Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

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18.12.2012 Aufrufe

Gespräch (5) Bester Freund 127 D: ich finde dass du mit ihm richtig klar mit ihm darüber reden solltest, 128 und ihn BITTEest, 129 dass er auch KLA:R sagt- 130 was er empfindet und wie er es sich vorstellt; Die detaillierte Auflistung aller Formen des Ratschlages zeigt, dass Schanks so genannte Normalformen, der Imperativ und die Verwendung von Modalverben, in der Tat im Rahmen der Untersuchung des Korpus am häufigsten als Ratschlag realisiert wurden. Allerdings kamen Ratschläge allein mit der Infinitivform nicht vor. Darüber hinaus sind das Rollenspiel sowie die Wahl des Konjunktivs zusammen mit der 1. Person Singular des Personalpronomens und ebenfalls ein Modalsatz dokumentiert. Statt Äußerungen rund um das Wortfeld „empfehlen“ treten die Verben „ermutigen“ und „vorschlagen“ auf, die sich semantisch nahe kommen. Neben Willmanns und Schanks Beobachtungen wird zudem ein Konditionalsatz zur Formulierung des Ratschlages gebraucht. Im Großen und Ganzen werden Schanks und Willmanns Ergebnisse zur Formulierung des Ratschlages durch das Datenmaterial bestätigt. 5.5.3. Übertragbarkeit des Rates für die Zuhörer Mit der Vorsortierung der Telefonate wird schon im Voraus bestimmt, welche Anrufer bei Domian auf Sendung gehen. Dabei spielen die Vermutungen des Redakteurs, wie interessant gewisse Themen für das Publikum sein könnten, eine große Rolle. Wenn Hörer mit ähnlich gelagerten Problemen sich angesprochen fühlen und den Ratschlag des Moderators für sich übernehmen können, wird ein doppeltes „recipient design“ auf der thematischen Ebene erfolgreich realisiert (Knauth 1984: 76). Ob das Publikum die Ratschläge tatsächlich annimmt, kann anhand des Datenmaterials nicht entschieden werden. Es spielt für diese Untersuchung auch keine Rolle. Von Interesse ist lediglich der Versuch des Moderators, seinen Ratschlag so zu formulieren, dass er sowohl an den Anrufer als auch an die „overhearers“ gerichtet ist. 113 113 Vgl. dazu Knauth (1984: 118). 79

Gespräch (2) Zukunftsangst 102 D: mh eh der sinn des lebens ist natürlich ne sehr schwierige frage, 103 =ne sehr philosophische frage, 104 N: mh 105 D: die letztendlich wahrscheinlich jeder für sich selbst öh 106 den den eigene weg sUchen muss- 107 und seinen für sich richtigen SINN eh finden muss; 108 und da sind wir eigentlich schon bei der beantwortung deines problems, → 109 110 I: .hh 111 D: (1.5) und da sind zwei worte drin nämlich selbst und und SU:CHEN, 112 I: .hh 113 D: das fällt nicht vom himmel, 114 es gibt sosososo viele möglichkeiten, → 115 eh für für jed für jeden MENSCHEN, 116 eh und es ist oftmals ein schwieriges unterfangen eh; 117 das zu finden, 118 und das dauert manchmal sehr lange bis man das weiß, Im vorliegenden Gesprächsauschnitt erteilt der Moderator der Anruferin einen Ratschlag, den er mittels des Indefinitpronomens „man“ formuliert. Er hätte die Ratsuchende auch mit „du“ oder ihrem Namen direkt adressieren können, wählt aber die unpersönliche Variante, da sie ihm ermöglicht, den Ratschlag zu verallgemeinern. Der Rat wird so zu einer universellen Botschaft, die neben dem Anrufer ebenso für das Publikum von Bedeutung ist (Willmann 1998: 83). In Z. 115 benutzt der Moderator mit „für jeden Menschen“ ebenfalls einen Ausdruck, der für jedermann gilt und verfolgt die Taktik der „Generalisierung“ weiter (Holly 1979: 200). Mit der Ansprache über Indefinitpronomen realisiert der Moderator ein doppeltes „recipient design“ und orientiert sich mit seinem Ratschlag an beiden Adressaten. Er geht auf das spezifische Problem der Anruferin ein, der Rat steht hier aber auch stellvertretend für jene Zuhörer, die ein ähnliches Problem haben. Auf diese Weise erfolgt im Radio-Phone-In „eine Beratung der Hörer mittels einer Beratung der Anrufer“ (Knauth 1984: 103). 114 Die Formulierung des Ratschlages ermöglicht es dem Moderator, sich neben dem jeweiligen Anrufer auch an die „overhearers“ zu richten. Durch das 114 Es ist interessant, dass Anrufer diese Taktik der „Generalisierung“ ebenfalls verfolgen. So äußert eine Anruferin nach ihrer eigenen Beratung einen Rat zum vorhergehenden Gespräch 80

