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ZAP-2019-23

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Arbeitsrecht Fach 17 R, Seite 977<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

Abschließend führt das Gericht aus, ein Arbeitgeber, der im Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats<br />

eine sachgrundlose Befristung mit einem Arbeitnehmer vereinbart hat, der bereits länger als 3 Jahre<br />

zuvor bei ihm beschäftigt war, könne sich nicht auf ein rechtlich schützenswertes Vertrauen in die<br />

Senatsrechtsprechung berufen. Höchstrichterliche Rechtsprechung sei kein Gesetzesrecht und erzeuge<br />

gerade keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Ferner sei die bisherige Rechtsprechung des Senats<br />

häufig kritisiert worden (s. etwa LAG Düsseldorf, Urt. v. 4.5.2018 – 6 Sa 64/18).<br />

Hinweise:<br />

1. Der Kläger des Verfahrens 7 AZR 13/17 war bereits früher für fast neun Monate beim beklagten<br />

Automobilhersteller als Montierer angestellt. Knapp 5,5 Jahre nach dem Ende des ersten Arbeitsverhältnisses<br />

wurde er erneut befristet eingestellt, wiederum als Montierer. Das Verfahren 7 AZR 161/15<br />

betraf einen Kläger, der früher 2 Jahre befristet beschäftigt gewesen war. 14,5 Monate später wurde<br />

er zunächst als Leiharbeitnehmer wieder eingesetzt, ca. 3,5 Jahre nach dem Ende des ersten Arbeitsvertrags<br />

schlossen die Parteien erneut einen befristeten Arbeitsvertrag, wonach dieselben Tätigkeiten<br />

wie bei der Vorbeschäftigung geschuldet waren. Auch diesen beiden Entfristungsklagen gab das BAG<br />

statt, ebenso wie in den Verfahren 7 AZR 409/16 (Vorbeschäftigungszeit 8 Jahre) und 7 AZR 3<strong>23</strong>/17; dort<br />

lag das vorangegangene Arbeitsverhältnis sogar 15 Jahre zurück.<br />

2. Das BAG hat mit diesen Urteilen insofern Klarheit geschaffen, als es die frühere Rechtsprechung zur<br />

Einschränkung der Zuvor-Beschäftigung aufgegeben und entschieden hat, dass ein Zeitraum von bis zu<br />

8 Jahren zwischen den Beschäftigungen nicht ausreicht, um das gesetzliche Verbot auszuhebeln und<br />

dass Vertrauensschutz nicht besteht. Offen bleibt, nach welchem Zeitraum man von „sehr langer Zeit“<br />

zwischen den Beschäftigungen ausgehen kann und welche weiteren, bisher unbenannten Gesichtspunkte<br />

eine befristete Neueinstellung rechtfertigen können. Das wird die Rechtsprechung noch zu<br />

klären haben. Am 21.8.<strong>2019</strong> hat nunmehr das BAG entschieden, dass jedenfalls eine Vorbeschäftigung,<br />

die 22 Jahre zurückliegt, das Verbot der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht<br />

rechtfertigt, da besondere Umstände, die ein anderes Ergebnis bedingen könnten, nicht bestehen<br />

(7 AZR 452/17).<br />

2. Altersgrenze – Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts<br />

Die Parteien des Rechtsstreits (BAG, Urt. v. 19.12.2018 – 7 AZR 70/17, NZA <strong>2019</strong>, 5<strong>23</strong>, s. hierzu ARNOLD/ZEH,<br />

NZA <strong>2019</strong>, 1017) hatten vereinbart, dass ihr Arbeitsverhältnis (der Kläger war bei dem beklagten Land als<br />

Lehrer beschäftigt) endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Schulhalbjahres (31.1.<br />

bzw. 31.7.), in dem die Lehrkraft das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersgrenze<br />

vollendet hat. Mit Änderungsvertrag vom 20.1.2015 vereinbarten sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

abweichend von der vorstehenden Regelung erst mit Ablauf des 31.7.2015. Durch Schreiben vom<br />

3.2.2015 ordnete die Schulleiterin gegenüber dem Kläger für die Zeit vom 1.2. bis 2015 bis einschließlich<br />

31.7.2015 jederzeit widerruflich über die vertraglich festgelegte Regelstundenzahl i.H.v. <strong>23</strong> Wochenstunden<br />

hinaus insgesamt 4 weitere Unterrichtsstunden an. Ferner erklärte die Schulleiterin mit<br />

Schreiben vom 4.3.2015, sie erhöhe die Teilzeitbeschäftigung von <strong>23</strong> Wochenstunden auf eine volle Stelle<br />

mit 25,5 Wochenstunden für den Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 31.7.2015. Damit sei das Schreiben vom<br />

3.2.2015 gegenstandslos.<br />

Die Klage, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.7.2015<br />

geltend gemacht hat, blieb in allen Instanzen erfolglos.<br />

Nach § 41 S. 3 SGB VI können die Arbeitsvertragsparteien, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vereinbart haben, den Beendigungszeitpunkt durch<br />

Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses, ggf. auch mehrfach, hinausschieben. Eines Sachgrunds<br />

nach § 14 Abs. 1 TzBfG bedarf es insoweit nicht. Eine derartige weitere Vereinbarung unterliegt nicht der<br />

Befristungskontrolle. Sie enthält keine neue, die bereits bestandene Befristungsabrede ablösende<br />

Befristung, die ihrerseits auf ihre Wirksamkeit überprüft werden könnte. Demnach führte eine etwaige<br />

einvernehmliche Änderung der Arbeitszeit auf Grundlage des Schreibens der Schulleiterin vom 4.3.2015<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong> 1255

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