ZAP-2019-23
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Anwaltsmagazin<br />
<strong>ZAP</strong><br />
Unternehmen, die ganze Straßenzüge kaufen würden,<br />
aber nicht. Für eine Absenkung auf 75 %<br />
plädierte auch Prof. RAINER WERNSMANN (Universität<br />
Passau). Die Absenkung der Beteiligungsschwelle<br />
auf 90 % in Kombination mit der Verlängerung der<br />
Haltefrist auf zehn Jahre erscheine „unzureichend zur<br />
Verhinderung von Steuerumgehungen“.<br />
Prof. ULRICH HUFELD (Helmut-Schmidt-Universität<br />
Hamburg) sagte, Umgehungsgestaltungen würden<br />
zwar unattraktiver, doch würden sie bis zur Grenze<br />
von 89,9 % attraktiv bleiben. Eine weitere Senkung<br />
der Grenze sah er kritisch. Die Zehnjahresfrist<br />
bezeichnete er als möglicherweise verfassungswidrig.<br />
Nach Ansicht des Instituts Finanzen und<br />
Steuern kann bei großen Immobilientransaktionen<br />
gestalterisch die Grunderwerbsteuer umgangen<br />
werden, während andererseits jedoch zahlreiche<br />
Share Deals besteuert würden, bei denen eine<br />
grunderwerbsteuerbezogene Umgehungsabsicht<br />
fern liege. „Der vorliegende Gesetzentwurf verschärft<br />
diese Situation“, so der Vertreter des Instituts. Prof.<br />
HERIBERT ANZINGER von der Universität Ulm erwartet<br />
sogar, dass mit dem Gesetzentwurf neue Steuergestaltungen<br />
z.B. über Stiftungen abgesichert<br />
werden könnten. Die von der Regierung geplanten<br />
Maßnahmen erscheinen ihm wenig geeignet, um<br />
das Ziel des Gesetzentwurfs zu erreichen.<br />
Unter Berufung auf Praxis und Wissenschaft stellte<br />
der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), die<br />
Spitzenorganisation der Immobilienwirtschaft in<br />
Deutschland, fest, dass die Regelungen „untauglich<br />
und weitgehend nicht erfüllbar“ seien. Es würden<br />
Konzernumstrukturierungen erschwert, und bei<br />
Unternehmen sowie bei der Finanzverwaltung<br />
werde es einen immensen Verwaltungsmehraufwand<br />
geben. „Die drohende zusätzliche grunderwerbsteuerliche<br />
Belastung, die sich beispielsweise auch im<br />
Rahmen der Projektentwicklung auswirkt, würde ferner<br />
kontraproduktiv bei dem Bemühen wirken, mehr Wohnraum<br />
zu schaffen und die Kosten der Nutzer zu senken.<br />
Denn die das Grundstück doppelt belastende Grunderwerbsteuer<br />
wird am Ende vom Erwerber zu tragen sein,<br />
der sie an den Nutzer weiter belastet“, stellte der ZIA in<br />
seiner Stellungnahme fest. [Quelle: Bundestag]<br />
Anwaltsverbände kritisieren geplante<br />
Änderungen im Inkassorecht<br />
Die Bundesregierung plant, die aus ihrer Sicht zu<br />
hohen Inkassokosten zu senken sowie die Ausnutzung<br />
mangelnder Rechtskenntnisse der Schuldner<br />
zu unterbinden. Dazu soll eine Reihe von gesetzgeberischen<br />
Maßnahmen ergriffen werden, die<br />
auch Rechtsanwälte zentral betreffen (s. bereits<br />
<strong>ZAP</strong>-Anwaltsmagazin 19/<strong>2019</strong>, S. 991 ff.). Vorgesehen<br />
ist u.a., die nach dem RVG zu berechnenden<br />
Gebühren für die außergerichtliche Inkassotätigkeit<br />
drastisch – nämlich um nahezu 50 % – zu<br />
senken, und zwar auch im Mandatsverhältnis<br />
zwischen Rechtsanwalt und Gläubiger. Gleichzeitig<br />
sollen neue und sehr weitgehende Aufklärungsund<br />
Hinweispflichten eingeführt werden, die einen<br />
erheblichen zusätzlichen Aufwand für die Rechtsanwälte<br />
darstellen dürften.<br />
Zu diesem Gesetzentwurf haben jetzt die Bundesrechtsanwaltskammer<br />
(BRAK) und der Deutsche<br />
Anwaltverein (DAV) ihre offiziellen Stellungnahmen<br />
abgegeben, in denen sie teils scharfe Kritik an<br />
den geplanten Neuregelungen üben. So erkennt<br />
etwa die BRAK an, dass es i.R.d. Berechnung von<br />
Inkassokosten in der Vergangenheit zu Missbrauchsfällen<br />
gekommen ist. Diese würden jedoch,<br />
soweit sie bekannt werden und Rechtsanwälte<br />
betreffen, auf der Grundlage der bestehenden<br />
Gesetze bereits umfassend zivil- und strafrechtlich<br />
sanktioniert. Auch das im Gesetzentwurf aufgeführte<br />
Argument, die Gerichte müssten vor<br />
Verfahren, in denen es um die Überprüfung von<br />
Inkassokosten geht, bewahrt werden, könne nicht<br />
als Rechtfertigung dafür dienen, die für Inkassotätigkeiten<br />
abrechenbare Vergütung drastisch und<br />
generell zu reduzieren – und das in Zeiten, in denen<br />
durch steigende Personal- und Raumkosten die<br />
Kostenbelastung der Rechtsanwälte permanent<br />
steige und die letzte Anpassung der anwaltlichen<br />
Gebühren mehr als sechs Jahre zurückliege.<br />
Kritisiert wird von der BRAK insb., dass der Gesetzentwurf<br />
nicht zwischen Inkassoleistungen durch<br />
Rechtsanwälte einerseits und durch Inkassounternehmen<br />
andererseits differenziere. Der „redliche“<br />
Rechtsanwalt, der in einer überschaubaren<br />
Anzahl Forderungseinzug betreibe und jede Forderung<br />
separat einer Prüfung unterziehe, werde<br />
abgestraft, obwohl es vornehmlich die Inkassounternehmen<br />
seien, bei denen die vom Gesetzgeber<br />
ausgeführten Missstände auftreten. Es fehle darüber<br />
hinaus an belastbarem Zahlenmaterial, das die<br />
vermeintlich unangemessene Abrechnungspraxis<br />
bei anwaltlichem Inkasso belege.<br />
Die geplanten erweiterten Aufklärungspflichten<br />
für Rechtsanwälte werden besonders vom DAV<br />
heftig kritisiert. Es sei verfehlt, dass nicht der<br />
Gläubiger zur Aufklärung des Verbrauchers ver-<br />
1214 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong>