04.12.2019 Aufrufe

Green Tech Magazine Dezember 2019 de

Der Klimawandel, manche sprechen bereits von Klimanotstand, ist das bestimmende Thema des Jahres 2019. Junge Menschen demonstrieren für Klimaschutzmaßnahmen, Konzerne beginnen umzudenken. Was ist zu tun? Das Green Tech Magazine hat dazu den austro-amerikanischen Klima¬Ökonomen Gernot Wagner, der mit seinem Buch Klimaschock einen Wissenschaftsbestseller publiziert hat, zum Interview gebeten. Neben CO2-Steuern sieht Wagner vor allem in der Entwicklung innovativer Technologien den effektivsten Klimaschutz. Gute Chancen also für Green-Tech-Unternehmen. Die weiß-grünen Betriebe und Forschungseinrichtungen haben bereits zwei Zukunftsthemen fest im Blick. Erfahren Sie, wie Sensoren die Energie- und Umwelttechnik verändern und warum elektrische Energiespeicher als Schlüsseltechnologie für die Elektromobilität und die Flexibilisierung der Energiesysteme gelten.

Der Klimawandel, manche sprechen bereits von Klimanotstand, ist das bestimmende Thema des Jahres 2019. Junge Menschen demonstrieren für Klimaschutzmaßnahmen, Konzerne beginnen umzudenken. Was ist zu tun?
Das Green Tech Magazine hat dazu den austro-amerikanischen Klima¬Ökonomen Gernot Wagner, der mit seinem Buch Klimaschock einen Wissenschaftsbestseller publiziert hat, zum Interview gebeten. Neben CO2-Steuern sieht Wagner vor allem in der Entwicklung innovativer Technologien den effektivsten Klimaschutz. Gute Chancen also für Green-Tech-Unternehmen.
Die weiß-grünen Betriebe und Forschungseinrichtungen haben bereits zwei Zukunftsthemen fest im Blick. Erfahren Sie, wie Sensoren die Energie- und Umwelttechnik verändern und warum elektrische Energiespeicher als Schlüsseltechnologie für die Elektromobilität und die Flexibilisierung der Energiesysteme gelten.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4

Österreich als Labor

der Energiewende

Der aus Österreich stammende und an der New York University lehrende

Klimaökonom Gernot Wagner schrieb mit „Klimaschock“ einen

aufsehenerregenden Wissenschaftsbestseller. Im Interview mit dem

Green Tech Magazine erklärt er, wie wir mit CO 2

-Steuer(ung) und

innovativer Technologie effektiven Klimaschutz erreichen können.

Wie weit sehen Sie CO 2

-Steuern und die

CO 2

-Bepreisung als Mittel, um die Klimaerhitzung

in den Griff zu bekommen?

Gernot Wagner: Es geht einerseits um die

Bepreisung von Klimarisiko und andererseits

um die rasche Entwicklung und Verbreitung

neuer Technologien. Bei der Bepreisung

wiederum geht’s vor allem um

die vielen Ungewissheiten – also nicht nur

um die bekannten Bekannten, sondern um

die bekannten Unbekannten, die den CO 2

-

Preis noch viel höher machen. Das bedeutet

sowohl eine CO 2

-Steuer als auch viel

mehr direkte Steuerung: direkte Subventionen

einerseits, intelligente Technologie-,

Verkehrs-, Regionalplanung andererseits.

Wie beurteilen Sie das schwedische und

das kommende deutsche CO 2

-Modell?

Wagner: Schweden hat seit 25 Jahren eine

ziemlich hohe CO 2

-Steuer. Ich spreche kein

Schwedisch, aber ich bin mir ziemlich sicher,

zu wissen, worüber Schweden beim

Abendessen nicht sprechen, und das ist

die CO 2

-Steuer. Das Leben geht weiter,

trotz CO 2

-Steuern von über 100 € pro Tonne.

Das Resultat? Der Wärmeenergiesektor

in Schweden ist im Prinzip entkarbonisiert.

Energie kommt vor allem aus Atom- und

Wasserkraft und anderen erneuerbaren

Quellen. Fossile Energie gibt es zwar natürlich

auch, aber die spielt eine untergeordnete

Rolle. Die große Frage, wie immer, ist

natürlich, was kam zuvor: die CO 2

-Steuer

oder die CO 2

-armen Energiequellen? Und

wie so oft ist das Gesamtbild kompliziert.

Atom- und Wasserkraft kamen schon lange

vor der CO 2

-Steuer und machten diese

auch erst mal überhaupt politisch möglich.

Und das deutsche Modell?

Wagner: In Deutschland hat die direkte

Förderung der Solarenergie dazu geführt,

dass viel mehr Solaranlagen auf den deutschen

Dächern stehen. Die Direktunterstützungen

für die Einspeisung von Solarengerie

waren verdammt hoch, im Jahr

2010 etwa um die 40

Cent pro Kilowattstunde.

Mittlerweile sind

die Subventionen heruntergegangen.

Das

war ein Learning by doing:

Die Subvention ist

jetzt nicht mehr so nötig,

weil die Systempreise für Photovoltaik

(PV) dramatisch gesunken sind, um über

70 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Das

hat auch teilweise dazu geführt, dass global

die PV-Preise stark gesunken sind. Ist

die Energiewende deshalb gut? Ja. Teuer,

aber gut. Wir sollten etwa alle Dankesschreiben

an deutsche Haushalte senden,

weil die Deutschen die Solarenergie auch

für uns subventioniert haben. Es geht also

nicht nur um Steuern, sondern auch um

Steuerung.

Was kann Österreich, was können die

österreichischen Unternehmen tun?

Wagner: Österreich ist das Land der erneuerbaren

Energie, 73 % des Stroms kommen

„Es geht um eine Systemumstellung,

was die Wirtschaftsströme

im Großen betrifft.“

Gernot Wagner

Klimaökonom

aus der erneuerbaren Energie, viel davon ist

schon seit jeher Wasserkraft. Das hat natürlich

mehr mit Glück als mit Planung zu tun:

„Land der Berge, Land am Strome“. Auch

hier geht es jetzt darum, viel mehr zu tun.

Es geht um Innovation, um Investitionen in

die Zukunft und die Zukunftstechnologien.

Es geht um die Steuerung von Forschungsgeldern,

um Forschung & Entwicklung und

den Einsatz dieser Technologien. Da gibt

es einige Kompetenzzentren, die eine prominente

Rolle spielen

könnten. Und: Österreich

ist so ein großartiges

Labor, um Initiativen

zu setzen. Es ist in

vielerlei Hinsicht klein

genug, um das gesamte

Land als Labor betrachten

zu können. Es gibt natürlich auch

viele regionale Unterschiede. Was für den

Ballungsraum Wien gut ist, ist anders, als

was im Gasteinertal funktionieren würde.

Das Prinzip, etwa bei effizienten Transportsystemen,

gilt allerdings da wie dort. Im

Gasteinertal fährt in der Hauptsaison alle 2

Stunden ein Zug, Busse vielleicht ein- oder

zweimal pro Stunde. Alternative zum Individualverkehr

ist das nicht. Warum nicht ein

Elektrobus alle 15 Minuten? Dann könnten

sich leicht viele Gasteiner auf Öffis verlassen,

ohne viel zu planen, oder etwa die Zillertaler

müssten nicht über tägliche Staus

während der Hauptsaison klagen. Österreich

könnte ein Labor der Klimawende für

mögliche Lösungen sein.

Fotocredit: Lukas Ilgner/profil, Rose Lincoln

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!