Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
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(Uhmann 1989: 132). 34 Beide Interaktionspartner handeln also diese wechselseitige<br />
Relationierung gegenseitig aus (Knauth 1984: 62).<br />
Kategorienspezifische Handlungen für ein Interview sind, dass der „Interviewer“<br />
überwiegend Fragen stellt <strong>und</strong> der „Interviewte“ antwortet (Uhmann 1989: 133).<br />
Heritage <strong>und</strong> Greatbatch (1991: 98) sprechen hier von einer „turn-type pre-<br />
allocation procedure“. 35 Folglich steht in bestimmten institutionellen Gesprächen<br />
schon von vornherein fest, welche Äußerungsformate überwiegend verwendet<br />
werden. So nimmt ein Sprecher im Interview die Rolle des Fragenden ein, während<br />
sein Partner zum Antwortenden wird. In alltäglichen Gesprächen können die Rollen<br />
von Turn zu Turn wechseln. Bei <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-<strong>Ins</strong> sind die Turns im Sinne einer „pre-<br />
allocation“ nicht vorherbestimmt (Hutchby/Wooffitt 1998: 160). Dennoch besitzen<br />
<strong>Phone</strong>-In Gespräche 36 neben Merkmalen von Alltagskonversation auch Merkmale<br />
von institutionellen Gesprächen (Heritage 1985: 100). Gleiches gilt für<br />
<strong>Beratung</strong>sgespräche im <strong>Radio</strong>. Sie nehmen eine Mittelstellung ein <strong>zwischen</strong><br />
Interaktionsformen, in denen die Zuweisung von Äußerungsformaten frei ausge-<br />
handelt wird, <strong>und</strong> jenen, bei denen sie bereits von vornherein weitgehend feststeht<br />
(Fischer 1992: 10).<br />
Im Falle eines <strong>Beratung</strong>sgespräches sind die Identitätskategorien „Ratsuchender“<br />
<strong>und</strong> „Ratgebender“ relevant (Fischer 1992: 9). Für den „Ratsuchenden“ gelten nach<br />
Fischer (1992: 10 ff.) folgende kategorienspezifische Aktivitäten:<br />
1. Die Problemdarstellung, die gleich nach der Gesprächseröffnung artikuliert<br />
wird. Sie kann als Frageform formuliert werden, wird dann aber nicht als<br />
Frage im Sinne eines „first-pair-part“ mit dem konditionell relevanten<br />
„second-pair-part“, der Antwort, interpretiert<br />
2. Lieferung von Zusatz- <strong>und</strong> Detailinformationen, die er in Form von Antworten<br />
auf Präzisierungsfragen des „Ratgebenden“ realisiert<br />
34 Meist sind die Identitätskategorien direkt aufeinander bezogen <strong>und</strong> von vornherein durch<br />
eine bestimmte Beziehung <strong>zwischen</strong> den Beteiligten festgelegt. Es werden beim Kategorisierungsvorgang<br />
also Paare wie „Mutter-Tochter“ <strong>und</strong> nicht etwa „Mutter-Patient“ verwendet<br />
(Knauth 1984: 62). Diese Relation nennt man „membership-categorization device“<br />
(Reitemeier 1994: 232).<br />
35 Sie weisen allerdings darauf hin, dass Atkinson <strong>und</strong> Drew 1979 den Begriff geprägt haben.<br />
36 Gemeint sind <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-<strong>Ins</strong>, in denen das aktuelle politische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Geschehen diskutiert wird, wie etwa bei Hutchby (1991, 1992, 1996).<br />
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