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#1 - 2020 | Deutschland € 4,20 | Schweiz SFR 6,00 | Österreich € 4,80 | Luxemburg € 4,80<br />
WAS LÄUFER WISSEN MÜSSEN<br />
DAS MAGAZIN VON<br />
LAUFEN.DE<br />
JETZT IN EIN<br />
NEUES LEBEN<br />
STARTEN<br />
VON NULL AUF LAUFEN<br />
LESER ERZÄHLEN:<br />
SO HABEN WIR<br />
ES GESCHAFFT<br />
SO TROTZT DU KÄLTE,<br />
NÄSSE & INFEKTEN<br />
DARAUF KOMMT ES IM<br />
WINTER WIRKLICH AN<br />
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Die besten Events<br />
in Berlin<br />
SABRINA MOCKENHAUPT<br />
DIE FITNESS-TIPPS<br />
DES LET‘S DANCE-<br />
STARS<br />
POWERFOOD AUS NÜSSEN:<br />
DESHALB SIND ERDNUSS-<br />
BUTTER & CO. SO GESUND
INHALT<br />
06<br />
74<br />
20<br />
Titelbild: Asics<br />
34<br />
50<br />
36<br />
44<br />
80<br />
46<br />
86
EVENTS & REISEN<br />
TRAINING & FITNESS<br />
20<br />
34<br />
60<br />
68<br />
74<br />
78<br />
80<br />
86<br />
36<br />
Vom Sportmuffel zur Desert-Queen<br />
Tanja Schönenborn lief beim Atacama Crossing<br />
250 Kilometer durch die Wüste Chiles. Vor vier<br />
Jahren war sie noch übergewichtig und unsportlich<br />
Ein Marathon in Afghanistan<br />
Hunderte Frauen und Mädchen, die im von Terror,<br />
Krieg und Gewalt geprägten Afghanistan Marathon<br />
laufen? Gibt es nicht? Gibt‘s doch!<br />
Sightseeing in der ewigen Stadt<br />
Am 29. März 2020 heißt es: Run Rome - The Marathon!<br />
Eine großartige Gelegenheit, die Sehenswürdigkeiten<br />
Roms im Laufschritt zu erkunden<br />
Weniger Plastik, weniger Papier<br />
Nachhaltige Laufveranstaltungen – geht das überhaupt?<br />
Der Köln-Marathon hat es probiert<br />
Teneriffa mal anders<br />
Die Kanarische Insel ist mehr als Sonne, Strand und<br />
Meer: Schroffe Berge, ein fast 4.000 Meter hoher<br />
Vulkan, Lorbeerwälder – und ein City-Marathon<br />
Die besten Laufevents<br />
Das sind absolute Lauf-Highlights:<br />
Wir stellen vier Must Runs vor<br />
Laufen in New York<br />
Diese Stadt schläft nicht nur niemals, es läuft<br />
auch immer irgendjemand irgendwo. Wir stellen<br />
interessante Running-Projekte, Läufer und<br />
Lauf-Communities aus dem Big Apple vor<br />
Hollands Top Ten<br />
Es gibt jede Menge tolle Läufe im Nachbarland.<br />
Wir haben die schönsten ausgesucht<br />
LÄUFER & LEUTE<br />
Leser erzählen: So habe ich es geschafft<br />
Auf laufen.de haben wir Läufer gesucht, die uns die<br />
Erfolgsgeschichten ihres Laufeinstiegs erzählen.<br />
Und wir haben drei gefunden, deren Lebensläufe<br />
uns so gut gefallen haben, dass wir sie als Kandidaten<br />
für unsere Wahl der „Hobbyläufer des Jahres“<br />
ausgewählt haben: Guido Sander, Margareta Liebert<br />
und Silke Herrmann sind echte Vorbilder für<br />
alle, die mehr laufen und gesünder leben wollen.<br />
Plus: Die Läufer des Jahres bei den Profis<br />
06<br />
54<br />
66<br />
26<br />
30<br />
46<br />
50<br />
62<br />
70<br />
Jetzt in ein neues Leben starten<br />
Du willst endlich mit dem Laufen anfangen? Wir<br />
sagen dir, wie es am besten gelingt<br />
Fitness-Tipps von Sabrina Mockenhaupt<br />
Top-Läuferin Sabrina Mockenhaupt veröffentlicht<br />
jetzt ihr großes Fitness-Laufbuch. Die besten Tipps<br />
verrät sie schon vorab in <strong>LÄUFT</strong>.<br />
Strecken für die Schönheit<br />
Ein Kurzprogramm für Körpermitte und Beine<br />
EQUIPMENT & MODE<br />
Must Haves für Laufeinsteiger<br />
Wir sagen, welches Equipment Laufeinsteiger<br />
wirklich brauchen, was außerdem sinnvoll wäre<br />
und was nicht unbedingt notwendig ist<br />
Die besten Laufschuhe für Einsteiger<br />
Der erste Laufschuh muss nicht teuer sein. Er muss<br />
optimal zu dir und deinen Bedinungen passen<br />
Ein Schuh im All<br />
Der brandneue adidas Ultraboost 20 Space Race<br />
hat eine weite Reise vor sich: Er wird bald auf der<br />
Internationalen Raumstation ISS getestet<br />
GESUNDHEIT & ERNÄHRUNG<br />
Wintertraining: Darauf kommt es an<br />
Wer das ganze Jahr intensiv trainiert hat, sollte es im<br />
Winter ruhiger angehen lassen. Wir sagen dir, wie du<br />
die kalte Jahreszeit am besten nutzt<br />
Leckeres Powerfood aus Nüssen<br />
Erdnussbutter, Nussmus und Co. sind einfach<br />
lecker. Und gesund. Egal ob als Brotaufstrich oder<br />
als Ergänzung in Saucen, Eis oder Porridge<br />
Nässe, Kälte, Infekte: Das musst du wissen<br />
Viele Sportler halten die Warnungen vor Training mit<br />
einem Infekt für übertrieben. Wir erklären dir, warum<br />
diese Haltung lebensbedrohliche Folgen haben kann<br />
AUSSERDEM<br />
Titelthema<br />
facebook/laufen.de<br />
instagram/laufen.de<br />
12<br />
65<br />
Szene-News<br />
Gesas Kolumne<br />
92<br />
97<br />
98<br />
Lauftermine<br />
Frau Schmitt meint ...<br />
Impressum, Vorschau
Fotos: iStock/Kumer Sergii, iStock/golero<br />
Nicht zu schnell und mit<br />
optimalem Schuhwerk an den<br />
Füßen – so startest du jetzt in dein<br />
Lauf abenteuer, das dich fitter und<br />
gesünder machen soll. Was du<br />
sonst noch beachten solltest, damit<br />
dir der Spaß am Laufen lange<br />
erhalten bleibt, erklärt dir unser<br />
Experte Carsten Eich.<br />
6
› SO STARTEST<br />
—<br />
DU DURCH ‹<br />
VON NULL<br />
AUF LAUFEN<br />
—<br />
↦ Wie wäre es im neuen Jahr<br />
mit mehr Bewegung, dem einen<br />
oder anderen Kilo weniger auf<br />
der Waage, um einfach fitter und<br />
leistungsfähiger den Alltag zu bewältigen?<br />
All das erreichst du mit<br />
regelmäßigem Lauftraining. Du<br />
musst dich auch nicht gleich zu<br />
einem der vielen Neujahrsläufe in<br />
deiner Umgebung anmelden, aber<br />
starten solltest du gleich jetzt –<br />
ganz nach dem Motto „Von Null<br />
auf Laufen“.<br />
Eigentlich ist Laufen ganz einfach.<br />
Anschauungsunterricht erteilen Kinder<br />
auf der ganzen Welt: Einfach aus<br />
Spaß an der Bewegung loslaufen und,<br />
wenn es zu anstrengend wird, eine<br />
Pause einlegen. Doch damit das in<br />
den nächsten Monaten und Jahren<br />
mit dem Laufen wirklich funktioniert<br />
und der Spaß nicht auf der Strecke<br />
bleibt, müssen ein paar Grundregeln<br />
beachtet werden. Laufeinsteiger ist<br />
nicht gleich Laufeinsteiger, deshalb<br />
schau dir deine Ausgangssituation<br />
genau an und überlege dir, was du mit<br />
dem Laufen erreichen willst. Auf den<br />
Seiten 12 und 13 haben wir für dich<br />
verschiedene Ziele und Wege zu diesen<br />
Zielen zusammengefasst.<br />
Grundsätzlich gilt: Bewegungsmangel<br />
ist in unserer Gesellschaft ein<br />
weitverbreitetes Problem, da es viel<br />
zu viele Aufgaben gibt, die wir im Sitzen<br />
erledigen müssen. Auch die permanente<br />
Verfügbarkeit eines Autos<br />
für noch so kurze Wege ist natürlich<br />
nicht hilfreich. Und spätestens jetzt<br />
sollte das Laufen ins Spiel kommen,<br />
denn es ist die effektivste Ausdauersportart<br />
überhaupt. Das Zeitmanagement<br />
ist optimal, du kannst immer<br />
und überall laufen, benötigst keine<br />
teuren Trainingsgeräte und bist nicht<br />
auf Sportplätze angewiesen.<br />
Bereits mit 30-45 Minuten pro Lauftraining<br />
erreichst du positive Effekte<br />
für dein Herz-Kreislaufsystem und<br />
entwickelst bei regelmäßigen Trainingsreizen<br />
deine Grundlagenausdauer.<br />
Ganz nebenbei ist Laufen ein<br />
Ventil für Stress und Belastungen des<br />
Alltags, man ist an der frischen Luft<br />
unterwegs und bekommt endlich mal<br />
wieder den Kopf frei. Und das eine<br />
oder andere Kilo kann man beim Laufen<br />
auch noch verlieren und Fett in<br />
Muskulatur umwandeln. Klingt simpel,<br />
oder? Wäre es auch – wenn wir<br />
nicht die Tendenz hätten, uns ständig<br />
zu überfordern.<br />
MODERATES TEMPO<br />
Ausdauertraining funktioniert leider<br />
nicht nach dem Motto: Viel hilft ↦
VALENCIA-MARATHON<br />
AMANAL PETROS:<br />
BEIM DEBÜT FÜR OLYMPIA<br />
IN TOKIO QUALIFIZIERT<br />
Dieses Marathon-Debüt haben nur wenige Experten Amanal Petros<br />
zugetraut: Der 24-jährige Läufer des TV Wattenscheid erreichte<br />
Anfang Dezember im spanischen Valencia nach 2:10:29 Stunden<br />
auf Platz 19 das Ziel und blieb damit deutlich unter der internationalen<br />
Olympia-Norm von 2:11:30. Er ist der erste deutsche Läufer,<br />
der diese Richtzeit im Qualifikationszeitraum unterboten hat. Damit<br />
wurde Amanal Petros auf Anhieb zum neuntschnellsten deutschen<br />
Marathonläufer aller Zeiten. Schneller war in diesem Jahrtausend<br />
lediglich der deutsche Rekordhalter Arne Gabius. Die Zeit von Amanal<br />
Petros, der die erste Hälfte des Rennens in 65:05 Minuten absolvierte<br />
und damit etwas schneller lief als geplant, ist natürlich auch<br />
eine deutsche Jahresbestzeit. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine<br />
solche Zeit laufen würde. Die harte Arbeit der letzten Monate hat sich<br />
ausgezahlt. Wichtig war, dass ich bis Kilometer 35 geduldig geblieben<br />
bin“, sagte Amanal Petros. Überhaupt brachte das Rennen in Spanien<br />
zum Jahresende viele Weltklasse-Resultate. Joshua Cheptegei stürmte<br />
in Valencia zum 10-Kilometer-Weltrekord. Der 23-jährige Läufer aus<br />
Uganda erreichte bei dem Rennen, das parallel zum Valencia-Marathon<br />
stattfand, das Ziel nach 26:38 Minuten.<br />
Fotos: imago images/Larasch, Norbert Wilhelmi, stockvisual<br />
NEW YORK-MARATHON<br />
WEGEN 50 SEKUNDEN:<br />
ARNE GABIUS VERPASST<br />
QUALIFIKATION<br />
Arne Gabius (Therapie Reha Bottwartal) ist beim New York-Marathon Elfter<br />
geworden. Mit 2:12:57 Stunden lief er zwar die bis in den November<br />
