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ZAP-2019-24

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Rechtsprechung Fach 22 R, Seite 1155<br />

Verfahrenstipps/Hinweise für Strafverteidiger<br />

einverstanden erklärt habe (BGHSt 42, 15, 19; 58, 301, 307; NStZ 2013, 299; darüber hinaus auch ganz h.M.<br />

in der Literatur, vgl. MEYER-GOßNER/SCHMITT, § 136 Rn 10a; KK/DIEMER, StPO, 8. Aufl., § 136 Rn 14). Zweck der<br />

wiederholten Belehrung sei letztlich, dem Beschuldigten vor Augen zu führen, dass er sein Recht auf<br />

Verteidigerkonsultation nicht durch den fehlgeschlagenen Kontaktversuch verwirkt habe; sie trage<br />

dadurch zur Subjektstellung des Beschuldigten bei (BEULKE NStZ 1996, 257, 261). Diese Rechtsprechung<br />

habe der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien zum Zweiten Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte<br />

von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.8.2017 (BGBl I,<br />

S. 3295) ausdrücklich gebilligt (BT-Drucks 18/9534, S. 22). Aus diesem Rechtsverstoß folge hier nach der<br />

Rechtsprechung des BGH auch ein Beweisverwertungsverbot (vgl. BGHSt 38, 214, 219 ff.; 38, 372, 373 ff.;<br />

42, 15, 21 f.).<br />

Hinweis:<br />

Bis hierhin wird man dem BGH (a.a.O.) mit Freuden folgen. Danach dann allerdings nicht mehr. Denn<br />

nach Auffassung des BGH beruhte das landgerichtliche Urteil nicht auf dem Verfahrensverstoß (vgl. § 337<br />

Abs. 1 StPO). Das LG habe den Tatnachweis nicht auf die Angaben des Angeklagten in der polizeilichen<br />

Vernehmung gestützt, mit denen er den Tatvorwurf bestritten hatte. Die Beweiswürdigung stütze sich<br />

vielmehr auf eine Gesamtschau der Indizien. Damit reiht sich die Entscheidung ein in die Reihe der Entscheidungen,<br />

die deutlich machen, dass es letztlich nur Worthülsen sind, mit denen der BGH operiert. Da<br />

ist die Rede vom „Beitrag zur Subjektstellung des Beschuldigten“, was sich gut liest, nur: Beim Beruhen scheiden<br />

sich dann immer/häufig die Geister. Da sind die Ausführungen des LG dann bloße Ergänzungen und es wird<br />

mal wieder die „Gesamtschau der Indizien“ angeführt. Man fragt sich – wie so oft: Warum nimmt man eigentlich<br />

einen Rechtsverstoß durch die Polizeibeamten und ein daraus folgendes Beweisverwertungsverbot<br />

an, wenn der Verstoß dann letztlich doch nicht sanktioniert wird? So wird sich an polizeilichem<br />

Fehlverhalten nie etwas ändern.<br />

Als Verteidiger wird man aber weiterhin in diesen Fällen der Verwertung der Angaben widersprechen<br />

(müssen). Vielleicht führt das ja doch mal zum Erfolg.<br />

IV.<br />

Bußgeldverfahren<br />

1. Beweisantrag „anderer Fahrer“<br />

Der BayObLG (Beschl. v. 28.5.<strong>2019</strong> – 201 ObOWi 758/19, zfs <strong>2019</strong>, 587 = VA <strong>2019</strong>, 181) behandelt<br />

eine verfahrensrechtliche Problematik aus dem OWi-Verfahren, die allerdings auch in einem Strafverfahren<br />

von Bedeutung sein kann. Das BayObLG nimmt nämlich (noch einmal) zu der Beweisbehauptung<br />

in einem (Beweis-)Antrag Stellung, ein anderer – als der Betroffene – habe das Fahrzeug<br />

geführt. Dazu hat das BayObLG wie folgt ausgeführt: Mit dem positiv formulierten Beweisbegehren<br />

auf Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens „zum Beweis der Tatsache,<br />

dass es sich bei dem Fahrer zur Tatzeit um eine andere Person als den Betroffenen […] handelt“, sei allenfalls das<br />

von der Beweiserhebung erhoffte Beweisziel „unter Beweis“ gestellt worden. Dies genüge regelmäßig<br />

nicht den für einen förmlichen Beweisantrag notwendigen Anforderungen an eine hinreichend<br />

bestimmte Beweisbehauptung. Zwar ergebe sich aus dem Beweisbegehren die Minimalbehauptung,<br />

dass mit der Beweiserhebung unter Beweis gestellt werden solle, dass nicht der Betroffene, sondern<br />

eben „eine andere Person“ zur Tatzeit verantwortlicher Führer des Tatfahrzeugs gewesen sei.<br />

Diesen Schluss hätte und habe indes gerade nicht der beantragte (anthropologische) Sachverständige,<br />

sondern allein das Gericht auf der Grundlage der erhobenen Beweise zu ziehen. Es fehlten aber<br />

insoweit jegliche Angaben entweder dazu, welche bestimmte (‚verwechslungsgeeignete‘) Person<br />

anstelle des Betroffenen das Fahrzeug zur Tatzeit geführt habe bzw. auf dem Beweisfoto abgebildet<br />

sei, oder aber wenigstens dazu, welche bestimmten morphologischen oder sonstigen Merkmale<br />

des Erscheinungsbilds, die eine Identität des Betroffenen mit der auf dem Messfoto abgebildeten<br />

Person ausschließen, durch das beantragte Gutachten ermittelt werden sollen (vgl. neben BGH NStZ<br />

2017, 300 = StV 2017, 787 u.a. auch OLG Hamm StRR 2010, 105 = VRR 2010, 113; OLG Bamberg<br />

StraFo 2017, 156).<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>24</strong> 18.12.<strong>2019</strong> 1313

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