Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
unterbreitet, den der Ratsuchende daraufhin ratifiziert. Schließlich honoriert der Ratsuchende in der Situationsauflösung mit einem Dank die Bemühungen des Beraters, hebt dessen Involviertheit in das Problem auf und signalisiert, dass dieser seine Beraterrolle aufgeben könne. Diese idealtypische Abfolgestruktur wurde auf der Basis authentischer institutioneller Beratungsgespräche entwickelt. Sie stellt ausschließlich beratungsspezifische Muster dar und kann zum Vergleich der Organisation der medial vermittelten Form von Beratungsgesprächen herangezogen werden. Einen weiteren Analysegegenstand stellen Beratungssendungen im Radio dar (Schank 1981; Fischer 1992; Willmann 1996; 1998). Mit Knauth (1984) liegt eine empirische Untersuchung vor, welche die spezifischen medialen Bedingungen der Interaktion zum Ausgangspunkt ihrer Analyse macht. Sie stellt in ihrer Arbeit die These auf, dass die Ansprechpartner im Rundfunk Macht ausüben, 8 da es ihnen gelingt unter Mithilfe der Anrufer ein Interaktionsergebnis sicher zu stellen, welches nicht in deren Interesse liegt. Dies sei das Ziel, eine am Publikum orientierte Rundfunksendung zu gestalten. Dabei untersucht Knauth verschiedene Mechanis- men der Gesprächsorganisation. Sie zeigt anhand von authentischen Beispielen, wie es den Ansprechpartner im Rundfunk gelingt, das Publikum in die Gespräche einzubeziehen, die Sendung interessant zu gestalten und eine erfolgreiche Beratung herzustellen. Dieses ist nach Knauth der Komplex von Teilziele der übergeordneten Aufgabe, eine am Publikum orientierte Sendung zu produzieren. Für diese Arbeit werden wichtige Thesen von Knauth übernommen. Speziell zum Radio-Phone-In Domian sind die Arbeiten von Koster (2000), Huth (1998) und Schweers (1995) zu nennen. Koster (2000: 15) stellt in Anlehnung an Fischer (1992) für die Beratungsgespräche ihres Korpus fünf Phasen heraus. Dies sind die Anmoderation und Begrüßungssequenz, die Erzählung des Anrufers/der Anruferin, die Nachfrage- und Klärungsphase, die Beratungsphase und schließlich die Verabschiedungssequenz. Das primäre Anliegen ihrer Untersuchung ist 8 Knauth lehnt sich bei ihrer Definition von Macht an Giddens (1976) an. Macht wird demnach als die Fähigkeit definiert, Ziele zu erreichen, für deren Realisierung die Handlungen anderer Menschen notwendig sind. 9
allerdings die Analyse der zeitlichen Koordination von Gesprächsbeiträgen, die sie anhand von Erklärungsmodellen evaluiert. Schweers (1995) und Huth (1998) führen aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive empirische Untersuchungen zur Teilnahmemotivation der Anrufer und zum Rezeptionsverhalten des Publikums durch. Dabei widmet Schweers sich der Fragestellung, warum Menschen sich vor einem großen Publikum dem Moderator Domian anvertrauen und wie sie im Nachhineindessen Beratung einschätzen. Dazu befragt er 102 Anruferinnen und Anrufer, die an der Sendung beteiligt waren. Huth untersucht hingegen, weshalb Hörer Domian einschalten und interviewt dazu Studierende bezüglich ihres Rezeptionsverhaltens und ihrer -motive. In den angegebenen Arbeiten ging es nicht primär darum, die einzelnen Gesprächsphasen und Strukturelemente herauszustellen und die interaktiven Mittel zur Lösung der kommunikativen Aufgaben eines Beratungsgespräches zu untersuchen. Zudem wurde für die Sendung Domian bisher nicht beschrieben, welche sprachlichen Handlungen der Interagierenden, insbesondere des Moderators, auf den medialen Charakter der Radio-Phone-In Gespräche verweisen. Diese Aufgabe setzt sich die vorliegende Arbeit. Bei der Analyse von Beratungsgesprächen, so sei noch hinzugefügt, ist die Überbrückung interdiszipli- närer Grenzen wichtig, um alle entscheidenden Merkmale dieses Gesprächstyps zu beleuchten. Im Folgenden werden zwei Vertreter der Konversationsanalyse des linguistischen und des soziologischen Zweiges und ihre Untersuchungen zu Beratungsgesprächen im Radio vorgestellt. Sie bilden die Grundlage für die Erfassung der konstitutiven Strukturelemente von Beratungsgesprächen für die eigene Untersuchung. 3.1. Gerd Schanks linguistischer Ansatz zu Ablaufmustern von Kurzberatungen In seinen Untersuchungen zu Beratungsgesprächen (1978, 1979 a, 1981, Schank/Schoenthal 1983) hat Schank vor allem Kurzberatungen analysiert. Anhand von empirischem Datenmaterial einer Ratgebersendung im Radio überprüft er seine intuitiven Kenntnisse dieses Gesprächsformats. Sein Erkenntnisinteresse ist eine Beschreibung der ganzheitlichen Strukturen von Kurzberatungen, d.h. ihres 10
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allerdings die Analyse der zeitlichen Koordination von Gesprächsbeiträgen, die sie<br />
anhand von Erklärungsmodellen evaluiert. Schweers (1995) <strong>und</strong> Huth (1998) führen<br />
aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive empirische Untersuchungen zur<br />
Teilnahmemotivation der Anrufer <strong>und</strong> zum Rezeptionsverhalten des Publikums<br />
durch. Dabei widmet Schweers sich der Fragestellung, warum Menschen sich vor<br />
einem großen Publikum dem Moderator Domian anvertrauen <strong>und</strong> wie sie im<br />
Nachhineindessen <strong>Beratung</strong> einschätzen. Dazu befragt er 102 Anruferinnen <strong>und</strong><br />
Anrufer, die an der Sendung beteiligt waren. Huth untersucht hingegen, weshalb<br />
Hörer Domian einschalten <strong>und</strong> interviewt dazu Studierende bezüglich ihres<br />
Rezeptionsverhaltens <strong>und</strong> ihrer -motive.<br />
In den angegebenen Arbeiten ging es nicht primär darum, die einzelnen<br />
Gesprächsphasen <strong>und</strong> Strukturelemente herauszustellen <strong>und</strong> die interaktiven Mittel<br />
zur Lösung der kommunikativen Aufgaben eines <strong>Beratung</strong>sgespräches zu<br />
untersuchen. Zudem wurde für die Sendung Domian bisher nicht beschrieben,<br />
welche sprachlichen Handlungen der Interagierenden, insbesondere des<br />
Moderators, auf den medialen Charakter der <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In Gespräche verweisen.<br />
Diese Aufgabe setzt sich die vorliegende Arbeit. Bei der Analyse von<br />
<strong>Beratung</strong>sgesprächen, so sei noch hinzugefügt, ist die Überbrückung interdiszipli-<br />
närer Grenzen wichtig, um alle entscheidenden Merkmale dieses Gesprächstyps zu<br />
beleuchten. Im Folgenden werden zwei Vertreter der Konversationsanalyse des<br />
linguistischen <strong>und</strong> des soziologischen Zweiges <strong>und</strong> ihre Untersuchungen zu<br />
<strong>Beratung</strong>sgesprächen im <strong>Radio</strong> vorgestellt. Sie bilden die Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Erfassung der konstitutiven Strukturelemente von <strong>Beratung</strong>sgesprächen für die<br />
eigene Untersuchung.<br />
3.1. Gerd Schanks linguistischer Ansatz zu Ablaufmustern von<br />
Kurzberatungen<br />
In seinen Untersuchungen zu <strong>Beratung</strong>sgesprächen (1978, 1979 a, 1981,<br />
Schank/Schoenthal 1983) hat Schank vor allem Kurzberatungen analysiert. Anhand<br />
von empirischem Datenmaterial einer Ratgebersendung im <strong>Radio</strong> überprüft er seine<br />
intuitiven Kenntnisse dieses Gesprächsformats. Sein Erkenntnisinteresse ist eine<br />
Beschreibung der ganzheitlichen Strukturen von Kurzberatungen, d.h. ihres<br />
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