hinein schnellste Zeit eines Deutschen 2019, verfehlte aber die avisierte<br />
Top Ten-Platzierung bei dem World Marathon Majors-Rennen, die als<br />
Qualifikation für die Olympischen Spiele gilt, um 50 Sekunden. „Zufrieden,<br />
aber nicht glücklich“, schrieb der 39-Jährige danach auf Facebook.<br />
„Das Rennen hat trotzdem Spaß gemacht, und ich konnte am Ende noch<br />
einige Plätze gut machen. Im Frühling habe ich ja noch eine Chance, um<br />
mein Olympia-Ticket zu buchen.“ Gewonnen wurde der größte Marathon der<br />
Welt, bei dem rund 52.000 Läufer an den Start gingen, von den beiden Halbmarathon-Weltrekordlern:<br />
Bei sehr guten Wetterbedingungen erreichte der<br />
Kenianer Geoffrey Kamworor nach 2:08:13 Stunden das Ziel im Central Park,<br />
seine Landsfrau Joyciline Jepkosgei lief bei ihrem Debüt 2:22:38 Stunden.<br />
→ DEM WEIHNACHTSSPECK KEINE CHANCE LASSEN<br />
EINFACHE TRICKS SCHÜTZEN VOR EXTRA-KILOS<br />
Punsch, Kekse und der Festtagsbraten – besonders das Ende des Jahres hat es kalorienmäßig<br />
in sich. Zusätzlich sind viele Menschen in der kalten Jahreszeit und besonders<br />
an den Feiertagen weniger sportlich aktiv. Das beschert nicht selten ungeliebte Extra-Kilos,<br />
die sich nur schwer wieder abtrainieren lassen. Forscher aus Großbritannien<br />
zeigten nun, dass eine Gewichtszunahme in der Weihnachtszeit allerdings kein Muss<br />
ist und jeder aktiv etwas dagegen tun kann. Was hilft, ist zu wissen, wie viele Kalorien<br />
beliebte Weihnachtsschlemmereien haben und wie lange man dafür sportlich aktiv<br />
sein muss, um diese wieder abzutrainieren. Regelmäßiges Wiegen und Tipps für ein gesundes<br />
Gewicht zu beherzigen sind weitere effektive Strategien, um den zusätzlichen<br />
Kilos keine Chance zu geben.<br />
RUND UM DEN BALDENEYSEE IN ESSEN<br />
VERDIENSTMEDAILLE FÜR MARATHON-ORGANISATOR<br />
Der 79 Jahre alte Essener Marathon-Organisator Gerd Zachäus ist mit<br />
der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet<br />
worden. Gerd Zachäus ist seit 1991 für die Organisation des TUSEM Marathon<br />
„Rund um den Baldeneysee” verantwortlich. Zwar ist Zachäus<br />
schon seit 1999 Rentner – trotzdem ist er tagtäglich ehrenamtlich für<br />
die Leichtathletik-Abteilung des TUSEM Essen engagiert. 2017 hatte Zachäus<br />
die DLV-Ehrennadel des Deutschen Leichtathletik-Verbandes verliehen<br />
bekommen. 2013 gab es für ihn die Goldene Ehrennadel des Essener<br />
Sportbundes. 2012 hat er von der Marathon-Vereinigung German Road Races<br />
e.V. den Organisatoren-Preis bekommen.<br />
14
EQUIPMENT & MODE<br />
↦ Fahrtspiele sind einfach toll. Das<br />
Spiel mit der Geschwindigkeit: Mal<br />
richtig Tempo laufen, dann erholen,<br />
erneut schnell laufen um dann<br />
wieder zur Ruhe zu kommen – das<br />
macht Laune. Einmal pro Woche<br />
ins Lauftraining integriert, machen<br />
uns Fahrtspiele besser. Durch<br />
kraftvolle Laufschritte helfen sie,<br />
die allgemeine Athletik zu verbessern,<br />
stärken durch die Reize<br />
auf Herzmuskel und Arterien das<br />
Herz-Kreislauf-System und machen<br />
selbstbewusst. Zumindest mir<br />
geht es so.<br />
Klar, Fahrtspiele können für den<br />
Moment wehtun. Aber setzt beim<br />
Auslaufen die Erholung allmählich<br />
ein, dann bin ich stolz auf meinen<br />
Trainingswillen und auch ein<br />
Stück weit selbstbewusster. Voraussetzung<br />
für diese stärkenden<br />
Effekte sind mindestens fünf bis<br />
sechs Wochen Lauftraining mit<br />
jeweils mindestens einem Tempotraining<br />
wöchentlich. Und je Fahrtspiel<br />
mindestens drei bis vier Tempoverschärfungen,<br />
mit den nötigen<br />
Trabpausen zwischendurch.<br />
STRAVA ALS MOTIVATION<br />
Zur Steuerung meiner Fahrtspiele<br />
nutze ich vermehrt die Plattform<br />
Strava und ihre „Segmente“. Strava<br />
ist ein Soziales Netzwerk mit<br />
Sitz in den USA. Auf strava.com<br />
und mit der App treffen sich Ausdauersportler,<br />
um ihre Trainings<br />
zu posten und anderen zu folgen.<br />
Strava bietet auch Apps mit Trackingfunktion,<br />
also Aufzeichnung<br />
der gelaufenen Routen, doch die<br />
Kerninhalte sind das Hochladen<br />
und Kommentieren gemachter<br />
Trainingseinheiten, das Folgen<br />
SO GEHT FAHRTSPIEL HEUTE<br />
AUF SEGMENTE-JAGD<br />
—<br />
—<br />
anderer Sportler und das Vergleichen<br />
und Messen. Dies entweder auf ganzen<br />
Routen oder nur auf Teilabschnitten,<br />
von Strava „Segmente" genannt.<br />
Hierzu legen Läufer zunächst eigenständig<br />
attraktive oder beliebte Streckenpassagen<br />
als Segment an und<br />
geben diesen treffende Bezeichnungen<br />
wie „Waldrandsprint“ oder „Seerunde“.<br />
Strava legt dann automatisiert<br />
Bestenlisten für diese Segmente<br />
an und nach wenigen Minuten kann<br />
man schon sehen, wer üblicherweise<br />
ebenfalls auf diesen Abschnitten unterwegs<br />
ist – und wie schnell. Damit<br />
fängt der Spaß so richtig an. Der beste<br />
Kumpel ist fünf Sekunden schneller?<br />
Das geht ja gar nicht! Auf geht’s: Bei<br />
einem der nächsten Trainings schneller<br />
laufen und mindestens einen Platz<br />
gut machen. Ist man dann sogar der<br />
Schnellste auf einem Segment, honoriert<br />
Strava dies mit einer virtuellen<br />
Krone. Man wird damit in der Trainingsaufzeichnung<br />
belohnt und der<br />
ehemals Führende auf dem Segment<br />
bekommt parallel dazu eine Nachricht<br />
mit dem Hinweis. „Oh nein, du hast<br />
ein Segment verloren.“ Doch es geht<br />
nicht nur um die Kronen für den Gesamtschnellsten.<br />
Man kann sich auch<br />
in Geschlechtern, Altersklassen und<br />
sogar Gewichtsklassen messen. Oder<br />
sehen, wer am jeweiligen Tag der<br />
Schnellste auf dieser Runde war.<br />
VIER BIS FÜNF SEGMENTE<br />
Was immer geht, ist der Vergleich mit<br />
sich selbst. An alte Bestzeiten ranzukommen<br />
oder sogar schneller zu<br />
werden, auch ohne den organisierten<br />
Wettkampf mit anderen, das ist für<br />
viele eine schöne Motivation. Und<br />
deshalb habe ich für mich das Segmentefahrtspiel,<br />
kurz SFSP entdeckt.<br />
Am PC schaue ich mir zunächst die<br />
UNSER EXPERTE<br />
Andreas Butz<br />
ist selbst über 130-maliger<br />
Marathonläufer und Trainer der Trainer.<br />
Der Gründer der „Laufcampus-Akademie“<br />
bildet Laufbegeisterte zu Lauf- und<br />
Personal Trainern aus. In <strong>LÄUFT</strong>. beschreibt<br />
er Trainingseinheiten, die er zu<br />
den besten überhaupt zählt.<br />
verfügbaren Segmente in meiner<br />
Laufregion an. Ich studiere die<br />
Zeiten, wäge ab, ob es hier für<br />
mich etwas zu holen gibt, und verbinde<br />
die interessanten Segmente<br />
zu einer Laufstrecke. Wie vor jedem<br />
Tempotraining laufe ich mich<br />
15 Minuten ein. Mindestens drei,<br />
besser vier oder fünf Segmente<br />
aneinandergereiht, mit ausreichend<br />
Abstand für Trabpausen,<br />
ergeben so ein wunderbares Tempowechseltraining.<br />
GUT AUSGERÜSTET<br />
Die moderneren Sportuhren<br />
bieten ein nettes Feature an:<br />
Die sogenannte „Live-Segmente“-Funktion.<br />
Hat man seine Lieblingssegmente<br />
erst mal online als<br />
Favorit markiert und die Sportuhr<br />
richtig eingerichtet, weist diese<br />
mit einem akustischen Signal auf<br />
die nahende Herausforderung hin<br />
und schickt den Läufer mit einem<br />
Startsignal auf die Strecke. Auch<br />
für das Ziel gibt es einen Alarm<br />
und gleich den Hinweis, wie gut<br />
man diesmal war und ob man sein<br />
selbstgestecktes Ziel erreicht hat.<br />
Mir macht das irre viel Freude.<br />
So habe ich mir schon so manches<br />
Segment geholt – und meine<br />
Lauffreunde machen sich ebenfalls<br />
einen Spaß daraus, mir diese<br />
wieder wegzunehmen. Natürlich<br />
versuche ich dann zu kontern. So<br />
geht Fahrtspiel heute!<br />
16
› VOM SPORTMUFFEL<br />
—<br />
ZUR DESERT-QUEEN ‹<br />
250 KILOMETER<br />
BEI 42 GRAD<br />
—<br />
Tanja Schönenborn liebt das Extrem.<br />
Die 38-Jährige lief im Oktober beim Atacama Crossing –<br />
einem der härtesten Ultraläufe der Welt – auf Platz zwei<br />
ins Ziel. Auf sechs Etappen ging es 250 Kilometer durch<br />
die Hochgebirgswüste Chiles. Dabei war sie noch vor vier<br />
Jahren übergewichtig und ein Sportmuffel.<br />
Text: Natascha Marakovits | Fotos: Racing the planet<br />
SÜDAMERIKA<br />
BOLIVIEN<br />
CHILE<br />
ATACAMA<br />
WÜSTE<br />
ARGENTINIEN<br />
20
EVENTS<br />
——<br />
REISEN<br />
21 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
EQUIPMENT & MODE<br />
› DAS WICHTIGSTE<br />
—<br />
EQUIPMENT ‹<br />
WAS DU<br />
WIRKLICH<br />
BRAUCHST<br />
—<br />
↦ Du wirst bestimmt ein Paar Sportschuhe im Schrank haben. Und das eine oder andere Outfit wird sich wohl auch finden. Also<br />
nichts wie los, oder? Gemach, gemach. Mit Schuhen loszulaufen, die nicht fürs Laufen gedacht oder so alt sind, dass die dämpfende<br />
Schicht unter dem Fuß sich in ein bretthartes Etwas verwandelt hat, ist keine gute Idee. Bei der Kleidung gilt: Natürlich<br />
kannst du in einem Baumwoll-T-Shirt loslaufen. Aber schon nach den ersten Kilometern wirst du feststellen, was für eine feuchte<br />
und unkomfortable Angelegenheit das ist. Und was ist mit den anderen Dingen, die viele Mitglieder der Running Community so<br />
auf der Haut oder am Körper tragen: Laufunterwäsche, Laufuhren, Trinkgurte, Laufsocken, … ? Wir haben für Dich die wichtigsten<br />
Laufutensilien zusammengestellt und sie in drei Gruppen aufgeteilt: „Must Haves“, „Should Haves“ und „Nice to Haves“.<br />
MUST HAVES<br />
OHNE GEHT ES NICHT<br />
LAUFSCHUHE<br />
