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ZAP-2019-23

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Fach 17 R, Seite 968<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

Arbeitsrecht<br />

der Erfüllung der Beschäftigungsquote. Das BAG (Urt. v. 21.2.2013 – 8 AZR 180/12, Rn 44 – juris) hat für<br />

den Fall, in dem ein Arbeitgeber die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX a.F. erfüllt und deshalb<br />

nicht verpflichtet ist, das Erörterungsverfahren gem. § 81 Abs. 1 S. 8 SGB IX a.F. durchzuführen, entschieden:<br />

Der Arbeitgeber sei dann nicht verpflichtet eine Unterrichtung gem. § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX<br />

a.F. (§ 164 Abs. 1 S. 9 SGB IX [2018]) durchzuführen, weil: (1) Satz 9 von der „getroffenen Entscheidung“<br />

spricht und (2) es andererseits systematisch unstimmig wäre, unabhängig vom Anhörungsverfahren<br />

eine Unterrichtungspflicht zu verlangen. Dasselbe gilt für den Fall, dass das Anhörungsverfahren<br />

mangels Existenz von Vertretungen, mit denen ein Anhörungsverfahren durchgeführt werden kann,<br />

nicht erfolgt.<br />

3. § 71 Abs. 3 SGB IX a.F. enthält eine Legaldefinition der „öffentlichen Arbeitgeber“ im Sinne der Norm.<br />

Es liegt eine abschließende Aufzählung vor.<br />

4. Schadenersatz eines/einer schwerbehinderten Beschäftigten wegen Ablehnung einer stufenweisen<br />

Wiedereingliederung i.R.d. BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX a.F.<br />

Der Achte Senat des BAG (Urt. v. 16.5.<strong>2019</strong> – 8 AZR 530/17, NZA <strong>2019</strong>, 1348) hat erstmalig zur Frage,<br />

ob die Ablehnung einer stufenweisen Widereingliederung i.R.d. BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX a.F., jetzt<br />

§ 167 SGB IX, einen Schadenersatzanspruch auslöst, entschieden.<br />

Der schwerbehinderte Kläger ist bei der beklagten Stadt als Technischer Angestellter beschäftigt. Von<br />

August 2014 bis einschließlich 6.3.2016 war er arbeitsunfähig erkrankt. Am 12.9.2015 fand eine<br />

betriebsärztliche Untersuchung des Klägers statt, die eine stufenweise Wiedereingliederung zur<br />

vorsichtigen Heranführung an die Arbeitsfähigkeit mit bestimmten Einschränkungen in der Tätigkeit<br />

befürwortete. Unter Vorlage des Wiedereingliederungsplans seines behandelnden Arztes vom<br />

28.10.2015 beantragte der Kläger bei der beklagten Stadt die stufenweise Wiedereingliederung in das<br />

Erwerbsleben im Zeitraum vom 16.11.2015 bis zum 15.1.2016. Der Wiedereingliederungsplan des<br />

behandelnden Arztes sah keine Einschränkungen in der Tätigkeit vor. Als absehbaren Zeitpunkt der<br />

Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit gab der behandelnde Arzt den 18.1.2016 an.<br />

Die beklagte Stadt lehnte diesen Wiedereingliederungsplan am 5.11.2015 mit der Begründung ab, dass ein<br />

Einsatz des Klägers im bisherigen Aufgabengebiet/Tätigkeitsbereich wegen der in der betriebsärztlichen<br />

Beurteilung aufgeführten Einschränkungen nicht möglich sei. Dem vom Kläger vorgelegten zweiten<br />

Wiedereingliederungsplan, der eine Wiedereingliederung in der Zeit vom 4.1. bis zum 4.3.2016 vorsah und<br />

dem ein Bericht der behandelnden Psychologin beilag, wonach Einschränkungen in der Tätigkeit nicht<br />

mehr bestanden, stimmte die beklagte Stadt nach erneuter – nun positiver – Beurteilung durch die<br />

Betriebsärztin zu. Diese Wiedereingliederung war erfolgreich, der Kläger erlangte am 7.3.2016 seine volle<br />

Arbeitsfähigkeit wieder.<br />

Der Kläger fordert mit seiner Klage von der beklagten Stadt den Ersatz der Vergütung, die ihm in der Zeit<br />

vom 18.1. bis zum 6.3.2016 dadurch entgangen ist, dass die beklagte Stadt ihn nicht entsprechend den<br />

Vorgaben des Wiedereingliederungsplans vom 28.10.2015 beschäftigt hat.<br />

Während das ArbG die Klage abwies, gab das LAG der Klage im Wesentlichen statt. Es hatte geurteilt,<br />

schwerbehinderte Menschen hätten einen Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, der auch<br />

eine stufenweise Wiedereingliederung beinhalte. Bei unberechtigter Ablehnung eines derartigen<br />

Anspruchs könne auch aus § 84 Abs. 2 SGB IX (bzw. § 167 Abs. 2 SGB IX [2018]) ein Vermögensschaden<br />

geltend gemacht werden. Eine entsprechende Kausalität, dass die unterbliebene Maßnahme nicht zu einer<br />

verzögerten Genesung führe, habe der Arbeitgeber nachzuweisen. Die Revision der beklagten Stadt hatte<br />

vor dem Achten Senat des BAG Erfolg. Die beklagte Stadt war nicht verpflichtet, den Kläger entsprechend<br />

den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans vom 28.10.2015 in der Zeit vom 16.11.2015 bis zum 15.1.2016 zu<br />

beschäftigen. Zwar kann der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX a.F./jetzt § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1<br />

SGB IX verpflichtet sein, an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung derart mitzuwirken,<br />

1246 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>23</strong> 4.12.<strong>2019</strong>

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