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4 FRANKFURT<br />
Kolumne<br />
ILLUSTRATION: BLU<br />
FOTO: MÜJGAN ARPAT<br />
Die gute Nachricht zuerst:<br />
Ab diesem Monat werden<br />
die Tage wieder länger. Die<br />
schlechte ist, dass ausgerechnet<br />
der Sonntag in diesem<br />
Monat der kürzeste Tag<br />
des Jahres und der größte<br />
Teil des <strong>Dezember</strong>s darüber<br />
hinaus ziemlich dunkel sein<br />
wird. Alleinsein fällt da noch<br />
schwerer als ohnehin schon.<br />
Neben allen rechtlichen,<br />
gesundheitlichen und gesellschaftlichen<br />
Widerständen,<br />
denen sich LGBTIQ* gegenüber<br />
sehen, ist Einsamkeit<br />
unter ihnen eine besonders<br />
verbreitete soziale Herausforderung.<br />
Community bedeutet<br />
zwar Gemeinschaft,<br />
nichtsdestotrotz sind viele<br />
ihrer Mitglieder sehr alleine.<br />
Die Ursachen sind mannigfaltig,<br />
sie aufzuzählen hilft nicht<br />
weiter, denn an den meisten<br />
kann man nichts ändern<br />
und uns mit Absicht in eine<br />
Winterdepression stürzen,<br />
wollen wir ja nun auch nicht.<br />
Viel sinnvoller ist es, anzuführen,<br />
was hilft. Die bloße<br />
Investition in eine Tageslichtlampe<br />
und Alkohol tun es<br />
nicht. Das sehen wir an den<br />
Skandinaviern, deren Heimat<br />
bis über den Nordpolarkreis<br />
hinausreicht, wo es besonders<br />
lange dunkler Winter ist.<br />
Wo Geselligkeit fehlt, muss<br />
man sie suchen. Glücklicherweise<br />
ist die LGBTIQ*-Szene<br />
diesbezüglich eine ergiebige<br />
Fundgrube. Beinahe jeden<br />
Tag bietet sie Kultur- und<br />
Unterhaltungsveranstaltungen<br />
von unterschiedlichem<br />
Tiefsinn. Wer sich regelmäßig<br />
mit dieser soziokulturellen<br />
Lichtdusche abbraust, für<br />
die* / den* beginnt in diesem<br />
Jahr schon im <strong>Dezember</strong> der<br />
Frühling.<br />
... weiterlesen auf<br />
www.blu.fm/gab<br />
Achtung:<br />
WELT-AIDS-TAG<br />
Die AIDS-Hilfe Frankfurt lädt anlässlich<br />
des Welt-AIDS-Tags zu ihrer traditionellen<br />
Gedenk- und Diskussionsveranstaltung, die<br />
den thematischen Bogen auch über weiter<br />
reichende gesellschaftspolitische Bereiche<br />
spannt.<br />
Mit dem Motto „Achtung“ wurde wie schon so<br />
oft ein mehrdeutiger Begriff gewählt, wobei<br />
sich die Redebeiträge und Diskussionsrunden<br />
um die Achtung, beziehungsweise die fehlende<br />
Achtung im Sinne von gegenseitigem<br />
Respekt drehen.<br />
Die spannenden Gäste sprechen dabei höchst<br />
unterschiedliche Themen an: Die Autorin,<br />
Frauenrechtlerin und Anwältin Seyran Ateş ist<br />
bundesweit bekannt geworden als Initiatorin<br />
der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin,<br />
die einen liberalen Islam vertritt, dort ist unter<br />
anderem auch die LGBTIQ*-Community willkommen.<br />
„Es geht mir um die Liebe in meiner<br />
Religion“ sagt die Aktivistin – und wird dafür<br />
angefeindet.<br />
Patsy l’Amour laLove ist Genderforscherin<br />
und setzt sich unter anderem kritisch mit der<br />
Entwicklung der queeren Emanzipationsbewegung<br />
auseinander. Ihr Vortrag beschäftigt<br />
sich mit der Anti-AIDS-Bewegung der 80er<br />
FOTO: BRIGITTE DUMMER<br />
Seyran Ates<br />
und 90er Jahre und schlägt den Bogen zu<br />
gesundheitspolitischen Entwicklungen von<br />
heute: Dem „Diktat der Gesundheit“ setzt sie<br />
interessanterweise die Solidarität auch mit<br />
den Uneinsichtigen entgegen.<br />
Christian Setzepfandt, Vorstand der AIDS-<br />
Hilfe Frankfurt, stellt in Gesprächsrunden<br />
drei weitere Gäste und deren persönliche<br />
Erfahrungen und Vorstellungen von „Achtung“<br />
vor: Der Autor und Comedian Gianni Jovanovic<br />
ist als schwuler Roma gleich mehrfacher<br />
Missachtung ausgesetzt. Jasmin Logaric<br />
kämpft als polyamor-liebende Frau für eine<br />
neue Art von Beziehung. Die Sexarbeiterin und<br />
Aktivistin Stephanie Klee setzt sich mit dem<br />
neuen Prostituiertengesetz auseinander, das<br />
– so die Meinung vieler – ganz im Gegensatz<br />
zur Intention des Gesetzgebers viel weniger<br />
Schutz für Sexarbeiterinnen gebracht hat. Den<br />
musikalischen Rahmen des Abends gestaltet<br />
der Sänger Agatino Sciurti.<br />
Im Anschluss an die Veranstaltung gibt es einen<br />
gemeinsamen Marsch zum AIDS-Memorial<br />
an der Peterskirche, im Switchboard kann<br />
man sich dann mit heißer Suppe stärken. *bjö<br />
1.12., St. Katharinenkirche,<br />
An der Hauptwache 1, Frankfurt, 18 Uhr,<br />
www.frankfurt-aidshilfe.de<br />
Gianni Jovanovic<br />
FOTO: GIANNI JOVANOVIC / AGENTUR DIRK VÖLLER<br />
Patsy l’Amour laLove