ZAP-2019-24
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Anwaltsmagazin<br />
<strong>ZAP</strong><br />
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige<br />
VIII. BGH-Zivilsenat entschied, dass die hier zu<br />
beurteilende Tätigkeit der als Inkassodienstleisterin<br />
nach dem RDG registrierten Klägerin (noch)<br />
von der Befugnis gedeckt ist, Inkassodienstleistungen<br />
gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG – nämlich<br />
Forderungen einzuziehen – zu erbringen. Dies<br />
folge in erster Linie bereits aus dem – eher weiten<br />
– Verständnis des Begriffs der Inkassodienstleistung,<br />
von dem der Gesetzgeber seinerzeit ausgegangen<br />
sei.<br />
Die Tätigkeit des Legal-Tech-Unternehmens sei<br />
insgesamt noch als Inkassodienstleistung und nicht<br />
als eine Rechtsdienstleistung bei der Abwehr von<br />
Ansprüchen oder bei der Vertragsgestaltung und<br />
allgemeinen Rechtsberatung anzusehen, zu der<br />
eine Registrierung als Inkassodienstleister nicht<br />
berechtige. Deshalb spiele auch der dem Unternehmen<br />
gemachte Vorwurf, es erhebe ein unzulässiges<br />
„Erfolgshonorar“, keine Rolle. Letztere<br />
Auffassung verkenne nämlich, dass es sich bei den<br />
registrierten Inkassodienstleistern – im Gegensatz<br />
zu Rechtsanwälten – nicht um Organe der Rechtspflege<br />
handele und der Gesetzgeber des Rechtsdienstleistungsgesetzes<br />
davon abgesehen habe, die<br />
registrierten Personen i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 RDG,<br />
insb. die Inkassodienstleister, als einen rechtsanwaltsähnlichen<br />
Rechtsdienstleistungsberuf unterhalb<br />
der Rechtsanwaltschaft einzurichten und/<br />
oder die für Rechtsanwälte geltenden strengen<br />
berufsrechtlichen Pflichten und Aufsichtsmaßnahmen<br />
uneingeschränkt auf diese Personen zu übertragen.<br />
In einer der ersten Stellungnahmen zu der<br />
höchstrichterlichen Entscheidung hat der Deutsche<br />
Anwaltverein kritisch Stellung genommen:<br />
Der Senat habe nicht erwogen, dass es gerade im<br />
Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher<br />
liege, kompetenten, unabhängigen und verschwiegenen<br />
Rechtsrat durch die Anwaltschaft<br />
zu erhalten. Nicht bedacht habe der BGH zudem,<br />
dass die Anwaltschaft besonderen Berufspflichten<br />
unterworfen sei. Sie leiste mit der Verpflichtung<br />
zur Übernahme von Beratungshilfemandaten<br />
ein „Sonderopfer“ für die Allgemeinheit. Das<br />
Beratungshilfesystem gerate durch die jetzige<br />
Entscheidung in eine „Schieflage“. Entweder müssten<br />
auch Legal-Tech-Anbieter verpflichtet werden,<br />
Beratungshilfe zu leisten oder die Anwaltschaft<br />
müsse von diesem „Sonderopfer“ künftig<br />
befreit werden.<br />
[Quellen: BGH/DAV]<br />
Experten geteilter Meinung über die<br />
Modernisierung des Strafverfahrens<br />
Die Bundesregierung hat kürzlich den Entwurf<br />
eines Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens<br />
vorgelegt, das vom Bundestag am<br />
15.11.<strong>2019</strong> beschlossen wurde und am 29.11.<strong>2019</strong><br />
nun auch vom Bundesrat (BR) bestätigt wurde<br />
(vgl. BR-Drucks 602/<strong>2019</strong> – https://www.bundes<br />
rat.de/bv.html?id=0602-19; zum Vorhaben zuletzt<br />
<strong>ZAP</strong>-Anwaltsmagazin 21/<strong>2019</strong>, S. 1092). Unter<br />
anderem sollen damit missbräuchlich gestellte<br />
Befangenheits- und Beweisanträge unter erleichterten<br />
Voraussetzungen abgelehnt und die Nebenklagevertretung<br />
gebündelt werden können. In<br />
Gerichtsverhandlungen soll das Verbot eingeführt<br />
werden, das Gesicht ganz oder teilweise zu<br />
verdecken. Zur Verfolgung des Wohnungseinbruchdiebstahls<br />
soll die Telekommunikationsüberwachung<br />
erweitert werden. Auch sollen die<br />
Möglichkeiten der DNA-Analyse im Strafverfahren<br />
noch weitreichender genutzt werden können.<br />
Der Opferschutz im Strafverfahren wird weiter<br />
gestärkt. Der Entwurf sieht dazu u.a. vor, die<br />
audiovisuelle Aufzeichnung von richterlichen Vernehmungen<br />
im Ermittlungsverfahren von zur<br />
Tatzeit erwachsenen Opfern von Sexualstraftaten<br />
verpflichtend vorzuschreiben. Zwischenzeitlich<br />
hat auch der Bundesrat seine Zustimmung erteilt.<br />
Zu dem Vorhaben fand am 11.11.<strong>2019</strong> zuvor noch<br />
eine Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags<br />
statt. Hier wurde ein geteiltes Echo<br />
seitens der geladenen Experten deutlich. Während<br />
die eingeladenen Richter die Dringlichkeit<br />
der im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen betonten,<br />
lehnten die Verteidiger die Pläne weitgehend<br />
ab.<br />
So begrüßte etwa der Vorsitzende des Deutschen<br />
Richterbunds, JENS GNISA, die geplante Reform. Die<br />
gerichtliche Praxis warte darauf seit Jahren, denn<br />
Strafverfahren dauerten immer länger. 86 % der<br />
Richter und Staatsanwälte sprächen sich für die<br />
geplanten Reformen aus. Mit dem Entwurf werde<br />
versucht, nur Auswüchse zu kappen, ohne Beschuldigtenrechte<br />
im Übermaß zu beschränken.<br />
Die vier zentralen Regelungen zu Befangenheitsanträgen,<br />
Besetzungsrügen, zum Beweisantragsrecht<br />
und zur Bündelung der Nebenklage seien<br />
ebenso wie die weiteren Regelungen im Grundsatz<br />
ausgesprochen sinnvolle Ergänzungen.<br />
1280 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>24</strong> 18.12.<strong>2019</strong>