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Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

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vorangegangene Erzählung des Anrufers im Besonderen einzugehen, bereitet der<br />

Moderator in Z. 196 ff. in einem „multi-unit-turn“ seine Handlungsanweisung vor.<br />

Zuvor hatte der Moderator bereits den Beginn einer längeren Erzählung<br />

unterbrochen <strong>und</strong> tut es auch in diesem Fall, da er womöglich ein geringes<br />

Interesse des Publikums vermutet. Der Ratsuchende geht in seinen Erzählansätzen<br />

sehr ins Detail, was für eine Sendung, die auf Verallgemeinerbarkeit aus ist <strong>und</strong><br />

unter Zeitdruck steht, nicht förderlich ist. 88<br />

Die „illegitimen“ Unterbrechungen werden von den Anrufern in keinem Fall des<br />

Korpus sanktioniert. 89 Offenbar ist der Moderator in dieser asymmetrischen<br />

Interaktionsform als Gesprächsleiter anerkannt, dem es frei steht, das Gespräch zu<br />

jedem gegebenen Zeitpunkt zu lenken. Zudem sind <strong>Beratung</strong>sgespräche durch eine<br />

kooperative Gesprächsbasis geprägt, welche durch eine offene Sanktionierung<br />

gefährdet werden könnte. Wie Schweers (1995: 93) in seiner empirischen<br />

Untersuchung herausstellte, kritisierten 17 Prozent der 102 Anrufer, die bei Domian<br />

teilgenommen hatten, vom Moderator unterbrochen worden zu sein. 90 Ob die<br />

Anrufer ihrerseits die Unterbrechungen sanktioniert haben, ist ungewiss. Das<br />

Untersuchungsergebnis gibt aber einen Eindruck davon, dass Ratsuchende die<br />

Unterbrechungen des Moderators als solche wahrnehmen. Das ist sicher auch dann<br />

der Fall, wenn sie diese nicht unmittelbar sanktionieren.<br />

Der Moderator nutzt Unterbrechungen im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In, um auf die thematische<br />

Entwicklung einzuwirken <strong>und</strong> Sprecherbeiträge abzukürzen sowie als Möglichkeit die<br />

Rechten <strong>und</strong> Pflichten im Gespräch zu verstärken. Wenn er den Eindruck hat, dass<br />

ein Anrufer nicht zum Punkt kommt, sich seine Rede im Kreis dreht oder er eine<br />

wichtige Bemerkung oder Frage einschieben will, wählt er sich an einem nicht<br />

87 Dieser Indikator entfällt im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In jedoch, da die Anrufer Unterbrechungen in<br />

keinem Fall des Korpus sanktionieren.<br />

88 Vgl. dazu Knauth (1984: 76). Sie stellt für ihre Untersuchung zu <strong>Beratung</strong>ssendungen im<br />

<strong>Radio</strong> die These auf, dass der Moderator bestrebt ist, das vom Anrufer eingebrachte Thema<br />

zu verallgemeinern, um es für ein breites Publikum interessant zu gestalten.<br />

89 Mit Äußerungen wie: „Ich habe noch nicht zu Ende gesprochen“ oder „Unterbrich mich<br />

doch nicht immer“ etc.<br />

90 Leider wird lediglich dieses Ergebnis konstatiert, doch nicht auf die Art der Unterbrechung<br />

eingegangen oder die Frage gestellt, welche Faktoren dazu beitragen, dass bei den Anrufern<br />

der Eindruck entsteht, unterbrochen worden zu sein.<br />

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