Was du in jedem Fall brauchst, ist<br />
ein qualitativ gutes, zu dir – deinem<br />
Körper und deinem Laufstil – passendes<br />
Paar Laufschuhe. Um herauszufinden,<br />
welche Art von Laufschuh<br />
für dich geeignet ist, führt<br />
kein Weg am Sportfachgeschäft<br />
vorbei. So unterstützen dich zum<br />
Beispiel die sachkundigen Berater<br />
in den über 100 Laufsport-Fachgeschäften<br />
der LAUF-PROFIS Sport<br />
GmbH bei der Suche nach dem passenden<br />
Schuhwerk. Dabei ist eine<br />
gut durchgeführte Laufbandanalyse<br />
sehr hilfreich. Bei einer solchen<br />
Analyse sollten mindestens zwei<br />
Kameras zum Einsatz kommen.<br />
Die eine filmt dich von hinten und<br />
die andere von der Seite, während<br />
du auf einem Laufband ein paar<br />
Meter abspulst. Ein Computerprogramm<br />
wertet anschließend deine<br />
Bewegungsabläufe aus und der<br />
Fachverkäufer erhält wertvolle Informationen,<br />
ob und welche Art von<br />
Unterstützung dir dein Laufschuh<br />
geben sollte. Unter Berücksichtigung<br />
deines Gewichts kann er dann<br />
einen Laufschuh heraussuchen, der<br />
zu dir passt.<br />
REFLEKTOREN UND<br />
LEUCHTBÄNDER<br />
Es ist Winter und für viele dürfte Laufen<br />
nur dann möglich sein, wenn es<br />
schon dunkel ist. Und dann gilt: Von<br />
Autofahrern und anderen Verkehrsteilnehmern<br />
gesehen zu werden, ist<br />
ein absolutes Muss. Das kleine Geld,<br />
das du in diesen Sicherheitsaspekt<br />
investierst, ist gut angelegt.<br />
26
Text: Bodo Höche | Fotos: Adobe Stock/dusanpetkovic1, Adobe Stock/pololia<br />
NICE TO<br />
HAVE<br />
SHOULD<br />
HAVE<br />
Kaum ist der Entschluss<br />
endlich gefasst, mit der<br />
Lauferei loszu legen,<br />
wartet schon die nächste<br />
Hürde: Was braucht man<br />
eigentlich an Ausrüstung,<br />
um laufen gehen zu können?<br />
Wir sagen dir, was<br />
absolut notwendig ist –<br />
und was nicht.<br />
MUST<br />
HAVE<br />
27 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
EQUIPMENT & MODE<br />
› WAS DU VOR DEM<br />
—<br />
KAUF WISSEN SOLLTEST ‹<br />
DEIN ERSTER<br />
LAUFSCHUH<br />
—<br />
Wenn du dauerhaft Spaß beim Laufen haben willst, brauchst du einen<br />
guten Laufschuh. Gut heißt aber weder teuer noch muss es das neueste<br />
Modell sein. Ein Laufschuh muss optimal zu deinem Fuß und deinen Laufbedingungen<br />
passen. So findest du den bestmöglichen Laufpartner.<br />
Text: Norbert Hensen | Fotos: Wilhelmi, Hersteller<br />
Wer denkt, er brauche einen Laufschuh<br />
nur in der richtigen Größe und alles<br />
andere werde schon passen, der irrt.<br />
Ein Laufschuh sollte bestmöglich zu<br />
deinen Füßen, deinem Laufstil und<br />
deinen Körpermaßen passen. Das gilt<br />
auch für Einsteiger. Nimm dir die Zeit<br />
und lass dich im Fachgeschäft beraten!<br />
30
Die Auswahl an Marken und Technologien<br />
ist sehr groß. So kommt es einem zumindest<br />
vor, wenn man beginnt, sich mit<br />
dem Thema Laufschuhe zu beschäftigen.<br />
Wer keine Erfahrung hat, sollte sich unbedingt<br />
in einem Fachgeschäft beraten<br />
lassen. Ein guter Berater stellt dir die<br />
richtigen Fragen, um die Auswahl einzuschränken.<br />
Und im Idealfall erkennt er<br />
auch an deinem Laufstil (z.B. bei einer<br />
Laufanalyse), welche Art von Laufschuhen<br />
du benötigst. Damit du gut vorbereitet<br />
ins Fachgeschäft gehen kannst, sagen<br />
wir dir, welche Kriterien für den Laufschuhkauf<br />
besonders wichtig sind.<br />
❶ PASSFORM<br />
Es ist das wichtigste Kriterium beim<br />
Laufschuhkauf. Und hier hilft nur eines:<br />
Anprobieren. Manche Läufer denken<br />
immer noch, ein Laufschuh müsse<br />
besonders eng am Fuß sitzen. Müssen<br />
sie nicht. Fuß und Laufschuh müssen<br />
die bestmögliche Einheit bilden. Nicht<br />
zu eng, sonst können schnell Druckstellen<br />
entstehen. Aber eben auch<br />
nicht zu weit, weil der Fuß sich dann im<br />
Schuh zu viel bewegen kann. Vor allem<br />
ein guter Sitz im Bereich der Ferse ist<br />
wichtig. Leisten- und Fußbreite müssen<br />
zueinander passen. Und nach vorne<br />
benötigst du etwas „Luft“, so dass sich<br />
deine Zehen bewegen können. Eine<br />
Daumenbreite Platz zwischen dem<br />
längsten Zeh (meist der große Zeh)<br />
und der Schuhspitze sollte sein. Teste<br />
verschiedene Modelle und nehme nur<br />
Schuhe in die engere Auswahl, die sich<br />
von Beginn an bequem anfühlen.<br />
❷ DÄMPFUNG & STABILITÄT<br />
Je mehr Dämpfung desto besser? Nein,<br />
die Formel geht nicht auf. Das Maß an<br />
Dämpfung und Stabilität, die ein Läufer<br />
benötigt, ist sehr von der körperlichen<br />
Konstitution abhängig. Bist du klein/<br />
leicht, kommst du mit etwas weniger<br />
Dämpfung klar. Große/schwere Läufer<br />
sollten auf ausreichend Dämpfung und<br />
Stabilität achten. Insbesondere bei den<br />
Dämpfungseigenschaften und Materialien<br />
gibt es große Unterschiede. Manche<br />
„gut gedämpften“ Laufschuhe fühlen<br />
sich eher hart an. Andere wirken bei den<br />
ersten Schritten zunächst sehr weich,<br />
verhalten sich aber ganz anders, wenn<br />
du erstmal losläufst, weil die Laufeigenschaften<br />
sehr abhängig vom verwendeten<br />
Material sind. Wie viel Dämpfung<br />
und Stabilität du brauchst, hängt einerseits<br />
von deinem Gewicht ab, anderseits<br />
vom persönlichen Empfinden. Schweren<br />
Läufern empfehlen wir etwas mehr<br />
Dämpfung und Schuhe stabiler Bauweise.<br />
Leichte Laufanfänger kommen auch<br />
mit weniger gedämpften Schuhen klar.<br />
Das alles zeigt, wie wichtig bei Läufern,<br />
die wenig Erfahrung mit Laufschuhen<br />
haben, eine gute Beratung durch einen<br />
Fachmann ist.<br />
❸ EINSATZGEBIET<br />
Wo spulst du deine ersten Kilometer ab?<br />
Auf der Straße oder ausschließlich im<br />
Wald? Darauf solltest du eine Antwort<br />
haben. Zwar lassen sich manche Schuhe<br />
durchaus für beide Untergründe nutzen.<br />
Es gibt aber auch Schuhe, die eigentlich<br />
nur auf Asphalt beziehungsweise ausschließlich<br />
auf unbefestigten Wegen gut<br />
zu laufen sind. In der Regel ist der erste<br />
Laufschuh ein „Allrounder“, der bestens<br />
auf der Straße zurechtkommt, aber<br />
auch genug Profil hat, um auf Wald- und<br />
Forstwegen zu bestehen.<br />
❹ HALTBARKEIT<br />
Laufschuhe sind (leider) nicht für die<br />
Ewigkeit gemacht. Egal, welche Art<br />
der Dämpfung du unterm Fuß hast:<br />
Mit der Zeit verliert das Material<br />
seine Eigenschaften – auch wenn der<br />
Schuh bei dir meist im Keller steht.<br />
Kunststoffe werden mit der Zeit spröde<br />
und Elemente verformen sich. Je<br />
mehr du läufst, desto schneller solltest<br />
du deinen Schuh austauschen. Ein<br />
guter Allrounder sollte aber rund 800<br />
Kilometer durchhalten, bevor er seine<br />
guten Eigenschaften verliert.<br />
❺ LAUFGESCHWINDIGKEIT<br />
Für die meisten Laufanfänger ist das<br />
Lauftempo nicht das entscheidende<br />
Kaufkriterium. Aber du solltest<br />
wissen, dass es große Unterschiede<br />
in der Konstruktion von Laufschuhen<br />
gibt. Manche Modelle fühlen sich<br />
erst ab einem bestimmten Lauftempo<br />
richtig gut an. Mit anderen ist es<br />
LAUFSCHUHE<br />
FÜR<br />
EINSTEIGER<br />
mühsam, überhaupt schnell zu laufen.<br />
Die gute Nachricht: Die meisten Laufschuh-Modelle<br />
sind für ein moderates<br />
Tempo sehr gut geeignet. Die Auswahl<br />
für dich ist also sehr groß.<br />
❻ PREIS<br />
Es ist nichts gegen ein Schnäppchen<br />
einzuwenden. Ein im Geschäft reduzierter<br />
Schuh kann sehr wohl gut zu<br />
dir passen. Der Preis sollte aber nicht<br />
das wichtigste Kriterium sein. Es geht<br />
schließlich darum, dass du lange Spaß<br />
am Laufen hast. Unter 100 Euro wird es<br />
schwer sein, einen guten Laufschuh zu<br />
finden. Zwischen 100 und 150 Euro gibt<br />
es sicherlich die meisten Modelle, die<br />
in Frage kommen. Und wer auf die neuesten<br />
Technologien wert legt, der darf<br />
auch gerne mehr als 150 Euro ausgeben.<br />
❼ DESIGN<br />
Wer will schon mit einem „hässlichen“<br />
Schuh durch den Wald laufen? Muss<br />
auch niemand. Laufschuhe gibt es in<br />
allen Farben. Und ein einzelnes Modell<br />
meist auch in drei oder vier verschiedenen<br />
Farbstellungen. Die Optik sollte<br />
am Ende nicht den Ausschlag geben.<br />
Es ist wie bei der Partnerwahl: die inneren<br />
Werte entscheiden!<br />
❽ BAUCHGEFÜHL<br />
Ganz wichtig. Kein Verkäufer kann<br />
spüren, wie du dich in einem Laufschuh<br />
fühlst. Wenn alle anderen Kriterien berücksichtigt<br />
worden sind und du hast<br />
noch zwei oder drei Modelle zur Wahl,<br />
dann darf dein Bauchgefühl gerne den<br />
Ausschlag geben. Denn deine Füße sind<br />
ein wahres Wunderwerk mit tausenden<br />
Nerven und Rezeptoren, die dir signalisieren,<br />
ob sich dein Fuß in einem Schuh<br />
wohl fühlt oder nicht.<br />
31 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
EVENTS & REISEN<br />
—<br />
MEHR FREIHEIT<br />
DURCHS LAUFEN<br />
—<br />
Ein Marathon in Afghanistan? Frauen und Mädchen, die in einem Land laufen,<br />
das in unseren Nachrichten fast nur mit Terror, Krieg, Unterdrückung<br />
und Gewalt vorkommt? Klingt unglaublich, aber es gibt tatsächlich einen<br />
Lauf über 42,195 Kilometer in Afghanistan, an dem in diesem Jahr mit der<br />
36 Jahre alten Berlinerin Juliane Weymann auch eine Deutsche teilgenommen<br />
hat. Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen am Hindukusch.<br />
Interview: Christian Ermert | Fotos: Marathon of Afghanistan, privat<br />
Afghanistan<br />
Afghanistan<br />
BAMIYAN-TAL<br />
Pakistan<br />
Unterhalb der Felsnischen, in denen die größten Buddha-Statuen der Welt standen, bis sie 2001 von den Taliban zerstört wurden, jubeln die Afghaninnen über ihr Finish nach zehn oder 42 Kilometern<br />
34
Juliane, wie kommt man eigentlich auf<br />
die Idee, bei einem Marathon in Afghanistan<br />
mitzulaufen?<br />
Das ist eine etwas längere Geschichte.<br />
Ich laufe schon seit zwölf Jahren<br />
und bin beruflich für die GIZ, die<br />
Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit,<br />
tätig. Für die habe ich<br />
jahrelang in Liberia gearbeitet, einem<br />
Land in Westafrika, das nach mehreren<br />
Bürgerkriegen zu den ärmsten<br />
der Welt gehört. In der Hauptstadt<br />
Monrovia habe ich in der Organisation<br />
eines Marathons mitgearbeitet und<br />
dabei hautnah erfahren, welche positiven<br />
Auswirkungen das gemeinsame<br />
Laufen auch in großer Armut auf die<br />
Menschen und auf die ganze Gesellschaft<br />
hat. Von daher interessiere ich<br />
mich für Laufveranstaltungen, die in<br />
solchen Ländern helfen können, die<br />
Lebensbedingungen der Menschen zu<br />
verbessern. Mit der Teilnahme wollte<br />
ich auch die Organisation Free to Run<br />
unterstützen, die es in Afghanistan<br />
besonders Frauen und Mädchen ermöglicht,<br />
Sport zu treiben, und ihnen<br />
damit neue Perspektiven eröffnet.<br />
Wie funktioniert das denn deinen Erfahrungen<br />
nach?<br />
Menschen, die eigentlich kaum<br />
positive Lebensperspektiven in ihrer<br />
Heimat haben, erleben im geschützten<br />
Raum von Sportveranstaltungen,<br />
dass sich Anstrengung lohnt<br />
und Ziele erreichbar sind. Wenn<br />
eine große Anzahl von Leuten diese<br />
Erfahrungen im Kollektiv macht, ist<br />
die Wahrscheinlichkeit groß, dass<br />
das auch positive Auswirkungen auf<br />
die Gesellschaft hat. Der Marathon<br />
in Afghanistan, bei dem auch kürzere<br />
Strecken angeboten werden, ist<br />
besonders für die Frauen wichtig. Sie<br />
erleben, dass Männer und Frauen bei<br />
diesem Sport gleichberechtigt sind.<br />
Beim Afghanistan-Marathon war es<br />
für manche von ihnen beispielsweise<br />
eine ganz neue Erfahrung, dass sie im<br />
Ziel entscheiden durften, ob sie sich<br />
umarmen lassen oder nicht.<br />
Afghanistan ist ein gefährliches Land.<br />
Wir hören ständig von Bombenanschlägen,<br />
dem militärischen Vorrücken der<br />
Taliban und von Attentaten. Wie kann<br />
man dort einen Marathon veranstalten,<br />
ohne die Teilnehmer in Gefahr zu<br />
bringen?<br />
In der Hauptstadt Kabul und weiten<br />
Teile des Landes wäre das sicher<br />
nicht möglich. Aber der Marathon<br />
fand in der Region Bamiyan statt. Das<br />
ist ein Hochtal, circa 180 Kilometer<br />
westlich von Kabul gelegen. Dort<br />
standen einmal die weltberühmten,<br />
bis zu 50 Meter hohen Buddha-Statuen,<br />
die im sechsten Jahrhundert nach<br />
Christus in den Sandstein gemeißelt<br />
wurden. Bis zu ihrer Zerstörung<br />
durch die Taliban im Jahre 2001<br />
waren sie die größten stehenden<br />
Buddha-Statuen der Welt und von der<br />
UNESCO als Weltkulturerbe gelistet.<br />
In der jüngeren Vergangenheit war<br />
es in dieser wunderschönen Landschaft<br />
auf fast 3000 Metern Höhe<br />
aber ruhig, sodass der Marathon dort<br />
stattfinden kann.<br />
Marathon auf 3000 Metern über dem<br />
Meer? Da muss man ja auch physisch<br />
richtig gut vorbereitet sein ...<br />
... ich habe mich darauf aber nicht<br />
speziell vorbereitet. Ich habe mein<br />
übliches Laufpensum absolviert und<br />
den Marathon bin ich dann zusammen<br />
mit zwei Afghaninnen langsam<br />
gelaufen. Schnell laufen kann man<br />
da sowieso nicht. Zu der dünnen<br />
Höhenluft kommt auch noch eine<br />
ziemlich anspruchsvolle Strecke. Wir<br />
sind meistens über Schotterpisten<br />
gelaufen, und es gab auch Passagen,<br />
wo so viele große Steine lagen, dass<br />
man nur mit einem geländetauglichen<br />
Allradfahrzeug durchkam. Wir haben<br />
insgesamt sechseinhalb Stunden gebraucht,<br />
normalerweise bin ich eher<br />
eine Vier-Stunden-Marathonläuferin.<br />
Ein Marathon auf 3000 Metern über dem Meer: Juliane Weymann ist ziemlich stolz auf ihre Finisher-Medaille<br />
Ist dieser Marathon vergleichbar mit<br />
Laufveranstaltungen, wie wir sie in<br />
Europa oder den USA kennen?<br />
Natürlich ist es schon sehr anders.<br />
Aber das Laufen verbindet eben alle.<br />
Es gab auf der Strecke fünf Wasserstellen,<br />
die übrige Verpflegung<br />
musste man selbst mitbringen. Es ist<br />
aber sehr beeindruckend zu erleben,<br />
dass mittlerweile 350 Frauen aus<br />
Afghanistan den Marathon oder den<br />
dazugehörigen Zehn-Kilometer-Lauf<br />
absolvieren. Als 2015 der Marathon<br />
zum ersten Mal stattfand, war nur<br />
eine Frau am Start. Zainab, deren<br />
Nachname aus Sicherheitsgründen<br />
nicht genannt werden darf, war die<br />
erste Afghanin, die in ihrem eigenen<br />
Land einen Marathon lief.<br />
35 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
LÄUFER & LEUTE<br />
› HOBBYLÄUFER DES JAHRES ‹<br />
—<br />
100 KILOMETER IM<br />
BRAUTKLEID UND DANN<br />
VOR DEN ALTAR<br />
—<br />
↦ Silke Herrmann leidet noch heute<br />
darunter, dass sie als Kind Opfer<br />
von Gewalt und Missbrauch wurde.<br />
Das Laufen gibt ihr den Mut, mit einer<br />
posttraumatischen Belastungsstörung<br />
zu leben. Um das auch nach<br />
außen zu zeigen, ist die 41-Jährige<br />
dieses Jahr 100 Kilometer im Brautkleid<br />
gelaufen, um danach ihrem<br />
Mann das Ja-Wort zu geben.<br />
Den 6. Juli 2019 wird Silke Herrmann<br />
ihr Leben lang nicht vergessen.<br />
Es war der Tag, an dem sie<br />
ihrem Mann Andreas das Jawort<br />
gab. Im Brautkleid, wie es sich für<br />
diesen Anlass gehört. Doch nicht<br />
auf normalem Weg, sondern mit<br />
Laufschuhen an den Füßen und<br />
100 Kilometern in den Beinen. Silke<br />
Herrmann lief an dem Tag den<br />
Thüringen-Ultra auf einer 100 Kilometer<br />
langen Runde durch den<br />
nördlichen Thüringer Wald.<br />
Bereits zum dritten Mal war sie<br />
bei dem 100-Kilometer-Rennen<br />
am Start. Mit einem Unterschied:<br />
Dieses Mal im Brautkleid, um<br />
nach 13 Stunden und vier Minuten<br />
ins Ziel und gleichzeitig auch<br />
in den Hafen der Ehe einzulaufen.<br />
„Mein Mann hat mich ab Kilometer<br />
40 auf dem Rad begleitet. Um<br />
17:04 Uhr kam ich ins Ziel und um<br />
17:15 Uhr haben wir geheiratet.<br />
Die Organisatoren haben einen<br />
Altar aufgebaut und uns sogar<br />
eine Torte gebacken. Das war total<br />
nett“, erzählt Silke Herrmann.<br />
Dass die beiden diesen außergewöhnlichen<br />
Weg gewählt haben,<br />
um sich zu trauen, hat eine besondere<br />
Geschichte. „Laufen hat<br />
mir geholfen, meine Ängste zu<br />
überwinden, es hat meine Isolation<br />
durchbrochen. Heute bin ich<br />
viel offener und fröhlicher. Und<br />
nicht zu vergessen: Durch das<br />
Laufen habe ich meinen Mann<br />
kennengelernt.“ Silke Herrmann<br />
spricht heute offen über ihre<br />
Vergangenheit. Die 41-Jährige<br />
wurde in ihrer Kindheit Opfer<br />
von Gewalt und Missbrauch und<br />
leidet noch heute darunter. „Ich<br />
habe eine Posttraumatische Belastungsstörung<br />
und über zehn<br />
Jahre Traumatherapie hinter mir.<br />
Mit meiner Geschichte möchte<br />
ich anderen Mut machen, in Bewegung<br />
zu kommen“, erzählt sie.<br />
Das Laufen hat die Frankfurterin<br />
erst vor fünf Jahren für sich entdeckt.<br />
„Ich war starke Raucherin<br />
und wollte es endlich schaffen,<br />
von den Zigaretten loszukommen.<br />
Laufen war für mich damals<br />
eine Ersatzhandlung.“ Nach nur<br />
neun Monaten ist sie ihren ersten<br />
Marathon gelaufen. „Das sollte<br />
man sich nicht als Vorbild nehmen.<br />
Aber ich brauchte ein Ziel,<br />
damit das Nikotin nicht wieder<br />
siegt.“ 2014 war es dann tatsächlich<br />
soweit. Silke Herrmann ist<br />
in der Frankfurter Festhalle über<br />
den roten Teppich ins Ziel gelaufen.<br />
Unendlich glücklich und<br />
stolz, es geschafft zu haben.<br />
Während sie anfangs nur für sich<br />
gelaufen ist, hat sie sich nach<br />
einiger Zeit einer Laufgruppe<br />
in Frankfurt angeschlossen. Es<br />
sei eine Überwindung gewesen,<br />
denn durch ihre Erfahrungen in<br />
der Kindheit gab es Situationen,<br />
die Erinnerungen von damals in<br />
ihr auslösten. „Am Anfang fand<br />
ich Atemgeräusche von Männern<br />
ganz furchtbar. Doch mir machte<br />
das Laufen so viel Spaß, dass ich<br />
motiviert war, meine Ängste zu<br />
überwinden“, sagt die 41-Jährige.<br />
Das Laufen mit Gleichgesinnten<br />
half ihr, zunehmend Vertrauen zu<br />
haben – zu anderen und zu sich<br />
selbst. So fasste sie neue Ziele<br />
und zum ersten Mal dachte sie<br />
daran, einen Ultra zu laufen. „Ich<br />
tendierte eigentlich recht schnell<br />
in Richtung Ultra. Marathonläufe<br />
und die Volkslaufcommunity waren<br />
mir mit der Zeit zu stressig<br />
und alle haben erzählt, dass es bei<br />
Ultraläufen so entspannt zugehen<br />
↦<br />
42
SILKE<br />
HERRMANN<br />
„Laufen hat mir geholfen, meine<br />
Ängste zu überwinden, es hat meine<br />
Isolation durchbrochen.“<br />
Silke Herrmann über die therapeutische Wirkung des Laufens<br />
soll. Das hat mich gereizt.“ Doch sie<br />
habe sich noch nicht richtig getraut.<br />
Erst als eine Freundin schwanger wurde,<br />
die für den Rennsteiglauf gemeldet<br />
war, sollte es soweit sein. „Der Startplatz<br />
wäre sonst verfallen, also habe<br />
ich es gemacht. Seither habe ich mein<br />
Herz an den Thüringer Wald verloren<br />
und bin vom Ultra-Fieber infiziert.“<br />
Das war 2016. Mittlerweile hat Silke<br />
Herrmann über zehn Ultras gefinisht,<br />
darunter drei Mal den Thüringen<br />
Ultra mit 100 Kilometern, wo sie am<br />
6. Juli geheiratet hat. Der Entschluss<br />
dafür sei spontan gekommen. „Es war<br />
eine Herz-Bauch-Entscheidung. Ich<br />
bin gläubig und wollte den Segen, aber<br />
nicht in der Kirche. Im Wald fühle ich<br />
mich mit einer höheren Macht verbunden.<br />
Da der Thüringen Ultra eine<br />
große Runde durch den Wald geht und<br />
Laufen mir zu einem neuen Leben verholfen<br />
hat, hatte ich die Idee, am Ende<br />
im Ziel zu heiraten.“<br />
Gesagt, getan. Silke Herrmann lief im<br />
Brautkleid die ganze Strecke, ihr Mann<br />
Andreas macht ihr mit dem Anzug die<br />
Radbegleitung. Das Paar sorgte für<br />
Aufsehen, ganz klar. Für die Braut<br />
hätte es keinen schöneren Weg zum<br />
Altar, der im Ziel aufgebaut war, geben<br />
können. „Das Laufen entspannt mich.<br />
So bin ich tiefenentspannt durchs Ziel<br />
gelaufen und war total entspannt vor<br />
dem Altar. Um aufgeregt zu sein, war<br />
keine Zeit“, erzählt sie und lacht.<br />
Ein paar Monate sind seither vergangen.<br />
Für Silke Herrmann und ihren<br />
Mann geht es nach Lanzarote in die<br />
Flitterwochen. Wie könnte es anders<br />
ein: zum Laufen. Der Haria Extrem<br />
steht auf dem Programm. „Dieses Mal<br />
nur die 45 Kilometer. Aber irgendwann<br />
möchte ich den ganzen mit 95<br />
Kilometern laufen“, sagt sie. Die Motivation<br />
ist da, denn auch für 2020 wurden<br />
bereits eifrig Pläne geschmiedet.<br />
Der Thüringen Ultra steht ganz oben<br />
auf der Liste. Außerdem hat sie sich<br />
vor Kurzem einen Traum erfüllt: „Ich<br />
habe die Ausbildung zur Lauftherapeutin<br />
gemacht und werde im nächsten<br />
Jahr in einem Verein Laufkurse für<br />
Anfänger geben.“<br />
43 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
LÄUFER & LEUTE<br />
› SABRINA MOCKENHAUPT IM INTERVIEW ‹<br />
—<br />
JEDEN TAG<br />
BESSER LAUFEN<br />
UND LEBEN<br />
—<br />
Interview: Christian Ermert<br />
Fotos: Norbert Wilhelmi (2), imago images/Chai von der Laage (2)/Sven Simon/Camera 4/Future Image<br />
↦ Sabrina Mockenhaupt ist eine<br />
der besten und wohl die populärste<br />
deutsche Top-Läuferin<br />
der vergangenen 20 Jahre. Vor<br />
wenigen Wochen hat die 39-Jährige<br />
ihre Schwangerschaft öffentlich<br />
gemacht. Bevor sie zum<br />
ersten Mal Mutter wird, hat sie<br />
zusammen mit laufen.de eine<br />
komplett überarbeitete Neuauflage<br />
ihres erfolgreichen „Fitness-Laufbuchs“<br />
fertiggestellt.<br />
Im Interview spricht sie über<br />
ihre Schwangerschaft und ihre<br />
Motivation, einen Ratgeber für<br />
Hobbyläufer zu veröffentlichen.<br />
Let‘s dance. Hochzeit. Schwangerschaft.<br />
Und jetzt ein neues<br />
Buch. 2019 war ein ganz schön<br />
aufregendes Jahr für dich, oder?<br />
Ja klar, und gelaufen bin ich ja<br />
auch noch. Wenn auch nicht<br />
mehr auf dem Niveau der<br />
Jahre zuvor. Mir ist aber jetzt<br />
wichtig zu zeigen, das Laufen<br />
und Bewegung in so ziemlich<br />
allen Lebensabschnitten superwichtig<br />
ist, um gesund, fit<br />
und glücklich zu sein. Deshalb<br />
veröffentliche ich auch jetzt<br />
die Neuauflage meines Buches<br />
und bin in den sozialen Medien<br />
sehr aktiv. Es geht mir darum,<br />
anderen Frauen zu vermitteln,<br />
dass sie sich auch in der<br />
Schwangerschaft bewegen<br />
sollten - solange es der Körper<br />
mitmacht. Das verhindert<br />
auch viele Beschwerden, mit<br />
denen sich werdende Mütter<br />
sonst rumplagen: Verlangsamter<br />
Stoffwechsel, Wassereinlagerungen<br />
oder überproportionale<br />
Gewichtszunahme – ich<br />
will zeigen, dass schwanger<br />
sein keine Krankheit ist.<br />
Die positiven Effekte des Laufens<br />
auf die Gesundheit sind ja<br />
eigentlich hinlänglich bekannt.<br />
Trotzdem tun sich besonders<br />
Einsteiger oft schwer, ihre Motivation<br />
lange genug aufrechtzuerhalten,<br />
um dauerhaft dabei<br />
zu bleiben. Erzähle doch mal,<br />
wie das damals, in den 90ern,<br />
angefangen hat mit dir und dem<br />
Laufen.<br />
Das kann man sich zwar kaum<br />
vorstellen, aber ich fand Laufen<br />
auch mal total langweilig.<br />
Ich bin im beschaulichen Wilgersdorf<br />
im Siegerland aufgewachsen.<br />
Mit Laufen hatte<br />
ich genau so wenig am Hut wie<br />
die meisten Menschen – bevor<br />
sie entdecken, wie gesund<br />
dieser Sport ist und wie viel<br />
Spaß es machen kann, fitter zu<br />
werden und besser zu laufen.<br />
Mein Zwillingsbruder Markus<br />
und ich hatten eine tolle und<br />
behütete Kindheit, die davon<br />
geprägt war, sehr viel in der<br />
Natur und mit unseren Eltern<br />
aktiv zu sein. Als Papa und<br />
Mama 30 waren, fingen sie sie<br />
↦<br />
54
LÄUFER<br />
——<br />
LEUTE<br />
55 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
› POWERFOOD<br />
—<br />
NUSSMUS ‹<br />
ALLES GUTE<br />
AUS DER NUSS<br />
—<br />
↦ Als Brotaufstrich, Zutat in Frühstücks-Bowls<br />
oder im Porridge, als eiweißreiche Ergänzung<br />
in Smoothies und Shakes, in Saucen oder in<br />
selbstgemachter Bananen-Eiscreme: Nussmus<br />
ist lecker und vielseitig einsetzbar. Vor allem ist<br />
Nussmus aber auch eines: Gesund und daher insbesondere<br />
für Sportler sehr vorteilhaft.<br />
Mit der steigenden Popularität von Food Trends<br />
wie Clean Eating kommen vermehrt auch altbekannte<br />
Lebensmittel und Produkte auf den<br />
Tisch. Ein Beispiel ist Nussbutter oder Nussmus.<br />
Allerdings nicht in Form von gesalzener und mit<br />
Zusatzstoffen durchsetzter Industrie-Erdnussbutter.<br />
Der moderne „Foodie“ will saubere Produkte<br />
und möglichst viel Abwechslung. Der Handel<br />
bietet daher ein breites Sortiment für fast<br />
jeden Geschmack: Von klassischer Erdnussbutter,<br />
über weißes und braunes Mandelmus, Cashewmus<br />
bis hin zu Spezialitäten wie Macadamiaoder<br />
Pistazienmus.<br />
WORAUF IST ZU ACHTEN?<br />
Bei der industriellen Herstellung von Nussbutter<br />
werden Nüsse zunächst geröstet und anschließend<br />
vermahlen. Gesundheitsorientierte<br />
Verbraucher sollten darauf achten, dass die<br />
Nussbutter ihrer Wahl zu 100 Prozent aus Nüssen<br />
besteht und keinerlei weitere Zusatzstoffe<br />
wie Öle, Emulgatoren, Salz oder Zucker enthält.<br />
Wer Nussmus selber herstellen möchte kann<br />
dies mittels einer Küchenmaschine oder eines<br />
Hochleistungsmixers erledigen. Allerdings muss<br />
man eines ganz klar wissen: Die Herstellung von<br />
Nussmus ist für ein Haushaltsgerät, gleich welcher<br />
Qualität, eine echte Herausforderung und<br />
„Königsdisziplin“. Nicht nur, dass die Geräte<br />
zwischendurch erhitzen – es kann definitiv auch<br />
zu irreparablen Schäden führen. Wer dieses Risiko<br />
lieber vermeiden möchte findet dank des<br />
Münchener Start-Ups Supernutural in immer<br />
mehr deutschen Bio- und Supermärkten frisch<br />
zu zapfende, besonders schonend vermahlene<br />
Bio-Nussbutter.<br />
WAS STECKT DRIN?<br />
Ausdauersportler können pure Nussbutter als<br />
schnellen Energielieferanten vor der ersten<br />
Trainingseinheit nutzen. Bei Eiweißshakes am<br />
Abend kann die Verdauungszeit des Proteins<br />
durch die Zugabe von Nussbutter verzögert<br />
werden, so dass die zuvor belastete Muskulatur<br />
während der gesamten Nachtruhe kontinuierlich<br />
mit Eiweiß und regenerationsfördernden Aminosäuren<br />
versorgt wird.<br />
Nüsse liefern in erster Linie Fett, dazu relativ<br />
viel Eiweiß. Das enthaltene Fett besteht hauptsächlich<br />
aus einfach und mehrfach ungesättigten<br />
Fettsäuren, also „guten“ Fetten. Ferner<br />
enthalten sie Mineralstoffe, Spurenelemente,<br />
antioxidative Vitamine und verfügen über einen<br />
nennenswerten Ballaststoffanteil. Besonders<br />
interessant ist, dass die Bestandteile der Nüsse<br />
– hier vor allem die Fettsäuren – durch die Vermahlung<br />
besser vom Körper resorbiert werden<br />
können. Bei allen ernährungsphysiologischen<br />
Vorteilen sollte aber stets der Energiegehalt berücksichtigt<br />
werden. Ein Esslöffel Nussmus hat<br />
schließlich gut 100 Kalorien.<br />
62
Text: Marcus Schall | Fotos: SuperGoodFood, iStock/a_namenko, Jasmina81<br />
Bananen-Haselnuss-Eis<br />
Zutaten: 2 gefrorene Bananen & 1-2 EL Haselnussmus<br />
⇢ ❶ Die gefrorenen Bananenstücke in eine leistungsstarke Küchenmaschine<br />
geben und zu Bananen-Eiscreme vermixen. Anschließend das Haselnussmus hinzugeben<br />
und auf kleiner Stufe einrühren. Anrichten und möglichst schnell genießen.<br />
TIPP: BANANEN EINFRIEREN — DAZU REIFE BANANEN SCHÄLEN UND IN MITTELGROSSE<br />
STÜCKE SCHNEIDEN. IN EINEN GEFRIERBEUTEL ODER EINE DOSE GEBEN UND EINFRIEREN.<br />
63 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
TRAINING<br />
——<br />
FITNESS<br />
—<br />
STRECK<br />
DICH SCHÖN<br />
—<br />
Dieses Kurzprogramm stärkt, formt und modelliert den Körper<br />
an Stellen, an denen sich Trainingserfolge am leichtesten ablesen<br />
lassen: Körpermitte und Beine. Außerdem verbessern unsere vier<br />
Übungen bei regelmäßigem Training Beweglichkeit und Haltung.<br />
↦ Tipp<br />
Vor Übungsbeginn den Körper immer zwei bis drei Minuten aufwärmen, damit die Muskulatur gut vorbereitet ist. Um den Fitnesserfolg<br />
zu erhöhen, sollten zwei Durchgänge mit einer kurzen Pause zwischen den Trainingssätzen ausgeführt werden.
