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ZKZ 4937<br />

1 I 2020<br />

MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS<br />

Die<br />

10<br />

Querdenker<br />

2020<br />

Erfinderisch,<br />

einmalig &<br />

erfolgreich<br />

Foto: Hülsta<br />

Her mit den<br />

Erlebnissen!<br />

Branchenexperten fordern<br />

ganzheitliche Geschäftsmodelle<br />

FACHSORTIMENTE<br />

32 EXTRA-SEITEN<br />

ZUR AMBIENTE<br />

Signet: Stärke in der Nische<br />

Wimmer: Vor Ort in Waldkirchen<br />

KPM: Das Porzellan-Quartier<br />

Kare & Wayfair: Kreative Online-Power<br />

A<strong>MK</strong>: Küchen sind bereit für den US-Markt<br />

Cotta: Ein Jahr nach dem Steinpol-Deal


TOP-THEMA/VISIONEN<br />

110 wichtige<br />

e<br />

Querdenker<br />

für 2020<br />

Die<br />

Kreativmaschine:<br />

Florian Berger<br />

Alles nur kein Stillstand. Für seine Mitarbeiter ist Florian Berger<br />

ein ständiger Unruheherd der Kreativität. Der gebürtige Hesse ist Chef<br />

des Geschenkartiklers Donkey Products sowie der Werbeagentur & Mylk.<br />

Ganz gleich ob Weihnachtsgeschenk oder Markenkampagne – beide Unternehmen<br />

zielen darauf ab, immer den besonderen Dreh zu finden. Florian Berger liegt das<br />

in den Genen. Schon seine Großmutter und sein Vater prägten die Geschenkartikel-<br />

Branche über Jahrzehnte. Vor zehn Jahren hatte er darauf aber überhaupt keine Lust und<br />

gründete die Donkey-Werbeagentur. Doch ganz automatisch kam ihm die erste Produktidee,<br />

die voll einschlug und sich 40.000 mal verkaufte: der Retro-Telefonhörer fürs Handy.<br />

Das war der Startschuss für die Geschenkartikel-Erfolgsgeschichte mit dem sturköpfigen<br />

Esel im Logo. Das neueste Highlight: Der Donkey-Pop-up-Store im KaDeWe (s. Seite<br />

145/146 in dieser Ausgabe). Mit & Mylk schloss sich vor zwei Jahren Jahren auch der<br />

Agentur-Kreis. In den Genuss der Kreativität sind seitdem Marken wie Adidas, BMW,<br />

Globetrotter, Mymuesli oder Tchibo gekommen. Heute arbeiten 25 Mitarbeiter für die<br />

beiden Firmen, die in einem schicken Loft in Hamburg-Lokstedt untergebracht<br />

sind. Vor zwei Jahren entstand dann gemeinsam mit Digital Apartment die<br />

Idee zur Lifestyle-Konferenz „Pioneers of Lifestyle“, bei der Trends,<br />

Stories, Persönlichkeiten und Erfolgsmodelle im Vordergrund<br />

stehen. „Weil es um das Wachrütteln geht und die ganze<br />

Branche gefragt ist, umzudenken“, sagt Berger. Am<br />

30. Juni 2020 dreht die POL jetzt bereits<br />

die dritte Runde.<br />

Sie sind unkonventionell, erfolgreich, stecken auch<br />

mal Niederlagen ein und strahlen in jeder Hinsicht<br />

Optimismus aus: die Querdenker in der Branche,<br />

von der Möbelhandel und -industrie mehr bräuchten.<br />

Zum Jahresstart stellt die „möbel kultur“ exemplarisch<br />

wegweisende Persönlichkeiten vor, die sich<br />

durch besondere Eigenschaften auszeichnen. Es sind<br />

Mutmacher, achtsame Kommunikatoren und kritische<br />

Hinterfrager, die eins gemeinsam haben: Visionen für<br />

die Zukunft.<br />

Oft genug war 2019 von den<br />

Großen der Branche die Rede.<br />

Im Möbelhandel allen voran<br />

von der Nummer eins, Ikea, von Dr.<br />

Andreas Seifert, dem geschäftsführenden<br />

Gesellschafter der überaus<br />

expansionshungrigen XXXLutz-<br />

Gruppe und von Höffner-Frontmann<br />

Kurt Krieger. Zweifelsohne sind sie<br />

die Treiber, die zu mächtigen Verwerfungen<br />

führen. Die Schweden<br />

weil sie unbeirrt kundenorientiert<br />

ihren Weg machen und jederzeit<br />

offen für innovative Pfade außerhalb<br />

der üblichen Routen sind. Die bei-<br />

den letztgenannten Firmen, weil sie<br />

Ikea jagen. Denn flächendeckende<br />

Filialisierung ermöglicht auch bundesweite<br />

Werbung und noch mehr<br />

Einfluss in der Industrie. Dass sich<br />

die Österreicher mit der Akquisition<br />

von Pfister und Interio kurzerhand<br />

den Schweizer Markteintritt erkauft<br />

haben, ist allerdings eine neue Qualität<br />

im Konzentrationsprozess. Wieviele<br />

eidgenössische Hersteller dabei<br />

auf der Strecke bleiben werden, ist<br />

noch ungewiss. Und wahrscheinlich<br />

hätte niemand vor einem Jahr<br />

auch nur annäherungsweise damit<br />

22 möbel kultur 1/2020


gerechnet, dass 50 Prozent von Roller,<br />

Tejo & Co. bei XXXLutz landen<br />

werden. Vorbehaltlich der Zustimmung<br />

durch das Bundeskartellamt,<br />

versteht sich. Aber wird es den<br />

Deal wirklich ablehnen? Die Wettbewerbshüter<br />

schauen inzwischen<br />

genauer hin. Das war lange Zeit<br />

nicht so. Doch sich allein auf die<br />

Behörde zu verlassen, reicht nicht.<br />

Alle in der Branche sind herausgefordert,<br />

nach Lösungen zu<br />

suchen, dem Konzentrationsdruck<br />

Stand zu halten. Mit althergebrachten<br />

Denkmustern kann dieses Ziel<br />

nicht erreicht werden. Genau deshalb<br />

lenkt die „möbel kultur“ zum<br />

Jahresstart die Aufmerksamkeit auf<br />

Querdenker, die mit neuen Ideen,<br />

Engagement und viel Herzblut etwas<br />

verändern wollen.<br />

Dass viel Frauenpower darunter<br />

ist, kommt nicht von<br />

ungefähr. Frauen haben<br />

beim Möbelkauf ganz<br />

klar die Hosen an.<br />

60,8 Prozent der<br />

weiblichen Teilnehmer<br />

einer Befragung<br />

von Moebel24.de<br />

geben<br />

an, dass sie den<br />

ersten Impuls<br />

zum Kauf neuer<br />

Möbel setzen.<br />

Und sogar 62,5<br />

Prozent der<br />

Männer bestätigen<br />

die Initialzündung<br />

ihrer Partnerin.<br />

In der Branche<br />

aber – egal ob im Einkauf,<br />

im Marketing oder<br />

im Vertrieb – sind Frauen<br />

total unterrepräsentiert.<br />

Dabei hätten sie guten Grund,<br />

sich stärker einzubringen. Denn aus<br />

dem Bereich Einrichten wäre mit<br />

mehr Gefühl für Arrangements und<br />

Beratungs-Know-how noch weit aus<br />

mehr herauszukitzeln.<br />

Der Sportreporter Herbert<br />

Fritzenwenger, der sich sicherlich<br />

im Biathlon gut auskennt, sagte<br />

kürzlich während eines Staffel-Rennens<br />

der Damen: „Tja, man darf<br />

nicht immer nur Mäuschen sein,<br />

man muss auch mal Maus sein.“<br />

Irgendetwas scheint Fritzenwenger<br />

nicht richtig verstanden zu haben.<br />

Frauen haben längst den Sprung zur<br />

Löwin gemacht, die auch mal brüllt!<br />

Und das nicht nur im Sport. Sie wollen<br />

sich einmischen, mit Kompetenz<br />

glänzen und das Einrichten auf<br />

Foto: Arne Bornheim<br />

2<br />

Die<br />

Netzwerkerinnen:<br />

Josephine Seidel-Leuteritz<br />

& Louisa Verch<br />

Sie wollen die männerdominierte, deutsche Möbelwelt aufmischen:<br />

Josephine Seidel-Leuteritz und Louisa Verch (Foto, v. r.). Ihre Vision ist es, mit<br />

dem Netzwerk „Women in Furniture“ Diversität und Gleichberechtigung innerhalb der<br />

Home & Living-Branche zu stärken. Und ein neues Kapitel für Frauen im Interior-Bereich<br />

einzuläuten. Denn jede/r weiß, dass Frauen die Entscheiderinnen sind, wenn es um den<br />

Möbelkauf geht. Trotzdem hat sich in den letzten Jahrzehnten nichts daran geändert,<br />

dass beispielsweise die Einkäufer der Möbelverbände immer noch, bis auf vereinzelte<br />

Ausnahmen, männlich sind. Männer bestimmen auch noch im Jahr 2020, was Frauen in<br />

den Geschäften überhaupt zu Gesicht bekommen. Wundert es da noch, dass es im Handel<br />

schlecht läuft? Wenn die Bedürfnisse der Kundinnen oftmals gar nicht berücksichtigt<br />

werden? Und gerade auf der Großfläche alles gleich aussieht? Josephine Seidel-Leuteritz<br />

verantwortet bereits seit mehr als vier Jahren als Chefredakteurin die Inhalte der<br />

Living-Plattform Wohnklamotte. Louisa Verch ist leidenschaftliche Feministin und<br />

Food-Liebhaberin. Sie kennt die Möbelbranche bislang aus ihrer über zweijährigen<br />

Zeit bei Digital Apartment. Im Mai 2019 gestartet, kamen zum<br />

zweiten „Women in Furniture“-Event schon 40 Powerfrauen im<br />

Stilwerk Hamburg zusammen. Und die Resonanz wächst.<br />

Immer mehr wollen mitmachen.<br />

Fortsetzung garantiert!<br />

3<br />

Die<br />

Achtsame:<br />

Gabi Lück<br />

„Wir leben in einer männlich geprägten Leistungsgesellschaft,<br />

die immer mehr an ihre Grenzen stößt. Doch in Zukunft sind zunehmend<br />

Soft Skills gefragt.“ Davon ist Gabi Lück, zutiefst überzeugt. Und sie steht<br />

keinesfalls alleine mit ihrer Meinung. Die Gründerin und Geschäftsführerin<br />

der Agentur Thinknewgroup aus München arbeitet für Modeunternehmen, die<br />

Autobauer oder Telekommunikationsfirmen genauso wie für Möbelindustrie und<br />

-handel oder Einkaufsverbände. So konzipierte sie beispielsweise zuletzt den Auftritt<br />

des Matratzenstudios von GfM-Trend neu – weg von technischer Fokussierung hin zu<br />

emotionaler Ausstrahlung. Dass Frauen oder weibliche Denke künftig eine größere Rolle<br />

spielen, ergibt sich für sie zwangsläufig. Glück, Zufriedenheit, Liebe und Achtsamkeit<br />

lauten die Attribute, die für immer mehr Menschen im Fokus stehen und die den Wert<br />

einer Marke ausmachen sollten. „Obwohl Frauen die Kaufentscheider bei Möbeln<br />

sind, finden sie in der Branche kaum statt“, merkt Gabi Lück an. „So sollten sich<br />

Unternehmen heute völlig neue Fragen stellen: Wie kann ich meine Marke vernetzen?<br />

Wie kann ich den Kunden Zeit sparen? Wie lässt sich mit meinem<br />

Produkt die Lebensqualität der Menschen verbessern? Damit müssen<br />

sich Strategen beschäftigen!“ Für Gabi Lück steht fest: „All die<br />

Unternehmen, die sich darauf nicht einlassen, wird es<br />

morgen nicht mehr geben. Und sie setzt noch eins<br />

drauf: „Wir brauchen eindeutig mehr<br />

Herz in der Branche!“<br />

1/2020 möbel kultur 23


TOP-THEMA/KARE & WAYFAIR<br />

Kreativität<br />

plus Online-Power<br />

Martin Reiter ist<br />

bei Wayfair als<br />

Vice President und<br />

Head of Europe auch<br />

für den deutschen<br />

Markt verantwortlich.<br />

Sein Favorit<br />

im Kare-Sortiment<br />

ist der Couchtisch<br />

„Network“ in Gold<br />

(unten).<br />

Kare und Wayfair: Die Wohnverrückten<br />

aus München und der Online-Gigant aus<br />

den USA scheinen perfekt zusammenzupassen.<br />

Der eine setzt seit mehr als<br />

drei Jahrzehnten Trends. Der andere<br />

hat im Möbel-Commerce bereits enorm<br />

viel Erfahrung gesammelt – und noch<br />

viel vor. Macht zusammen: Ein starkes<br />

Business. Die „möbel kultur“ hat bei<br />

Kare-Gründer Peter Schönhofen und<br />

Martin Reiter, Vice President und Head<br />

of Europe bei Wayfair, nachgefragt, wie<br />

das funktioniert.<br />

möbel kultur: Herr Schönhofen, Herr<br />

Reiter, Kare und Wayfair passen allein<br />

schon aufgrund Ihres etwas anderen<br />

Blicks auf die Branche gut zusammen.<br />

Und Sie sind auch schon seit vielen Jahren<br />

Geschäftspartner. Wo haben Sie sich zum<br />

ersten Mal getroffen?<br />

Peter Schönhofen: Wayfair startete in<br />

der Nachbarschaft unseres damaligen<br />

Büros und Lagers in Ismaning<br />

bei München und kam während<br />

unserer Hausmesse direkt auf uns<br />

zu. Da wir Versender von jeher als<br />

guten zusätzlichen Vertriebskanal<br />

auch zur Markenwerbung nutzen,<br />

kam rasch ein Testsortiment<br />

zustande.<br />

Martin Reiter: Es fing damals recht<br />

klein mit Promotion-Aktionen<br />

Fotos: Kare, Wayfair<br />

30 möbel kultur 1/2020


in Großbritannien an. Nach und<br />

nach haben wir dann immer mehr<br />

Produkte in den regulären Katalog<br />

genommen. Inzwischen hat Kare<br />

einen eigenen Marken-Shop bei<br />

Wayfair Deutschland und in UK<br />

und ein enormes Sortiment. Unsere<br />

Daten zeigen sehr klar, was funktioniert<br />

und was nicht, das macht ein<br />

sukzessives und gezieltes Onboarding<br />

einfach.<br />

möbel kultur: Was schätzen Sie<br />

aneinander?<br />

Martin Reiter: Wir ergänzen uns einfach<br />

gut. Kare ist ein sehr responsiver<br />

und verlässlicher Partner mit hochwertigen<br />

und attraktiven Produkten.<br />

Dazu kommt, dass Kare eine der<br />

eher wenigen Marken<br />

im europäischen<br />

Möbelmarkt ist, die<br />

unsere Kunden<br />

namentlich kennen.<br />

Wir arbeiten<br />

weltweit mit<br />

mehr als 11.000<br />

Lieferanten<br />

zusammen und<br />

sehen eine<br />

enorme Bandbreite was die Größe,<br />

vorhandene Infrastruktur und<br />

Digitalkompetenz bei Herstellern<br />

betrifft. Kare hat sich schon früh<br />

mit der Digitalisierung des Marktes<br />

auseinandergesetzt, das erleichtert<br />

die Verständigung sehr.<br />

Peter Schönhofen: Wir erreichen über<br />

Wayfair sehr viele deutsche Kunden,<br />

die nicht in ein Möbelhaus gehen.<br />

Diese finden bei Kare Wohninspirationen<br />

mit Möbeln, Leuchten und<br />

Accessoires, die kurzfristige Trends<br />

überstehen und einen Wert darstellen<br />

– wie etwa Bücherregale aus<br />

Massivholz oder Chesterfield-Sofas<br />

und vieles mehr. Wir können uns<br />

außerdem auf den hervorragenden<br />

Service von Wayfair verlassen. Für<br />

die Kunden ist immer ein persönlicher<br />

Gesprächspartner erreichbar<br />

und die Zusammenarbeit ist wirklich<br />

sehr partnerschaftlich.<br />

möbel kultur: Wie entwickelt sich Kare<br />

bei Wayfair?<br />

Peter Schönhofen: Unsere Zusammenarbeit<br />

bringt uns kontinuierlich<br />

weiter. So integrieren wir in<br />

die Produktinformationen Themen<br />

wie Augmented und Virtual Reality<br />

und erfüllen Anforderungen an<br />

Content und Produktinformation<br />

wie sie für Online-Kunden wichtig<br />

sind. Grundsätzlich profitieren<br />

alle unsere Handelskunden von<br />

dem Account Management, das<br />

wir in unserem Sales-Team ständig<br />

weiterentwickeln.<br />

Martin Reiter: Die enge Zusammenarbeit<br />

zahlt sich wirklich aus. Kare<br />

ist bei uns zuletzt um mehr als 80<br />

Prozent gewachsen. Global gesehen<br />

gibt es über Wayfair Zugang zu 19,1<br />

Millionen aktiven Kunden, die über<br />

Brand Shops oder die Bildersuche<br />

sehr einfach ihre Lieblingsprodukte<br />

finden können. Generell bieten wir<br />

allen Lieferanten eine sehr enge<br />

Zusammenarbeit an. Kombiniert<br />

mit der Analyse von Daten und<br />

Performance treibt das die Zahlen<br />

dann nach oben. Mit einem so<br />

responsiven Hersteller wie Kare ist<br />

das natürlich am effizientesten. Und<br />

die Kunden scheinen die Produkte<br />

auch einfach sehr zu schätzen!<br />

möbel kultur: Gibt es bei Wayfair exklusive<br />

Produkte von Kare?<br />

Peter Schönhofen: Kare steht für<br />

Showtime. Unsere Marke zeichnet<br />

sich durch die Kreation von neuen<br />

Stilwelten und entsprechenden<br />

Sortimenten mit Alleinstellungsmerkmalen<br />

mehrfach im Jahr aus<br />

Peter Schönhofen<br />

hat Kare gemeinsam<br />

mit Jürgen Reiter<br />

1981 gegründet.<br />

In den über drei<br />

Jahrzehnten<br />

hat es bereits<br />

viele spektakuläre<br />

Produkte gegeben,<br />

so wie „Toto“ (links)<br />

in Kare -rot, das<br />

aktuelle Lieblingsobjekt<br />

von Peter<br />

Schönhofen.<br />

1/2020 möbel kultur 31


VERBÄNDE<br />

Michael Klessinger ist als<br />

Vertriebsleiter Schnittstelle zur<br />

Mitgliederschaft. Er nimmt viele<br />

Themen der Mitglieder auf, um sie<br />

in Projekte zu überführen. Rechts:<br />

Sascha Tapken, Chefredakteur<br />

der „möbel kultur “, leitete den<br />

Round Table und erlebte den neuen<br />

Spirit live in der EMV-Zentrale in<br />

Fahrenzhausen.<br />

EMV: Die Führungsmannschaft am Round Table<br />

Mit Kurzpass-Strategie<br />

zu besten Ergebnissen<br />

Geschäftsführer Ulf Rebenschütz<br />

ist ein Marketing-Stratege, der<br />

den Endverbraucher nicht aus den<br />

Augen verliert. Im kommenden<br />

Jahr schlägt für die jungen Marken<br />

im Verband die Stunde der Wahrheit.<br />

Rechts: Barbara Birnkammer<br />

ist zuständig für die Verwaltung,<br />

Finanzen und IT. Sie optimiert die<br />

Automatisierung von Prozessen<br />

kontinuierlich.<br />

34 möbel kultur 1/2020


Der Digital-Stratege<br />

Thorsten Godisch hat im<br />

vergangenen Jahr die<br />

Nachfolge von Dirk Eich als<br />

Betriebsberater angetreten.<br />

In seiner neuen Rolle<br />

vereint er seine Kompetenzen.<br />

Rechts daneben:<br />

Gabriele Wallner richtet die<br />

Perspektive Werbeagentur<br />

zur crossmedialen Kreativwerkstatt<br />

aus. Mittlerweile<br />

ist viel mehr Online-<br />

Know-how gefragt.<br />

In der Zentrale des Europa Möbel-Verbunds sind Begriffe wie New Work, Kollaboration oder agiles Management<br />

keine Fremdwörter aus dem Silicon Valley, sondern gelebte Realität. Vor zwei Jahren haben die Verantwortlichen<br />

Veränderungen angestoßen, die jetzt zum richtigen Zeitpunkt Wirkung zeigen: Denn nach dem Segmüller-Beitritt<br />

und der noch jungen EM<strong>MK</strong> stehen die Fahrenzhausener 2020 vor großen Herausforderungen. „möbel-kultur“-<br />

Chefredakteur Sascha Tapken brachte die Protagonisten Barbara Birnkammer, Felix Doerr, Thorsten Godisch,<br />

Michael Klessinger, Wolfgang Rauscheder, Ulf Rebenschütz und Gabriele Wallner an einen Tisch, um dem<br />

Wandel in der EMV-Zentrale auf die Spur zu kommen.<br />

Fotos: Jan Schmiedel Photography<br />

Geschäftsführer Felix Doerr treibt<br />

die Vernetzung im Verband auf<br />

allen Ebenen voran. Jetzt gilt es,<br />

Segmüller und die EM<strong>MK</strong> in die<br />

Prozesse zu integrieren. Links:<br />

Einkaufsleiter Wolfgang Rauscheder<br />

sieht den Verband schneller<br />

und schlagkräftiger aufgestellt als<br />

in der Vergangenheit.<br />

1/2020 möbel kultur 35


HANDEL/PROGNOSEN 2020<br />

Her mit den<br />

Erlebnissen!<br />

2020 muss sich etwas ändern. Der massive Frequenzrückgang in den Einrichtungshäusern<br />

hält weiter an. E-Commerce gewinnt – vor allem aber internationale<br />

Marktplätze sowie die klassischen Versender. Und nicht die Onlineshops<br />

der stationären Händler. Doch woran liegt das? Die „möbel kultur“ hat<br />

Branchen experten nach ihren Prognosen für dieses Jahr gefragt. Darin wird<br />

schnell ersichtlich: Rabattschlachten sind ein Mittel der Vergangenheit. Ein<br />

emotionales Einkaufserlebnis muss her – und zwar kanalübergreifend.<br />

Dr. Marc Zgaga,<br />

Mittelstandsverbund<br />

Der Seamless Commerce steht<br />

auf der To-Do-Liste<br />

Foto: Preechar Bowonkitwanchai / Shutterstock.com<br />

Digital, nachhaltig, individuell und hyggelig: Der Kunde von heute hat eine ganz neue<br />

Vorstellung und Erwartungshaltung. Dabei bieten Trends wie Virtual oder Augmented<br />

Reality dem kooperierenden Küchen- und Möbelfachhandel eine ganze Bandbreite an<br />

neuen Visualisierungs- und Vermarktungsmöglichkeiten – und dem Kunden die Chance<br />

zum unverbindlichen Ausprobieren. Auf dem Touchscreen die neuen Sitzmöbel individuell<br />

anpassen? Das Regal per Konfigurations-App zusammenbauen? Oder mit einer Virtual-<br />

Reality-Brille testen, ob die Traumlampe auch ins Wohnzimmer passt? All das ist längst<br />

keine Zukunftsmusik mehr, sondern Teil der Verzahnung des Online-Geschäfts mit dem<br />

stationären Handel – und eine wesentliche Herausforderung für das neue Jahr. Dabei wird<br />

die Sichtbarkeit im Netz für die Wettbewerbsfähigkeit immer entscheidender. Das Mobiltelefon<br />

zählt zu den wichtigsten Kanälen für die Kundenansprache – zukünftig werden die<br />

täglichen Begleiter nicht nur intelligente Sprach-, sondern vor allem auch Shoppingassistenten<br />

sein. Möbelberatung per Chatbot – oder besser Shopbot – also?<br />

Auch wenn der Kunde nach wie vor gern vor Ort kauft, informiert er sich vorher bis ins<br />

kleinste Detail online. Dabei ist die Option „Im Laden kaufen und von dort aus nach Hause<br />

liefern lassen“ gerade für das Möbel-Shopping, bei dem der Transport der Waren eher<br />

aufwendig ist, für den Verbraucher besonders wichtig. Die fachmännische und individuelle<br />

Beratung im Geschäft wird hierbei zunehmend zum USP. Wie bedeutsam die Verzahnung<br />

zwischen On- und Offline-Konzepten ist, hat der kooperierende Küchen- und Möbelfachhandel<br />

bereits verinnerlicht.<br />

Doch wie passen Hightech und Nachhaltigkeit zusammen? Ganz wunderbar, denn<br />

gerade die Synthese aus 3D-Druck und Ecodesign kommen gut beim Verbraucher an. Das<br />

Bewusstsein des Kunden für Ressourcenknappheit und Klimaschutz steigt – die<br />

„Greta-Bewegung“ hat das einmal mehr gezeigt. Dabei hat die Branche längst erkannt,<br />

wie sich Ökonomie und Ökologie gewinnbringend miteinander verknüpfen lassen.<br />

Was zeigt also der Blick in die Glaskugel? Auch für 2020 wird das emotionale Einkaufserlebnis<br />

großgeschrieben: Der Konsument möchte im Mittelpunkt stehen – Händler müssen<br />

ihren Kunden daher ein Gemeinschaftsgefühl, Spaß und Mehrwerte bieten können, die<br />

über den einfachen Verkauf hinausgehen, sei es durch Kochkurse, Familien-Events, interaktives<br />

Ausprobieren oder die Augmented Reality Brille.<br />

Neben den technologischen Herausforderungen steht vor allem der Seamless<br />

Commerce, also die nahtlose Verbindung und Customer Experience zwischen Online- und<br />

Offline-Handel über alle Kanäle hinweg – auf der To-Do-Liste. Die Kooperation im Verbund<br />

bietet dabei stets die passende Unterstützung, um sich auch im neuen Jahr gegen<br />

digitale Konkurrenten wie Amazon & Co. erfolgreich behaupten zu können.<br />

42 möbel kultur 1/2020


Dr. Timo Renz,<br />

Wieselhuber & Partner<br />

Flickwerk adé<br />

ganzheitliche Ansätze müssen her<br />

Auf einer Skala von 1-10: Welche Trends scheuchen die Player aus ihrer Komfortzone,<br />

welchen disruptiven „Impact“ (Auswirkung) haben sie auf die Branche? Um das zu<br />

klären, haben wir von Wieselhuber & Partner das Trendbarometer 2020 entwickelt.<br />

Digitalisierung – raus aus der Umsetzungsfalle! Impact 10<br />

Seit Jahren redet auch die Möbelbranche über Digitalisierung: Strategische Antworten<br />

auf digitale Herausforderungen wurden geschmiedet, digitale Leistungsangebote mit<br />

kundenzentrierten Produkten und Services entwickelt, Prozesse hin zum Kunden und<br />

in die eigene Produktion und Supply Chain hinein sind voll digitalisiert, Daten werden<br />

zum Wettbewerbsvorteil genutzt, die Organisation ist digital kompetent und arbeitet<br />

agil. Man sollte also meinen, dass die Digitalisierung bereits tief in den Unternehmen<br />

verwurzelt ist. Schön wär´s: Die Realität sieht anders aus. Gute Einzelansätze gibt es<br />

zwar zu Hauf, doch der rote Faden und die systematische Verankerung in der<br />

Organisation fehlen meist. Damit nach ein paar Teilerfolgen die digitale Evolution<br />

nicht ins Stocken gerät, muss ein ganzheitlicher Ansatz her – Flickwerk adé. Jetzt<br />

heißt es, digitale Einzelaktivitäten zu bündeln und ein passgenaues Programm auf die<br />

Beine zu stellen, um Wachstum, Effizienz und neue Geschäfte voranzutreiben.<br />

Handelskonzentration – Größe allein bedeutet nicht<br />

Stärke. Impact 9<br />

Die Konzentration im deutschen Möbelhandel hat 2019 deutlich an Fahrt aufgenommen:<br />

Die Aktivitäten von XXXLutz oder auch von KHG sowie die jüngsten Bewegungen in der<br />

Verbandslandschaft haben die Handelslandschaft gravierend verändert. Das hat im<br />

neuen Jahr Folgen für die Industrie. Durch die steigende Marktmacht der gewachsenen<br />

Player müssen sich Hersteller auf noch härtere Konditionsverhandlungen einstellen<br />

– vor allem, wenn sie in besagter Großfläche gelistet sind. Doch: Größe allein ist nicht<br />

gleichbedeutend mit Stärke. Die Herausforderung, als Großfläche wieder an Attraktivität<br />

beim Kunden zu gewinnen, bleibt nach wie vor. Und nicht zuletzt wird sich der Erfolg der<br />

Händler daran messen lassen, inwiefern es ihnen gelingt, die klassischen stationären<br />

Formate wirklich in Richtung Omnichannel-Retail zu entwickeln.<br />

Greta-Effekt in der Möbelbranche - Das Ende des Ledersofas?<br />

Impact 5-10<br />

Was die von Greta Thunberg initiierte Fridays-for-Future-Bewegung in Politik und<br />

Gesellschaft ausgelöst hat, wird jeden Tag in den Medien hoch und runter gespielt.<br />

Längst spricht man auch in der Industrie vom „Greta-Effekt“. Ob es diesen auch in<br />

der Möbelwirtschaft geben wird? Das steht für 2020 noch in den Sternen. Klar ist<br />

aber: In Zukunft wird der Verbraucher auch verstärkt ein Augenmerk auf den<br />

ökologischen, nachhaltigen Footprint in Möbel-Herstellung und -Handel legen.<br />

Denn was in anderen Konsumgüterbranchen wie im Mode- und Textilbereich<br />

durchaus schon Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten hat, kann jederzeit auch<br />

auf die Möbelbranche übergreifen. Auch die Nachhaltigkeit im Verkaufsprozess wird<br />

stärker im Fokus liegen: Wie steht es um Verarbeitung, Verpackung, auch<br />

Rücknahme und Wiederverwertung der Produkte? Wie klimaneutral wird produziert<br />

und gehandelt? Zulieferer, Industrie und Handel werden sich mit dem Thema<br />

„nachhaltige Möbel“ auseinandersetzen müssen, schließlich entscheiden sich<br />

Kunden heute nicht mehr nur für ein Produkt, sondern zunehmend auch für ein<br />

Unternehmen bzw. eine Marke und die dahinterliegenden Werte. <br />

1/2020 möbel kultur 43


IMM COLOGNE<br />

Möbel-Hotspot<br />

am Rhein<br />

Zahlreiche Möbelhersteller aus dem<br />

In- und Ausland zeigen im Januar wieder<br />

auf der „imm cologne“ Flagge und präsentieren<br />

ihre neuen Entwicklungen.<br />

Mit Beginn des neuen Jahres verwandelt sich Köln wieder ins Mekka der<br />

Möbelbranche. Vom 13. bis 19. Januar bietet die „imm cologne“ Industrie<br />

und Handel aus aller Welt ausreichend Gelegenheit, spannende Trends zu<br />

entdecken, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu vertiefen.<br />

