Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
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was er mittels Einwänden oder der Annahme oder Ablehnung der Handlungs-<br />
anweisung realisiert.<br />
Der Rahmen, in dem die <strong>Beratung</strong>sgespräche stattfinden, ist eine <strong>Radio</strong>sendung, die<br />
zeitlich restringiert ist <strong>und</strong> nach einem vorgegebenen Schema abläuft. Da der<br />
Moderator als Leiter der Sendung für deren reibungslosen Ablauf verantwortlich ist,<br />
beeinflusst der mediale Kontext seine sprachlichen Handlungen. Beispielsweise hat<br />
er die sendungsstrukturellen Aufgaben zu lösen, wozu die Eröffnung <strong>und</strong><br />
Beendigung der Sendung, die Begrüßung des Publikums <strong>und</strong> die Einführung des<br />
ersten Anrufers zählen. Der Zeitdruck unter dem der Moderator steht <strong>und</strong> seine<br />
Einschätzung, wie interessant <strong>und</strong> verständlich die Beiträge der Anrufer sind, wirken<br />
sich auf seine Gesprächsführung aus. So setzt er verschiedene interaktive Mittel ein,<br />
um das Gespräch in eine von ihm präferierte Richtung zu lenken. Dazu gehören<br />
Fragen, die ein starkes gesprächssteuerndes Potential haben. Der Moderator wählt<br />
damit den Anrufer als nächsten Sprecher <strong>und</strong> verpflichtet ihn zur Äußerung einer<br />
Antwort. Durch thematisch relativ ungeb<strong>und</strong>ene Fragen kann er sich in kurzer Zeit<br />
über wichtige Aspekte des Ratsucherproblems informieren, die später für die<br />
Formulierung einer Handlungsanweisung relevant sind. Darüber hinaus gebraucht<br />
der Moderator Fragen zur Vorbereitung einer Lösungsentwicklung <strong>und</strong> überprüft, ob<br />
der von ihm intendierte Ratschlag Aussicht hat vom Ratsuchenden übernommen zu<br />
werden. Zur Gesprächssteuerung setzt der Moderator außerdem metakommuni-<br />
kative Äußerungen, Unterbrechungen <strong>und</strong> sofortige unmittelbare Anschlüsse ein.<br />
Dadurch erhält er das Rederecht <strong>und</strong> kann Gesprächsbeiträge abkürzen, wie im<br />
Falle der Problemschilderung gezeigt werden konnte. Unmittelbare Anschlüsse<br />
stellen in dieser Hinsicht eine besonders gesichtsschonende <strong>und</strong> effektive Strategie<br />
des Moderators dar. Sie sind im Gegensatz zu Unterbrechungen ein unauffälliger<br />
Eingriff in das Rederecht des Anrufers <strong>und</strong> in jedem Fall des Korpus ein<br />
erfolgreiches Mittel, um sich das Rederecht zu sichern. In der Untersuchung ist<br />
deutlich geworden, dass der Moderator die Kontrollkompetenz innehat, d.h. die<br />
Gesprächsführung im <strong>Radio</strong>-<strong>Phone</strong>-In übernimmt <strong>und</strong> sich die Anrufer an dieser<br />
asymmetrischen Rollenverteilung orientieren. Sie beeinflussen den Gang des<br />
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Abgesehen von Gespräch (9), in dem der Anrufer an die Psychologin der Sendung<br />
weitergeleitet wird.<br />
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