STEP 1<br />
SPITZEN<br />
Im Ausfallschritt streckst du die Arme in Schulterhöhe lang nach vorn.<br />
Das vordere Knie bleibt hinter der Spitze des vorderen Fuß. Versuche<br />
jetzt, mit dem vorderen Bein auf der Fußspitze zu stehen, ohne deinen<br />
Körperschwerpunkt zu heben oder zu senken. Danach die Ferse wieder<br />
am Boden aufsetzen.<br />
Wie oft? Zwei Durchgänge mit zehn bis 20 Wiederholungen pro Bein.<br />
STEP 2<br />
SCHEREN<br />
In der Rückenlage hebst du den Oberkörper leicht an. Die Lendenwirbelsäule<br />
bleibt jedoch fest am Boden. Die Arme liegen an den Körperseiten<br />
am Boden auf. Jetzt die Beine mit angewinkelten Fußspitzen<br />
nach oben strecken. Von dort ein Bein nach unten absenken lassen.<br />
Dann die gestreckten Beine in einer Scheren bewegung wechselseitig<br />
nach oben und unten bewegen.<br />
Wie oft? Zwei Durchgänge mit 20 bis 30 Wiederholungen pro Bein.<br />
STEP 3<br />
STRECKEN<br />
Text: Bernhard Koch | Fotos: Sportart Verlag/Michael Schopps<br />
Im Sitzen stützt du dich hinten neben den Körperseiten mit den Händen<br />
am Boden ab. Dann richtest du den Oberkörper auf. Die Beine<br />
sind zunächst angewinkelt und werden vom Boden abgehoben. Die<br />
Knie werden nach außen gezogen, die Großzehen berühren sich. Jetzt<br />
streckst du das linke Bein nach außen aus, danach winkelst du es wieder<br />
an und streckst das rechte Bein zur anderen Seite aus. So, als würdest<br />
du ein großes „V“ zeichnen wollen.<br />
Wie oft? Zwei Durchgänge mit 20 bis 30 Wiederholungen pro Bein.<br />
STEP 4<br />
AUFRICHTEN<br />
In der Rückenlage ziehst du zunächst die Beine an, streckst die Arme<br />
hinter den Kopf und verbindest die Hände zu einer großen Faust. Dann<br />
hebst du den Oberkörper langsam in die Sitzposition. Versuche dabei,<br />
die Füße fest am Boden zu halten. Im Sitzen richtest du den Oberkörper<br />
auf und streckst die Arme weit nach oben. Danach die Arme nach<br />
vorn bis auf Schulterhöhe sinken lassen und den Oberkörper Wirbel<br />
für Wirbel nach hinten abrollen lassen, um langsam wieder in die Rückenlage<br />
zu gelangen.<br />
Wie oft? Zwei Durchgänge mit zehn bis 20 Wiederholungen.<br />
Unser Experte Bernhard Koch<br />
Dieses Workout stammt von Bernhard Koch. Wer mehr will, findet hier weitere Übungen zum Thema „Streck dich schön":<br />
www.sportartverlag.de
› WIE VERANSTALTER NACHHALTIG HANDELN ‹<br />
AUF DEM<br />
HOLZWEG?<br />
—<br />
—<br />
Sind Laufveranstaltungen in Sachen Klima- und Umweltschutz<br />
überhaupt zeitgemäß? Ganz klar ist, wenn viele<br />
Menschen zusammenkommen, wird Energie verbraucht<br />
und es entsteht Abfall. Wir haben uns angeschaut, was<br />
der RheinEnergie Marathon Köln unternimmt, um Klima<br />
und Umwelt nachhaltig zu schützen.<br />
↦ Wenn Veranstalter von großen Laufevents<br />
verkünden, dass sie ihre Veranstaltung<br />
„nachhaltig“ organisieren wollen,<br />
hagelt es Zustimmung und Kritik gleichermaßen.<br />
„Prima, viele kleine Maßnahmen<br />
helfen auch“, stimmen die Einen zu. „Dann<br />
sagt eure Veranstaltung doch gleich ab,<br />
dann spart ihr viel Energie und Müll“, ätzen<br />
die anderen. Die Verantwortlichen in<br />
Köln nehmen das Thema sehr ernst.<br />
Die Macher vom Köln-Marathon erinnern<br />
sich noch gut an den 15. Mai 2019.<br />
An diesem Tag haben sie auf ihrer Facebook<br />
Seite mitgeteilt, dass die Finisher-Medaille<br />
bei ihrer Veranstaltung<br />
im Oktober 2019 aus Holz sein wird.<br />
„Da war ganz schön was los und es hat<br />
sich eine lebhafte Diskussion entwickelt.<br />
Das war auch unser Ziel, denn<br />
der erste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit<br />
ist, darüber zu sprechen“, erinnert<br />
sich Jan Broniecki, Pressesprecher<br />
und zugleich auch Nachthaltigkeitsbeauftragter<br />
beim Köln-Marathon.<br />
Über 750 Kommentare zu „Holz vs.<br />
Metall“ haben gezeigt, wie wichtig<br />
das Thema Nachhaltigkeit in der<br />
Lauf-Community ist. „Unser Argument<br />
war, dass Erlenholz aus nachhaltiger<br />
Forstwirtschaft eine wesentlich<br />
bessere CO2-Bilanz hat als 1,3<br />
Tonnen Zink aus Südafrika mit einem<br />
CO2-Equivalent von 23 Tonnen. Das<br />
konnten viele nachvollziehen.“<br />
Die Holzmedaille ist nur eine von vielen<br />
Maßnahmen, mit denen der Veranstalter<br />
weniger CO2 produzieren oder<br />
schlicht und einfach Müll reduzieren<br />
möchte. Auch die Vermeidung von<br />
Einwegbechern auf der Laufstrecke<br />
und die Sortierung von Mehrwegbechern<br />
führten zu einer deutlichen Reduzierung<br />
von Energie und Abfall.<br />
Auch wenn der Veranstalter für seine<br />
Holzmedaille Kritik einstecken musste,<br />
bleibt er dem eingeschlagenen Weg<br />
treu. Denn am Ende ist Umweltschutz<br />
eben auch das Ergebnis von vielen kleinen<br />
Maßnahmen. „Wir wollen Vorreiter<br />
in Sachen Nachhaltigkeit für Laufevents<br />
werden. Uns erreichen viele<br />
Anfragen von anderen Veranstaltern,<br />
die uns um Rat fragen. Wir werden<br />
diesen Prozess zu mehr Klimaschutz<br />
weiter verfolgen“, sagt Jan Broniecki.<br />
Der Köln-Marathon will in Sachen<br />
Nachhaltigkeit Vorreiter sein. Viele<br />
Maßnahmen, die auf den ersten<br />
Blick gar nicht ersichtlich sind,<br />
sollen helfen, Umwelt und Klima zu<br />
schützen. Das Veranstaltungsshirt<br />
aus Holzfasern war 2019 eine dieser<br />
Maßnahmen. Bäume aus nachhaltiger<br />
Forstwirtschaft in Portugal<br />
lieferten das Holz für die Shirts. Und<br />
für jede Shirt-Bestellung wurde ein<br />
neuer Baum gepflanzt.<br />
68
—<br />
DIE WICHTIGSTEN MASSNAHMEN<br />
IM ÜBERBLICK<br />
—<br />
WENIGER PLASTIK<br />
WENIGER PAPIER: AUSBAU DER DIGITALEN SERVICES<br />
Gut 100.000 Mehrwegbecher wurden von der<br />
Rhein Energie zur Verfügung gestellt und kamen<br />
an einer Verpflegungsstation an der Strecke und im<br />
Verpflegungsdorf zum Einsatz. Der Clou: Die Becher<br />
können von anderen Veranstaltern im Versorgungsgebiet<br />
des Unternehmens kostenlos geliehen<br />
werden. Nur „verloren“ gegangene Becher müssen<br />
ersetzt werden. Weitere knapp 300.000 Becher<br />
waren aus Pappe - sie wurden dem Papierrecycling<br />
zugeführt. Entscheidend für ein gutes Recyclingergebnis<br />
war die sortenreine Trennung bzw. das Sammeln<br />
der Becher. Zudem wurden die Wärmefolien<br />
(aus 100% Recylingmaterial hergestellt) in eigens<br />
aufgestellten Behältern gesammelt, um die größtmögliche<br />
Menge recyceln zu können.<br />
ERSPARNIS: 100.00 MEHRWEGBECHER<br />
ERSETZEN 100.000 PLASTIKBECHER.<br />
300.000 RECYCLINGFÄHIGE BECHER ERSETZEN<br />
300.000 PLASTIKBECHER<br />
Fazit Jan Broniecki: „Wir werden diesen Weg weiter<br />
gehen und versuchen, die Mehrwegquote weiter<br />
zu erhöhen. Und so groß war der Aufwand gar<br />
nicht. Wir haben Plastik durch Pappe und Mehrweg<br />
ersetzt, und die 100 Fangnetze haben für eine<br />
sortenreine Sammlung gesorgt. Die Planung des<br />
gesamten Systems hat einige Zeit in Anspruch genommen,<br />
aber diese Investition wird in den nächsten<br />
Jahren zu einem noch nachhaltigeren Köln Marathon<br />
führen.“<br />
Die Papierherstellung kostet Energie und wertvolle Rohstoffe. In Köln verzichtet<br />
man schon länger auf Papier: Anmeldungen sind nur online möglich,<br />
Starterlisten nur online verfügbar. Das Programmheft ist als PDF erhältlich.<br />
Der Versand von Datenkontrolle und Teilnahmebestätigungen nur per E-Mail,<br />
mobile Teilnahmebestätigung vorzeigen reicht aus, das Ausdrucken kann entfallen.<br />
Ergebnisdarstellung nur noch auf der Website statt im Ergebnisheft. Und<br />
Urkunden sind nur zum Download verfügbar.<br />
ERSPARNIS: MEHRERE TONNNEN PAPIER<br />
Fazit Jan Broniecki: „Allein das Weglassen des Programmheftes hat 1 Tonne<br />
Papier gespart. Dieses haben wir seit einigen Jahren nicht mehr im Angebot.<br />
Wir werden die Veranstaltung weiter durchleuchten und schauen, wo wir<br />
noch nachhaltiger werden können.“<br />
WENIGER METALL: EINSATZ NACHWACHSENDER ROHSTOFFE<br />
Muss eine Medaille aus Metall sein? Nein, sagten sich die Veranstalter in Köln,<br />
und investierten in ein hochwertiges, gelasertes Holzdesign. Schnell nachwachsendes<br />
Erlenholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft in Ungarn lieferte den Rohstoff.<br />
Die Veredelung fand in Wuppertal statt. Die Medaille war in der Produktion<br />
teurer als das vergleichsweise günstige Zink aus Südafrika.<br />
ERSPARNIS: CA. 23 TONNEN CO2<br />
Fazit Jan Broniecki: „Eine Medaille aus Holz war für viele Teilnehmer natürlich ungewöhnlich,<br />
aber auch etwas besonderes. Etwas, was den Läufern in Erinnerung<br />
bleibt. Warum muss diese Erinnerung zwingend aus Metall sein? Ich gehe davon<br />
aus, dass wir den Weg mit den nachhaltigen Medaillen weiter gehen werden.“<br />
Muss eine Medaille aus Metall sein? Diese Diskussion erhitzte im Sommer 2019 die Gemüter vieler Wettkampfläufer. In Köln war sie aus Holz - und das soll auch so bleiben.<br />
Mehrweg- und Papierbecher statt Plastik: An einigen Versorgungspunkten kamen in Köln Mehrwegbecher zum Einsatz. Rund 100.000 Plastikbecher wurden damit eingespart.<br />
Zum Sammeln der Becher wurden gemeinsam mit den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt Köln Fangnetze entwickelt, die in der Nähe der Verpflegungsstationen und<br />
im Verpflegungsdorf aufgestellt wurden. Köln Pressesprecher Jan Broniecki (links) zeigt, wie man seinen Becher sortenrein „entsorgt“
› ERKÄLTET<br />
—<br />
TRAINIEREN? ‹<br />
UNTERSCHÄTZTE<br />
GEFAHR<br />
—<br />
Viele Sportler meinen, Training bei Schnupfen sei kein Problem,<br />
oder behaupten, dass man Erkältungen auch wegtrainieren könne.<br />
Ist die Warnung vor möglichen lebensbedrohlichen Folgen durch<br />
Training mit einer Erkältung also reine Panikmache? Keineswegs.<br />
Sagt unser Experte Dr. Matthias Marquardt.<br />
↦ Der Sportler in der Sprechstunde<br />
wirkt unruhig. Er sei in der Marathonvorbereitung.<br />
Wolle in vier Wochen einen<br />
neue Bestzeit aufstellen. Jetzt sei er<br />
erkältet. Er fürchte um die Früchte des<br />
intensiven Trainings der letzten Monate.<br />
Er hätte sein Training daher einfach<br />
fortgesetzt. Jetzt verspüre er Stiche in<br />
der Brust, fühle sich abgeschlagen und<br />
habe Angst vor einer Herzmuskelentzündung.<br />
Das ist nicht der Alltag in meinem<br />
Berufsleben – aber es kommt vor!<br />
Viele Sportler haben schon einmal gehört,<br />
dass Training mit Infekt gefährlich<br />
werden kann. Herzmuskel- oder<br />
