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Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

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Moderator im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In zwei konfligierende kommunikative Ziele zu<br />

verwirklichen sucht. Anstelle von Mehrfachadressierung spricht man in der<br />

Konversationsanalyse von der Realisierung eines doppelten „recipient design“. Das<br />

Konzept des „recipient design“ geht auf Sacks et al. (1974: 727) zurück:<br />

By “recipient design“ we refer to a multitude of respects in which the talk by a party in<br />

the conversation is constructed or designed in ways which display an orientation and<br />

sensitivity to the particular other(s) who are co-participants.<br />

Die Interaktionspartner schneiden demzufolge ihre Äußerungen auf einen speziellen<br />

Empfänger zu, was Wort- <strong>und</strong> Themenwahl, Reihenfolge der Beiträge, die<br />

Gestaltung des Anfangs <strong>und</strong> Schlusses sowie weitere Aspekte des Gespräches<br />

anbelangt (Sacks et al. 1974: 727). Sie kennzeichnen somit ihre Rede, indem sie die<br />

Perspektive <strong>und</strong> Verstehensvoraussetzungen des Anderen berücksichtigen. Die<br />

Verfolgung eines doppelten „recipient design“ bedeutet, dass eine Aussage<br />

gleichzeitig an zwei Adressaten gerichtet ist. Eine Person wird unmittelbar <strong>und</strong> eine<br />

andere mittelbar angesprochen. Dies erfolgt über direkte <strong>und</strong> indirekte Ansprache<br />

über soziale Kategorien oder die Verwendung von Indefinitpronomen (Willmann<br />

1998: 83 ff.). 44 Bei gleichzeitiger Ansprache beider Rezipienten müssen diese als<br />

Mitglieder ein <strong>und</strong> derselben sozialen Kategorie identifiziert werden (Knauth 1984:<br />

73).<br />

Im vorliegenden Fall des <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In ist der Anrufer der unmittelbare <strong>und</strong> das<br />

Publikum der mittelbare Gesprächspartner des Moderators. Eine Kategorisierung der<br />

Interaktionspartner stellt allerdings eine Schwierigkeit dar, da das heterogene <strong>und</strong><br />

fluktuierende Publikum schwer über soziale Kategorien bestimmt werden kann. Auch<br />

Willmann (1998: 85) ermittelt in keinem Fall seines Korpus diese direkte oder<br />

indirekte Ansprache über soziale Kategorien. Beim Moderator gründet sich das<br />

„recipient design“ in Bezug auf das Publikum auf Vermutungen, weshalb er nie<br />

sicher sein kann, dass es auch tatsächlich erfolgreich ist (Knauth 1984: 52). Die<br />

vermuteten Ansprüche der „overhearers“ prägen die Gesprächssituation dennoch<br />

44 Die Realisierung des „recipient design“ mittels Indefinitpronomen wird in Kapitel 5.5.3.<br />

beschrieben.<br />

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