Nachhaltige Impulse für das<br />

kommende Möbeljahr verspricht<br />

die „imm cologne“,<br />

die vom 13. bis 19. Januar nach Köln<br />

lockt. Hersteller aus aller Welt zeigen<br />

mehr als 100.000 Möbel und<br />

Einrichtungsgegenstände – etwa<br />

ein Drittel davon sind absolute<br />

Produkt-Premieren.<br />

Ganz neu präsentieren sich in<br />

diesem Jahr auch die Nordhallen.<br />

„Nach der erfolgreichen Einführung<br />

von neuen Themenwelten<br />

im ,Pure‘-Bereich wie etwa ,Pure<br />

Editions‘ oder ,Pure Atmospheres‘<br />

erfolgt mit der ,imm cologne 2020‘<br />

die Umstrukturierung des Nordbereichs,<br />

der künftig ,Home‘ heißen<br />

wird“, erklärt Matthias Pollmann,<br />

Geschäftsbereichsleiter Messemanagement<br />

der Koelnmesse. „Damit<br />

stellen wir sicher, dass die Aussteller<br />

optimale Zielgruppenkontakte generieren<br />

und sich die Besucher effizient<br />

informieren können.“<br />

Eingeteilt ist die neue „Home“-<br />

Welt in drei Schwerpunkte: „Home<br />

Sleep“, „Home Scenes“ und „Home<br />

Settings“. „Home Sleep“ in den Hallen<br />

5.2 und 9 widmet sich dabei<br />

Produkten und Konzepten für einen<br />

guten Schlaf. Die Matratzen- und<br />

Schlafsysteme, Boxspring-Betten<br />

und Wasserbetten dieser Themenwelt<br />

bieten innovativen Schlafkomfort,<br />

ergänzt durch dekorative Bettwaren<br />

und Accessoires.<br />

Die Themenwelt „Home Scenes“<br />

in den Hallen 5.2, 6, 10.1 und 10.2<br />

zeigt mehr als 1.000 Ideen für das<br />

Lifestyle-orientierte Wohnen. Auf<br />

großen Messeständen warten die Aussteller<br />

mit Sitzgarnituren, Sesseln, Liegen,<br />

Einzelsofas, Funktions couches,<br />

48 möbel kultur 1/2020


Übersichtlich gegliedert ist das<br />

Messegelände wieder in verschiedene<br />

Themenbereiche aufgeteilt.<br />

Das Segment Schlafen ist in den<br />

Hallen 5.2 und 9 zu finden, „Pure“<br />

in den Hallen 11, 3.2 und 2.2.<br />

Fotos: Guido Schiefer<br />

In den Messehallen werden mehr<br />

als 100.000 Produkte für den<br />

Interior-Bereich gezeigt. Rund<br />

ein Drittel davon sind absolute<br />

Neuheiten. Daneben stellen die<br />

Unternehmen frische Konzepte<br />

für den Handel vor.<br />

Schlaf- und Wohnzimmer-Ausstattungen<br />

sowie Regalsystemen auf.<br />

Clevere Einrichtungslösungen für<br />

junges, stylisches Wohnen sind nicht<br />

zuletzt im Bereich „Home Settings“<br />

zu finden. Dieser ist in den Hallen<br />

4.1, 5.1, 5.2, 7 und 8 zu finden.<br />

„Indem wir den Besuchern die Orientierung<br />

erleichtern und den Ausstellern<br />

die bestmögliche Positionierung<br />

ermöglichen, steigern wir mit<br />

dem neuen Konzept die Orientierungs-<br />

und Transparenzfunktion der<br />

Messe“, führt Pollmann fort. „Damit<br />

bieten wir die ideale Grundlage für<br />

das New Business der Zukunft auf der<br />

einen Seite und lassen andererseits<br />

genügend Raum, damit die Besucher<br />

ihre eigenen Interior Moments entdecken<br />

können.“ DORIS SCHMIDT<br />

www.immcologne.de<br />

1/2020 möbel kultur 49


TOP-THEMA/WIMMER<br />

Konzentration<br />

auf das Wesentliche<br />

Vor zwölf Jahren startete Wimmer Wohnkollektionen<br />

mit massiven geölten Speisezimmern. Inzwischen<br />

kommen aus dem bayerischen Waldkirchen Konzepte<br />

aus einem Guss für Tisch, Bank und Stuhl sowie Wohnen.<br />

Nach dem rasanten Wachstum konsolidiert sich das<br />

Unternehmen und will künftig intensiver mit weniger<br />

Kunden zusammenarbeiten. Die „möbel kultur“ war<br />

vor Ort und sprach mit den beiden Geschäftsführern<br />

Gerhard Wimmer und Stefan Thür über die neue<br />

Strategie und über ehrliche Kommunikation.<br />

Einfach malerisch in Waldkirchen<br />

– verträumt gelegen Mitten<br />

im bayerischen Wald im<br />

Dreiländereck Deutschland, Österreich<br />

und Tschechien, befindet sich<br />

Wimmer Wohnkollektionen. Das<br />

2007 gegründete Unternehmen ist<br />

aber nicht nur aufgrund seiner Lage<br />

bemerkenswert, sondern zweifelsohne<br />

einzigartig durch seine außergewöhnliche<br />

Firmenkultur. Der<br />

besondere Spirit ist sofort zu spüren,<br />

wenn man das architektonisch<br />

anspruchs- wie reizvolle Gebäude<br />

betritt: Holz wohin das Auge reicht.<br />

In der Eingangshalle und in den<br />

Büros dominiert der Werkstoff,<br />

genauso wie in der Firmenkantine,<br />

in der täglich Bio-Spezialitäten<br />

serviert werden. Und wer anschließend<br />

beim kleinen Napping für<br />

den Rest des Tages wieder Energie<br />

tanken möchte, kann auf den<br />

bequemen Liegen in der Zirbenstube<br />

entspannen oder im Sommer<br />

draußen auf der Terrasse Sonne mit<br />

Aussicht genießen. Großartig diese<br />

Wohlfühlatmosphäre, in der in den<br />

letzten zwölf Jahren viel Kreatives<br />

entstanden ist. Allen Besuchern in<br />

54 möbel kultur 1/2020


Teamwork in Wohlfühlatmosphäre:<br />

Gerhard Wimmer (links) und sein Neffe<br />

Stefan Thür leiten das Unternehmen<br />

gemeinsam. Der „möbel kultur“<br />

zeigten sie bei einem Besuch auch die<br />

ersten Prototypen von „Linja“, dem<br />

neuen Programm, das Wimmer zur<br />

„imm cologne“ vorstellen wird.<br />

Fotos: Wimmer und möbel kultur<br />

Wir sind davon überzeugt,<br />

dass uns der Verzicht auf<br />

XXXLutz und Höffner langfristig<br />

weiter bringen wird.<br />

1/2020 möbel kultur 55


LUTZ<br />

REEG<br />

MEINUNGREEG<br />

Der Schwarm: Warum sich die Branche neu erfinden sollte<br />

Sieben Verluste<br />

Lutz Reeg ist Gründer des Entwicklernetzwerks<br />

der Schwarm<br />

und scharfer Beobachter der<br />

Möbelbranche. Er beschreibt<br />

in seiner Kolumne wesentliche<br />

Einflussgrößen, die inzwischen<br />

verloren gegangen sind – und hält<br />

gleichzeitig ein leidenschaftliches<br />

Plädoyer für eine reformierte<br />

und souveräne Entwicklung neuer<br />

Möbel abseits der überlebten<br />

Schablonen.<br />

Die Hatz nach dem neuesten Trend treibt gerade zum Jahresanfang<br />

alle um. Doch sie ist nicht allein seligmachend. Mehr denn je geht es<br />

darum, dass Unternehmen ihre Identität bewahren oder neu finden,<br />

meint Lutz Reeg. Der Gründer des Netzwerkes Der Schwarm macht<br />

den Anfang einer Reihe von Meinungsbildern, die die Branche aus<br />

unterschiedlichen Perspektiven beleuchten soll.<br />

Illustrationen: 19srb81, Kirill.Veretennikov/Shutterstock.com, Thomas Straub/Der Schwarm<br />

1 der schnelle Trend<br />

Trend lebt. Doch misst man ihn<br />

an seinem Nutzen, ist er tot.<br />

Das ist tragisch. Kennzeichnet<br />

dieser aus der Modewelt entlehnte<br />

Begriff doch die Schlagkraft und<br />

Dynamik unserer Branche: So wohnen<br />

Sie in der neuen Saison! Spätestens<br />

am 13. Januar berichtet die<br />

Tagesschau darüber. Der einminütige<br />

Einspieler zur Eröffnung der ,imm<br />

cologne‘ offenbart dem arglosen Endverbraucher,<br />

wie gestrig seine alten<br />

Möbel nun plötzlich geworden sind.<br />

Denn der Fernsehjournalist sucht<br />

nach dem griffig-Neuen, das sich<br />

problemlos etikettieren lässt.<br />

Retro – hygge – nachhaltig – pastellig<br />

– green awareness – authentisch<br />

– Hightech – WLAN-tauglich<br />

– Cocooning – eine babylonische<br />

Verwirrung der Begrifflichkeiten<br />

umflirrt den deutschen Möbelkäufer.<br />

Dabei sucht er eigentlich etwas anderes,<br />

möchte Beständigkeit und Klar-<br />

heit. Will sich mit Möbeln umgeben,<br />

die ihn begleiten, seinen Anforderungen<br />

und individuellen Gewohnheiten<br />

entsprechen und ein Fixpunkt seines<br />

Lebens sind. Stattdessen nimmt er<br />

die Botschaft wahr, dass der Akt des<br />

Wohnens unversehens zu einem One<br />

Night Stand geworden ist.<br />

Aber nicht nur der Endkunde<br />

ist irritiert. Auch die deutschen<br />

Möbelhersteller leiden unter der<br />

alljährlichen Hatz aufs vermeintlich<br />

Neue. Jeder halbwegs vernünftige<br />

Betriebswirtschaftler hebt die<br />

Augenbrauen, wenn Produktzyklen<br />

immer kürzer getaktet werden. „Ich<br />

denke nicht daran, jeden Montagmorgen<br />

eine neue Architektur zu<br />

erfinden“ meinte der altersweise<br />

Ludwig Mies van der Rohe. Für die<br />

Entwicklung von Möbeln gilt das erst<br />

recht. Überlebenswichtige Zukunftsperspektiven<br />

unserer Branche sollten<br />

wir nicht den Marketingstrategen<br />

überlassen. Manch einer denkt, der<br />

schnelle Trend sei gleichzusetzen<br />

mit den aktuellen Anforderungen<br />

der Kunden. Das Gegenteil ist richtig.<br />

Trends werden gemacht und<br />

gehyped. Sie kommen nicht von<br />

unten. Dem schnellen Trend zu folgen<br />

macht gleichzeitig taub für die<br />

echten Bedürfnisse. Schnelle Trends<br />

versuchen, künstliche Begehrlichkeiten<br />

zu wecken. Dieses Prinzip<br />

des Haben-Wollens steht auf einem<br />

wackligen Fundament. Auch wenn es<br />

Kunden gibt, die einen Geländewagen<br />

kaufen, den sie nicht brauchen:<br />

Wer dem dernier cri bedingungslos<br />

folgt, der legt sich selbst ein Ei. Fast<br />

immer. Dabei wäre es wesentlich<br />

gewinnbringender, aufgeschlossen zu<br />

sein für Strömungen, die den wirklichen<br />

Bedürfnissen unserer Kunden<br />

Rechnung tragen. Und dabei als<br />

Möbelhersteller die eigene Identität<br />

zu bewahren.<br />

68 möbel kultur 1/2020


3 das Schwere<br />

Ist ein Möbel schwer, rechtfertigt sich der Preis. Das Investierte zeigt sich im Gewicht.<br />