Herzklappenentzündungen können<br />
theoretisch die Folge sein. Theoretisch?<br />
Ja, theoretisch. Denn die Praxis<br />
sieht so aus: Viele Sportler trainieren<br />
mit einer Erkältung einfach<br />
weiter, ohne danach tot umzufallen<br />
oder eine schwere Herzerkrankung<br />
davon zu tragen. Da drängt sich natürlich<br />
die Frage auf, ob viele Mediziner<br />
die Gefahr dieses möglichen, aber<br />
unwahrscheinlichen Horror-Szenarios<br />
etwas übertrieben darstellen.<br />
DIE KRUX MIT DER STATISTIK<br />
Zahlen und Studien können helfen,<br />
wenn man die Relevanz eines Problems<br />
nicht überblicken kann. Allerdings<br />
wissen wir nicht einmal, wie<br />
häufig Herzmuskelentzündungen<br />
in der sportlich inaktiven Bevölkerung<br />
sind, weil der Großteil der<br />
Infektionen unbemerkt im Rahmen<br />
leichter Infekte abläuft. Man geht<br />
davon aus, dass 1 bis 5 Prozent aller<br />
Virusinfekte mit einer Herzbeteiligung<br />
einhergehen – bei sportlich<br />
Inaktiven wohlgemerkt.<br />
Wie oft ein seriöses Training mit<br />
Infektzeichen zu ernsten Komplikationen<br />
führt, ist noch schwerer zu<br />
ermitteln. Studien zu diesem Thema<br />
sind kaum zu erwarten: Wer würde<br />
schon freiwillig mit 38,9 Grad Fieber<br />
bei schwerer Rachenmandelentzündung<br />
ein intensives Training<br />
durchführen und sich einer Kontrollgruppe<br />
gegenüberstellen lassen,<br />
die genau dies nicht tut? Ein solches<br />
Studiendesign würde keine Ethikkommission<br />
genehmigen.<br />
Wenn aber belastbare Zahlen fehlen,<br />
dann greifen wir auf unser Erfahrungswissen<br />
zurück. Der Sportler<br />
sagt: Ich kenne keinen, der nach dem<br />
Training mit einer Erkältung zu Schaden<br />
kam. So schlimm ist das doch alles<br />
nicht. Anders der Arzt: Er sieht<br />
die seltenen Fälle, in denen es schief<br />
geht. Ich persönlich erinnere mich<br />
zum Beispiel an einen jungen Mann,<br />
der mit massiven Herzproblemen auf<br />
die kardiologische Intensivstation<br />
70
71 ——— <strong>LÄUFT</strong>.<br />
Foto: Adobe Stock/Lars Zahner
› MARATHON<br />
—<br />
AUF TENERIFFA ‹<br />
DIE ANDERE<br />
SEITE DER INSEL<br />
—<br />
Wer Teneriffa hört, denkt an Sonne, Strand und Meer.<br />
Doch die größte der Kanarischen Inseln hat viel mehr zu<br />
bieten als das: Schroffe Berge, einen 3.715 Meter hohen<br />
Vulkan, eine spektakuläre Steilküste, urtümliche Lorbeerwälder<br />
– und einen veritablen City-Marathon.<br />
↦ Wenn es bei uns kalt wird, gibt<br />
es jedes Jahr eine große Schar von<br />
Sonnenhungrigen, die auf der Suche<br />
nach ein wenig mehr Tageslicht<br />
und Wärme den Weg auf die<br />
Kanarischen Inseln finden. Hier,<br />
nicht weit entfernt von der Westküste<br />
Afrikas, ist immer Frühling:<br />
Kalt wird es einfach nicht, die<br />
Temperaturen fallen so gut wie<br />
nie unter 15 Grad und die Reiseprospekte<br />
versprechen Sonne satt.<br />
Das klingt verlockend und lässt<br />
sich seit 2014 Anfang November<br />
auch noch mit einem attraktiven<br />
Laufangebot verbinden: dem „Maratón<br />
de Tenerife“, ausgetragen in<br />
der Hauptstadt Teneriffas, Santa<br />
Cruz. Marathon, Halbmarathon<br />
oder 8 Kilometer können hier gelaufen<br />
werden. Nichts wie hin,<br />
haben wir uns gedacht, und uns<br />
Location und Rennen für euch angeschaut.<br />
Die Geschichte mit der Sonne hat in<br />
diesem Fall allerdings einen kleinen<br />
Haken. Santa Cruz de Tenerife, so<br />
der volle Name der 200.000-Einwohner-Stadt,<br />
liegt im Norden der Insel.<br />
Hier treibt der Passatwind immer mal<br />
wieder Wolken vom Atlantik gegen<br />
die steil aus dem Meer herausragende<br />
Insel. Sie bleiben teilweise am Anagagebirge<br />
hängen, dessen Gipfel bis<br />
zu 1000 Meter hoch sind. Santa Cruz<br />
liegt am Fuß dieses Gebirges, auf der<br />
Ostseite der Insel, direkt am Meer. Die<br />
Wolken, die es über das Anaga-Gebirge<br />
hinweg schaffen, regnen am weiter<br />
südlich gelegenen Teide ab, einem<br />
Schichtvulkan, mit 3.715 Metern Spaniens<br />
höchster Berg und zugleich Teneriffas<br />
Wahrzeichen. So kommt es,<br />
dass im Süden Teneriffas, sozusagen<br />
hinter dem Teide, eigentlich immer die<br />
Sonne scheint. Da befinden sich die<br />
Hotelburgen und dort aalen sich Touristen<br />
in der warmen Novembersonne<br />
am Strand. Im Norden aber können<br />
hin und wieder ein paar Regentropfen<br />
fallen, und ein bewölkter Himmel ist<br />
gar nicht so selten.<br />
WOLKEN UND OZEAN-RIESEN<br />
Genau so, ein wenig wolkenverhangen<br />
bei angenehmen 20 Grad, präsentiert<br />
sich Santa Cruz am Morgen des<br />
Rennens am 8. November. Optimales<br />
Laufwetter also. Start und Ziel sind<br />
auf der Uferpromenade der Stadt, am<br />
Rand der weitläufigen Plaza de Espana<br />
und direkt am Hafen für die Kreuzfahrtschiffe,<br />
die in Santa Cruz Station<br />
machen. Heute liegen hier vier dieser<br />
Ozean-Riesen vor Anker. Ein imposanter<br />
Anblick. Kurz bevor es für die<br />
gemeinsam startenden Marathonund<br />
Halbmarathonläufer losgeht,<br />
schaukelt sich die ohnehin äußerst<br />
lebhafte Moderation der beiden Einheizer<br />
beim „Maratón de Tenerife“<br />
hoch zu lautstark ausgelebter Euphorie.<br />
Keine Frage, hier ist jede Menge<br />
Temperament am Werk. Das Ganze<br />
erinnert an die emotionalen Reaktionen<br />
von spanischen Fußball-Kommentatoren<br />
während der Live-Übertragung<br />
eines Spiels zwischen dem<br />
FC Barcelona und Real Madrid – kurz<br />
bevor ein entscheidendes Tor fällt.<br />
Endlich. Der Countdown. Es geht los.<br />
Zuerst die Küste Richtung Süden hinunter.<br />
Wir verschwinden in einem<br />
Tunnel, der uns ein paar Meter hinter<br />
der Plaza de Espana wieder ausspuckt.<br />
Jetzt ist es nicht mehr weit<br />
bis zum ersten Highlight der Strecke,<br />
dem futuristischen Auditorio de<br />
Tenerife, entworfen vom spanischen<br />
Stararchitekten Santiago Calatrava.<br />
Wie eine überdimensionale Welle ↦<br />
Text: Bodo Höche | Fotos: iStock/Anyarnia, Tunatura, AlenaPaulus, istock_colors; Turismo de Tenerife/Tony Cuadrado<br />
74
EVENTS<br />
——<br />
REISEN<br />
Beim „Maratón de Tenerife“ läufst<br />
du am spektakulären Auditorio<br />
de Tenerife vorbei und einige<br />
Kilometer die Küstenlinie hinauf<br />
Richtung Norden und dann wieder<br />
zurück. Wenn du Lorbeerwälder<br />
und die Bergwelt der Insel sehen<br />
willst, musst du raus aus der Stadt.<br />
AUCH DAS IST<br />
TENERIFFA<br />
75 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
› SZENEREPORT NEW YORK ‹<br />
DIE METROPOLE<br />
DES LAUFENS<br />
—<br />
—<br />
↦ Zwischen den Wolkenkratzern<br />
Manhattans. Auf den Brücken<br />
über den Hudson und East<br />
River. Im Central Park. Aber<br />
auch in den weniger bekannten<br />
Stadteilen wie Brooklyn oder<br />
der Bronx: Überall in New York<br />
sind zu fast jeder Tages- und<br />
Nachtzeit Läufer unterwegs.<br />
Und immer mehr suchen die Gemeinschaft<br />
in den unterschiedlichsten<br />
Running Crews.<br />
Die gelben Taxis. Die Subway.<br />
Das Hupkonzert der im Stau<br />
feststeckenden Autos. Die Sirenen<br />
von Polizei, Feuerwehr<br />
und Krankenwagen. Wir haben<br />
so viele Filme aus New York<br />
gesehen, dass wir die Stadt<br />
unweigerlich mit motorisierter<br />
Fortbewegung verbinden.<br />
In Wirklichkeit aber sind in<br />
New York jede Menge Menschen<br />
zu Fuß unterwegs. Viel<br />
mehr als in den meisten anderen<br />
amerikanischen Metropolen,<br />
die komplett fürs Auto<br />
geplant und gebaut wurden.<br />
In New York – und vor allem<br />
in Manhattan – ist es dagegen<br />
zwischen den vielen Wolkenkratzern<br />
eng. Der Platzmangel<br />
ist einer der Gründe für<br />
die extrem hohen Mieten.<br />
Und macht Autofahrern zusammen<br />
mit den vielen Brücken<br />
das Leben schwer. Zu<br />
Fuß und mit ein bisschen<br />
Kondition lässt sich die Stadt<br />
großartig erkunden.<br />
Und einige gehen nicht<br />
an ihr Ziel, sie laufen. So<br />
wie Ameerah Omar. Sie ist<br />
Co-Captain einer Running<br />
Crew für Frauen, der Girls<br />
Run NYC. Sie sagt: „New York<br />
ist eine Fußgängerstadt, also<br />
ist es nicht ungewöhnlich, auf<br />
der Straße unterwegs zu sein.<br />
Ich kann jeden Tag meine<br />
Schuhe schnüren und laufen,<br />
wohin ich will. Zum Strand,<br />
zum Park, zur Arbeit, zum<br />
Brunchen, zu meinen Freunden<br />
oder in einem benachbarten<br />
Stadtteil zum Training.“<br />
Sie lebt seit 17 Jahren in New<br />
York und entdeckt immer<br />
noch neue Ecken. Das Laufen<br />
ist eine der besten Möglichkeit,<br />
die Stadt zu erkunden<br />
und möglichst schnell möglichst<br />
viel zu sehen.<br />
New York hat erstklassige<br />
Laufreviere zu bieten: Neben<br />
dem Central Park tummelt<br />
sich die Szene auf dem West<br />
Side Highway, im Prospect<br />
Park in Brooklyn und in Stadien<br />
in allen fünf Bezirken.<br />
Kein Wunder, dass New<br />
York nicht nur die Heimat<br />
des größten Marathons der<br />
Welt ist, sondern auch die<br />
Geburtsstadt der Running<br />
Crew-Szene. „In den vergangenen<br />
zehn Jahren ist die<br />
Zahl der Laufvereine und<br />
-Crews förmlich explodiert“,<br />
sagt Jessie Zapo, Gründerin<br />
und Coach der Girls Run<br />
NYC. Sie ist schon seit 2003<br />
Teil der Lauf-Community in<br />
New York. Damals war sie<br />
eine der wenigen Frauen bei<br />
den Bridgerunners. Schnell<br />
wurde sie von der Energie angesteckt,<br />
die von den Vorreitern<br />
der Running Crew-Bewegung<br />
ausging. „Ich liebe es<br />
über die Brücken zu laufen“,<br />
schwärmt sie noch heute und<br />
erklärt, was das Laufen in New<br />
York so besonders macht. „Du<br />
siehst die Dinge anders, wenn<br />
↦<br />
Fotos: Norbert Wilhelmi (2), Brandon Komoda (2), Laura Fuchs, imago images/Pacific Press Agency, privat
EVENTS<br />
——<br />
REISEN<br />
Für viele Mitglieder der New<br />
Yorker Running Crews ist der<br />
Marathon im November ein<br />
Pflichttermin. Unser Foto zeigt<br />
Muye Zhao vom Brooklyn<br />
Track Club auf der Strecke des<br />
New York-Marathons 2019<br />
New York hat den größten<br />
Marathon der Welt. Über 50.000<br />
finishen Jahr für Jahr im Central<br />
Park. Aber die Acht-Millionen-<br />
Stadt bietet auch abseits des<br />
Mega-Events die wohl lebendigste<br />
Laufszene weltweit. <strong>LÄUFT</strong>.-<br />
Mitarbeiterin Huyen Nguyen hat<br />
in New York jede Menge spannende<br />
Projekte und Läufer entdeckt. ↦
› TOP-LAUFEVENTS IN HOLLAND ‹<br />
