Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
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edeübergabe-relevanten Raum durch Selbstwahl zum nächsten Sprecher. 91<br />
Allerdings sind nicht alle Unterbrechungen ein Indikator für Dominanz oder<br />
beeinträchtigen die thematische Entwicklung eines Turns. Sie können mitunter auch<br />
der Unterstützung <strong>und</strong> Kooperation dienen (Tiittula 2000: 1364). Zudem kann ein<br />
Sprecher nach einer Unterbrechung wieder an seinen vorherigen Aspekt anknüpfen.<br />
Unterbrechungen haben aber das Potential, die thematische Konstruktion eines<br />
Turns lokal zu stören, durchaus inne. Eine genaue Differenzierung von Unterbrech-<br />
ungen, wie sie Kotthoff (1993) in ihrer Analyse vollzogen hat, ist bei der<br />
Betrachtung von Interventionen sinnvoll. So weit konnte die Analyse hier aber nicht<br />
gehen. Es konnte lediglich exemplarisch aufgezeigt werden, welche Ausprägungen<br />
<strong>und</strong> Funktionen Unterbrechungen im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In haben können.<br />
5.4.1.4. Unmittelbare Anschlüsse<br />
Ein unauffälliges <strong>und</strong> gesichtsschonendes Mittel 92 der Gesprächssteuerung stellt der<br />
schnelle <strong>und</strong> unmittelbare Anschluss der nächsten Einheit an einem nicht übergabe-<br />
relevanten Raum oder das so genannte „latching“ dar. Wie im folgenden Beispiel<br />
gezeigt wird, ist es ein effektives Mittel, um sich das Rederecht zu sichern: 93<br />
Gespräch (6) Lehrerliebe<br />
245 M: <strong>und</strong> dann=<br />
246 D: =mh<br />
247 M: [hab ich halt diesen LEHrer kennengelErnt,<br />
→ 248 D: [.hh<br />
249 k´ja jetzt verstEh ich das auch ein bisschen BESser;<br />
250 .h [äh:<br />
251 M: [bei dem ich halt auch das gefÜhl hatte dass er<br />
[WIRKlich<br />
252 D: [ah ja<br />
253 (-)<br />
254 M: mich ver[STEHT <strong>und</strong> auch<br />
255 D: [mh: mh:,<br />
256 M: .hh (-)<br />
91 Vgl. dazu eine Aussage Domians in einem Interview der Unicum: „Es gibt für mich nichts<br />
schlimmeres als einen Gesprächspartner, der partout nicht zum Punkt kommen will.“<br />
92 Es wird hier auf das Konzept des „face“ nach Brown <strong>und</strong> Levinson (1987) Bezug<br />
genommen. Sie definieren „face“ in Anlehnung an Goffman (1967) als das öffentliche<br />
Selbstbild, das jeder Mensch für sich beanspruchen möchte. Es besteht aus zwei Aspekten:<br />
dem „positive“ <strong>und</strong> „negative“ face, welche gewahrt werden sollen. Diese definieren Brown<br />
<strong>und</strong> Levinson folgenderweise: “Negative face: the want of every ‚competent adult member’<br />
that his actions be unimpeded by others. Positive face: the want of every member that his<br />
wants be desirable to at least some others.” Entsprechend werden sprachliche Handlungen<br />
wie Unterbrechungen als „face-threatening“ bewertet.<br />
93 <strong>Ins</strong>gesamt werden schnelle, unmittelbare Anschlüsse in sieben Fällen des Korpus<br />
verwendet. Vgl. dazu Gespräch (2) Z. 197; (3) Z. 24, 34.; (4) Z. 38; (6) Z. 91, 334.<br />
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