Wuchtige Stollenwand und dicke Tischplatte, stämmige Beine. Das alles reicht in der Nachkriegszeit<br />

schon als einziger Nachweis besonderer Wertigkeit. Obwohl das Model Twiggy das<br />

spindeldürre Ideal jener Jahre war, ist Gelsenkirchener Barock der Balsam für das Verlorene.<br />

Immobile Möbel, gemacht für ein Umfeld, in dem man sein ganze Leben verbringt – von der<br />

Wiege bis zum Sarg aus echter deutscher Eiche. Unveränderlich und festgetackert an ihrem<br />

Platz. Mit solchen Möbeln zog man nicht um. Und wenn doch, dann kostete das Schweiß.<br />

Den vergoss man damals gerne.<br />

Heute nicht mehr. Denn heute lebt man flexibler und mobiler. Aber wo bleibt die Wertigkeit,<br />

würde man plötzlich leichte Möbel bauen? Wie schwer sich Hersteller mit dem Leichten tun,<br />

sieht man allerorten. Manche versuchen sich erst gar nicht daran. Hoffen auf das Bewährte.<br />

Bestimmt kommt es irgendwann zurück! Was ziemlich unwahrscheinlich ist Würde man<br />

als Hersteller über den Tellerrand blicken, könnte man die Möglichkeiten erkennen. Neue<br />

Materialien und Techniken. Spannende Gestaltungskonzepte und eine Hinwendung zu dem,<br />

was der Kunde wirklich braucht. Diese Chance sollte man wahrnehmen..<br />

2 die Tradition<br />

Was gestern richtig war, kann heute nicht<br />

falsch sein – Wertigkeit wird sich immer<br />

durchsetzen – Wir haben Deutschland<br />

damals wieder aufgebaut – Wir sind tief verwurzelt<br />

in unserer Region – Wir suchen unser Holz<br />

noch beim Förster aus – Wir sind ein familiengeführtes<br />

Unternehmen – Hundert Jahre Erfahrung<br />

– Unsere Möbel sprechen für sich – Wir<br />

haben noch nie ein Marketing gebraucht – Handwerkliche<br />

Tradition bis ins letzte Detail.<br />

Das ist es also, worauf man beharrlich setzt:<br />

die eigene Tradition als Totschlagbegriff gegen<br />

das verstörende Neue und den verletzten Stolz.<br />

Ignoranz gegenüber dringend anstehenden Aufgaben.<br />

Man argumentiert mit dem destruktiv-<br />

Konservativen, bedient Sehnsüchte nach Zeiten,<br />

wo noch alles besser, wertiger, absehbarer und<br />

natürlich schöner war. Mit der Verweigerung<br />

globaler Einflüsse und geänderter Lebensgewohnheiten.<br />

Dagegen kämpft man mit ganzer Kraft<br />

und setzt lieber auf das Luftbild von Großvaters<br />

Werkstatt auf der Website, die man ‚Homepage‘<br />

nennt. Agonie. Mit stumpfer Waffe kämpft man<br />

bis hin zum Insolvenzantrag und dem Dahinscheiden<br />

der letzten treuen Stammkunden.<br />

Dabei hätte es wesentlich weniger Mühe und<br />

Kraft gekostet, einfach nur zeitrichtige Möbel zu<br />

bauen. Aufzuwachen und die Zäsur zu wagen.<br />

Starrsinn, überlebte Tradition, Hierarchie und<br />

die Erfahrung der Gestrigen im Giftschrank verschwinden<br />

zu lassen. Neues zu beginnen. Auch<br />

dann, wenn die Maschinen in der zugigen Halle<br />

noch grün sind. Das geht aber nur, wenn man<br />

den Zeitpunkt nicht verpasst. Ohne Ballast wird<br />

die Beinfreiheit für die richtigen Entscheidungen<br />

ganz ungeahnt groß. So wie damals in der Zeit, als<br />

alles begonnen hat. Und plötzlich ist sie wieder<br />

da, die Tradition! Aber anders.<br />

4 die Zielgruppe<br />

Wie entwickelt man ein<br />

erfolgreiches Möbel? Man<br />

fokussiere Gestaltung, An -<br />

wendung und den Preis auf eine klar<br />

umrissene Gruppe von Interessenten.<br />

Das ist erfreulich und ungewöhnlich.<br />

Denn man denkt ja tatsächlich schon<br />

am Anfang an die Bedürfnisse des<br />

Käufers, obwohl der im Branchenjargon<br />

etwas despektierlich ‚Endkunde‘<br />

genannt wird. Der Pfeil geht<br />

also direkt ins Schwarze. Gar nicht<br />

schwer, weil alles passt: Anmutung,<br />

zielgerichtetes Marketing, der richtige<br />

Vertriebskanal. Bisher galt die<br />

eigene Produktenwicklung doch stets<br />

als ein Vabanquespiel.<br />

Nun wird sie plötzlich kalkulierbar.<br />

Mit vorausbestimmten Schnelldrehern.<br />

Da freut sich auch der krisengeplagte<br />

Händler – und siehe da:<br />

Die Platzierungsquote stimmt. Im<br />

Handel steht das neue Möbel dann<br />

wie Blei. Ursachenforschung beginnt,<br />

Design, Funktion und VK kommen<br />

auf den Prüfstand. Und schnell wird<br />

klar, dass doch alles erfüllt ist, was<br />

man sich vorgenommen hatte. Ratlosigkeit.<br />

Dabei ist der wahre Schuldige<br />

an diesem Flop nicht weit. Es ist der<br />

Kunde. Er möchte das perfekt für ihn<br />

entworfene und beworbene Möbel<br />

einfach nicht kaufen.<br />

Und schuld daran ist auch die<br />

Annahme, im Jahre 2020 gäbe es<br />

noch klar definierte Käufergruppen.<br />

Mancher Hersteller meint, dass der<br />

misstrauische Zielgruppenmensch<br />

tatsächlich ein Möbel akzeptieren<br />

wird, das ganz genau auf ihn zentriert<br />

und auf seine Bedürfnisse<br />

zugeschnitten ist. So reiht sich ein<br />

Fauxpas an den nächsten. Doch<br />

leider sind solche bisher zuverlässigen<br />

Kenngrößen weitgehend<br />

verschwunden. Die einst scharfe<br />

Abgrenzung verschiedener Käuferschichten<br />

wird immer diffuser.<br />

Denn heute spart die Arzthelferin<br />

auf den ersehnten Eames Chair, der<br />

Mann in Jeans und Holzfällerhemd<br />

kauft den italienischen Businessanzug<br />

und so manche Anwaltsgattin<br />

brütet über schwedischen<br />

Montageanleitungen. Zielgruppenanalyse<br />

ist fragwürdig geworden.<br />

Oder man hängt sie gleich so hoch<br />

auf, dass sich keine verwertbaren<br />

Erkenntnisse daraus ableiten lassen.<br />

Dass Käufer offener und souveräner<br />

in ihren Kaufentscheidungen<br />

geworden sind, ist Ausdruck des<br />

gesellschaftlichen Wandels, globaler<br />

Einflüsse und eines demokratisiertenLebensgefühls.<br />

Um gute<br />

Produkte für sie zu machen, muss<br />

man keine Daten auswerten. Sondern<br />

einfach nur genau hinschauen.<br />

Mit einer neuen Sensibilität für den<br />

Adressaten.<br />

1/2020 möbel kultur 69


1 I 2020<br />

MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS<br />

POLSTER<br />

Frische<br />

Impulse<br />

für das<br />

neue Jahr<br />

Foto: Ekornes<br />

/// Pantone-Farbe „Classic Blue“: Ein verlässlicher Anker /// Thomas Schlosser: Die Nische<br />

ist Signets Stärke /// Werther: Beständiger Partner /// Trend Panel: Abwechslung am POS ///<br />

VdDP: Die Mitglieder auf der „imm cologne“ /// Reklamationen: Erfolgreich mit mehr Wissen


POLSTER<br />

Mit Anschwung<br />

Foto: Freifrau<br />

Zahlreiche neue Entwicklungen, frische POS-Konzepte, pfiffige<br />

Funktionen und ein toller Service: Die deutschen Polstermöbelhersteller<br />

starten mit attraktiven Angeboten ins neue Jahr. Zur<br />

„imm cologne“ haben sie eine Fülle an frischen Ideen umgesetzt,<br />

um dem Handel nachhaltige Impulse für erfolgreiche Verkaufszahlen<br />

und eine emotionale POS-Gestaltung zu liefern. Schließlich gilt<br />

es, den positiven Aufwärtstrend im zweiten und dritten Quartal 2019<br />

aufrechtzuerhalten – auch wenn es im Oktober laut der aktuellsten<br />

Zahlen des Verbands der Deutschen Polstermöbelindustrie (VdDP)<br />

wieder einen kleinen Dämpfer gab.<br />

Nach vorne blicken lautet die Devise – und mal etwas Neues<br />

wagen. So wie es beispielsweise Thomas Schlosser getan hat. Seit<br />

30 Jahren ist er erfolgreich in der Möbelbranche aktiv. Jetzt hat<br />

er sich dazu entschlossen, im Zuge einer Nachfolgeregelung die<br />

Mehrheit der Anteile von Signet zu übernehmen. Seit dem 1. Januar<br />

zeichnet er als CEO der Polstermöbelmanufaktur verantwortlich.<br />

„Am Ende ist es der Gestaltungswille, der mich antreibt“, erklärt der<br />

Branchenkenner seinen Weg.<br />

Sich treu bleiben, das eigene Profil schärfen, und eigenständig<br />

bleiben – das sind auch wichtige Pfeiler, um sich als Hersteller positiv<br />

vom Wettbewerb abzusetzen. Eine Regel, die schon immer galt<br />

und gerade jetzt, vor dem Hintergrund der zunehmenden Konzentration<br />

im Handel, noch mehr an Bedeutung gewinnt. Es gilt, die eigene<br />

DNA hochzuhalten, um am POS auch weiterhin ein abwechslungsreiches<br />

Angebot zu finden. <br />

DORIS SCHMIDT<br />

Top-Themen<br />

in diesem Polster-Special:<br />

Trends 2020: Ein verlässlicher<br />

Anker<br />

Signet: Die Nische ist die<br />

Stärke<br />

Werther: Beständige Werte<br />

Trend-Panel: Abwechslung<br />

am POS<br />

Reklamationen: Erfolgreich<br />

mit mehr Wissen<br />

ZUM TITEL<br />

Mit weichen, runden Formen punktet „Stressless<br />

Sam“. Der neue Relaxer von Ekornes kann<br />

optional mit einer Heizfunktion plus zusätzlich<br />

kombiniert mit einer leichten Massage ausgestattet<br />

werden.<br />

1/2020 möbel kultur 73


POLSTER/ SIGNET<br />

Die Nische ist<br />

die Stärke<br />

In neuer Hand präsentiert sich Signet seit dem 1. Januar. Im Zuge<br />

einer Nachfolgeregelung haben Carola und Gerald Klimke, die<br />

Gründer des oberfränkischen Schlafmöbel-Spezialisten, ihre Anteile<br />

mehrheitlich an den Branchenkenner und jetzigen Geschäftsführer<br />

Thomas Schlosser übergeben. Eine Minderheitsbeteiligung ging<br />

jeweils zu gleichen Teilen zudem an VR Equitypartner und ein von<br />

ihr gemanagter Fonds. Die „möbel kultur“ sprach mit dem CEO über<br />

seinen neuen Posten, das Unternehmen und seine Ziele.<br />

Ausgezeichnet: „Chimba“<br />

ist Preisträger des „Iconic<br />

Awards 2020“.<br />

Fotos: Signet<br />

76 möbel kultur 1/2020


möbel kultur: Herr Schlosser, zum 1.<br />

Januar dieses Jahres haben sie mehrheitlich<br />

die Anteile an Signet übernommen<br />

und zeichnen dort nun als CEO verantwortlich.<br />

Wie kam es dazu?<br />

Thomas Schlosser: Mit der Familie<br />

Klimke bin ich seit Jahren in Kontakt.<br />

Auch das Thema einer möglichen<br />

Übernahme stand dabei im<br />

Raum. Die ungeklärte Finanzierung<br />

beließ es jedoch beim Gedankenspiel.<br />

Die Initialzündung für den<br />

aktiven Eintritt in die Übernahmeverhandlung,<br />

war das Interesse<br />

der VR Equitypartner an Signet,<br />

die jedoch selbst nicht über einen<br />

geeigneten Manager verfügten, der<br />

Signet führen könnte. Die Familie<br />

Klimke hat uns daraufhin vorgestellt<br />

und das hat dann einfach gut<br />

gepasst. Natürlich nicht ohne die<br />

üblichen Planungen und strategischen<br />

Verfahren eines klassischen<br />

M&A Prozesses.<br />

möbel kultur: Seit 30 Jahren sind sie in<br />

der Polstermöbelbranche aktiv. Sich jetzt<br />

selbstständig zu machen, ist ein großer<br />

Schritt. Warum haben Sie sich dazu entschlossen<br />

und warum fiel die Wahl gerade<br />

auf Signet?<br />

Thomas Schlosser: Am Ende ist es der<br />

Gestaltungswille, der mich antreibt.<br />

ihr gemanagter Fonds haben zusätzlich<br />

jeweils Minderheitsbeteiligungen erworben.<br />

Was ist der Grund dafür?<br />

Thomas Schlosser: Für die VR Equitypartner<br />

stellt die gewählte Beteiligungsform<br />

den üblicherweise im<br />

Haus verfolgten Weg dar. Dabei<br />

kamen auch Mittel aus dem EFRE-<br />

Fonds zum Einsatz, die zur Förderung<br />

innovativer Unternehmen in<br />

Bayern eingesetzt werden können.<br />

möbel kultur: Was bedeutet die Beteiligung<br />

von VR Equitypartner im täglichen<br />

Geschäft?<br />

Thomas Schlosser: VR Equtiypartner<br />

und ich begegnen uns auf Augenhöhe.<br />

Jeder hat seine Stärken, die<br />

er gewinnbringend in die Unternehmung<br />

einfließen lässt. Im operativen<br />

Geschäft verfüge ich über die<br />

erforderliche Entscheidungsgewalt.<br />

Ebenso obliegt mir die Verantwortung<br />

als alleiniger Geschäftsführer.<br />

Auf der anderen Seite ist es ideal,<br />

wenn Sie für den Bereich der Finanzierung<br />

einen professionellen Partner<br />

an Ihrer Seite wissen, mit dem<br />

Sie sich auch über Managementfragen<br />

austauschen können.<br />

möbel kultur: Wie haben die Handelspartner<br />

auf die Übernahme regiert?<br />

Signet ist ein gesundes, gut<br />

aufgestelltes Unternehmen.<br />

Der Umgang mit Menschen und<br />

Produkten. Bei meinen früheren<br />

Stationen waren diese Möglichkeiten<br />

sehr unterschiedlich ausgeprägt und<br />

zuletzt eher übersichtlich. Hochwertige<br />

Produkte und deren Vermarktung<br />

interessieren mich am<br />

stärksten. Die Mitarbeiter von Signet<br />

fertigen eine ausgezeichnete Produktqualität.<br />

Dazu kommen Handelspartner,<br />

die die traditionellen<br />

Fertigungsmethoden und die Güte<br />

der verwendeten Materialien zu<br />

schätzen wissen. Das Verhältnis<br />

zur Inhaberfamilie war immer von<br />

großer gegenseitiger Wertschätzung<br />

geprägt. 2011 habe ich bereits bei<br />

Signet gearbeitet und den Teamgeist<br />

der Belegschaft kennengelernt. Für<br />

mich sind das ideale Bedingungen.<br />

möbel kultur: Die Beteiligungsgesellschaft<br />

VR Equitypartner und ein von<br />

Thomas Schlosser: Im ersten Moment<br />

hat es überrascht, da zu vielen<br />

Partnern teils sehr enge Kontakte<br />

bestehen und man einfach nicht<br />

damit gerechnet hatte. Klimkes<br />

hatten jedoch gleich darauf verwiesen,<br />

dass man einen Partner<br />

gefunden hat, der Ausrichtung<br />

und Stil der Firma beibehalten<br />

wird. Einigen Händlern<br />

war ich bereits persönlich<br />

bekannt. Den anderen stelle<br />

ich mich jetzt sukzessive<br />

vor. Da hilft es natürlich,<br />

dass ich mit der „imm<br />

cologne“ jetzt eine gute,<br />

kompakte Möglichkeit<br />

dazu erhalte. Wir betonen<br />

in allen Gesprächen,<br />

dass wir an den bewährten<br />

Konzepten festhalten<br />

und uns behutsam weiterentwickeln<br />

wollen.<br />

1/2020 möbel kultur 77


IDEEN ZUR<br />

LOOKINSPIRATION<br />

88 möbel kultur 1/2020


Traumhaft schön – der Kontrast zwischen dem atemberaubenden Ausblick auf die Hochhaus-<br />

Schluchten einer Mega-City und dem großzügigen Freiraum rund um das „Grangala“-Bett von<br />

Zanotta macht diese Traumstätte als Rückzugsort besonders attraktiv.<br />

SICH NEU<br />

ERFINDEN<br />

/// City-Blick, Betonwand oder Fischgrät-Boden, die Umgebung<br />

verändert die Möbel-Wahrnehmung noch stärker als<br />

die Perspektive. Um (kommenden) Designklassikern neues<br />

Leben einzuhauchen, reicht oft schon ein Ortswechsel. Nur<br />

Mut, ein „Geht nicht, gibt‘s nicht“.<br />

1/2020 möbel kultur 89


1 I 2020<br />

MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS<br />

KÜCHE<br />

Foto: Hettich<br />

Intelligenz inside<br />

Die Küche 2020 wird zur individuellen Komfortzone<br />

/// Exportmarkt USA: Bereit für den American Lifestyle /// Liebherr: Neuer<br />

Touchpoint für die Marke /// Blanco: Moderner Spülen-Klassiker /// Hettich:<br />

Komfort für die Kühlzone /// Berbel: So sieht ein echter Sieger aus /// MHK: Volle<br />

Mediapower zum 40. Geburtstag /// GfM-Trend: Küchen auf der Trumpfkarte


KÜCHE<br />

Wer wird Erster<br />

beim „Green Deal“?<br />

Foto: Bosch “Ignite“<br />

Was hat ein Holzofen wie der „Ignite“ von Bosch mit moderner Kochtechnik<br />

zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. Außer dass hinter dem so primitiv<br />

erscheinenden Gerät deutsche Ingenieurskunst steckt. Dazu gemacht, dass<br />

damit Menschen in Indien oder Afrika effizienter und ohne schädliche Dämpfe<br />

kochen können. Und vor allem ohne Strom und Gas. Ein Gerät, das zudem<br />

Vertrauen in die Marke schafft, für den Tag, wenn das Geld für mehr Küchentechnik<br />

reicht.<br />

Mit Holz zu kochen, ist sicher kein Fortschritt. Doch die Brennstoffe effizienter<br />

auszunutzen, bleibt in jedem Fall die Herausforderung – noch besser<br />

wäre es, ganz ohne auszukommen. Ob mit purer Sonnenenergie oder wie<br />

auch immer. Neues Denken ist gefragt. Globale Katastrophen von Grönlands<br />

Eisschmelze bis zu Buschbränden in Australien und der „Greta-Effekt“<br />

verlangen nachhaltiges Handeln. Dazu hat Ursula von der Leyen als EU-<br />

Kommissionschefin den „Green Deal“ als Wachstumsstrategie ausgerufen.<br />

Europa soll Vorreiter beim Klimawandel werden, mehr umweltschonende<br />

Innovationen erschaffen.<br />

Auch die Hausgerätetechnik macht mit. Die Umstellung der EU-Label<br />

und langlebiges Ökodesign sind zwar nur kleine Schritte, haben aber eine<br />

große Tragweite für die Branche. Denn es wird nicht leicht sein, Verbraucher<br />

zu überzeugen, dass der Energieverbrauch der gewohnten Triple-A-Klasse<br />

ab 2021 auf einmal in „C“ eingestuft wird. Umdenken ist gar nicht so einfach,<br />

aber notwendig. Nicht nur weil die Masse der A-Geräte kaum mehr zu<br />

unterscheiden ist, sondern weil Europas Ingenieure jetzt noch mehr aus der<br />

Technik herausholen sollen. Der Wettlauf um die Bestwerte hat längst begonnen.<br />

Ehrgeizig wird in den Konzernen daran geforscht, den A-Status wiederzuerlangen.<br />

Wer sich hier als Erster profiliert, wird auch Ansehen gewinnen.<br />

Dabei galt die Energieeffizienz als Wettkampf-Disziplin schon fast als<br />

abgehakt – spricht doch alle Welt jetzt über die smarte Offensive mit Kochassistenten<br />

und sprechenden Kühlschränken. Gehört das Stromsparen<br />

bereits zum Standard, wurde für die Connectivity stattdessen immer mehr<br />

elektrifiziert. Nichts geht mehr ohne Smartphone- oder Tableteinsatz.<br />

Es wird spannend zu sehen, ob und wie sich die Topthemen künftig für den<br />

„Green Deal“ miteinander vernetzen. <br />

HEIKE LORENZ<br />

Top-Themen<br />

in diesem Küchen-Special:<br />

Exportmarkt USA: Bereit für<br />

den American Lifestyle<br />

Liebherr: Der neue Touchpoint<br />

für die Marke<br />

Blanco: Moderner Klassiker<br />

mit cleveren Details<br />

Berbel: So sieht ein echter<br />

Sieger aus<br />

ZOW: Kreativer Input für die<br />

Küchen-Community<br />

Hettich: Komfort für die<br />

Kühlzone<br />

MHK: Volle Mediapower zum<br />

40ten Geburtstag<br />

GfM-Trend: Küchen auf der<br />

Trumpfkarte<br />

Titel: „AvanTech You“ von Hettich. Die Plattform<br />

erlaubt den Einsatz von einem Schubkasten auf<br />

zwei unterschiedlichen Führungen bei gleichem<br />

Korpusbohrbild.<br />

1/2020 möbel kultur 113


KÜCHE<br />

A<strong>MK</strong>: Workshop zum Küchenmarkt USA<br />

Bereit für den American<br />

Lifestyle<br />

Neben China gelten die USA als Markt mit hohem<br />

Absatzpotenzial für Küchen. Und die Aussichten<br />

sind auch mittelfristig sehr attraktiv, wie der<br />

A<strong>MK</strong>-Workshop am 13. November zeigte. Welche<br />

Trends die Nachfrage bestimmen, wie sich die<br />

regionalen Vertriebsstrukturen entwickeln und<br />

worin aus deutscher Sicht kulturelle Unterschiede,<br />

Chancen und Risiken im täglichen Business bestehen<br />

– all dies vermittelten US-erfahrene Referenten vor<br />

einem sehr interessierten Publikum.<br />

114 möbel kultur 1/2020


Bislang stehen die USA an 9.<br />

Stelle im Export-Ranking der<br />

deutschen Küchenmöbelindustrie.<br />

Lange hinter den europäischen<br />

Kernmärkten und auch<br />

nach China (Platz 7). Den politischen<br />

Unsicherheiten durch die<br />

Trump-Regierung zum Trotz scheinen<br />

jedoch die Ambitionen ungebrochen.<br />

Denn wie die A<strong>MK</strong>-Umfrage<br />

unter den Mitgliedern ergab,<br />

richtet sich aktuell der größte Informationsbedarf<br />

auf Nordamerika.<br />

Sieben Referenten berichteten im<br />

Kölner Messehochhaus über ihre<br />

Erfahrungen und Einschätzung der<br />

aktuellen Marktentwicklung.<br />

Stefan Schultheiß, Partner der<br />

Cologne Strategy Group, lieferte<br />

gleich zu Anfang einen Überblick<br />

über Land, Leute und das Business<br />

in den Staaten. Positive Absatzvoraussetzungen<br />

auch für Küchen signalisiert<br />

die Demografie: Von heute<br />

knapp 330 Mio. wird die Bevölkerung<br />

voraussichtlich bis 2050 weiter<br />

auf 389,6 Mio. US-Bürger wachsen,<br />

wobei die Haushaltsgröße in den<br />

letzten Jahren auf durchschnittlich<br />

2,5 Personen zurückgegangen<br />

ist. Die Gesamtzahl der Haushalte<br />

wird jedoch um rund eine Million<br />

per anno (!) von derzeit 130 Mio.<br />

auf über 160 Mio. in 2050 steigen.<br />

Negativ wirkt sich dagegen die<br />

Verringerung der Bautätigkeit u.a .<br />

durch eingeschränkte Verfügbarkeit<br />

von Bauland in Ballungszentren bei<br />

gleichzeitig wachsender Urbanisierung<br />

aus: Die USA befinden sich<br />

also derzeit in einem Investitionsstau.<br />

Damit erhöht sich der Renovierungsbedarf<br />

von Bestandsbauten.<br />

Die Hochrechnung sieht folglich<br />

so aus, dass trotz gedämpfter Aussichten<br />

der Gesamtmarkt von heute<br />

7,5 Mio. auf 8 Mio. Küchen in 2030<br />

und 9 Mio. in 2050 steigt. Häufige<br />

Umzüge (ohne die eigene Küche)<br />

senken zugleich die Ansprüche an<br />

die Lebensdauer und Wertigkeit.<br />

Der Geschmack ist nach wie vor<br />

traditionell von der Holzküche mit<br />

Kassettentüren geprägt, öffnet sich<br />

jedoch zunehmend dem europäischen<br />

geradlinigen Design. Auch<br />

der Bedarf an kleineren Küchen,<br />

mit entsprechenden Stauraumlösungen,<br />

wird in den Ballungszentren<br />

stärker. Entscheidend ist für Schultheiß<br />

jedoch, die Handelsstrukturen<br />

zu kennen und hier die jeweiligen<br />

Kanäle richtig zu bedienen – ob<br />

hochwertige Design Center, kleine<br />

Küchenstudios, Projektfirmen oder<br />

preiswerte DIY-Märkte und Onlineanbieter<br />

(s. Grafik). Das Fazit: „Der<br />

Eintritt in den nordamerikanischen<br />

Markt ist herausfordernd, bietet aber<br />

gewaltige Chancen!“<br />

Dieser Meinung ist ebenso Georg<br />

Frey vom Ingenieurbüro Lignum<br />

Consulting. Auch dieser bestätigte<br />

den enormen Renovierungstrend<br />

(ca. 10 Mio. Küchen p.a.), wobei<br />

es oft aber nicht um die komplette<br />

Küche gehe, sondern nur um eine<br />

Teilmodernisierung. In den letzten<br />

fünf Jahren sei der Umsatz am<br />

Küchenmarkt insgesamt von 12,7<br />

auf 16,3 Mrd. Dollar (11,5 /14,7<br />

Mrd. Euro) geklettert, woran die<br />

gehobenen Preislagen einen tendenziell<br />

höheren Anteil haben. Die<br />

Importquote stieg auf 13,6 Prozent<br />

(2018). Zwar legte der Anteil<br />

ausländischer Küchen zu und wird<br />

der „Urban Chic“ stärker nachgefragt,<br />

aber zugleich bleiben Vorbehalte<br />

gegenüber „frameless kitchen“<br />

bestehen. Denn die klassische<br />

amerikanische Küche hat immer<br />

noch den „Face frame“ mit vorgesetzten<br />

Türen. US-Konsumenten<br />

und auch Bauträger empfinden die<br />

europäische Küche dagegen oft als<br />

billig konstruiert, weil wenig echtes<br />

Holz verarbeitet wird und die engen<br />

Fugenbilder anspruchsvoller in der<br />

Montage sind, während die Faceframe-Schränke<br />

mit stärkeren,<br />

verschraubbaren Rückwänden<br />

ausgestattet sind.<br />

Den Marktzugang für<br />

Deutsche erleich-<br />

Wie eine Umfrage unter den A<strong>MK</strong>-Mitgliedern<br />

ergab, wachsen derzeit die Ambitionen<br />

für den Export in die USA. Für Verbandsgeschäftsführer<br />

Volker Irle (u.) der Anlass,<br />

am 13. November zu einem gut besuchten<br />

Länderinformationstag einzuladen.<br />

Sieben Referenten, alle mit Erfahrungen aus „den Staaten“, sorgten für einen<br />

runden Überblick über den US-Küchenmarkt. Unten v.l.: A<strong>MK</strong>-GF Volker Irle,<br />

Stefan Schultheiß (Cologne Strategy Group), Georg Frey (Lignum Consulting),<br />

