtsmittelbeschwer<br />
Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />
werden, ob ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Es hätte den Instanzgerichten daher oblegen, den Kläger<br />
entsprechend § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinzuweisen, dass er nicht nur, wie offenbar geschehen, das Interesse<br />
der Beklagten (Kosten der Baumaßnahmen), sondern auch sein eigenes Interesse (z.B. den Wertverlust<br />
seines Teileigentums, erlittene Nachteile durch die Baumaßnahme) darzulegen hat. Soweit der V. Zivilsenat<br />
in der gleichen Sache bei seiner Entscheidung über die Anhörungsrüge dagegen meint, aus Sicht des<br />
Berufungsgerichts bestehe kein Anlass, im Hinblick auf ein etwaiges Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren<br />
vorsorglich auf eine Bezifferung der Beschwer hinzuwirken (BGH, Beschl. v. 22.6.2<strong>01</strong>7 – V ZR 254/16, juris<br />
Rn 2 a.E.), so ist das zwar für sich genommen richtig, trifft aber nicht den Kern des Arguments. Der<br />
V. Zivilsenat würde gut daran tun, es den Instanzgerichten nicht durchgehen zu lassen, ihre Arbeit<br />
nicht ordentlich zu machen und Streitwerte nach § 49a GKG einfach freihändig – und gesetzwidrig –<br />
festzusetzen. Es gehört zu den vornehmsten Aufgaben des Revisionsgerichts, die Instanzgerichte zur<br />
Gesetzestreue anzuhalten.<br />
Hinweis:<br />
Der in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren gem. § 49a GKG bestimmte Streitwert entspricht i.d.R.<br />
nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer des Rechtsmittelführers (BGH,<br />
Beschl. v. 17.11.2<strong>01</strong>6 – V ZR 86/16, juris LS 1; BGH, Beschl. v. 6.4.2<strong>01</strong>7 – V ZR 254/16, juris Rn 3).<br />
Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das<br />
unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (BGH, Beschl. v. 19.1.2<strong>01</strong>7 – V ZR 167/16, juris Rn 3).<br />
Das Änderungsinteresse des Rechtsmittelführers erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei<br />
der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe anderer Kriterien Berücksichtigung findet (BGH, Beschl.<br />
v. 17.11.2<strong>01</strong>6 – V ZR 86/16, juris Rn 2). Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung<br />
zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb der laufenden Begründungsfrist darlegen<br />
und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang,<br />
der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (BGH, Beschl. v. 19.1.2<strong>01</strong>7 – V ZR 167/16,<br />
juris Rn 3).<br />
2. Streitgenossenschaft der „übrigen“ Wohnungseigentümer<br />
Legen mehrere Streitgenossen – z.B. Wohnungseigentümer – ein Rechtsmittel ein, werden deren<br />
Einzelbelastungen zur Bemessung der Beschwer zusammengerechnet, sofern diese nicht wirtschaftlich<br />
identisch sind (BGH, Urt. v. 2.10.2<strong>01</strong>5 – V ZR 5/15, juris Rn 6). Dies gilt bei der Bestimmung der Streitwerts<br />
auch für die Obergrenze des § 49a Abs. 1 S. 3 GKG: Bei mehreren Klägern entspricht der Verkehrswert<br />
des Wohnungseigentums, der nach § 49a Abs. 1 S. 3 GKG die absolute Obergrenze des Geschäftswerts<br />
bildet, der Summe der Einzelverkehrswerte der Wohnungseigentumsrechte aller klagenden Wohnungseigentümer<br />
(BGH, Beschl. v. 21.3.2<strong>01</strong>9 – V ZR 120/17, juris Rn 6).<br />
Bei Beschlussanfechtungsverfahren bilden die beklagten „übrigen“ Wohnungseigentümer eine notwendige<br />
Streitgenossenschaft. Der Verwalter darf in Beschlussanfechtungsverfahren bestimmte Prozesshandlungen<br />
für die beklagten Wohnungseigentümer vornehmen (BGH, Urt. v. 5.7.2<strong>01</strong>3 – V ZR 241/12, juris Rn 8).<br />
Im Innenverhältnis nehmen die in § 27 WEG geregelten Befugnisse des Verwalters den Wohnungseigentümern<br />
jedoch nicht ihre Entscheidungsmacht und ihre gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis;<br />
die Wohnungseigentümer sind deshalb nicht gehindert, die Einberufung einer Eigentümerversammlung zu<br />
verlangen und dem Verwalter Weisungen – z.B., einen bestimmten Rechtsanwalt zu beauftragen – zu<br />
erteilen (BGH, Urt. v. 5.7.2<strong>01</strong>3 – V ZR 241/12, juris Rn 15). Es besteht aber keine Kompetenz, bindend für alle<br />
verklagten Wohnungseigentümer, zu beschließen, ein Rechtsmittel nicht einzulegen (ZSCHIESCHACK, NZM<br />
2<strong>01</strong>6, 20, 21). Einzelne Wohnungseigentümer können (für sich) selbst auftreten oder einen eigenen<br />
Prozessbevollmächtigten bestellen (BGH, Urt. v. 5.7.2<strong>01</strong>3 – V ZR 241/12, juris Rn 15). Jeder einzelne<br />
Streitgenosse ist berechtigt, ein Rechtsmittel einzulegen. Er trägt dann allerdings im Unterliegensfall auch<br />
die Kosten allein. Die übrigen Wohnungseigentümer sind jedoch – wie schon in der Berufungsinstanz – nach<br />
§ 62 Abs. 2 ZPO weiterhin hinzuzuziehen; bei beklagten Wohnungseigentümern im Beschlussmängelprozess<br />
handelt es sich um notwendige Streitgenossen (BGH, Urt. v. 23.10.2<strong>01</strong>5 – V ZR 76/14, juris Rn 13).<br />
36 <strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong>