18.12.2012 Aufrufe

Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5.1. Gesprächskonstellation im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In<br />

Bei öffentlich gesendeten <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-<strong>Ins</strong> sind sich die Beteiligten im Klaren<br />

darüber, dass das Gespräch von einem großen Publikum verfolgt wird. Der Rezipient<br />

der Redebeiträge ist somit nicht nur eine Person, sondern eine Vielzahl an<br />

Menschen. Diese so genannte „split audience“ besteht auf der einen Seite aus dem<br />

direkten Gesprächspartner <strong>und</strong> auf der anderen Seite aus anonymen Zuhörern, die<br />

am Gespräch nicht unmittelbar partizipieren können. Obgleich beide Gesprächs-<br />

partner sich dieser Tatsache bewusst sind, orientiert sich meist nur der Moderator<br />

an den so genannten „overhearers“ 42 <strong>und</strong> versucht auf sie einzugehen <strong>und</strong> das<br />

Gespräch für sie unterhaltsam zu gestalten. Dabei wendet er sich an sie, ohne sie in<br />

jedem Fall direkt anzusprechen. Ein Interesse <strong>und</strong> eine Orientierung der Anrufer am<br />

Publikum schließt Knauth (1984: 54) nicht gr<strong>und</strong>sätzlich aus. Schließlich geht es den<br />

Anrufern in einigen Fällen um öffentliche Selbstdarstellung. Allerdings unterscheidet<br />

sich diese Orientierung dahingehend, dass die Anrufer ihr spezifisches Problem <strong>und</strong><br />

ihre Person in den Vordergr<strong>und</strong> rücken, während der Moderator auf Verallgemein-<br />

erung des Falles <strong>und</strong> des <strong>Beratung</strong>sergebnisses aus ist.<br />

In der Forschungsliteratur besteht Konsens darüber, dass für öffentliche <strong>und</strong> medial<br />

vermittelte Gespräche, wie beispielsweise das <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In, die Mehrfach-<br />

adressierung von Äußerungen konstitutiv ist (Kühn 1995: 7; Hartung 2001: 1353). 43<br />

W<strong>und</strong>erlich hat bereits 1972 Äußerungen als mehrfachadressiert beschrieben, „[…]<br />

bei denen zwei oder mehr verschiedene Sprechhandlungen ausgeführt werden,<br />

dadurch daß sich diese Äußerung an verschiedene Adressaten wendet“ (S. 37).<br />

Kühn (1995: 2, 14) klassifiziert mehrfachadressierte Kommunikation als<br />

„Kommunikation mit <strong>und</strong> für mehrere“. Dabei ist eine Äußerung an verschiedene<br />

Adressaten gerichtet, die dieser adressatenspezifische <strong>und</strong> somit polyvalente<br />

Bedeutung zuschreiben können. Mühlen (1985: 86) nennt Kommunikation mehr-<br />

fachgerichtet, wenn in Bezug auf die Ko-Interaktanten verschiedene kommunikative<br />

Ziele verfolgt werden. Dieses entspricht der hier aufgestellten These, dass der<br />

42 Clark <strong>und</strong> Carlson (1982: 343) bestimmen „overhearers“ folgenderweise: „These are the<br />

hearers who are NOT [Hervorhebung im Original] intended by the speaker to ‘take part in’<br />

the illocutionary act […], but who are nevertheless listening in.”<br />

43 Dieckmann (1981: 266) spricht im Hinblick auf die Kommunikation mit mehreren<br />

Adressaten, wie beispielsweise zwei Gruppen von Hörern, von „trialogischer“ Interaktion.<br />

32

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!