Medienrevolutionen_Watergate_wieserFERTIG
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Watergate und seine Medien
Medien an der Macht
Lehrveranstaltung:
Lehrveranstaltungsleiter:
Verfasserin:
VU Medialität von Literatur (Gr. B): Medien/Revolutionen
Dr. Tobias Unterhuber
Jacqueline Wieser, BA
Matrikelnummer: 01415100
Innsbruck, am 12.07.2019
1.) Einleitung
Watergate ist den meisten Menschen bis heute ein Begriff, auch wenn sich viele nicht
mehr an alle Einzelheiten erinnern. Zumeist wird dabei an das Öffentlichwerden der
Watergate-Affäre durch den für die Aufklärung ausschlaggebenden Einbruch gedacht
und damit an das Jahr 1972. Watergate ist aber keinesfalls als ein einziges Ereignis zu
betrachten und auch nicht auf die endgültige Aufklärung der Missstände zu reduzieren.
Vielmehr handelt es sich bei Watergate um ein weitreichendes Kontinuum und viel mehr
noch einen eigenständigen Diskurs – Zentrum davon der ehemalige US-Präsident Richard
Nixon – der verschiedenste Aspekte politischer Verstrickungen, Amts- und
Vertrauensmissbräuche, illegale Handlungen und umfangreiche journalistische
Ermittlungsarbeit umfasst und die amerikanische Politik und Gesellschaft beträchtlich
beeinflusste. 1
Watergate ist damit weitaus mehr als ein Begriff oder ein Name für einen Skandal,
sondern hat Symbolkraft und bezeichnet eine ganze Ära, welche schon mit dem Beginn
der Amtszeit von Richard Nixon begann und seine sonstige politische Karriere und andere
Ereignisse dieser Zeit weitgehend in den Schatten stellte. 2
Der Watergate-Skandal ist damit ein elementarer Bestandteil amerikanischer Geschichte
und dient bis heute als Antriebsmittel für Verschwörungstheorien und als gern
verwendete Metapher oder Chiffre in den Medien.
Die Umstände rund um Watergate sind aus vielerlei Gründen bemerkenswert und das
nicht nur weil der Skandal zum ersten und bisher immer noch einzigen Rücktritt eines
amerikanischen Präsidenten führte. Mit Watergate wurde Geschichte geschrieben, das
Denken der Menschen verändert, das Vertrauen in Politik bzw. PolitikerInnen schwer
erschüttert und die Rolle der Medien aus einem neuen Blickwinkel gezeigt. 3
1
Kutler, Stanley I.: Watergate. A brief history with documents. Chichester, UK: Wiley-Blackwell 2010 2 , S. 2ff.
2
Ebd. S. 2
3 Zimmer, Troy A.: THE IMPACT OF WATERGATE ON THE PUBLIC'S TRUST IN PEOPLE AND
CONFIDENCE IN THE MASS MEDIA. In: Wiley (Hrsg.): Social Science Quarterly Vol.59(4). Austin: Univerity of
Texas Press 1979, S. 743ff.
1
Deshalb ist der Watergate-Skandal auch aus medienwissenschaftlicher Perspektive ein
äußerst interessantes Thema. Zwei Aspekte stechen dabei jedoch besonders heraus: Zum
einen die Aufdeckung des Skandals, zumal es vorrangig JournalistInnen waren, die durch
hartnäckige Ermittlungsarbeit zur Aufklärung der Missstände beitrugen. Zum anderen die
Berichterstattung zur Zeit der Vorkommnisse und deren Wirkung auf den Präsidenten
und die Gesellschaft. Durch die unablässige Berichterstattung und Dokumentation des
Geschehens ausgehend von den lokalen und internationalen Medien wurde nicht nur
immenser Druck auf die Beschuldigten ausgeübt, sondern auch ein Machtverhältnis
zwischen Medien und Politik etabliert. Nicht ohne Grund werden die öffentlichen Medien
häufig als „vierte Gewalt“ und damit als Erweiterung der drei „Hauptgewalten“ –
Legislative, Exekutive und Judikative – gesehen.
1.1) Forschungsfrage und These
Im Hinblick auf die eben genannten Aspekte ergibt sich die Frage danach, welche Rolle
die Medien in Watergate spielten und damit einhergehend, wie die Medien im Watergate-
Skandal für das Generieren von Wissen sorgten und wie sie dieses Wissen an die
Bevölkerung weitergaben. Fakt ist doch, dass die meisten Menschen nicht über Watergate
– oder zumindest nicht in diesem Ausmaß – Bescheid wüssten, wenn es die Medien nicht
gäbe. Des Weiteren ist die Macht, die von den Medien in Bezug auf die Aufklärung und
Abhandlung ausging ein interessanter Aspekt, der genauerer Beleuchtung unterzogen
werden soll.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich folgende Forschungsfrage:
„Welche Rolle spielten die Medien allgemein im Watergate-Skandal und speziell in Bezug
auf die Erzeugung und Vermittlung von Wissen in der Gesellschaft?“
Die These dazu lautet, dass die Medien in Watergate eine essentielle Rolle spielten, da
diese zum einen durch ihre hartnäckige Ermittlungsarbeit Wissen erschlossen, und
andererseits Wissen und Wahrheiten verbreiteten. Der Einblick, den die Menschen bzw.
die Gesellschaft dadurch in die politischen Verhältnisse der USA der 1970er Jahre
erhalten hat, wäre ohne die Medien kaum oder gar nicht möglich gewesen. Die Medien
haben die Fähigkeit Druck auszuüben und eine Verschiebung von Machtverhältnissen
herbeizuführen, indem sie gezielte Nachrichtenwertung und -gewichtung betreiben und
2
einen eigenständigen Diskurs schaffen, der sich über gesellschaftliche Konventionen und
Regeln hinwegsetzt.