Suzie Williford (NKBA), Christopher von Nagel (BSH), Jessica Ferklass<br />

(Deutsch-Amerikanische Handelskammer AHK), Johannes Jagg (Blum) und<br />

Kai-Uwe Schlegel (TÜV Rheinland).<br />

1/2020 möbel kultur 115


DAS MAGAZIN FÜR FACHSORTIMENTE IM MÖBEL- UND ONLINEHANDEL<br />

LifeStyle<br />

JANUAR 2020<br />

KPM<br />

Touchpoints im<br />

Porzellan-Quartier<br />

Donkey Products<br />

Pop-up-Store<br />

für mehr Smiles<br />

Kela, Silit, Sompex und Wüsthof<br />

Die Big Brands<br />

starten durch<br />

Ambiente und Christmasworld:<br />

Decoration unlimited<br />

Zwei Feste für den POS


LifeStyle<br />

JANUAR 2020<br />

Inhalt<br />

Le Creuset: Im neuen<br />

Kochuniversum<br />

Ob R2-D2, Darth Vader oder das Droiden-<br />

Komplett-Set – die limitierte Edition „Star Wars x<br />

Le Creuset lässt alle Fans und Cineasten in ein<br />

neues Koch-Universum vorstoßen. Das Mini-<br />

Cocotte-Set in Sonderausführung ist nicht nur<br />

verspielt, sondern ebenso nützlich wie die<br />

beliebten Filmfiguren, die für das Set als<br />

Vorlage dienten. www.lecreuset.de<br />

brands+trends<br />

133 Trends | Le Creuset: Im neuen Kochuniversum<br />

142 Brands + Trends | Gefu / Hedwig Bollhagen<br />

Werkstätten / Hölker Verlag / Initiative Furnier+Natur /<br />

Klatt Objects<br />

photo-shoot<br />

134 Rebel Walls | Feeling mit 3D-Effekt<br />

business<br />

136 KPM | Das Porzellan-Quartier<br />

140 Kela | Frischer Wind fürs neue Jahr<br />

143 Philippi | Kleine Stories im Alltag<br />

store design<br />

144 Donkey Products | Ein Lächeln ins Gesicht zaubern<br />

events<br />

146 Ambiente | Mit Blick auf die Zukunft<br />

148 Christmasworld | Saisonale Event Show<br />

products<br />

150 Wüsthof | Hotspots rund ums Schneiden<br />

152 Silit | Viel Stoff für feurige Umsätze<br />

153 Brabantia | Stylishe Helfer<br />

154 Continenta | Schön schräg und schnittig<br />

155 Ambiente Europe | im Blumenmeer<br />

156 Sompex | Highlights für in- und outdoor<br />

157 Fink | Bohemian Rhapsody<br />

158 F&H | Skandinavisch bis ins Detail<br />

159 Elo | Hervorragend unter Dampf<br />

160 Severin | Kohleausstieg leicht gemacht<br />

160 Gilde | Jubiläum<br />

160 Kleentex | In Fliesen-Optik<br />

160 Impressum<br />

Titelmotiv „LifeStyle by möbel kultur“:<br />

Die Leuchtenkollektion von Villeroy &<br />

Boch aus der Feder von Sompex Lighting<br />

rundet die Einrichtungskollektion<br />

ideal ab. „Havanna“ bringt ein Stück<br />

karibisches Flair in die Wohnung. Mehr<br />

dazu auf Seite 26.<br />

www.sompex.de<br />

In galaktische Einkaufs-<br />

Erlebnisse vorstoßen<br />

Wohin steuert die Branche? Diese Frage bewegte<br />

2019 alle. Und sie brennt auch im neuen<br />

Jahr auf den Nägeln. Übernahmen, Beteiligungen<br />

und Geschäftsaufgaben – der Konzentrationsprozess<br />

ist auf einem Level, das es bisher nur in anderen<br />

Bereichen wie beispielsweise in der Lebensmittelbranche<br />

gab. Gleichzeitig werden die Kunden immer anspruchsvoller. Viele<br />

Händler denken deshalb zu Recht: Wo bleibe ich als mittelständischer<br />

Unternehmer in einem Szenario, in dem Große immer größer werden<br />

und das Onlineangebot immer ausufernder?<br />

Doch nichts ist in Stein gemeißelt – auch nicht das Big Business der<br />

Branchenriesen, bei denen ohnehin nicht alles wie geschmiert läuft. Selbst<br />

sie können sich nicht auf Lorbeeren ausruhen, sondern müssen immer<br />

wieder aufs Neue um jeden Verbraucher kämpfen. Nicht nur im stationären<br />

Handel ist der Kunde ein flüchtiges Gut, online funktioniert<br />

der Klick auf eine andere Plattform noch schneller. Und<br />

genau das sollte optimistisch stimmen. Über die Gunst<br />

der Endverbraucher entscheidet nicht die Größe eines<br />

Unternehmens, sondern wie sehr es dem Händler<br />

gelingt, die Menschen emotional zu berühren. Davon<br />

erzählen in dieser Ausgabe u. a. KPM-Inhaber<br />

Jörg Woltmann, Jan Philippi vom gleichnamigen<br />

Lifestyle-Label oder Florian Berger, kreativer Kopf<br />

und umtriebiger Geist bei Donkey Products.<br />

All days for birds:<br />

Vogelfutterröhre<br />

und -bad von Eva Solo<br />

Eine Studie, die gemeinsam von der Forschungseinrichtung<br />

Ispsos, GfK und Axis Communications<br />

unter Verbrauchern in bekannten Shopping-Regionen<br />

weltweit durchgeführt wurde, zeigt auf, dass sich die<br />

Mehrheit von 76 Prozent der Befragten wünscht, sowohl<br />

stationäre als auch Online-Shops zu nutzen,<br />

die sich ergänzen und ein nahtloses<br />

Einkaufserlebnis über alle Online- und<br />

Offline-Touchpoints bieten. Technologie<br />

spielt bei der Lösung fast aller Probleme<br />

eine immer größere Rolle, heißt es da.<br />

Gemeint sind damit nützliche Tools, die das Warten<br />

sinnvoll verkürzen und mehr Informationen rund um die Produktwelten<br />

bieten. Doch wie ist es damit am POS bestellt? Bei den meisten Läden<br />

gibt es noch viel digitalen Spielraum, um das Einkaufserlebnis auch in<br />

dieser Hinsicht attraktiver zu gestalten. Auf der kommenden Euroshop, die<br />

vom 16. bis 20. Februar in Düsseldorf stattfinden wird, gibt es garantiert<br />

wieder überraschende, wie fantastische Innovationen zu entdecken. Der<br />

Retail-Hotspot Nr. 1 gehört alle drei Jahre zum absoluten Pflichtprogramm<br />

für alle, die es ernst meinen mit dem berühmt berüchtigten Wandel im<br />

Handel. <br />

RITA BREER<br />

1/2020 möbel kultur 133


usiness<br />

Porzellan als Basis der<br />

Quartiersentwicklung: Der<br />

Bankier und Unternehmer<br />

Jörg Woltmann (rechte<br />

Seite) hat es verstanden,<br />

mit dem KPM-Areal ein<br />

ganzheitliches Markenerlebnis<br />

zu schaffen.www.<br />

kpm-berlin.com<br />

KPM: Die Touchpoints einer großen Marke<br />

Das Porzellan-<br />

Quartier<br />

Die Königliche Porzellan-<br />

Manufaktur Berlin drohte 2006<br />

in die Insolvenz zu rutschen.<br />

Bis sich der Berliner Unternehmer<br />

Jörg Woltmann dazu<br />

entschloss, dass 1763 gegründete<br />

Traditionsunternehmen<br />

zu kaufen und so<br />

zu bewahren. Im Zuge einer<br />

behutsamen und dennoch<br />

umfassenden Modernisierung<br />

schaffte die Belegschaft den<br />

Turnaround. Im KPM-Quartier<br />

in Berlin-Charlottenburg,<br />

direkt am Tiergarten, dreht sich<br />

heute alles um das weiße Gold.<br />

Der jüngste Baustein: Das<br />

Vier-Sterne- Superior „KPM<br />

Hotel & Residences“.<br />

Porzellan ist schön, aber zickig. So beschreibt<br />

die Figurenkeramformerin Anja Sonn den<br />

Charakter dieser launischen Dame. Und<br />

ja, wer für die Unterschiede zwischen gewöhnlicher<br />

Keramik und Porzellan bisher unempfänglich<br />

gewesen ist, der erlebt in der Königlichen<br />

Porzellan-Manufaktur den besonderen Zauber,<br />

der in dem feinen Materialgemisch steckt. Und<br />

das nicht allein, weil der Grundstoff im Zuge der<br />

beiden Brennvorgänge immer genau 16 Prozent<br />

Volumen verliert. Der Aufwand ist unglaublich: An<br />

einer einzigen weißen „KPM Berlin“-Tasse arbeiten<br />

29 Manufakturisten 25 Tage lang. Porzellan braucht<br />

Zeit und Zuwendung. Es benötigt 29 Arbeitsschritte,<br />

25 Manufakturisten und 14 Tage, um eine weiße<br />

„KPM Berlin“-Tasse zu produzieren.<br />

Die Königliche Porzellan-Manufaktur ist deutsches<br />

Kulturgut. Als Friedrich der Große vor genau<br />

255 Jahren die Manufaktur vom Berliner Kaufmann<br />

Johann Ernst Gotzkowsky abkaufte, hat er<br />

dem Porzellan buchstäblich seinen Stempel aufgedrückt.<br />

Seither ist die Zeptermarke aus dem kurfürstlich-brandenburgischen<br />

Wappen auf fast allen<br />

KPM-Produkten zu finden – jedenfalls auf jenen,<br />

die die strengen Qualitätsanforderungen bestehen.<br />

Im Laufe der Zeit entwickelte sich insbesondere das<br />

„Kurland“-Service, das in diesem Jahr 230-jähriges<br />

Jubiläum feiert, zum Klassiker.<br />

Dass der Geburtstag mit Glanz und Gloria und<br />

insgesamt mehr als 200 Mitarbeitern gefeiert werden<br />

kann, ist dem Bankier und Unternehmer Jörg<br />

Woltmann zu verdanken, der die angeschlagene<br />

Manufaktur im Februar 2006 rettete. „Es wäre<br />

schrecklich gewesen, wenn das älteste bis heute<br />

produzierende Unternehmen Berlins von der<br />

Bildfläche verschwunden wäre. Als die KPM vor<br />

der Insolvenz stand, weckte das meinen Patriotismus.<br />

Es war nie mein Herzenswunsch, Eigentümer<br />

einer Porzellan-Manufaktur zu werden, aber eine<br />

Herzensverpflichtung.“<br />

Dass die KPM vor einer so ungewissen Zukunft<br />

stand, ist heute kaum mehr vorstellbar, denn wer<br />

in die Wegelystraße 1 in Berlin-Charlottenburg<br />

einbiegt, betritt ein elegantes Viertel, das auf Porzellan<br />

gebaut ist. Zum KPM-Areal gehören heute die<br />

Erlebniswelt mit Flagship-Store, die Mitmach-Manufaktur<br />

und Museum, ein Café, Eventflächen und<br />

seit neustem das „KPM Hotel & Residences“.<br />

Die Idee: Über 250 Jahre Designgeschichte, modern<br />

umgesetzt in einem innovativen Hotelkonzept<br />

für exklusive Ansprüche. Mit den 117 Zimmern,<br />

einer Master Suite und den 58 Serviced Apartments<br />

bietet das Hotel jede Menge Berührungspunkte,<br />

um die Gäste mit der Porzellan-Marke in Kontakt<br />

zu bringen. Schlicht auch: „KPM Berlin“ erlebbar<br />

machen. Im Restaurant wird selbstverständlich auf<br />

KPM-Geschirr gespeist und selbst die Kitchenettes<br />

in den Hotelräumen sind mit dem edlen Porzellan<br />

ausgestattet, was mal eben 500 Euro Warenwert<br />

in jedem Zimmer bedeutet. In der Lobby und<br />

im Atrium befinden sich spektakulär inszenierte<br />

Skulpturen und Service.<br />

Jörg Woltmann, der bereits einige Hotels besitzt,<br />

davon zwei in Berlin, hat als Hoteldirektor<br />

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