How_to_typo_Typo_Cookbook
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charakteristischer Geschmack, zeitlos
Serifenbetonte Linear Antiqua
Egyptienne Schriften entstanden
zu Beginn des 19. Jahrhunderts in
England. Sie wurden im Zuge der
rasanten Industrialisierung und des
progressiven ökonomischen Liberalismus
als Anzeigen- und Reklameschriften
aus der Klassizistischen
Antiqua entwickelt. Der früheste
dieser Schriftschnitte mit den charakteristischen,
monumental und
plakativ wirkenden Serifen hieß
noch »Antique«.
Er stammte aus der Hand des Londoner
Schriftschneiders Vincent
Figgins (1766–1844), der sich von
den klassizistischen Druckschrifttypen
Firmin Didots (1764–1836) inspirieren
lies. 1817 wurde diese erste
Serifenbetonte Linear Antiqua als
Akzidenzschrift publiziert.
Der Name ist vermutlich ein Resultat
der zu dieser Zeit grassierenden
»Ägyptomania«, einer Modetendenz,
die in Paris nach Napoleons
»erfolgreichem« Ägypten-(Raub)
feldzug aufkam, den Empire-Stil
manieristisch infizierte und mit Jean-
François Champollions (1790–1832)
epochaler Entzifferung der Hieroglyphen
den klassizistischen Zeitgeist
und die Bildung nachhaltig prägte.
Über London breitete sich diese
Strömung rasch auf ganz Westeuropa
und die USA aus.
Sie gipfelte gegen Ende des 19. Jahrhunderts
in der geradezu bizarren,
rein kommerziell motivierten Typografie
der Verlagshäuser und
Druckereien, deren typografische
Kultur sich mehrheitlich am
kitschig banalisierten Kunsthandwerk
aus Historismus und Jugendstil
orientierte.
Schriften im Stile der Egyptienne
werden außerhalb des Akzidenzsatzes
ab Mitte des 19. Jahrhunderts
als Schreibmaschinenschriften (Typewriter)
und in der Typografie ab
Mitte des 20. Jahrhundert als
Zeitungsschriften (Zeitungsantiquas)
verwendet.
Wie bei der Schrift, war auch in der
Ernährung der Wandel zur Industrialisierung
spürbar. Die Kartoffel
setzte sich gegenüber dem Getreide
durch und löste durch ihre Genügsamkeit
in ihrem Anbau das Problem
der vielen Missernten. Bis heute ist
sie zusammen mit der Egyptienne
ein beliebtes Gericht und häufig auf
Tellern und Werbereklamen zu sehen.
Darunter auch die Rockwell.
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