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Osnabrücker Wissen Ausgabe 26

Nr. 26 (III-2019) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de

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Wirtschaft und Technik

Familie und Soziales

WAR FRÜHER WIRKLICH

MEHR LAMETTA?

10 FRAGEN AN ... EINE BESTATTERIN

„HABEN SIE

ANGST VOR DEM TOD?“

Viele werden sich noch erinnern, dass am Weihnachtsbaum glitzernde Fäden hingen.

Inzwischen ist Lametta in den meisten Wohnzimmern gar nicht mehr zu sehen.

Wie Opa Hoppenstedt schon 1976 in dem Loriot-Sketch „Weihnachten bei den

Hoppenstedts“ bedauerte: „Früher war mehr Lametta.“ Aber auch heute gibt es noch

welches: Direkt nach Veröffentlichung dieses Artikels kann Lametta aus den

1950er Jahren im Museum Industriekultur Osnabrück begutachtet werden.

Laura Brand, Bestattermeisterin, ist seit zehn Jahren im Bestattungshaus

Baumgarte & Peistrup tätig. Wir wollten wissen, was sie

bewegt und welchen Herausforderungen sie sich tagtäglich stellt.

FRAU BRAND,

HABEN SIE ANGST VOR DEM TOD?

Mit dem Tod gehe ich offen um. Ich

GAB ES SCHON KRITISCHE SITUATIONEN?

Angehörige befinden sich immer in

einer Ausnahmesituation. Manchmal

Lametta wurde im

19. Jahrhundert erfunden.

Es sollte

herabhängende Eiszapfen am Tannenbaum

darstellen. Darum hatte es

ursprünglich eine silberne Farbe, später

wurde es jedoch auch in anderen

Farben hergestellt. Beim traditionellen

Stanniol-Lametta befindet sich

im Inneren ein Bleikern, der von einer

Zinnschicht bedeckt ist.

Gemeinsam werden die Materialien

so lange gewalzt, bis sie, statt einige

Zentimeter, nur noch wenige Mikrometer

dick sind. Zur Verdeutlichung:

Ein Mikrometer ist ein Millionstel Meter.

Sobald die richtige Stärke erreicht

ist, wird die entstandene Folie in die

uns bekannte Form zerschnitten.

WANN SCHLOSS DEUTSCHLANDS

LETZTER LAMETTA-PRODUZENT?

Das enthaltene Blei ist jedoch umweltschädlich,

unter Umständen gesundheitsgefährdend

und außerdem

relativ teuer. Heutzutage besteht Lametta

zumeist aus Kunststoff. Dieses

ist jedoch ziemlich leicht und fällt anders

als das Stanniol-Lametta.

Die Nachfrage ist in den letzten Jahren

stark gesunken. Kaum einer hat

dieses Accessoire noch an seinem

Weihnachtsbaum hängen. Aus diesem

Grund hat 2015 „Riffelmacher

& Weinberger“, die letzte Firma in

Deutschland, die noch Lametta produzierte,

ebenfalls ihre Erzeugung

eingestellt. Somit ist die Ära des

Stanniol-Lamettas endgültig beendet,

es sind nur noch Restbestände

Das Unternehmen wurde schon im

Jahre 1921 in Roth gegründet und

stellt seitdem vor allem für die Weihnachtszeit

Dekorationsmaterial her.

Auch das Lametta, das im Museum

Industriekultur ausgestellt ist, stammt

aus der Produktion des traditionsreichen

Unternehmens.

Letztendlich müssen wir Opa Hoppenstedts

Behauptung wohl zustimmen.

Mit Blick auf die Nachteile

des Lamettas hat diese

Entwicklung vielleicht aber auch

etwas Gutes an sich.

Autorin: Kristina Saibel

„Brillant Eis-Lametta“ © Museum Industriekultur Osnabrück / Bild unten Gebäude © Swaantje Hehmann

Laura Brand © Baumgarte und Peistrup

habe auch keine Angst vor meinem

eigenen Tod. Ich habe sterbende

Menschen begleitet und festgestellt:

das ist gar nicht schlimm. Ich glaube,

dass es danach noch etwas gibt.

GIBT ES UNSYMPATHISCHE TOTE?

Tote können nicht unsympathisch sein.

Jedem Toten begegnen wir völlig offen.

HABEN SIE AUCH

BERÜHRUNGSÄNGSTE?

Eigentlich nicht. Wenn es aber um

einen verunfallten Toten geht, läuft

schon mal das Kopfkino. Einmal hat

sich ein junger Mensch suizidiert. Er

ist vor einen Zug gesprungen, da hatte

ich entsprechende Vorstellungen.

Er war jedoch ‚nur‘ zweigeteilt, so

konnten wir ihn würdevoll für die Bestattung

vorbereiten und die Familie

kommen da Sachen auf den Tisch,

die mich nichts angehen.

WARUM SIND SIE

BESTATTERIN GEWORDEN?

Ich wollte etwas machen, mit dem

ich Menschen helfe. Dann sagte meine

Mutter zu mir: ‚Ich habe den perfekten

Job für dich.‘ Ich war skeptisch,

ohne mich näher mit dem Beruf beschäftigt

zu haben. Also habe ich ein

einjähriges Praktikum gemacht und

gemerkt: Das ist genau das, was ich

machen möchte!

IST „BESTATTER“

EIN TYPISCHER MÄNNERBERUF?

Natürlich gibt es eher männerlastige

Betriebe, aber auch viele, wo mehr

Frauen arbeiten. Wir sind vier Frauen

im Team, bei sieben Personen also

WIE SORGEN SIE FÜR DISTANZ?

In der Ausbildung gibt es psychologische

Module, aber das meiste muss

aus einem selbst kommen. Wir sprechen

über alles und verlassen das Gebäude

erst, wenn es allen gut geht.

Bei Bedarf können wir die Supervision

bei SPES VIVA wahrnehmen.

ARBEITEN SIE RUND UM DIE UHR?

Wir sind 24/7 erreichbar und teilen

die Arbeit auf.

WARUM ABSCHIED

AM OFFENEN SARG?

Wahrzunehmen, dass ein Mensch

wirklich tot ist, ist ein wichtiger Teil

der Trauerbewältigung.

erhältlich.

Museum Industriekultur

Fürstenauer Weg 171

49090 Osnabrück

konnte sich verabschieden.

mehr Frauen als Männer.

WELCHE ERKENNTNIS

HAT SIE ÜBERRASCHT?

Kinder trauern anders als Erwachse-

WAS BEDEUTET LAMETTA?

Die Bezeichnung Lametta stammt

aus dem Italienischen. Es ist die

Verkleinerungsform von „lama“,

was so viel bedeutet wie „Klinge“

oder „Metall“.

Telefon: 0541 122447

Fax: 0541 405 4997

www.industriekulturmuseumos.de

ne. Sie können Situationen klar benennen,

in denen Erwachsenen die

Worte fehlen. Sie können normal

spielen und wenig später in tiefster

Trauer sein.

Einer der Andachtsräume bei Bestattungshaus Baumgarte & Peistrup

Autorin: Sina-Christin Wilk

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Osnabrücker Wissen | Ausgabe III 2019

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