Gespräch (2) Zukunftsangst<br />

102 D: mh eh der sinn des lebens ist natürlich ne sehr<br />

schwierige frage,<br />

103 =ne sehr philosophische frage,<br />

104 N: mh<br />

105 D: die letztendlich wahrscheinlich jeder für sich selbst<br />

öh<br />

106 den den eigene weg sUchen muss-<br />

107 <strong>und</strong> seinen für sich richtigen SINN eh finden muss;<br />

108 <strong>und</strong> da sind wir eigentlich schon bei der beantwortung<br />

deines problems,<br />

→ 109 <br />

110 I: .hh<br />

111 D: (1.5) <strong>und</strong> da sind zwei worte drin nämlich selbst <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> SU:CHEN,<br />

112 I: .hh<br />

113 D: das fällt nicht vom himmel,<br />

114 es gibt sosososo viele möglichkeiten,<br />

→ 115 eh für für jed für jeden MENSCHEN,<br />

116 eh <strong>und</strong> es ist oftmals ein schwieriges unterfangen eh;<br />

117 das zu finden,<br />

118 <strong>und</strong> das dauert manchmal sehr lange bis man das weiß,<br />

Im vorliegenden Gesprächsauschnitt erteilt der Moderator der Anruferin einen<br />

Ratschlag, den er mittels des Indefinitpronomens „man“ formuliert. Er hätte die<br />

Ratsuchende auch mit „du“ oder ihrem Namen direkt adressieren können, wählt<br />

aber die unpersönliche Variante, da sie ihm ermöglicht, den Ratschlag zu<br />

verallgemeinern. Der Rat wird so zu einer universellen Botschaft, die neben dem<br />

Anrufer ebenso für das Publikum von Bedeutung ist (Willmann 1998: 83). In Z. 115<br />

benutzt der Moderator mit „für jeden Menschen“ ebenfalls einen Ausdruck, der für<br />

jedermann gilt <strong>und</strong> verfolgt die Taktik der „Generalisierung“ weiter (Holly 1979:<br />

200). Mit der Ansprache über Indefinitpronomen realisiert der Moderator ein<br />

doppeltes „recipient design“ <strong>und</strong> orientiert sich mit seinem Ratschlag an beiden<br />

Adressaten. Er geht auf das spezifische Problem der Anruferin ein, der Rat steht hier<br />

aber auch stellvertretend für jene Zuhörer, die ein ähnliches Problem haben. Auf<br />

diese Weise erfolgt im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In „eine <strong>Beratung</strong> der Hörer mittels einer<br />

<strong>Beratung</strong> der Anrufer“ (Knauth 1984: 103). 114<br />

Die Formulierung des Ratschlages ermöglicht es dem Moderator, sich neben dem<br />

jeweiligen Anrufer auch an die „overhearers“ zu richten. Durch das<br />

114 Es ist interessant, dass Anrufer diese Taktik der „Generalisierung“ ebenfalls verfolgen. So<br />

äußert eine Anruferin nach ihrer eigenen <strong>Beratung</strong> einen Rat zum vorhergehenden Gespräch<br />

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