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Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

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ihrem Namen <strong>und</strong> ratifiziert mit der Ankündigung eines „kurzen Einschubes“ schon<br />

im Voraus den Beitrag bei der Ratsuchenden. Der Einschub wird vom Moderator<br />

explizit als solcher kenntlich gemacht. Darin wendet er sich direkt an einen Teil des<br />

Publikums <strong>und</strong> spricht es mit „ihr Vierzigjährigen“ an. Die Beteuerung, es nicht<br />

beleidigend gemeint zu haben, stützt er durch die Aussage, selbst auch bereits über<br />

vierzig zu sein. Dadurch rechnet er sich dem Teil des Publikums zu, welchen er<br />

zuvor als „uralt“ eingestuft hat, <strong>und</strong> solidarisiert sich mit dieser Gruppe. Der<br />

Einschub hat die Funktion, ein mögliches Missverständnis in Bezug auf das Publikum<br />

auszuräumen, da es den Moderator das Wohlwollen der angesprochenen Gruppe<br />

kosten könnte. Ihm ist bewusst, dass er sich mit offensiven Äußerungen beim<br />

Publikum unbeliebt machen <strong>und</strong> sich dies negativ auf die Einschaltquoten der<br />

Sendung auswirken könnte. In Z. 118 adressiert er erneut die Ratsuchende,<br />

konstatiert das Ende des Einschubes <strong>und</strong> erklärt, das Gespräch könne nun<br />

fortgesetzt werden. An diesem Punkt wiederholt die Anruferin, die während des<br />

gesamten Einschubes geschwiegen hat, die in Z. 109 <strong>und</strong> 111 begonnene<br />

Äußerung. Sie setzt also genau da an, wo sie zuvor durch den Einschub des<br />

Moderators unterbrochen wurde.<br />

Der Einschub des Moderators stellt einen Rahmenbruch im <strong>Beratung</strong>sgespräch dar.<br />

Für kurze Zeit tritt er aus dem Gespräch mit der Ratsuchenden heraus, um ein<br />

mögliches Missverständnis in Bezug auf das Publikum aufzuklären. Dabei adressiert<br />

er die Vierzigjährigen unter den Zuhörern direkt <strong>und</strong> realisiert hier ein auf sie<br />

abgestimmtes „recipient design“. Die Gesamthörerschaft <strong>und</strong> auch die Anruferin<br />

sind darin nicht einbezogen. Dies zeigt auch die Reaktion der Ratsuchenden, die als<br />

Gesprächspartnerin zurücktritt <strong>und</strong> schweigt bis der Moderator sie wieder direkt<br />

anspricht. Die <strong>Ins</strong>zeniertheit des Gespräches wird durch den Rahmenbruch für die<br />

Anruferin offenbar. Sie sieht sich nicht als Adressatin des Beitrages <strong>und</strong> bemerkt<br />

möglicherweise, dass für kurze Zeit das auf ihre persönlichen Bedürfnisse<br />

eingehende <strong>Beratung</strong>sgespräch mit dem Moderator außer Kraft gesetzt ist.<br />

Außerdem könnte die Ratsuchende das Gefühl bekommen, es gehe im Gespräch<br />

nicht primär um ihr persönliches Anliegen. In dieser Hinsicht stellt eine<br />

abwechselnde direkte Ansprache beider Adressaten im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In keine<br />

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