Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

Indefinitpronomen „man“ und allgemeine Begriffe wie „jeder Mensch“ wird jeder
angesprochen – sowohl der Anrufer als auch das Publikum. Der spezifische
Ratschlag ist dadurch zu verallgemeinern und gilt somit auch für die „overhearers.“
Dem Moderator gelingt es durch unpersönliche Formulierungen, ein doppeltes
„recipient design“ zu realisieren, wobei er den unterschiedlichen kommunikativen
Zielen in Bezug auf beide Adressaten gleichermaßen gerecht wird.
5.5.4. Begründungen des Ratschlages
Ein konstitutives Strukturmerkmal der Beratungsphase ist die Begründung der
Handlungsanweisung, die der Moderator in allen Gesprächen des Korpus vor oder
(häufiger) nach dem Ratschlag artikuliert. Besonders nach Einwänden macht er
wiederholt davon Gebrauch. Willmanns Beobachtung, dass dieses Element
regelmäßig erwartbar auftritt, wird durch das Datenmaterial bestätigt. Die
Begründungen verweisen in den meisten Fällen auf die Funktion des vorge-
schlagenen Vorgehens. Der Moderator deutet darin die Situation des Ratsuchenden
und beschreibt sie neu (Willmann 1998: 105 ff.). Zudem legt er durch die
Begründungen seine Bewertungskriterien offen, die bei Domian meist moralischer
Art sind. Als einzige formale Regelmäßigkeit ist der häufige Gebrauch der kausalen
und finalen Konjunktionen „weil“ und „damit“ bei der Formulierung der Begründung
festzustellen. 115 Anhand eines Gesprächsausschnittes soll die Begründung des
Ratschlages exemplarisch vorgeführt werden.
Gespräch (1) Fremdgehen
218 D: =dann beende es
→ 219 und dann bist du ne freie FRAU,
220 dann kannst du machen was du willst?
221 dann kannst du auch mit dem besten freund,
(…)
228 aber ↑DU DU musst für dich ne klare linie ziehen;
229 du musst eigentlich raus aus der beziehung-
→ 230 so wie du sie’
231 du hast sie eigentlich gerade nur schlecht
dargestellt;
232 I: ja(h)a
233 D: neh da ist noch so ein bisschen-
234 ja man is ist verbunden-
der gleichen Sendung. Sie realisiert den Ratschlag ebenfalls mittels des Indefinitpronomens
„man“, vgl. dazu Gespräch (7) Z. 418-459.
115 Vgl. zu „damit“ Gespräch (5) Z. 138; (6) Z. 373 und zu „weil“ (7) Z. 396; (9) Z. 252.
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