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ZAP-2019-24

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<strong>ZAP</strong><br />

Kolumne<br />

Kolumne<br />

Der Rechtsmarkt wird sich verändern – BGH öffnet die Tür für Rechtsdienstleistungen<br />

außerhalb der Anwaltschaft<br />

Am 27.11.<strong>2019</strong> hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs<br />

(VIII ZR 285/18) sein Urteil im<br />

Fall „wenigermiete.de“ verkündet. Zwar lagen zum<br />

Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrags die schriftlichen<br />

Entscheidungsgründe noch nicht vor, doch<br />

die ausführliche Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs<br />

(BGH) erläutert schon jetzt sehr dezidiert,<br />

wie der BGH sein Urteil begründet.<br />

Es ist sicherlich nicht vermessen zu sagen, dass<br />

diese Entscheidung des BGH den Rechtsmarkt<br />

ganz erheblich verändern wird. Wieder einmal hat<br />

die Rechtsprechung der Anwaltschaft Grenzen<br />

aufgezeigt. Das Urteil steht m.E. in einer Reihe<br />

mit der wegweisenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

(BVerfG) zu den Bastille-<br />

Beschlüssen sowie hinsichtlich der Aufhebung der<br />

Singularzulassung bei den Land- und Oberlandesgerichten,<br />

aber auch mit der Rechtsprechung des<br />

BGH zur Frage der Zusammenarbeit des Anwalts<br />

mit Ärzten und Apothekern. Diesmal betrifft die<br />

Änderung zwar „nur“ die Frage, was erlaubte<br />

Rechtsdienstleistungen sind, doch die Bedeutung<br />

des Urteils darf nicht unterschätzt werden.<br />

Der Hintergrund ist schnell erzählt: Die Lexfox<br />

GmbH, gegründet insb. von Rechtsanwälten, die<br />

über eine Inkassoerlaubnis gem. § 10 RDG verfügt,<br />

betreibt das Internetportal „wenigermiete.de“.<br />

Dort wird kostenlos ein „Online-Rechner“ („Mietpreisrechner“)<br />

zur Verfügung gestellt. Lexfox<br />

wirbt u.a. damit, Rechte von Wohnraummietern<br />

aus der Mietpreisbremse „ohne Kostenrisiko“<br />

durchzusetzen; eine Vergütung in Höhe eines<br />

Drittels „der ersparten Jahresmiete“ verlange sie<br />

nur im Falle des Erfolgs. Ein Wohnungsmieter<br />

beauftragte Lexfox mit der Geltendmachung und<br />

Durchsetzung seiner Forderungen und trat diese<br />

an Lexfox ab. Anschließend machte Lexfox als<br />

Klägerin – nach vorherigem Auskunftsverlangen<br />

und Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB – gegen die<br />

beklagte Wohnungsgesellschaft Ansprüche auf<br />

Rückzahlung überhöhter Miete geltend. Das LG<br />

Berlin hatte die Klage abgewiesen, die Revision<br />

hatte beim BGH jetzt Erfolg. Lexfox durfte die ihr<br />

abgetretene Forderung in Bezug auf die überhöhte<br />

Miete aufgrund der vorhandenen Inkassoerlaubnis<br />

geltend machen.<br />

Der BGH erklärt, dass die Tätigkeit von Lexfox von<br />

der Befugnis gedeckt ist, Inkassodienstleistungen<br />

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG – nämlich Forderungen<br />

einzuziehen – zu erbringen. Dies folgt in erster<br />

Linie bereits aus dem weiten Verständnis des<br />

Begriffs der Inkassodienstleistung, von dem der<br />

Gesetzgeber i.R.d. RDG – in Übereinstimmung<br />

mit der Rechtsprechung des BVerfG (NJW 2002,<br />

1190 und NJW-RR 2004, 1570) – ausgegangen ist.<br />

Der BGH öffnet damit – ganz bewusst und<br />

gewollt – den Markt für Rechtsdienstleistungen<br />

außerhalb der Anwaltschaft und sieht die Begründung<br />

noch geltend zu machender Forderungen<br />

als Inkassodienstleistung an.<br />

Der BGH begründet dies schon in der Pressemitteilung<br />

sehr ausführlich: Das RDG diene dazu,<br />

die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die<br />

Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen<br />

zu schützen (§ 1 Abs. 1 S. 2 RDG).<br />

Demgemäß bestimme § 3 RDG, dass die selbstständige<br />

Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen<br />

nur in dem Umfang zulässig sei,<br />

in dem sie durch das RDG oder andere Gesetze<br />

erlaubt werde. Eine solche Erlaubnis habe Lexfox.<br />

Der Gesetzgeber habe, so der Senat weiter, mit<br />

dem im Jahr 2008 in Kraft getretenen RDG, wie sich<br />

aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens<br />

eindeutig ergebe, das Ziel einer grundlegenden,<br />

an den Gesichtspunkten der Deregulierung und<br />

Liberalisierung ausgerichteten Neugestaltung des<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>24</strong> 18.12.<strong>2019</strong> 1275

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