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ZAP-2019-23

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Fach 17 R, Seite 982<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

Arbeitsrecht<br />

hatte offene Lohnansprüche für die Monate November 2014 bis Januar 2015. Es kam in Betracht, dass<br />

zum 12.12.2014 ein Betriebsübergang nach § 613a BGB eingetreten war. Die Agentur für Arbeit hatte<br />

im Hinblick darauf Insolvenzgeld nur bis zum 11.12.2014 gezahlt. Das LSG hatte unter Abänderung der<br />

erstinstanzlichen Entscheidung der Klägerin Insolvenzgeld bis einschließlich Ende Januar 2015<br />

zugesprochen. Es ließ offen, ob tatsächlich ein Betriebsübergang vorliege. Es widerspreche dem Zweck<br />

des Insolvenzgeldes, wenn Arbeitnehmer nach einer durch ein gesetzliches Insolvenzereignis eingetretenen<br />

Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auf das Ergebnis des Insolvenzverfahrens bzw. die<br />

Geltendmachung von ausstehenden Arbeitsentgeltansprüchen gegen Dritte verwiesen würden.<br />

Das BSG folgt dem nicht, hob das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten<br />

Verhandlung und Entscheidung zurück (BSG, Urt. v. 26.2.<strong>2019</strong> – B 11 AL 3/18 R).<br />

Der Ausgleich von Ansprüchen auf rückständiges Arbeitsentgelt durch Insg i.S.d. § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III<br />

erfolgt, so das BSG, nur für solche arbeitsrechtlichen Ansprüche, die in den Insolvenzgeldzeitraum<br />

fallen. Gesichert wird nicht jegliches ausgefallenes Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit einer<br />

Insolvenz, sondern nur arbeitsrechtliche Ansprüche der Arbeitnehmer gegen konkrete Arbeitgeber,<br />

die wiederum von einem der in § 165 Abs. 1 S. 2 SGB III bezeichneten Insolvenzereignisse betroffen sein<br />

müssen. Im Falle eines Betriebsübergangs vor dem Insolvenzereignis endet der Insolvenzgeldzeitraum<br />

trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers mit der Betriebsübernahme<br />

durch den neuen Erwerber. Wegen eines Insolvenzereignisses bei dem (bisherigen) Arbeitgeber steht<br />

Insg nur bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zu. Dies folgt aus § 613a BGB. Geht ein Betrieb oder<br />

Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613a Abs. 1 S. 1<br />

BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen<br />

ein (gesetzliche Rechtsfolge des Betriebsübergangs). Nur für Verpflichtungen, die vor dem<br />

Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind, haften bisheriger Arbeitgeber und neuer Inhaber als<br />

Gesamtschuldner (§ 613a Abs. 2 BGB).<br />

Hinweis:<br />

In dem Fall gesamtschuldnerischer Haftung besteht, wie das BSG früher entschieden hat, ein Insolvenzgeld-<br />

Anspruch: Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Anspruch auf Insg nicht oder erst entsteht, wenn auch<br />

der Dritte zahlungsunfähig geworden ist (s. BSG, Urt. v. 2.11.2000 – B 11 AL <strong>23</strong>/00 R). Bei einer solchen<br />

Fallgestaltung – die hier jedoch nicht vorliegt – wäre demnach die Frage des Eintritts eines Betriebsübergangs<br />

unerheblich.<br />

Demnach besteht für den Fall, dass ein Betriebsübergang am 12.12.2014 eingetreten sein sollte, ab<br />

diesem Zeitpunkt kein Anspruch der Klägerin auf Arbeitsentgelt gegen den früheren Arbeitgeber und<br />

demnach auch kein Anspruch auf Insolvenzgeld.<br />

Das LSG durfte demnach nicht offen lassen, ob vorliegend ein i.S.v. § 613a BGB erfolgt ist. Dies wird im<br />

neu eröffneten Berufungsverfahren zu klären sein. Das BSG entscheidet ferner, dass dann, wenn sich<br />

nach Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nicht feststellen lässt, ob ein<br />

Betriebsübergang stattgefunden hat, die Beklagte hierfür die objektive Beweislast (Feststellungslast)<br />

trägt. Insofern verweist das BSG auf seine st. Rspr. (s. etwa BSG, Urt. v. 14.10.2014 – B 1 KR 27/13 R, Rn 18<br />

m.w.N.), wonach die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zulasten des Beteiligten geht, der aus<br />

ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Nach diesen Grundsätzen trägt die Beklagte die objektive<br />

Beweislast für das Vorliegen eines Betriebsübergangs im Insolvenzgeldzeitraum, da dies zu einer für die<br />

Arbeitsverwaltung vorteilhaften Kürzung der Insolvenzgeldzahlung führen kann.<br />

1260 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong>

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