ZAP-2020-01
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Fach 7, Seite 552<br />
Rechtsmittelbeschwer<br />
Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />
I. Einleitung<br />
In Verfahren nach der Zivilprozessordnung bedarf es sowohl für die Berufung als auch für die Beschwerde<br />
gegen die Nichtzulassung der Revision – nicht aber für die Revision (unzutreffend deshalb DRASDO,<br />
NZM 2<strong>01</strong>9, 327 im Einleitungssatz) – einer Mindestbeschwer, es sei denn, das Ausgangsgericht hat das<br />
Rechtsmittel zugelassen. Das Rechtsmittelgericht ist an eine Zulassung gebunden (§ 511 Abs. 4 S. 2 ZPO<br />
bzw. § 443 Abs. 2 S. 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist dann ohne Weiteres, ohne dass es auf die Beschwer<br />
ankommt, statthaft.<br />
1. Berufung<br />
Die Berufung ist zulassungsfrei nur statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 €<br />
übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gibt es nicht.<br />
Praxistipp:<br />
Wer sich bei einer (potenziellen) Beschwer des Mandanten von bis zu 600 € die Berufung offenhalten will,<br />
sollte beim Erstgericht die Zulassung der Berufung (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) anregen oder, wenn möglich,<br />
durch entsprechenden Vortrag – schon in der ersten Instanz – darlegen und glaubhaft machen, dass für<br />
den Mandanten mehr als 600 € auf dem Spiel stehen.<br />
2. Revision<br />
Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ist nur statthaft, wenn sie entweder vom Berufungsgericht<br />
oder vom BGH auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung zugelassen wurde (§ 543 Abs. 1 ZPO). Seit der<br />
ZPO-Reform 2002 ist die Revision ausschließlich als Zulassungsrevision statthaft; eine zulassungsfreie<br />
(Wert‐)Revision gibt es seither nicht mehr. Für die (zugelassene) Revision ist eine bestimmte Höhe der<br />
Beschwer auf der anderen Seite nicht mehr erforderlich.<br />
3. Nichtzulassungsbeschwerde<br />
Obwohl die (zugelassene) Revision keiner bestimmten Höhe der Beschwer bedarf, ist die Beschwerde<br />
gegen die Nichtzulassung der Revision nur statthaft, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu<br />
machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Diese Wertgrenze hat der Gesetzgeber etwas verschämt<br />
und versteckt – und deshalb vielen Instanzanwälten nicht geläufig – in § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO geregelt.<br />
§ 26 Nr. 8 EGZPO war zunächst befristet bis 1.1.2007 (BGBl I 2000, 1887, 1907 re.Sp). Die Befristung wurde<br />
mehrfach verlängert, zuletzt bis 31.12.2<strong>01</strong>9 (BGBl I 2<strong>01</strong>8, 863).<br />
Hinweis:<br />
Voraussichtlich am 1.1.<strong>2020</strong> [nach Drucklegung dieses Beitrags] wird das „Gesetz zur Regelung der Wertgrenze<br />
für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten<br />
sowie zur Änderung weiterer zivilprozessrechtlicher Vorschriften“ (BT-Drucks 19/13828) in Kraft treten.<br />
Dieses sieht vor, § 26 Nr. 8 EGZPO durch § 544 Abs. 2 ZPO-E mit gleichem Inhalt zu ersetzen, d.h. die<br />
Wertgrenze in die ZPO zu übernehmen und damit zu entfristen. Die Beratung durch den Bundesrat im<br />
zweiten Durchgang hat am 29.11.2<strong>01</strong>9 stattgefunden, so dass das Gesetz wohl noch rechtzeitig vor Auslaufen<br />
der bis zum 31.12.2<strong>01</strong>9 befristeten Regelung des § 26 Nr. 8 EGZPO im Bundesgesetzblatt verkündet werden<br />
wird. An den Darlegungen in diesem Beitrag (und in den beiden bereits erschienenen) ändert sich durch<br />
die Rechtsänderung nichts.<br />
An der Verfassungsmäßigkeit einer Wertgrenze hat das Bundesverfassungsgericht keinen Zweifel<br />
(BVerfG, Beschl. v. 6.2.2007 – 1 BvR 191/06, juris Rn 12 = BVerfGK 10, 258).<br />
Die Wertgrenze gilt nicht, wenn das Berufungsgericht die Berufung (als unzulässig) verworfen hat, § 26<br />
Nr. 8 S. 2 EGZPO (bzw. § 544 Abs. 2 Nr. 2 ZPO-E), d.h., sie ist dann unabhängig vom Wert statthaft.<br />
32 <strong>ZAP</strong> Nr. 1 6.1.<strong>2020</strong>