Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
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notwendig hält, <strong>und</strong> erwähnt das Publikum mit der Bezeichnung „alle Leute“<br />
indirekt. Auch hier ist die Anruferin direkte Adressatin des Beitrags, was sie durch<br />
ihre Reaktion im überlappenden Turn anzeigt. Der Moderator orientiert sich in<br />
diesem Ausschnitt an den Verstehensvoraussetzungen des Publikums <strong>und</strong><br />
signalisiert dies, ohne die Interaktionsbeziehung zur Anruferin zu gefährden. In Z.<br />
13 ist seine Äußerung mittels des Personalpronomens der 1. Person Plural so<br />
formuliert, als habe auch die Anruferin ein Interesse daran, den Begriff „Messie“ für<br />
die „overhearers“ zu explizieren. Der Moderator unterstellt dadurch eine<br />
Gemeinsamkeit der Ziele. Allerdings führt er selbst die notwendige Erklärung durch.<br />
Die indirekte Publikumsansprache ist in Bezug auf die Interaktionsbeziehung zum<br />
Anrufer als unproblematischer zu werten als es für die direkte Adressierung<br />
dargestellt wurde. In beiden Gesprächsauszügen sehen die Anrufer sich als direkte<br />
Adressaten des Moderators an. Dem Moderator gelingt es durch eine indirekte<br />
Ansprache, auch die „overhearers“ in das Gespräch mit einzubeziehen. Überdies<br />
konnte gezeigt werden, dass der Moderator sich stark an den Verstehens-<br />
voraussetzungen des Publikums orientiert <strong>und</strong> bei der Gestaltung seiner Beiträge<br />
ihre Perspektive berücksichtigt.<br />
5.5. <strong>Beratung</strong><br />
In der <strong>Beratung</strong>sphase wird die Aufarbeitung des Ratsucherproblems angestrebt.<br />
Der Moderator führt die Phase in einigen Fällen mit der Deutung des<br />
Ratsucherproblems ein, in der sich die Interagierenden auf eine gemeinsame<br />
Problemdefinition einigen. Daraufhin sucht der Moderator gemeinsam mit dem<br />
Anrufer nach einer geeigneten Lösung des Problems oder formuliert sogleich eine<br />
Handlungsanweisung. Häufig nimmt er persönliche <strong>und</strong> moralische Bewertungen<br />
vor, die er als Begründungen des Ratschlags anführt. Dadurch versucht er, seine<br />
Handlungsanweisung argumentativ zu untermauern <strong>und</strong> den Anrufer von seinem<br />
Ratschlag zu überzeugen. Im Besonderen ist der Moderator dazu gezwungen, wenn<br />
Ratsuchende Einwände gegen die Handlungsanweisung anbringen. Willmanns<br />
konstitutive Strukturelemente, der Rat <strong>und</strong> dessen Begründung, sind zentrale<br />
Bestandteile der <strong>Beratung</strong>sphase. Diese beinhaltet auch Schanks Teilziel „Ratsuche“.<br />
102 Allokutionspartner meint den durch verbale Formen bezeichneten Adressaten.<br />
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