1.2) Methode
Um eine gemeinsame Wissensbasis zwischen Verfasserin und LeserInnen zu
gewährleisten, werden zu Beginn die Geschichte sowie Hintergründe und allgemeine
Informationen zur Watergate-Affäre abgebildet. Diese Inhalte wurden hauptsächlich den
Werken The Day the Presses Stopped – A History of the Pentagon Papers Case (1996)
von David Rudenstine, Watergate – A Brief History With Documents von Stanley I. Kutler
(2010) und der Watergate-Chronologie der Washington Post (online) entnommen.
Nach Darlegung der allgemeinen Informationen soll versucht werden, eine Antwort auf
die dieser Arbeit zu Grunde liegende Forschungsfrage zu finden, indem die Medien in
Bezug auf. investigativen Journalismus und Berichterstattung genauer beleuchtet werden.
Ebenso wird der Aspekt der medialen Beeinflussung der Gesellschaft einer kurzen
Betrachtung unterzogen. Dazu werden zuerst Diskursstränge und – ebenen festgelegt und
mit Hilfe einschlägiger Forschungsliteratur erläutert. Hierfür sind vor allem das Werk von
Gladys Engel Lang und Kurt Lang The Battle For Public Opinion – The President, the
Press and the Polls During Watergate (1983) und die Artikel The Impact Of Watergate
On The Public’s Trust In People And Confidence In The Mass Media (1979) von Troy A.
Zimmer sowie Die Ordnung des Diskurses von Michel Foucault als Basisliteratur zu
nennen.
Diese Arbeit orientiert sich an den Ausführungen Michel Foucaults zur Diskursanalyse.
Allerdings sei gesagt, dass keine vollständige Diskursanalyse durchgeführt wird, sondern
nur teilweise auf die Foucault’schen Überlegungen zurückgegriffen wird. Hinzu kommt,
dass auf eine weitreichende und detaillierte theoretische Ausführung zur Diskursanalyse
verzichtet wird. Stattdessen soll versucht werden, einzelne Aussagen und Feststellungen
Foucaults in die Arbeit so miteinfließen zu lassen, dass den Interpretationen eine gewisse
Basis geboten wird. Die diskursanalytischen Ergänzungen dienen hauptsächlich dazu, die
getätigten Aussagen theoretisch zu stützen und der Arbeit einen methodisch klar
definierten Rahmen zu verleihen.
3
2.) Entstehung, Geschichte, Hintergründe – Allgemeines zur Watergate-Affäre
Die Watergate-Affäre – Watergate war ursprünglich der Name eines Gebäudes in
Washington DC, in dem die Demokratische Partei 1970 seinen Sitz hatte 4 , umfasst eine
Vielzahl politischer Vorkommnisse in den Vereinigen Staaten von Amerika der 1970er
Jahre. Im Zentrum des Polit-Skandals steht der ehemalige US-Präsident Richard Nixon
und dessen (illegale) Bestrebungen seine Wiederwahl zu garantieren. 5
Um die Historie rund um den Watergate-Skandal verständlich und nachvollziehbar zu
machen, ist es unumgänglich kurz die sogenannten Pentagon Papers zu erwähnen.
Zwei der wichtigsten Zeitungen Amerikas, die New York Times und die Washington
Post, veröffentlichten im Juni des Jahres 1971 die Pentagon Papers. Diese legten das
Ausmaß militärischer und politischer Beteiligung der USA am Vietnamkrieg und damit
verbundene Missstände offen. Eine der Schlüsselfiguren hierbei war der Aktivist, Autor
und ehemaliger Analyst des amerikanischen Militärs Daniel Ellsberg, der Monate damit
verbrachte die Kausa zu studieren und die Pentagon Papers schlussendlich hat
durchsickern lassen. 6
Dieser kam dadurch nicht nur vor Gericht und in die Öffentlichkeit, sondern rückte auch
ins Zentrum des Interesses Richard Nixons und dem CREEP (Committee to Re-Elect the
President). Dieses Komitee wurde gegründet, um die Wiederwahl Nixons zu
gewährleisten, da die Aussichten darauf seit der Veröffentlichung der Pentagon Papers
nicht gut waren. 7
Des Weiteren wurde eine Spezialeinheit gegründet, die sogenannte White House
Plumbers Unit (im Deutschen meistens nur die Klempner-Einheit genannt):
„Within a week of the Pentagon Papers’ publication, the President authorized another
‘extraordinary action’: establishment within the White House of a Special Investigations Unit
whose task, as the President later put it, was to ‘stop security leaks and to investigate other
sensitive security matters.’ “ 8
4
Worbs, Erika: Die Spätfolgen der Watergate-Affäre im Wortschatz (Das Intermorphem -gate in den slavischen
Sprachen und im Deutschen) In: Slanikow, Nikolai (Hrsg.): Sprachtransfer – Kulturtransfer. Text, Kontext und
Translation. Frankfurt am Main: Peter Lang 1995, S. 171
5
Kutler: Watergate, S. 2
6 6 Rudenstine, David: The Day the Presses Stopped. A History of the Pentagon Papers Case. Berkley, Los Angeles:
University of California Press, Ltd. 1996, S.
7
Kutler: Watergate, S. 5
8
o.A.: The Plumbers. In: „New York Times online archive” 22.07.1973.
https://www.nytimes.com/1973/07/22/archives/the-plumbers.html (Stand 01.07.2019)
4
Im September 1971 brach die White House Plumbers Unit in das Büro des ehemaligen
Psychiaters von Daniel Ellsberg ein, um nach Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen
Daniel Ellsberg und seinem Psychiater zu suchen. Es sollte herausgefunden werden,
welche Informationen Ellsberg noch hat. 9 Des Weiteren war es den Männern ein
Anliegen, die Reputation Ellsbergs zu schädigen. 10
Im Juni des nächsten Jahres (1972) gab es erneut Einbrüche, diesmal in die
Büroräumlichkeiten der Demokratischen Partei.
„The Committee to Re-Elect the President (CREEP) organized the burglary in June of
Democratic Party offices at the Watergate Building in Washington. A White House official,
G. Gordon Liddy, and a man working for him, E. Howard Hunt, recruited a group of anti-
Castro Cubans; and CREEP’s director of security, James McCord, led this small band […]
on two raids. The burglars planted microphones and took pictures of files of the Democratic
National Committee. During a second raid, a night watchman discovered their entry and
called police. Moments later the burglars were under arrest. Evidence at the scene quickly
connected them to Liddy and to CREEP.” 11
Dieser zweite Einbruch im Watergate Gebäude, bei dem die Täter sogleich festgenommen
wurden, wurde zu einem Schlüsselmoment im Watergate-Skandal und war Auslöser der
Ermittlungen der Washington Post. 12
Etliche Gerichtsverhandlungen folgten und während sich die meisten Initiatoren und
Beteiligten vor dem Föderalen Geschworenengericht als schuldig erklärten, versuchte
Nixon sich aus der Affäre zu ziehen und übernahm zwar Verantwortung, sah sich selbst
aber als unschuldig. Es kam zu einer Vielzahl an Verurteilungen und Entlassungen im
Weißen Haus. 13
Im Zuge der Verhöre wurde herausgefunden, dass die Gespräche des Präsidenten seit
zwei Jahren anhand von Audiodateien aufgezeichnet wurden. Richard Nixon weigerte
sich jedoch, die Tonbänder herauszugeben. 14
9
o. A. Watergate Timeline. In: „Washington Post online” o. A. http://www.washingtonpost.com/wpsrv/politics/special/watergate/timeline.html
(Stand 01.07.2019)
10
AFP. Nixon soll lange vor Watergate Gegner ausspioniert haben. In: „Zeit online” 10. Juni 2012
https://www.zeit.de/wissen/geschichte/2012-06/watergate-nixon (Stand 01.07.2019)
11
Kutler: Watergate, S. 5
12
o. A. The Watergate Story. In: „Washington Post online“ o. A. http://www.washingtonpost.com/wpsrv/politics/special/watergate/part1.html
(Stand 01.07.2019)
13
Kutler: Watergate, S. 6ff
14
o. A. The Watergate Story. In: „Washington Post online“ o. A. http://www.washingtonpost.com/wpsrv/politics/special/watergate/part3.html
(Stand 10.07.2019)
5
„The President argued that their disclosure would violate the confidentiality of the
presidency and erode the separation of powers.” 15
Richard Nixon versuchte die ganze Sache mit aller Macht zu vertuschen und von der
Öffentlichkeit fernzuhalten, was ihm durch die mediale Aufmerksamkeit – national sowie
international –, die Watergate erlangte, nicht gelang. 16
Auf die Vorkommnisse des Jahres 1972 folgte ein langer Rechtsstreit, der bis 1974 anhielt
und schlussendlich dazu führte, dass einige der Aufzeichnungen ausgehändigt wurden.
Allerdings fand man heraus, dass viele manipuliert wurden, sodass diese in manchen
Sequenzen Lücken enthielten.
Mit der Zeit wurden immer mehr Tapes herausgegeben, jedoch fehlten oftmals nicht nur
wichtige Stellen, sondern ganze Abschnitte. Die Zahl der herausgegebenen Tapes
steigerte sich in den laufenden Monaten und Jahren kontinuierlich, ebenso die Masse der
Berichte. 17
Die Verhandlungen und Anhörungen wurden sogar live übertragen, was dem Ganzen eine
Art Reality-TV-Effekt verschaffte. Dies führte wiederum dazu, dass nun auch Menschen,
die sich eigentlich nicht für Politik interessierten, dem Geschehen folgten.
Auch wenn einige Nixon UnterstützerInnen von einer Verschwörung ausgingen, reichten
die Beweise dafür, dass die Demokratische Partei ebenso wie die Republikaner dafür
stimmten, Richard Nixon so schnell wie möglich abzusetzen. Bevor die Absetzung aber
durchgeführt werden konnte, ist Nixon im August 1974 als erster und bis dato immer
noch einziger Präsident der Vereinigten Staaten von selbst zurückgetreten. 18
15
Kutler: Watergate, S. 6-7
16
Ebd. S. 41ff.
17
Ebd. S. 7
18
Ebd. S.2ff.
6
3.) Watergate und seine Medien
Nixon’s Paranoia, die Medien versuchten ihn zu stürzen und seien – neben den
Demokraten –seine größten Feinde, haben sich mit der Aufdeckung seiner
Machenschaften zwar in gewisser Weise bestätigt, 19 von Verschwörung – wie Nixon
schon die Veröffentlichung der Panama Papers nannte 20 – oder absichtlicher Schädigung
kann aber wohl kaum die Rede sein.
Vielmehr leisteten vor allem die Medien, allen voran die Journalisten der Washington
Post, einen wichtigen Beitrag für die amerikanische Gesellschaft und Politik, indem sie
unablässig ermittelten. Sie schufen neues Wissen und Bewusstsein und legten damit
gleichzeitig einen Meilenstein im investigativen Journalismus. Denn auch wenn es
Enthüllungsjournalismus schon vor Watergate gab, hat es maßgeblich dazu beigetragen,
dass sich investigativer Journalismus vor allem in Amerika aber ebenso weltweit etabliert
hat. 21
Ebenso war die Berichterstattung aller Medien, seien es Zeitungen oder TV-Nachrichten,
über den Polit-Skandal maßgeblich für die Aufklärung der Bevölkerung über ihren
Präsidenten und dessen Politik. 22
Die Macht, die den Medien in Zusammenhang mit Politik und im engeren Sinne in
Watergate zuzuschreiben ist, basiert und interagiert auf verschiedenen Ebenen:
1. auf Ebene der Wissenserschließung
Medien haben die Macht und das Potenzial eigenständig und unabhängig Wissen zu
erschließen
2. auf Ebene der Wissensverbreitung
Medien haben die Macht und das Potenzial Wissen an eine breite Öffentlichkeit zu
vermitteln. Damit einhergehend entsteht auch die Möglichkeit, gesellschaftliche und
politische Umbrüche bzw. Revolutionen auszulösen und zu fördern.
19
Kutler: Watergate, S.1-2 &
20 Weiner, Tim: Ein Mann gegen die Welt. Aufstieg und Fall des Richard Nixon. Frankfurt am Main: S. Fischer
Verlag 2016, S.158
21
Downie Jr., Leonard: Forty years after Watergate, investigative journalism is at risk. In: „Washington Post online“
07.06.2012. https://www.washingtonpost.com/opinions/forty-years-after-watergate-investigative-journalism-is-atrisk/2012/06/07/gJQArTzlLV_story.html?utm_term=.4e2fcb634c73
(Stand 10.07.2019)
22
Engel Lang Gladys, Lang Kurt: The Battle for Public Opinion, S.64ff.
7
3. auf Ebene der Beeinflussung
Medien haben die Macht, das Denken der Gesellschaft zu beeinflussen und ihre
Wertvorstellungen und Meinungen in eine Richtung zu lenken. 23
Daraus abgeleitet, ergeben sich die für die Beantwortung der Forschungsfrage wichtigen
Diskursebenen, welche im Folgenden genauer betrachtet werden sollen:
a) Investigativer Journalismus als Machtinstrument
b) Berichterstattung
c) Beeinflussung der Gesellschaft
In die Besprechung der vorliegenden Diskursebenen sollen zum einen die Ausführungen
Foucaults zu den äußeren Kontrollsystemen, welche er in seinem Werk Die Ordnung der
Diskurse niederschrieb, zum anderen der von ihm geprägte Begriff der Episteme
miteinfließen.
Um die Verständnissicherung zu gewährleisten, findet sich nachstehend eine kurze
Übersicht über die eben eingeführten Termini.
23
Diese Ebenen wurden im Zuge dieser Arbeit eigenständig erforscht und festgelegt und bedürfen daher keiner
Zitation, sind dadurch aber zugleich auch nicht als allgemein gültig oder vollständig zu erachten.
8
Zu den äußeren Kontrollsystemen nach Foucault gehören: das Verbot, der Ausschluss des
Wahnsinnigen und der Wille zur Wahrheit. 24 Für diese Arbeit sind jedoch nur das Verbot
und der Wille zur Wahrheit wichtig, der Ausschluss des Wahnsinnigen wird dabei außer
Acht gelassen.
Foucault zum Verbot:
„Man weiß, daß man nicht das Recht hat, alles zu sagen, daß man nicht bei jeder Gelegenheit
von allem sprechen kann, daß schließlich nicht jeder beliebige über alles beliebige reden
kann.“ […] Offensichtlich ist der Diskurs keineswegs jenes transparente und neutrale
Element, in dem […] die Politik sich befriedet, vielmehr ist er ein bevorzugter Ort, einige
ihrer bedrohlichsten Kräfte zu entfalten. 25 “
Foucault zum Willen zur Wahrheit:
„Dieser Wille zur Wahrheit stützt sich, ebenso wie die übrigen Ausschließungssysteme, auf
eine institutionelle Basis: er wird zugleich verstärkt und ständig erneuert von einem ganzen
Geflecht von Praktiken […]. Gründlicher noch abgesichert wird er zweifellos durch die Art
und Weise, in der das Wissen in einer Gesellschaft eingesetzt wird, in der es gewertet und
sortiert, verteilt und zugewiesen wird. 26 “
Foucault zur Episteme:
„Die Wissensordnung einer Epoche bzw. die implizite epochenspezifische Logik, die
paradigmatisch bestimmt, wie Wissen generiert wird und auf welche Weise grundlegende
Klassifikationsschemata, Wahrnehmungsformen und Wertmuster die Wissensproduktion
einer Gesellschaft stillschweigend beeinflussen. Diese, aus diskursiven Formationen
hervorgehenden, Macht-Wissens-Komplexe beeinflussen nicht nur das gesellschaftliche
Wissen, sondern auch die körperlich verankerten Wünsche und Bedürfnisse, sowie die
Selbstbilder der Menschen. 27 “
3.a) Investigativer Journalismus
Der investigative Journalismus, auch Enthüllungsjournalismus genannt, ist laut Duden:
„Journalismus, bei dem Enthüllungen, das Aufdecken von Skandalen, Affären o. Ä. im
Vordergrund stehen. 28 ”
24
Foucault, Michel: Die Ordnung des Diskurses. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2007 10 . S. 11ff.
