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ZAP-2019-23

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Fach 17 R, Seite 972<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

Arbeitsrecht<br />

Urt. v. 6.11.2018 – C-569/16 und C-570/16, NZA 2018, 1467) reagiert und entschieden, bei richtlinienkonformer<br />

Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG stehe den Erben eines im laufenden Arbeitsverhältnis<br />

verstorbenen Arbeitnehmers ein Anspruch auf Abgeltung des vom Erblasser nicht genommenen Urlaubs<br />

zu. Vererbbar sind auch Ansprüche auf (tarif-)vertraglichen Mehrurlaubsanspruch sowie auf den<br />

Zusatzurlaub schwerbehinderter Menschen nach § 208 Abs. 1 S. 1 SGB IX. Hinsichtlich des Mehrurlaubs<br />

gelten die gleichen Grundsätze wie oben unter a) Hinweis Nr. 4 ausgeführt.<br />

Vererbt wird der Abgeltungsanspruch so, wie er in der Person des Erblassers entstanden wäre. Er<br />

unterliegt tariflichen bzw. individualvertraglichen Ausschlussfristen (BAG, Urt. v. 22.1.<strong>2019</strong> – 9 AZR<br />

149/17, NZA <strong>2019</strong>, 985). Der Erbe hatte, im konkreten Fall, die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 S 1<br />

TVöD zu beachten, obwohl er nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stand und selbst nicht<br />

tarifgebunden war. Dies folgt aus dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB; vgl. BAG,<br />

a.a.O. Rn 34).<br />

c) Kürzung des Urlaubsanspruchs wegen Zeiten von Nichtarbeit<br />

In Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (NZA 2018, 13<strong>23</strong>) betrachtet das BAG die Bestimmung in<br />

§ 17 Abs. 1 S. 1 BEEG, wonach Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der den Arbeitnehmern für das<br />

Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1 / 12<br />

kürzen können, als europarechtskonform.<br />

Der Urlaub, der nach dieser Vorschrift gekürzt werden kann, verfällt während der<br />

Elternzeit nicht gem. § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übergangszeitraums<br />

(BAG, Urt. v. 19.3.<strong>2019</strong> – 9 AZR 495/17, NZA <strong>2019</strong>, 1136, ZAT <strong>2019</strong>, 133, 135 m. Anm.; BAG, Urt.<br />

v. 19.3.<strong>2019</strong> – 9 AZR 362/18, ZAT <strong>2019</strong>, 128, 132 m. Anm.). Das BAG entscheidet aber auch, dass das<br />

Kürzungsrecht nur im bestehenden Arbeitsverhältnis durch Abgabe einer (empfangsbedürftigen)<br />

rechtsgeschäftlichen Erklärung ausgeübt werden kann, also nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.<br />

Das Kürzungsrecht erstreckt sich demnach nicht auf einen Abgeltungsanspruch nach<br />

§ 7 Abs. 4 BUrlG. Kürzungsbefugnis besteht während und nach dem Ende der Elternzeit, nicht jedoch<br />

vor der Erklärung des Arbeitnehmers, Elternzeit in Anspruch zu nehmen.<br />

Entgegen früherer Rechtsprechung gestattet es das BAG Arbeitgebern nunmehr, unbezahlte Auszeiten<br />

(Sonderurlaub) bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen (Urt. v. 19.2.<strong>2019</strong> –<br />

9 AZR 4<strong>23</strong>/16). Eine Kürzung des Urlaubs kommt aber dann nicht in Betracht, wenn ein ruhendes<br />

Arbeitsverhältnis darauf zurückzuführen ist, dass Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht<br />

in der Lage sind, ihre Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu erfüllen (vgl. BAG, Urt. v. 22.1.<strong>2019</strong> – 9 AZR<br />

10/17, NZA <strong>2019</strong>, 832 Rn 28).<br />

Hinweise:<br />

Das BAG geht nun von dem Grundsatz aus, dass Erholungsurlaub zweierlei voraussetzt:<br />

• Ein bestehendes Arbeitsverhältnis und<br />

• tatsächliche Arbeitsleistung.<br />

Der tatsächlichen Arbeitsleistung stehen jedoch – wie sich aus dem Übereinkommen Nr. 132 der ILO über<br />

bezahlten Jahresurlaub vom 24.6.1970, Art. 5 Ziff. 4 ergibt – drei Fälle gleich. Danach sind Arbeitsversäumnisse<br />

aus Gründen, die unabhängig vom Willen des beteiligten Arbeitnehmers bestehen, wie beispielsweise:<br />

• Krankheit,<br />

• Unfall oder<br />

• Mutterschaft, als Dienstzeit anzurechnen, d.h. der tatsächlichen Arbeitsleistung gleichzustellen.<br />

Im Übrigen wendet das BAG den Proportionalitätsgrundsatz des § 3 BUrlG an, nach dem der Urlaubsanspruch<br />

im Verhältnis der Arbeitszeit umzurechnen ist (vgl. BAG, Urt. v. 21.5.<strong>2019</strong> – 9 AZR 259/18, BB <strong>2019</strong>,<br />

2291 [LS], Volltext s. https://juris.bundesarbeitsgericht.de/zweitesformat/bag/<strong>2019</strong>/<strong>2019</strong>-09-13/9_AZR_259-18.pdf).<br />

Die Umrechnung führe bei einer Änderung im laufenden Urlaubsjahr zu einer Neuberechnung der<br />

Urlaubsansprüche, ggf. nach Zeitanteilen, weshalb keine erworbenen Ansprüche entzogen, sondern zu<br />

erwerbende Ansprüche konkretisiert würden.<br />

1250 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong>

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