Green Tech Magazine Dezember 2019 de
Der Klimawandel, manche sprechen bereits von Klimanotstand, ist das bestimmende Thema des Jahres 2019. Junge Menschen demonstrieren für Klimaschutzmaßnahmen, Konzerne beginnen umzudenken. Was ist zu tun? Das Green Tech Magazine hat dazu den austro-amerikanischen Klima¬Ökonomen Gernot Wagner, der mit seinem Buch Klimaschock einen Wissenschaftsbestseller publiziert hat, zum Interview gebeten. Neben CO2-Steuern sieht Wagner vor allem in der Entwicklung innovativer Technologien den effektivsten Klimaschutz. Gute Chancen also für Green-Tech-Unternehmen. Die weiß-grünen Betriebe und Forschungseinrichtungen haben bereits zwei Zukunftsthemen fest im Blick. Erfahren Sie, wie Sensoren die Energie- und Umwelttechnik verändern und warum elektrische Energiespeicher als Schlüsseltechnologie für die Elektromobilität und die Flexibilisierung der Energiesysteme gelten.
Der Klimawandel, manche sprechen bereits von Klimanotstand, ist das bestimmende Thema des Jahres 2019. Junge Menschen demonstrieren für Klimaschutzmaßnahmen, Konzerne beginnen umzudenken. Was ist zu tun?
Das Green Tech Magazine hat dazu den austro-amerikanischen Klima¬Ökonomen Gernot Wagner, der mit seinem Buch Klimaschock einen Wissenschaftsbestseller publiziert hat, zum Interview gebeten. Neben CO2-Steuern sieht Wagner vor allem in der Entwicklung innovativer Technologien den effektivsten Klimaschutz. Gute Chancen also für Green-Tech-Unternehmen.
Die weiß-grünen Betriebe und Forschungseinrichtungen haben bereits zwei Zukunftsthemen fest im Blick. Erfahren Sie, wie Sensoren die Energie- und Umwelttechnik verändern und warum elektrische Energiespeicher als Schlüsseltechnologie für die Elektromobilität und die Flexibilisierung der Energiesysteme gelten.
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Österreich als Labor
der Energiewende
Der aus Österreich stammende und an der New York University lehrende
Klimaökonom Gernot Wagner schrieb mit „Klimaschock“ einen
aufsehenerregenden Wissenschaftsbestseller. Im Interview mit dem
Green Tech Magazine erklärt er, wie wir mit CO 2
-Steuer(ung) und
innovativer Technologie effektiven Klimaschutz erreichen können.
Wie weit sehen Sie CO 2
-Steuern und die
CO 2
-Bepreisung als Mittel, um die Klimaerhitzung
in den Griff zu bekommen?
Gernot Wagner: Es geht einerseits um die
Bepreisung von Klimarisiko und andererseits
um die rasche Entwicklung und Verbreitung
neuer Technologien. Bei der Bepreisung
wiederum geht’s vor allem um
die vielen Ungewissheiten – also nicht nur
um die bekannten Bekannten, sondern um
die bekannten Unbekannten, die den CO 2
-
Preis noch viel höher machen. Das bedeutet
sowohl eine CO 2
-Steuer als auch viel
mehr direkte Steuerung: direkte Subventionen
einerseits, intelligente Technologie-,
Verkehrs-, Regionalplanung andererseits.
Wie beurteilen Sie das schwedische und
das kommende deutsche CO 2
-Modell?
Wagner: Schweden hat seit 25 Jahren eine
ziemlich hohe CO 2
-Steuer. Ich spreche kein
Schwedisch, aber ich bin mir ziemlich sicher,
zu wissen, worüber Schweden beim
Abendessen nicht sprechen, und das ist
die CO 2
-Steuer. Das Leben geht weiter,
trotz CO 2
-Steuern von über 100 € pro Tonne.
Das Resultat? Der Wärmeenergiesektor
in Schweden ist im Prinzip entkarbonisiert.
Energie kommt vor allem aus Atom- und
Wasserkraft und anderen erneuerbaren
Quellen. Fossile Energie gibt es zwar natürlich
auch, aber die spielt eine untergeordnete
Rolle. Die große Frage, wie immer, ist
natürlich, was kam zuvor: die CO 2
-Steuer
oder die CO 2
-armen Energiequellen? Und
wie so oft ist das Gesamtbild kompliziert.
Atom- und Wasserkraft kamen schon lange
vor der CO 2
-Steuer und machten diese
auch erst mal überhaupt politisch möglich.
Und das deutsche Modell?
Wagner: In Deutschland hat die direkte
Förderung der Solarenergie dazu geführt,
dass viel mehr Solaranlagen auf den deutschen
Dächern stehen. Die Direktunterstützungen
für die Einspeisung von Solarengerie
waren verdammt hoch, im Jahr
2010 etwa um die 40
Cent pro Kilowattstunde.
Mittlerweile sind
die Subventionen heruntergegangen.
Das
war ein Learning by doing:
Die Subvention ist
jetzt nicht mehr so nötig,
weil die Systempreise für Photovoltaik
(PV) dramatisch gesunken sind, um über
70 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Das
hat auch teilweise dazu geführt, dass global
die PV-Preise stark gesunken sind. Ist
die Energiewende deshalb gut? Ja. Teuer,
aber gut. Wir sollten etwa alle Dankesschreiben
an deutsche Haushalte senden,
weil die Deutschen die Solarenergie auch
für uns subventioniert haben. Es geht also
nicht nur um Steuern, sondern auch um
Steuerung.
Was kann Österreich, was können die
österreichischen Unternehmen tun?
Wagner: Österreich ist das Land der erneuerbaren
Energie, 73 % des Stroms kommen
„Es geht um eine Systemumstellung,
was die Wirtschaftsströme
im Großen betrifft.“
Gernot Wagner
Klimaökonom
aus der erneuerbaren Energie, viel davon ist
schon seit jeher Wasserkraft. Das hat natürlich
mehr mit Glück als mit Planung zu tun:
„Land der Berge, Land am Strome“. Auch
hier geht es jetzt darum, viel mehr zu tun.
Es geht um Innovation, um Investitionen in
die Zukunft und die Zukunftstechnologien.
Es geht um die Steuerung von Forschungsgeldern,
um Forschung & Entwicklung und
den Einsatz dieser Technologien. Da gibt
es einige Kompetenzzentren, die eine prominente
Rolle spielen
könnten. Und: Österreich
ist so ein großartiges
Labor, um Initiativen
zu setzen. Es ist in
vielerlei Hinsicht klein
genug, um das gesamte
Land als Labor betrachten
zu können. Es gibt natürlich auch
viele regionale Unterschiede. Was für den
Ballungsraum Wien gut ist, ist anders, als
was im Gasteinertal funktionieren würde.
Das Prinzip, etwa bei effizienten Transportsystemen,
gilt allerdings da wie dort. Im
Gasteinertal fährt in der Hauptsaison alle 2
Stunden ein Zug, Busse vielleicht ein- oder
zweimal pro Stunde. Alternative zum Individualverkehr
ist das nicht. Warum nicht ein
Elektrobus alle 15 Minuten? Dann könnten
sich leicht viele Gasteiner auf Öffis verlassen,
ohne viel zu planen, oder etwa die Zillertaler
müssten nicht über tägliche Staus
während der Hauptsaison klagen. Österreich
könnte ein Labor der Klimawende für
mögliche Lösungen sein.
Fotocredit: Lukas Ilgner/profil, Rose Lincoln