25
Ebd. S. 11
26
Ebd. S. 15
27
Rosa, Hartmut /Strecker, David/Kottmann, Andrea: Soziologische Theorien. 1.2 Soziologie als Reflexion: Analyse
und Diagnose der Moderne. Stuttgart: UTB 2007, 282ff.
28
o. A. Enthüllungsjournalismus. In: “DUDEN online”
https://www.duden.de/rechtschreibung/Enthuellungsjournalismus (Stand 07.07.2019)
9
Er unterscheidet sich zum „gewöhnlichen“ Journalismus also darin, dass er nicht nur über
Dinge berichtet, die beispielsweise von einer Nachrichtenagentur weitergeleitet wurden,
und sowieso für den öffentlichen Konsens bestimmt waren, sondern selbstständig Fakten
erschließt und aufdeckt.
Im Falle Watergates sind hierbei Carl Bernstein und Bob Woodward, zwei damalige
Reporter der Washington Post, zu nennen. Ihre Beteiligung an der Aufklärung des Falles
begann mit einem gewöhnlichen Arbeitsauftrag ihres Arbeitgebers. Sie sollten über den
Einbruch im Watergate-Gebäude im Juni 1972 berichten. Im Zuge dieser Anweisung
verfassten sie einen Bericht. Einige Details des Einbruchs ließen die beiden jungen
Männer sogleich vermuten, dass etwas Größeres, politisches dahintersteckt und stellten
bereits – wenn auch nicht öffentlich – eine Verbindung zwischen dem Einbruch und dem
Wahlkampf Nixons her und machten sich sogleich daran, mehr über Watergate
herauszufinden. 29
Bereits im Herbst desselben Jahres, genauer am 10. Oktober 1972 verfassten die beiden
Journalisten einen Bericht darüber, dass […] der Watergate-Einbruch kein isoliertes
Ereignis war, sondern ‚mit einer massiven politischen Spionage- und Sabotagekampagne
in Zusammenhang steht, die vom Weißen Haus und dem Komitee zur Wiederwahl des
Präsidenten gelenkt wird.‘ 30 “
Aus einem gewöhnlichen Auftrag entwickelte sich also eine eigentlich ungeplante und
nicht vorhersehbare journalistische Ermittlungsarbeit, die schlussendlich zur Aufklärung
und Bekanntmachung der Machenschaften Richard Nixons und seinem Komitee für die
Wiederwahl des Präsidenten führte. 31
Investigative Journalisten fungieren hier als machtausübende Instanzen, da sie mit ihrer
Arbeit politische Umbrüche und Revolutionen verursachen können und in der Kausa
Watergate auch ausgelöst haben. Sie haben die Macht, Regierungen zu stürzen, den
Glauben und die Werte der Menschen zu verändern. Medien, ohnehin als eigener Diskurs
zu sehen, greifen damit als eigener Diskursstrang in den Diskurs der Politik ein.
29
o. A. Watergate. The post investigates. In: „Washington Post online“ o. A. https://www.washingtonpost.com/wpsrv/politics/special/watergate/part1.html
(Stand 02.07.2019)
30
Woodward, Bob: Der Informant. Deep Throat, die geheime Quelle der Watergate-Enthüller. München: Deutsche
Verlags-Anstalt 2005, S. 8
31
Fischer, Marc: Watergate. In: „Washington Post online“ 14.06.2012. https://www.washingtonpost.com/watergate/
(Stand 09.07.2019)
10
Durch die Aufdeckung und Berichterstattung wurde enormer Druck auf die Beteiligten
und vor allem Richard Nixon selbst ausgeübt, was zu einer Verschiebung von
Machtverhältnissen führte. Ohne die Zeitung Washington Post und deren Mitarbeiter
wäre die Watergate-Affäre vermutlich nicht so dezidiert geschildert und aufgedeckt
worden. 32
Allerdings sei an dieser Stelle festgehalten, dass nicht nur Druck von den Medien auf die
Politik ausgeübt wurde, sondern auch anders herum. Die Reporter der Washington Post
mussten bei jeder neuen Enthüllung genau bedenken, was sie, wie schrieben, welche
Worte sie verwenden konnten, da sie freilich unter Beschuss der Nixon Regierung und
der Nixon BefürworterInnen standen. 33
Unter Einbindung der äußeren Kontrollsysteme Foucaults kann an dieser Stelle behauptet
werden, dass die investigativen Journalisten das Verbot, nicht alles zu sagen,
durchbrechen und sich damit über die Politik stellen. Foucault sagt auch, „[…] daß
schließlich nicht jeder beliebige über alles beliebige reden kann.“ […]“. Dies hebt auch
die Wichtigkeit der Medien heraus, da sie nicht als „beliebig“ gelten, sondern als
Transporter von Informationen und Fakten. Die Glaubwürdigkeit der Medien ist dabei
ein wichtiger Faktor. Das Wissen, das durch die Journalisten generiert wurde, wurde
zudem durch die Berichterstattung gewertet, beurteilt und verbreitet.
Der Wille zur Wahrheit und zum Wissen ist in Bezug auf investigativen Journalismus
ebenso eine wichtige Komponente, da der Wille zur Wahrheit nicht nur auf die
Gesellschaft und die medienkonsumierenden Menschen zutrifft, sondern auch auf die
wissensgenerierenden Instanzen, die Journalisten, selbst. Ohne diesen Willen würde
investigativer Journalismus wohl kaum existieren und die Medien wären entweder
gehaltlos oder erst gar nicht vorhanden.
