ZAP-2019-23
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Fach 17 R, Seite 978<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />
Arbeitsrecht<br />
nicht zu einer Unanwendbarkeit von § 41 S. 3 SGB VI. Hinsichtlich des früheren Schreibens der<br />
Schulleiterin vom 3.2.2015 folgt das BAG der Auffassung des LAG, diese Erklärung sei gar nicht auf eine<br />
Inhaltsänderung des Arbeitsvertrags gerichtet, sondern auf eine einseitige Anordnung von Mehrarbeit.<br />
Hinweise:<br />
1. Der Siebte Senat des BAG hat erstmalig zu § 41 S. 3 SGB VI entschieden. Die Entscheidung schafft<br />
Klarheit. § 41 S. 3 SGB VI ist wirksam und ermöglicht ein einfaches Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts.<br />
Die dagegen erhobenen Bedenken sind sowohl unionsrechtlich als auch verfassungsrechtlich<br />
höchstrichterlich ausgeräumt.<br />
2. Im Arbeitgebermandat bleibt Vorsicht geboten. Das BAG hat offen gelassen, ob – wie bei Verlängerung<br />
einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG (vgl. dazu BAG, Urt. v. 21.3.2018 – 7 AZR 428/<br />
16, Rn 37, NZA 2018, 999; Urt. v. 16.1.2008 – 7 AZR 603/06, Rn 7, NZA 2008, 701; Urt. v. <strong>23</strong>.8.2006 – 7 AZR<br />
12/06, Rn 15, NZA 2007, 204) – das Tatbestandsmerkmal des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunkts<br />
voraussetzt, dass nur der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses unter Beibehaltung<br />
der übrigen Vertragsbedingungen geändert wird. Bei Annahme eines solchen Verständnisses könnte<br />
eine Befristung dann nicht auf § 41 S. 3 SGB X gestützt werden, wenn im Zusammenhang mit der Vereinbarung<br />
über das Hinausschieben des Beendigungstermins weitere Arbeitsbedingungen geändert<br />
wurden. Hingegen stünde eine einvernehmliche Änderung sonstiger Arbeitsbedingungen, die weder<br />
gleichzeitig noch im zeitlichen Zusammenhang mit der Vereinbarung über das Hinausschieben des<br />
Beendigungszeitpunkts erfolgt ist, einer Befristung nach § 41 S. 3 SGB VI nicht entgegen.<br />
3. Grenzen einer tarifvertraglichen Höchstdauer für sachgrundlose Befristung<br />
Nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG kann durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen oder die<br />
Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 der Vorschrift festgelegt werden. Letztere<br />
bestimmt, dass die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen<br />
Grundes nur bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig ist; bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens<br />
dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig.<br />
Das BAG hat am 17.4.<strong>2019</strong> (7 AZR 410/17) entschieden, dass die in § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG eröffnete<br />
Möglichkeit nicht völlig unbegrenzt gilt. Es bestätigt seine frühere Rechtsprechung (etwa BAG NZA<br />
2018, 999), dass durch Tarifvertrag in diesem Zusammenhang nur geregelt werden kann, eine<br />
sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags bis zur Dauer von 6 Monaten vorzusehen und bis zu<br />
dieser Gesamtdauer die bis zu neunmalige Verlängerung zuzulassen. Im konkreten Fall enthielt der<br />
Tarifvertrag eine Regelung, wonach der Arbeitsvertrag bis zur Gesamtdauer von 7 Jahren ohne Vorliegen<br />
eines sachlichen Grundes befristet werden kann. Diese Bestimmung ist demnach unwirksam. Zur<br />
Begründung seiner Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG verweist das Gericht auf den systematischen<br />
Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck des TzBfG sowie auf unions- und verfassungsrechtliche<br />
Vorgaben. Die Revision der Beklagten gegen das der Befristungskontrollklage stattgebende Berufungsurteil<br />
blieb somit erfolglos.<br />
IV.<br />
Prozessrecht<br />
1. Feststellungsinteresse bei einer Feststellungsklage bzw. Zwischenfeststellungsklage<br />
Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten als vergütungspflichtige<br />
Arbeitszeit. Der Kläger hat zunächst für zwei konkret bezeichnete Tage die Bezahlung der<br />
von ihm aufgewendeten Umkleide- und Ruhezeiten einschließlich der dabei angefallenen Wegezeiten,<br />
ersatzweise deren Zeitgutschrift, beantragt. Daneben hat er die auf die Zukunft gerichtete Feststellung<br />
begehrt, dass die Umkleide- und Ruhezeiten einschließlich der dabei veranlassten Wegezeiten als<br />
Arbeitszeit zu berücksichtigen seien. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien bestehen u.a.<br />
darüber, welche Tätigkeiten i.R.d. Annahme, Abgabe und Bereitstellung von Arbeitsmitteln anfallen<br />
und ob dies täglich der Fall ist; Streit besteht ferner hinsichtlich der Frage, wieviel Zeit der Kläger für die<br />
einzelnen Tätigkeiten aufwendet.<br />
1256 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong>