ZAP-2019-23
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Arbeitsrecht Fach 17 R, Seite 981<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />
onsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde liegt, so dass schwerbehinderte GmbH-Geschäftsführer<br />
insoweit schutzlos sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.10.2012 – 6 U 47/12, GmbHR 2012, 1347 m. Anm.<br />
BRÖTZMANN).<br />
4. Der EuGH hält die Versagung des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Beamte unter<br />
Hinweis auf Art. 27 der Behindertenrechtskonvention (BRK) für eine unionswidrige Ungleichbehandlung<br />
(EuGH, Urt. v. 9.3.2017 – C-406/15). Soweit aber Art. 27 BRK unmittelbar geltendes Unionsrecht darstellt,<br />
stellt sich die Frage, ob es sachlich gerechtfertigt, ist, GmbH-Geschäftsführern diesen Schutz zu<br />
versagen?<br />
5. Der BGH (Urt. v. 26.3.<strong>2019</strong> – II ZR 244/17, DB <strong>2019</strong>, 1138) hat für einen Fall verbotener Altersdiskriminierung<br />
entschieden, dass Fremdgeschäftsführer einer GmbH, die nicht unter das KSchG fallen, Arbeitnehmer i.S.v.<br />
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG sind (noch offen gelassen: BGH, Urt. v. <strong>23</strong>.4.2012 – II ZR 163/10, GmbHR 2012, 845 m.<br />
Anm. BRÖTZMANN). Der BGH folgt der durch „Danosa“ (EuGH, Urt. v. 11.11.2010 – C-<strong>23</strong>2/09, ArbRB 2010, 358)<br />
und „Balkaya“ (EuGH, Urt. v. 9.7.2015 – C-229/14, ZIP 2015, 1555 Rn 38) angestoßenen Entwicklung und hält<br />
GmbH-Geschäftsführer bei Zugrundelegung des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs für Arbeitnehmer.<br />
Liegt einer Norm der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde, steht der jeweilige durch das<br />
Gesetz vermittelte Schutz auch GmbH-Geschäftsführern zu. Findet der nationale Arbeitnehmerbegriff<br />
Anwendung, sind GmbH-Geschäftsführer regelmäßig weder Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche<br />
Personen (BAG, Beschl. v. 21.1.<strong>2019</strong> – 9 AZB <strong>23</strong>/18, ZAT <strong>2019</strong>, 58 m. Anm.). Der BGH stellt aber auch klar,<br />
dass die unmittelbare Anwendung des § 6 Abs. 3 AGG deshalb scheitert, weil nach deutschem Recht keine<br />
Auslegung gegen den Wortlaut und den Willen des Gesetzgebers zulässig ist. Auch eine unionsrechtskonforme<br />
Auslegung dürfe nicht zu einer Auslegung contra legem nach nationalem Recht führen. Die<br />
Entscheidung des OLG Hamm zur Rechtfertigung ist mit Spannung zu erwarten: Der Zweite Senat gab<br />
den Hinweis, betriebs- und unternehmensbezogene Interessen könnten eine Ungleichbehandlung wegen<br />
des Alters jedenfalls insoweit rechtfertigen, wie sie sich als Teil eines sozialpolitischen (Gesamt-)Ziels<br />
darstellten. Wollte der Senat damit andeuten, dass Organe zwar Arbeitnehmer im unionsrechtlichen<br />
Sinne seien, aber bzgl. des Alters doch anders behandelt werden sollten?<br />
V. Sozialrecht<br />
Ende des Insolvenzgeldzeitraums bei Betriebsübergang<br />
Nach § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld,<br />
wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen<br />
3 Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt<br />
nach § 165 Abs. 1 S. 2 SGB III:<br />
• die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Nr. 1),<br />
• die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Nr. 2) oder<br />
• die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels<br />
Masse nicht in Betracht kommt (Nr. 3).<br />
Hinweis:<br />
Insg ist innerhalb der (materiellrechtlichen) Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III von zwei Monaten<br />
nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Die Frist verlängert sich bei unverschuldeter Fristversäumnis<br />
um weitere zwei Monate nach Wegfall des Hinderungsgrundes (§ 324 Abs. 3 S. 2 SGB III – spezialgesetzliche<br />
Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X). Den maßgeblichen<br />
Sorgfaltsmaßstab regelt § 324 Abs. 3 S. 3 SGB III.<br />
Vorliegend hatte das zuständige Amtsgericht am 30.7.2015 Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin – das Arbeitsverhältnis<br />
bestand bis zum 31.1.2015 – abgelehnt (Insolvenzereignis nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III). Die Klägerin<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong> 1259