3.b) Berichterstattung
32
Engel Lang/ Lang: The Battle for Public Opinion, S.58ff.
33
Downie Jr., Leonard: Forty years after Watergate, investigative journalism is at risk. In: „Washington Post online“
07.06.2012. https://www.washingtonpost.com/opinions/forty-years-after-watergate-investigative-journalism-is-atrisk/2012/06/07/gJQArTzlLV_story.html?utm_term=.4e2fcb634c73
(Stand 10.07.2019)
11
Bevor genauer auf die Rolle der Medien eingegangen werden kann, muss festgehalten
werden, dass die Watergate-Affäre zwar immense mediale Aufmerksamkeit bekam, dies
aber bei den meisten Printmedien nicht von Anfang an der Fall war. Ebenso haben die
meisten Zeitungen sich nicht darum bemüht, alle Fakten genau zu eruieren und zu
veröffentlichen. Vor allem die kleinen regionalen und lokalen Zeitungen haben nur wenig
darüber berichtet, im Unterschied zu den national bekannten, großen Zeitungen. 34
Im Gegensatz dazu sind die Fernsehnachrichten der Washington Post von Beginn an
gefolgt und haben Watergate sogleich zu einer landesweiten Verbreitung verholfen. 35
Die (massenmediale) Berichterstattung ist ein äußerst wichtiger Aspekt in der Diskussion
über die Rolle der Medien in Watergate, vor allem in Bezug auf den Wissenstransfer und
den Machtfaktor.
With regard to high-threshold issues like Watergate, the media play an […] essential role.
Had it not been for the news reports about Watergate, hardly anyone would have known about
campaign finance violations, ‘dirty tricks’, illegal surveillance by persons connected with the
White House, and the lot. Media attention was necessary before Watergate could be
considered a problem. 36
Wie dem obenstehenden Zitat entnehmbar, hätten viele Menschen ohne die
Berichterstattung nicht von den Missständen, wie Finanzverstößen, illegalen
Überwachungsstrategien und sonstigen schmutzigen Tricks, erfahren. 37
Der von Foucault beschriebene Wille zur Wahrheit ist den Medien insofern dienlich, als
dass, dieser durch verschiedene Praktiken immer wieder „[…] verstärkt und ständig
erneuert […]“ 38 wird. Ist dieser Wille – hier durch die Berichterstattung – also erst einmal
entfacht, bleiben die Menschen an der Thematik interessiert.
So gesehen, haben die Menschen selbst einen Einfluss auf die Macht der Medien. Dies
halten auch Gladys Engel Lang und Kurt Lang in ihrem Buch The Battle fort he Public
Opinion – The President, the Press, and the Polls During Watergate fest, indem sie sagen:
„Some researchers have emphasized the active role of the audience as a counterweight to
the power of the media.“ 39
34 Engel Lang/ Lang: The Battle for Public Opinion, S. 27ff.
35
Ebd. S. 28ff.
36
Ebd. S.58ff.
37
Ebd. S. 58ff.
38
Foucault: Die Ordnung des Diskurses. S. 11ff.
39
Engel Lang/ Lang: The Battle for Public Opinion, S. 7
12
Der Wille zum Wissen ermöglicht es den Medien überhaupt zu agieren und die
Gesellschaft durch die Nachrichtenwertung und -gewichtung maßgeblich zu
beeinflussen. Für manche Menschen sind Medien die einzige Wissensquelle, der sie zu
einem großen Teil stark vertrauen und nach denen sie ihre Meinungen und
Weltanschauungen ausrichten bzw. sich daran orientieren.
Bedenkt man dabei wieder Foucaults Ausführungen zum Epistem, als etwas das die
Generierung von Wissen in einer Epoche beeinflusst, sind die Medien eine
ausschlaggebende Instanz, die eben auch die Macht haben, eine Epoche zu verändern,
trotzdem sie gewissen Prinzipien folgen, wie Objektivität und Faktentreue.
Des Weiteren ist davon auszugehen, dass bereits bestehende Wertvorstellungen durch in
dieselbe Richtung gehende Berichterstattung verstärkt werden. 40 Es ist hier aber zu
berücksichtigen, dass es ebenso häufig vorkommt, dass Menschen nur die Nachrichten
hören/schauen/lesen, die ihre bereits vorhandenen Vorstellungen und Meinungen
vertreten. 41
Die Medien und im Spezielleren die Berichterstattung hat die Macht, die sogenannte
Public Agenda, also das worüber die Öffentlichkeit spricht, zu beeinflussen, wenn auch
nicht gänzlich und nicht komplett autonom.
Inwiefern die Medien aber auf die Public Agenda wirken, hängt davon ab, wie und wo
die Medien agieren.
Dabei ist zu hinterfragen:
a) Was wird gezeigt?
b) Agenda-Setting
Die Medien bestimmen was wichtig ist und was nicht
o Nachrichtenwertung und -gewichtung
o Wie oft wird etwas gezeigt?
c) Wie wird etwas gezeigt?
40
Ebd. S. 6ff.
41
Ebd. S. 66ff.
13
Zu a.) In den Zeitungen wurden, ab einen gewissen Zeitpunkt, unablässig Berichte
geschrieben, sobald es neue Informationen gab, wobei die Washington Post freilich
immer die erste Quelle war, weil diese schließlich die Ermittlungen führten. Ebenso
waren die Fernseh- und Radionachrichten voll mit Watergate-lastigen Themen. Zum
Zeitpunkt der Verhandlungen wurden die Senate-Hearings live übertragen, ebenfalls die
Reden und Stellungnahmen Richard Nixons. 42
Zu b.) Die Nachrichtenwertung und -gewichtung hat sich im Laufe der Ermittlungen zu
Watergate immer wieder verändert. Zu Beginn war nicht einmal den Medien das Ausmaß
dieser Affäre bekannt. Je mehr die Journalisten der Washington Post herausgefunden
hatten, je mehr kam auch in der Berichterstattung zu Tage. Die Gewichtung verlegte sich
beispielsweise einige Male von den eigentlichen Machtmissbräuchen Nixons, hin zum
Vertuschungsversuch und dann wiederum zu den Gerichtsverhandlungen, um
schlussendlich wieder die Missbräuche in den Fokus zu stellen. 43
Zu c.) Indem beispielsweise alle Senate-Hearings im Fernsehen live gezeigt wurden,
hatten die Menschen das Gefühl, eine Art „Soap-Opera“ zu sehen, anstatt politische
Nachrichten. Der dramaturgische Aufbau ist also im Nachrichtensegment ebenso wichtig,
wie die Nachricht selbst. 44
Abschließend kann festgehalten werden, dass durch die aufregenden Ereignisse der
Watergate-Affäre bei den Menschen ein neues Verlangen nach Information entstanden
ist 45 , sozusagen eine Erweiterung des Willens zur Wahrheit und auch die äußere
Kontrollinstanz des Verbotes übergangen wurde.
3.c) Die Gesellschaft, die Medien und Watergate
Der Wille zur Wahrheit ausgehend von der Gesellschaft beeinflusst zwar einerseits die
Medien, andererseits beeinflussen die Medien aber auch den Willen zur Wahrheit der
Gesellschaft. Doch wird nicht nur dieser Wille gelenkt. Medien haben, wie bereits
erwähnt auch die Macht, andere Aspekte, wie die Wertvorstellungen, Meinungen und die
42
Engel Lang/ Lang: The Battle for Public Opinion, S. 137ff.
43
Kutler: Watergate, S. 5ff.
44
Engel Lang/ Lang: The Battle for Public Opinion, S.6
45
Engel Lang/ Lang: The Battle for Public Opinion, S. 6
14
politische Orientierung einer Gesellschaft verändern, was durchaus unabsichtlich und auf
indirekter Ebene stattfinden kann.
Medien schaffen damit eine neue Wissensordnung und bilden einen Macht-Wissens-
Komplex.
Watergate betreffend halten Gladys Engel Lang und Kurt Lang fest:
[…] [I]n publicizing a high-threshold issue like Watergate, the media do more than direct
attention to a problem; they influence how people will think about it. They supply the context
that, by making the problem politically relevant, gives people reasons for taking sides and
converts the problem into a serious political issue. In this sense the public agenda is not so
much set by the media as built up through a cycle of media activity that transforms an elite
issue into a public controversy. 46
Dem Zitat ist zu entnehmen, dass Medien nicht nur die Aufmerksamkeit auf eine Sache
lenken, sondern auch dazu anregen, sich für eine Seite zu entscheiden.
Zu Beginn der Watergate-Affäre haben die Medien von den Nixon UnterstützerInnen nur
wenig Zuspruch erfahren, ganz im Gegenteil. Die Washington Post stand regelrecht unter
Beschuss und musste sich für jeden veröffentlichten Artikel rechtfertigen. 47
Hierbei muss auch erwähnt werden, dass Watergate zu Beginn noch keine großen
Auswirkungen auf den Glauben an Nixon und die Wertvorstellungen der Menschen hatte,
wodurch es auch zu einer Wiederwahl Nixons im Jahr 1972 kam. Erst als immer mehr
Informationen über den Watergate-Skandal generiert und öffentlich gemacht wurden,
begann ein Umdenken und eine Welle des Misstrauens. 48 In diesem Zusammenhang ist
auch die bereits erwähnte Berichterstattung im Fernsehen, bei der die „Senate Hearings“
also die Anhörungen des Senats live gezeigt wurden, von großer Bedeutung. 49
Nichtsdestotrotz haben die andauernden Berichte zu einer neuen Betrachtungsweise der
Gesellschaft geführt, die ihre Politiker und deren politische Agenda plötzlich kritischer
sahen als zuvor. 50 Wichtig ist natürlich auch, wie über etwas berichtet wird und in
welchen Kontext die Nachrichten eingebettet werden. Dies kann ebenfalls wieder vor
46
Ebd. S. 58
47
Downie Jr., Leonard: Forty years after Watergate, investigative journalism is at risk. In: „Washington Post online“
07.06.2012. https://www.washingtonpost.com/opinions/forty-years-after-watergate-investigative-journalism-is-atrisk/2012/06/07/gJQArTzlLV_story.html?utm_term=.4e2fcb634c73
(Stand 10.07.2019)
48
Ebd. S. 20ff.
49
Ebd. S. 137ff.
50
Zimmer, Troy A.: THE IMPACT OF WATERGATE ON THE PUBLIC'S TRUST IN PEOPLE AND
CONFIDENCE IN THE MASS MEDIA. In: Wiley (Hrsg.): Social Science Quarterly Vol.59(4). Austin: Univerity of
Texas Press 1979, S. 743ff.
15
dem Hintergrund der Foucaultschen Episteme betrachtet werden, die bereits an früherer
Stelle zitiert wurden.