ORANJE-<br />
—<br />
TOUR<br />
—<br />
Lauffreund Carlos (re.) ist für jeden Spaß zu haben. Wie hier beim Venloop 2019. Jörg Löhr (li.) war 2019 bei insgesamt 12 Rennen in Holland am<br />
Start. Jörg berichtet über alle seine Lauferlebnisse auf: der-laufgedanke.blogspot.com<br />
86
Im Westen Deutschlands kennt man den legendären<br />
Venloop. Oder die Marathonrennen in<br />
Rotterdam oder Amsterdam. Jörg Löhr wollte<br />
viel mehr über die Laufkultur in unserem<br />
Nachbarland erfahren. Und hat dabei festgestellt,<br />
dass Holland weit mehr als nur eine<br />
Laufreise wert ist.<br />
EVENTS<br />
——<br />
REISEN<br />
Texte: Dr. Jörg Löhr, Norbert Hensen | Fotos: Dr. Jörg Löhr, Veranstalter<br />
↦ Wer im Rheinland oder Ruhrgebiet<br />
zuhause ist, kennt die Rivalität zwischen<br />
Deutschen und Holländern. Es ist so wie<br />
mit den Kölnern und Düsseldorfern -<br />
man zieht ein bisschen über den anderen<br />
her und hat ihn trotzdem gern. Und eines<br />
muss man den holländischen Nachbarn<br />
lassen. Sie feiern wie die Weltmeister<br />
und organisieren auf liebevolle Art Laufevents,<br />
die einfach Spaß machen.<br />
Jörg Löhr läuft seit fast 40 Jahren.<br />
Über 100.000 Kilometer hat er im<br />
Laufschritt zurückgelegt, vor drei Jahren<br />
unter anderem die Serie der World<br />
Marathon Majors gefinisht. Jörg Löhr<br />
liebt das Laufen. Und ganz besonders<br />
liebt er es, immer neue Laufevents kennenzulernen.<br />
Er ist in Amerika, Asien,<br />
Australien und Afrika gelaufen. „Ich<br />
habe mir schon viele Träume erfüllt,<br />
die ein verrückter Läufer halt so hat“,<br />
erzählt der 57-Jährige, der in Eitorf bei<br />
Hennef lebt. Und lacht. Jörg Löhr lacht<br />
viel. Er liebt den Karneval und ist auch<br />
deshalb gerne mal verkleidet unterwegs.<br />
„Das Leben ist oft ernst genug,<br />
da muss man das Laufen nicht auch<br />
noch bierernst nehmen...“<br />
Und da er sich seit ein paar Jahren für<br />
jedes Laufjahr etwas Besonderes einfallen<br />
lässt, stand das Jahr 2019 ganz<br />
im Zeichen der „Hardloop-Challenge“.<br />
Hardloopen ist das holländische Wort<br />
für Laufen.<br />
„Bei uns im Westen kennt man den<br />
Venloop, ich war da auch schon ein<br />
paar Mal“, erzählt Jörg Löhr. „Da war<br />
mir klar: die Holländer machen eine<br />
tolle Stimmung. Ich wollte einfach<br />
wissen, ob das bei anderen Laufveranstaltungen<br />
ähnlich ist.“<br />
Die Recherche begann. „Ich hatte<br />
schnell mehr als 10 Events zusammen,<br />
die auf meiner Liste standen.“<br />
Der begeisterte Läufer wollte ein<br />
breites Spektrum kennenlernen. Von<br />
10 Kilometer bis Marathon. Trail-,<br />
Strand- und Stadtlauf. „Als ich mir<br />
die vielen Webseiten angeschaut<br />
habe, stand überall „de mooiste“<br />
(der schönste), „het moeilijkste“ (der<br />
schwerste) oder „de gezelligste“ (der<br />
stimmungsvollste) Lauf - die Holländer<br />
haben kein Problem mit Superlativen“,<br />
lacht Jörg.<br />
Seine „Hardloop-Challenge 2019“ ist<br />
beendet. Er hat keine Laufteilnahme<br />
bereut. Im Gegenteil. „Es waren viele<br />
tolle Wochenend-Urlaube dabei. Vor<br />
allem die holländische Küste ist wunderschön.<br />
Die Stimmung war immer<br />
besonders und von vielen Events können<br />
die deutschen Veranstalter wirklich<br />
noch was lernen.“ Jörg Löhr hat<br />
seine ganz persönliche Top 1o aufgestellt.<br />
„Jeder hat ja seine eigenen Kriterien,<br />
aber ich kann wirklich jeden<br />
dieser Läufe empfehlen.“ ↦<br />
4<br />
10<br />
8<br />
5<br />
AMSTERDAM<br />
3<br />
Niederlande<br />
1<br />
7<br />
6 9<br />
2<br />
TOP 10 LAUFEVENTS IN DEN NIEDERLANDEN *<br />
1 Zwolse Halve Marathon: Rock´n Roll auf 21,1 km, Musik ohne Ende, tolle Stadt<br />
2 Venloop Halbmarathon: Karneval auf Niederländisch!<br />
3 Rotterdam Marathon: Beste Stimmung am Streckenrand & mega-coole City!<br />
4 Kustmarathon Zeeland: 42,195 Kilometer mit viel Sand unter den Füßen!<br />
5 Egmond Halve Marathon: Hart, härter, Egmond Halbmarathon ;-)<br />
6 Sevenheuvelenloop Nijmegen: 24.000 LäuferInnen am Tag / 7000 in der Nacht!<br />
7 Vechtdaltrail 35km: „Sahara-Feeling“ mitten in den Niederlanden!<br />
8 Berenloop Terschelling Halve Marathon: Tolle Landschaft,- & Strandstrecke!<br />
9 Bridge to Bridge Arnheim 10 Meilen: Beeindruckendes Event mit historischen Bezug!<br />
10vanNoordwijk: „Spendengala“ im Laufschritt!<br />
* subjektives Ranking, das auf persönlichen Eindrücken von Stimmung, Strecke & Organisation beruht<br />
87 ——— <strong>LÄUFT</strong>.
EVENTS & REISEN<br />
ZWOLSE HALVE MARATHON | ZWOLLE<br />
—<br />
21,1 KILOMETER<br />
LANG ROCK'N'ROLL<br />
—<br />
„Auf diesen Halbmarathon hatte ich mich schon lange<br />
gefreut, denn von vielen Läufern wurde mir nur Gutes<br />
über dieses Event in der historischen Hansestadt berichtet.<br />
Auf der Homepage des Veranstalters schreibt<br />
man sehr selbstbewusst vom „gezelligste Hardloopfestival<br />
van Nederland!“ Ich war also auf das stimmungsvollste<br />
Lauffestival der Niederlande gespannt!<br />
10.000 Läuferinnen und Läufer starteten unter der<br />
Abendsonne in der historischen Innenstadt von Zwolle.<br />
Vom Schüler bis zur Weltspitze! Vom Jogger bis<br />
zum erfahrenen Läufer waren alle dabei. Und ich kann<br />
es nicht anders sagen: es war Rock‘n‘Roll auf 21,1 Kilometern!<br />
Die Strecke setzte sich aus drei Runden à 7<br />
Kilometer zusammen. Auf dieser Runde hatte der Veranstalter<br />
sagenhafte 31 Musikspots untergebracht! Von<br />
der Blaskapelle, über Schlagersänger bis zur Hardrock-Band<br />
wurde alles „aufgefahren“. Absolut abgefahren.<br />
Auch deshalb meine persönliche Nummer eins!<br />
HALVEMARATHONZWOLLE.NL<br />
PLATZ 1<br />
31 BANDS<br />
AUF 7 KM<br />
PLATZ 2<br />
MEHR PARTY<br />
GEHT NICHT<br />
VENLOOP | VENLO<br />
—<br />
EINE STADT<br />
DREHT DURCH<br />
—<br />
Wenn Venloop ist, steht Venlo Kopf. Eine Stadt und seine<br />
Einwohner drehen durch. Ein bisschen wie Karneval in Köln.<br />
Man muss dieses bunte Treiben einfach lieben - oder man<br />
lässt es lieber, wenn man seine Ruhe haben will. Dieses<br />
Jahr verfolgte mich und Carlos beim Venloop die Anfeuerung<br />
„Oh Heidis“. Ab und zu auch mal „lecker Mariesche“. In<br />
New York hört man „Great Job“ oder „Well Done“. In Sevilla<br />
wurde ich mit „Ánimo“ & „Venga“ angefeuert. In Tokio mit<br />
„Ganbatte kudasaii“. „Heidi“ hat mir ganz gut gefallen. Ob es<br />
wohl etwas unserer Verkleidung zu tun hatte? ;-)<br />
Wir waren doch nur in den Farben unseres Karnevalvereins<br />
Jägerheimfreunde Eitorf unterwegs... Venloop ist Karneval<br />
auf 21,1 Kilometern. Venloop muss man mal gemacht haben.<br />
Unbedingt frühzeitig anmelden. WWW.VENLOOP.DE<br />
88
—<br />
LOVE<br />
IS IN THE AIR<br />
—<br />
FRAU<br />
SCHMITT<br />
MEINT<br />
↦ Lasst uns über die Liebe reden.<br />
Liebe – die Älteren werden sich erinnern<br />
– das ist der Grund, warum<br />
es „2 für 1“ Restaurantgutscheine<br />
gibt. Den Jüngeren sei gesagt: Liebe<br />
ist wie nett sein, nur krasser. Wir<br />
haben keine Zeit mehr für Liebe, wir<br />
müssen arbeiten. Und wenn wir mal<br />
nicht arbeiten müssen, dann suchen<br />
wir eine Wohnung oder einen Platz,<br />
an dem wir unser Auto abstellen<br />
können. Es gibt nicht umsonst den<br />
Facebook-Beziehungsstatus „Es ist<br />
kompliziert“. Das Hobby des Laufens,<br />
das wir uns trotz allem gönnen,<br />
bringt in das verworrene und<br />
unter Zeitnot leidende Thema Liebe<br />
allerdings eine bemerkenswerte Dynamik.<br />
Beim heutigen Morgenlauf sah ich<br />
zwei Pre-Best-Ager Hand in Hand<br />
joggend, eine Lauftechnik, die<br />
eigentlich ab dem Alter von vier als<br />
uncool gilt. Läufer ficht das nicht an,<br />
worüber man sich einfach nur still<br />
freuen kann. Altersbedingt haben sich<br />
die beiden währenddessen noch nicht<br />
einmal selbst fotografiert oder gestreamt!<br />
Unglaublich. Sich beim Laufen<br />
kennenzulernen, ist vergleichsweise<br />
erhellend und zeiteffizient. Man trifft<br />
Frauen, die nicht das große Gala-Make-up<br />
tragen, und erkennt, wie ein<br />
Mann in blickdichten Strumpfhosen<br />
aussieht. Man kann sicher sein, dass<br />
das Gegenüber dazu neigt, gelegentlich<br />
das Haus zu verlassen, und dass<br />
es nicht an einer Sauerstoffunverträglichkeit<br />
leidet. Körpergerüche spielen<br />
angeblich eine große Rolle für Sympathie<br />
oder Antipathie, diese Entscheidung<br />
dürfte also beim gemeinsamen<br />
Lauf rasch fallen. Lauftreffs sind<br />
Partnerbörsen der ehrlichsten und<br />
einfachsten Art. Und das Schönste<br />
ist: Auch kinderlose Läuferpaare sind<br />
von Anfang an zu dritt. Du, ich und<br />
das Laufen – in dieser Konstellation<br />
wird fortan das Leben geplant. Im<br />
Juli 2019 absolvierte Silke Donig im<br />
Brautkleid die 100 Kilometer des<br />
Thüringen Ultra, um ihrem Zukünftigen<br />
im Ziel das Ja-Wort zu geben.<br />
Der natürlich ebenfalls Läufer ist.<br />
Sie heißt jetzt Silke Herrmann und<br />
kam auf Platz drei bei der Wahl der<br />
„Hobbyläufer des Jahres“ Andere<br />
heiraten gleich unterwegs, wie ein<br />
Paar, das sich vor einigen Jahren beim<br />
Trollinger Marathon im Laufschritt<br />
trauen ließ. Ein Namenswechsel<br />
zwischen Start und Ziel – da kommt<br />
bei der zeitmessenden IT Freude<br />
auf. Bei amerikanischen Läufen wird<br />
regelmäßig geheiratet, allen voran<br />
natürlich beim Las Vegas Marathon.<br />
Wem es unterwegs mit dem Ehelichen<br />
zu hektisch wird, der verlegt sich<br />
vielleicht erst Mal auf einen Heiratsantrag<br />
beim Lauf oder im Ziel, auch<br />
das eine beliebte Erscheinung der an<br />
Bekenntnissen reichen Läufer-Liebe.<br />
Kaum eine Sportart bietet so viele<br />
Möglichkeiten der gemeinsamen Ausübung,<br />
auch bei unterschiedlichem<br />
Leistungsniveau. Und kaum eine<br />
fördert mit Hilfe des eingespielten<br />
Gleichschritts auch den Gleichklang<br />
von zwei Menschen. Ein gemeinsamer<br />
Lebenslauf gehört demnach mit zum<br />
Schönsten, was man sich als Läufer<br />
erhoffen kann. Also: auf, auf, zum<br />
Lauftreff!<br />
Heidi Schmitt<br />
Heidi Schmitt, Läuferin und Autorin aus Frankfurt, schreibt und läuft in stetigem Wechsel. Am liebsten über und bei Volksläufen in der Provinz, wo<br />
Läufer zwar selten mit einer Medaille, dafür aber mit Streuselkuchen belohnt werden. In <strong>LÄUFT</strong>. schreibt sie ganz offen, was sie denkt.<br />
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