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ZAP-2019-24

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Rechtsprechung Fach 22 R, Seite 1151<br />

Verfahrenstipps/Hinweise für Strafverteidiger<br />

Fällen von Amts wegen einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Das ist insb. der Fall, wenn die Sachoder<br />

Rechtslage durch die Instanzen und die Staatsanwaltschaft unterschiedlich beurteilt werden<br />

(VerfG Sachsen, Beschl. v. 30.8.<strong>2019</strong> – Vf. 73-IV-18 HS, StRR 5/<strong>2019</strong>, 18). Liegt der Anordnung der<br />

unbefristeten Führungsaufsicht eine Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus<br />

zur Bewährung zugrunde, ist dem Verurteilten für das Überprüfungsverfahren zur Fortdauer<br />

der unbefristeten Führungsaufsicht regelmäßig ein Pflichtverteidiger zu bestellen (OLG Celle<br />

StV <strong>2019</strong>, 175 [Ls.]).<br />

• Bestellung: Strafvollzug<br />

In analoger Anwendung von § 140 StPO ist einem Strafgefangenen, der fixiert werden soll, ein<br />

Pflichtverteidiger zur Wahrung seiner Rechte zu bestellen (LG Lübeck, Beschl. v. 10.8.2018 – 5x StVK<br />

1/18, StV <strong>2019</strong>, 278).<br />

• Bestellung: Antrag/Verfahren/Zeitpunkt<br />

Es kann offen bleiben, ob in Fällen des § 408b StPO der Angeklagte vor einer Pflichtverteidigerbestellung<br />

anzuhören ist, denn dem Angeklagten ist jedenfalls dann der von ihm gewünschte Verteidiger<br />

– ggf. unter Aufhebung der Beiordnung des bisherigen Verteidigers – als Pflichtverteidiger<br />

beizuordnen, wenn die Beiordnung des Pflichtverteidigers wie vorliegend – zumindest konkludent –<br />

nicht nur für das Strafbefehlsverfahren erfolgt ist und der Angeklagte zur Verteidigerbestellung nicht<br />

angehört worden war. Einem Beschuldigten, der — etwa aus Gründen der Eilbedürftigkeit – zur<br />

Verteidigerbestellung zunächst nicht angehört wurde, ist im weiteren Verlauf des Verfahrens der<br />

Verteidiger seiner Wahl zu bestellen, um dem verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch, sich grds.<br />

auch bei einer Pflichtverteidigung vom Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen, gerecht zu<br />

werden (LG Mannheim, Beschl. v. 15.11.2018 – 5 Qs 58/18).<br />

• Bestellung: rückwirkende Bestellung<br />

Nach dem endgültigen Abschluss eines Strafverfahrens kommt die nachträgliche Beiordnung eines<br />

Verteidigers nicht mehr in Betracht und ist ein darauf gerichteter Antrag unzulässig. Dies gilt auch<br />

für den Fall der Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO, die der Sache nach mit einer<br />

endgültigen Einstellung verbunden ist, die die gerichtliche Anhängigkeit beendet. Allerdings ist eine<br />

rückwirkende Bestellung dann zulässig, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss<br />

des Verfahrens gestellt wurde, die Voraussetzungen für eine Beiordnung gem. § 140 Abs. 1 und 2<br />

StPO vorlagen und die Entscheidung durch gerichtsinterne Vorgänge unterblieben ist, auf die ein<br />

Außenstehender keinen Einfluss hatte (zuletzt LG Magdeburg, Beschl. v. 26.3.<strong>2019</strong> – 22 Qs 16/19;<br />

s. auch LG Magdeburg, Beschl. v. 11.10.2016 – 23 Qs 18/16; LG Hamburg StV 2005, 207; LG<br />

Saarbrücken StV 2005, 82; LG Itzehoe StV 2010, 562; LG Neubrandenburg StV 2017, 7<strong>24</strong> mit<br />

zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).<br />

• Bestellung: Rücknahme<br />

Die Bestellung des Pflichtverteidigers ist zurückzunehmen, wenn er durch Äußerungen zu erkennen<br />

gibt, dass er eine ungenügende Kenntnis der Anforderungen an strafrechtliche Prognosegutachten<br />

hat (LG Marburg, Beschl. v. 27.9.2018 – 11 StVK 126/17). Die Erhebung einer zivilrechtlichen Klage<br />

gegen den Pflichtverteidiger oder die Erstattung einer Strafanzeige wegen Parteiverrats durch den<br />

Angeklagten ergeben für sich noch keine wichtigen Gründe für eine Abberufung (OLG Bremen,<br />

Beschl. v. <strong>24</strong>.9.<strong>2019</strong> – 1 Ws 59/18). Die Abberufung eines Pflichtverteidigers kann nur ex nunc mit<br />

Wirkung für die Zukunft erfolgen (OLG Bremen, a.a.O.).<br />

• Entpflichtung, Allgemeines<br />

Eine Entpflichtung des Pflichtverteidigers kommt nur in Betracht, wenn Umstände vorlägen, die den<br />

Zweck der Pflichtverteidigung, dem Untergebrachten einen geeigneten Beistand zu sichern und<br />

einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährden würden, insb.<br />

wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Untergebrachten und dem Verteidiger endgültig und<br />

nachhaltig erschüttert und deshalb zu besorgen ist, dass die Verteidigung objektiv nicht (mehr)<br />

sachgerecht geführt werden kann (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 14.11.2018 – 4 StR 419/18). Es kann in dem<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>24</strong> 18.12.<strong>2019</strong> 1309

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