Nach Foucault beeinflussen „[…] Macht-Wissens-Komplexe […] nicht nur das
gesellschaftliche Wissen, sondern auch die körperlich verankerten Wünsche und
Bedürfnisse, sowie die Selbstbilder der Menschen. 51 “
Ein solcher Macht-Wissens-Komplex wären im Watergate Fall einerseits die Medien,
andererseits die Politik. Die beiden Diskursstränge könnten aber auch als ein gemeinsam
oder gegeneinander agierender Macht-Wissens-Komplex gesehen werden.
In dem Moment, wo sich die Menschen aufgrund von Berichterstattung und Medien nicht
mehr mit den ihnen vertrauten Werten und PolitikerInnen identifizieren, verändert sich
der Macht-Wissens-Komplex. Die Diskurse greifen ineinander ein und bilden jeweils
wieder einen neuen Diskurs.
Die Medien sind in weiten Teilen auf das Epistem, als etwas das den Hintergrund für die
Anerkennung von Wissen, angewiesen, da die Generierung und Verbreitung von Wissen
natürlich auch davon abhängt, welche Instanzen die Menschen als glaubwürdig
anerkennen und welchen Ordnungsstrukturen diese folgen.
51
Rosa /Strecker/Kottmann: Soziologische Theorien. 1.2 Soziologie als Reflexion: Analyse und Diagnose der
Moderne. Stuttgart: UTB 2007, 282ff.282ff.
16
4. Fazit
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich vorrangig mit der Rolle der Medien im
Watergate-Skandal, wobei die folgende Forschungsfrage im Zentrum stand:
„Welche Rolle spielten die Medien allgemein im Watergate-Skandal und speziell in Bezug
auf die Erzeugung und Vermittlung von Wissen in der Gesellschaft?“
Die These dazu lautete, dass die Medien in Watergate eine essenzielle Rolle spielten, da
sie einerseits als Akteure der Wissensformation und andererseits als Wissensvermittler
fungierten.
Anhand der Ausführungen zu den verschiedenen Diskursebenen, wie Investigativer
Journalismus, Berichterstattung und Beeinflussung der Gesellschaft, konnte die These
weitgehend bestätigt werden.
Innerhalb dieser Diskursebenen wurde neben Fakten zu den Diskursebenen selbst auch
Überlegungen Michel Foucaults in die Diskussion eingebunden. Damit konnte
herausgefunden werden, dass die Medien in Watergate, wie vermutet, nicht nur eine
wichtige, sondern eine ausschlaggebende bzw. essenzielle Rolle spielten. Es besteht
Grund zur Annahme, dass Watergate ohne Medien gar nicht zu einem öffentlichen
Diskurs und in weiterer Folge zu einem geschichtsträchtigen Skandal hätte werden
können. Ohne die Ermittlungsarbeit der Reporter der Washington Post und ohne die
Berichterstattung der Print-, TV- und Hörfunk-Medien hätte es vermutlich keine
Watergate-Affäre gegeben und somit auch keine Aufklärung der Gesellschaft über die
Machenschaften ihrer Politik.
Die Medien haben die Macht dazu, Verbote zu durchbrechen, neues Wissen zu
generieren, zu transportieren und damit die Menschen und ihre Wertvorstellungen und
Glaubenssätze zu beeinflussen. Sie sind viel mehr als nur Wissensvermittler. Denn sie
bilden Meinungen und können zumindest teilweise die öffentliche Agenda lenken. Sie
können den Verlauf einer Epoche verändern. Hierbei kommt es natürlich auch immer
darauf an, wie, was und wie oft etwas berichtet wird und welches Vertrauen die Menschen
in die Medien haben bzw. für wie glaubwürdig sie erachtet werden.
17
Zusammengefasst bedeutet das, dass die Medien verschiedene Ebenen von Macht
innehaben. Dazu gehören: die Macht zur Wissenserschließung, zur Verbreitung und zur
Beeinflussung.
Des Weiteren konnte erschlossen werden, dass nicht nur die Menschen auf die Medien
angewiesen sind, sondern auch die Medien auf die Menschen, in dem sie zu großen Teilen
auf den Willen zur Wahrheit angewiesen sind. Dieser ist aber auch ebenso Bedingung für
investigativen Journalismus.
Hinzu kommt, dass durch die Medien eine Verschiebung der Machtverhältnisse
stattfinden kann und im Watergate-Fall, sowie in vielen anderen politischen Affären –
man denke hierbei an den Ibiza-Skandal in Österreich – auch stattgefunden hat. Immerhin
führte die Aufdeckung Watergates zum ersten und bisher einzigen Rücktritt eines
Amerikanischen Präsidenten, was der Kausa noch einmal einen zusätzlichen
Wichtigkeitsgrad verleiht.
18
Literaturverzeichnis
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and the Polls During Watergate. New York: Columbia University Press 1983.
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Soziologie als Reflexion: Analyse und Diagnose der Moderne. Stuttgart: UTB 2007.
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gate in den slavischen Sprachen und im Deutschen) In: Slanikow, Nikolai (Hrsg.):
Sprachtransfer – Kulturtransfer. Text, Kontext und Translation. Frankfurt am Main: Peter
Lang 1995, S. 169-182
Zimmer, Troy A.: THE IMPACT OF WATERGATE ON THE PUBLIC'S TRUST IN
PEOPLE AND CONFIDENCE IN THE MASS MEDIA. In: Wiley (Hrsg.): Social Science
Quarterly Vol.59(4). Austin: University of Texas Press 1979, S. 743-751.
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Quellenverzeichnis
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„Washington Post online“ 07.06.2012. https://www.washingtonpost.com/opinions/fortyyears-after-watergate-investigative-journalism-is-at
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