AJOURE´ Magazin Januar 2020
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AJOURE / LIFESTYLE<br />
fen werden. Schneewittchen kann hier als<br />
Paradebeispiel angesehen werden. In dem<br />
1937 erschienenen Film „Schneewittchen<br />
und die sieben Zwerge“ ist die ins Exil verbannte<br />
Prinzessin Schneewittchen gänzlich<br />
auf die Rettung durch einen Mann<br />
angewiesen.<br />
Sie verkörpert dabei über den gesamten<br />
Film hinweg das Bild einer hübschen,<br />
stets freundlichen Frau, die mit Freude<br />
putzt und alles für ihren Prinzen tun würde.<br />
Zwar kann eingewendet werden, dass<br />
Schneewittchen damit nur die Rolle der<br />
Frau in der Gesellschaft der 1930er und<br />
1940er Jahre widerspiegelt. Damit lässt<br />
sich ihre Darstellung zumindest erklären.<br />
Aber das macht sie deswegen nicht besser.<br />
Aus heutiger Sicht wirkt Schneewittchen<br />
darum völlig veraltet und unzeitgemäß.<br />
Den Disney-Prinzessinnen der 1950er<br />
Jahre ergeht es nicht viel anders. In dem<br />
Film Aschenputtel (1955) wird die junge<br />
Margit zwar nicht mehr als zufriedene<br />
Hausfrau gezeigt. Vielmehr will sie diesem<br />
Leben entfliehen und hat eigene Träume.<br />
Aber trotzdem wird sie als ein schwaches,<br />
allzu emotionales Wesen dargestellt und<br />
entspricht damit dem Klischee weiblicher<br />
Gutmütigkeit. Margit hat zwar Träume, die<br />
über das Dasein als Hausfrau hinausgehen,<br />
aber diese sind die üblichen Fantasien von<br />
schönen Kleidern und einem tollen Prinzen,<br />
den sie heiraten kann.<br />
Jahren greift Disney diese Konzepte teilweise<br />
auf. Nach einer Flaute in den 1980er<br />
Jahren erlebt Disney mit den Filmen Arielle,<br />
die Meerjungfrau (1989), Die Schöne<br />
und das Biest (1991) und Aladdin (1992)<br />
einen neuen Aufschwung und erreicht mit<br />
zeitgemäßeren Darstellungen von Frauen<br />
die ganze Welt.<br />
Die drei Protagonistinnen aus diesen Filmen<br />
sind Arielle, Belle und Jasmin. Alle<br />
weisen Charaktereigenschaften auf, die<br />
den Disney Prinzessinnen der Kriegs- und<br />
Nachkriegszeit völlig fehlten. Sie lehnen es<br />
zum Teil direkt ab, sich nur auf den Haushalt<br />
und eine zukünftige Ehe zu konzentrieren.<br />
Alle drei Figuren werden als freiheitsstrebend<br />
dargestellt und entsprechen<br />
damit dem Bild der Frau zu Beginn der<br />
1990er Jahre. Arielle begibt sich auf eine<br />
Identitätsfindung, Belle ist belesen und<br />
mutig. Und Jasmin weigert sich, von ihrem<br />
Vater verheiratet zu werden.<br />
Doch eines haben alle wiederum mit ihren<br />
Vorgängerinnen gemeinsam. Ihre Selbstbestimmung<br />
führt sie schlussendlich zu<br />
einem Prinzen und damit zu einer Partnerschaft,<br />
die auf traditionellen Werten<br />
aufgebaut ist. Die drei Figuren sind am<br />
Ende ihrer Filme glücklich damit, den<br />
Mann fürs Leben gefunden zu haben.<br />
Trotzdem lässt sich in den drei Filmen<br />
beobachten, dass die Männerrollen kleiner<br />
werden und für die Geschichte we-<br />
Die Disney-Renaissance geht bei der<br />
Darstellung von Frauen mit der Zeit<br />
In den 1960er und 1970er Jahren gerät<br />
die Disney-Prinzessin aus der Mode. Die<br />
sexuelle Revolution dieser Zeit verändert<br />
Rollenverteilungen, das allgemeine Frauenbild<br />
und die Wahrnehmung von weiblicher<br />
Sexualität völlig. Erst in den 1990er<br />
AJOURE MAGAZIN SEITE: 109 | JANUAR <strong>2020</strong>