Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
342 was ich UN!MÖG!lich finde übrigens, 343 äh du bist ne j’ (.) ne er!WACHS!ene jUnge frau von neunzehn jAhren, 344 .hh die LASsen nicht zu dass dU: äh äh rAUs gehst; 345 dass du in die DISco gehst; 346 dass du dich RUMtreibst; 347 dass du mal tolle Sachen erlEbst; 348 so isses ne, 349 M: mh: [ja 350 D: [so (-) 351 DAS ist das EIne; 352 .h Dadurch lernste keine jUngs kennen; (---) 353 du hast auch kAUm äh äh WEIBliche äh PAR[x]tner äh 354 kamerAden; 355 also keine FREUNdinnen; 356 keine gute frEUndin; (--) 357 du bist ne EINsame jUnge frAU; 358 so wie dus gerade äh geschildert hast; 359 M: [mh, 360 D: [da Isses doch KLAR dass man 361 dass man sich (.)in so was hinEIN[steigert Domian listet die problematischen Aspekte, welche die Ratsuchende ihm im Laufe des Gespräches mitgeteilt hat, erneut auf und wiederholt alle wichtigen Details. Die Problemdeutung leitet er mit der Formulierung „was du jetzt gerade erzählt hast“ ein. Das interaktive Mittel der Formulierungen beschreiben Garfinkel und Sacks (1970: 350) folgenderweise: A member may treat some part of the conversation as an occasion to describe that conversation, to explain it, or characterize it, or explicate it, or translate, or summarize, or furnish the gist of it, or take note of its accordance with rules, or remark on its departure from rules. That is to say, a member may use some part of the conversation as an occasion to formulate the conversation. Mit seiner Formulierung zeigt Domian an, dass er sich bei seiner Zusammenfassung auf die Schilderung der Ratsuchenden bezieht. Da es sich um bereits bekannte Informationen handelt, vollzieht der Moderator hier Redundanzleistungen. Diese sind allerdings aufgrund des ständig fluktuierenden Publikums und der Flüchtigkeit des Hörmediums im Radio-Phone-In notwendig (Troesser 1983: 85). Der Moderator orientiert sich mit der Äußerung redundanter Aspekte an den Wissensvoraus- setzungen eines Adressatenkreises, was eine Form der impliziten Adressierung darstellt (Petter-Zimmer 1990: 233). 103 Die Formulierungen zielen darauf, den Inhalt 103 Überdies handle es sich um einen Verstoß gegen die Gricesche Relevanzmaxime (Petter- Zimmer 1990: 200). 73
des Beratungsgespräches für das Publikum verständlich zu machen. 104 Gleichzeitig dienen sie zur Verständnisüberprüfung des Moderators. Laut Fischer (1992: 12 f.) fungieren „formulations“ in Beratungsgesprächen in erster Linie der resümierenden Referenz auf bereits Gesagtes und sind Mittel, um Abmachungen oder Zwischenergebnisse der zuvor gelaufenen Kommunikation festzuhalten und zu fixieren. 105 Auch in Gespräch (6) vergewissert sich der Moderator mit der Äußerung „so isses ne“ seiner Interpretation. Die mittel steigende Intonation am Einheiten- ende und das „tag“- Element veranlassen die Ratsuchende zu antworten und seine Deutung zu bestätigen. Sie reagiert mit einer zustimmenden „confirmation“, die neben der ablehnenden „disconfirmation“ zu den „decicions“ zu zählen ist. Fischer (1992: 13) zufolge sind „decisions“ die konditionell relevante Reaktion auf „formulations“. Im Anschluss daran setzt der Moderator seine Zusammenfassung fort, die nach einer weiteren Formulierung „so wie dus gerade äh geschildert hast“ in die Problemdefinition mündet. Domian deutet das Problem der Ratsuchenden dahingehend, dass sie sich ihre Liebe zum Lehrer lediglich eingeredet hat. Durch die „confirmation“ in Z. 349 und 359 sieht er sich in seiner Annahme bestätigt und äußert daraufhin seinen Ratschlag. Hutchby (1991: 130) beschreibt die doppelte Funktion von Formulierungen für das Radio-Phone-In folgenderweise: As summaries of the callers calls-so-far, they are directed both towards ‘assisting’ the caller in developing the ‘sense’ of his/her call and towards ‘clarifying’ that ‘sense’ in an overarching manner for the overhearing audience. Die dargestellten Beispiele veranschaulichen, dass der Moderator die Problem- deutungen als ein Mittel zur Gesprächssteuerung nutzt. Sie sind eine Gelenkstelle im Gespräch, an der er die Phase „ELPR“ beendet und mit der Problemdeutung in die Beratungsphase übergeht. 106 Sie erfüllen im Radio-Phone-In zwei Funktionen. Die Zusammenfassungen helfen den Interaktionsteilnehmern, sich auf eine Problem- definition zu einigen, denn der Moderator äußert sein Verständnis des Problems, das der Ratsuchende entweder bestätigt oder ablehnt. Im Falle einer Ablehnung muss die Problemdefinition erneut aushandelt werden. Darüber hinaus sind die 104 Vgl. dazu Heritages Aussage zu News-Interviews (1985: 114) „[T]hrough the recycling or elaboration of talk that was already adequately intelligible, the interviewer preserves an overall, if tacit, orientation to the overhearing news audience.” 105 Sie können aber auch lokal begrenzter zur Verständnisüberprüfung der vorausgehenden Äußerung verwendet werden (Fischer 1992: 12 f.) 106 Vgl. dazu auch die Problemdeutung in Gespräch (2) Z. 164-168. 74
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Domian listet die problematischen Aspekte, welche die Ratsuchende ihm im Laufe<br />
des Gespräches mitgeteilt hat, erneut auf <strong>und</strong> wiederholt alle wichtigen Details. Die<br />
Problemdeutung leitet er mit der Formulierung „was du jetzt gerade erzählt hast“<br />
ein. Das interaktive Mittel der Formulierungen beschreiben Garfinkel <strong>und</strong> Sacks<br />
(1970: 350) folgenderweise:<br />
A member may treat some part of the conversation as an occasion to describe that<br />
conversation, to explain it, or characterize it, or explicate it, or translate, or<br />
summarize, or furnish the gist of it, or take note of its accordance with rules, or<br />
remark on its departure from rules. That is to say, a member may use some part of<br />
the conversation as an occasion to formulate the conversation.<br />
Mit seiner Formulierung zeigt Domian an, dass er sich bei seiner Zusammenfassung<br />
auf die Schilderung der Ratsuchenden bezieht. Da es sich um bereits bekannte<br />
Informationen handelt, vollzieht der Moderator hier Red<strong>und</strong>anzleistungen. Diese<br />
sind allerdings aufgr<strong>und</strong> des ständig fluktuierenden Publikums <strong>und</strong> der Flüchtigkeit<br />
des Hörmediums im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In notwendig (Troesser 1983: 85). Der Moderator<br />
orientiert sich mit der Äußerung red<strong>und</strong>anter Aspekte an den Wissensvoraus-<br />
setzungen eines Adressatenkreises, was eine Form der impliziten Adressierung<br />
darstellt (Petter-Zimmer 1990: 233). 103 Die Formulierungen zielen darauf, den Inhalt<br />
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Überdies handle es sich um einen Verstoß gegen die Gricesche Relevanzmaxime (Petter-<br />
Zimmer 1990: 200).<br />
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